Umwelt- und Geoinformationsmanagement
Spätes Geo-, wenig -information, kein -management.
Studieninhalt
Das Studium Geoinformationsmanagement an der Hochschule Karlsruhe lockt leider auf Grund des Namens viele "Management"-interessierte an, was leider absolut nichts mit der Realität zu tun hat. Auch wenn ich mich nicht zu diesen zählen kann, ist mir dies mehrfach bei meinen Kommilitonen aufgefallen. Obwohl der Abschluss ein Bachelor of Science ist, sind die Hauptinhalte des Studiums sehr ingenieurslastig. So beginnen die ersten beiden Semester mir Mathematik für Ingenieure, dem größten "Siebfach" des Studiengangs. Während die ersten beiden Semester durchaus interessant und breit gefächert sind, sieht dies ab dem dritten Semester ein bisschen anders aus. Leider kann im ersten Studienjahr kaum gesagt werden, ob einem die Arbeit mit Geoinformationssystemen, welches das Hauptberufsfeld darstellt, gefällt oder nicht. Die wirkliche Arbeit mit den komplizierten Programmen beginnt erst langsam im dritten Semester und sollte nicht unterschätzt werden. GIS sind sehr komplexe, mächtige Programme, die ein Grundverständnis von Informatik und Computern voraussetzen und auf welches man leider nur sehr bedingt vorbereitet wird. Wer nur bestehen will, kommt locker durch die GIS Übungen. Wer verstehen will, was er da eigentlich macht, muss jede Menge Eigenarbeit reinstecken.
Ich möchte hier niemanden abschrecken, aber diesen Studiengang zu wählen muss reiflich überlegt werden. Mit "Interesse" an Erdkunde oder gar Erdkunde LK kommt man hier nicht weit. Geographie wird nur im Grundstudium angerissen und hat danach so gut wie keine Bedeutung mehr.
Da ich den Studiengang bereits durch meinen Bekanntenkreis kannte, wusste ich was mich erwartet, konnte aber deutlich sehen, dass 80% meiner Kommilitonen selbst im dritten Semester noch nicht wussten, was sie da eigentlich lernen geschweige denn, wofür man dies bräuchte.
Der Studiengang enthält viele verschiedene Themengebiete, und fächert sich über fast jede Wissenschaft. So gibt es Studieninhalte zu Mathematik und Informatik, Geographie und Humangeographie als auch Medientechnik und Präsentationstechniken. Auch Wissenschaftliches Arbeiten und Vermessung wird bis zu einem gewissen Punkt gelehrt.
Das mag für den einen oder anderen als Vorteil und Anhäufung von Wissen in vielen Themengebieten gesehen werden, bringt aber dennoch Schwierigkeiten mit sich.
So stellt man sich ab dem dritten Semester die Frage: Was genau studiere ich hier eigentlich?
Noten-technisch wirkt sich dieses "Kuddelmuddel" leider auch aus. So ist es fast unmöglich bei 6 Klausuren pro Semester, die sich alle über unterschiedliche Wissenschaften erstrecken, durchweg gute Noten zu schreiben. Der Großteil der Kommilitonen "leidet" unter einem mäßigen mittleren Durschnitt, obwohl sehr viel gebüffelt wurde.
Leider muss ich sagen, hatte ich durchaus häufig das Gefühl, dass Studieninhalte fast willkürlich eingeführt werden um ECTS Punkte zu sammeln, ohne wirklich darüber nachzudenken, was den Studierenden zuzumuten oder gar sinnvoll für diese ist.
Überfordert ist man hier fachlich allerdings selten, wobei hier deutlich Mathematik zu nennen ist, welches sich über zwei Semester erstreckt. Die meisten, die ihr Studium abbrechen, geben Mathe als entscheidenden Faktor an. Wer also in Mathe keine guten Noten in der Schule hatte, der wird durchaus seine Schwierigkeiten haben.
Zusätzlich sollte genannt werden, dass ab dem dritten Semester eine Vertiefung und Wahl eines Schwerpunkts möglich ist, was zu einem weiteren Problem führt.
Vertiefung Umwelt:
Vor dem dritten Semester hat man Großteils von den Inhalten dieser Fachrichtung kaum bis gar nichts gehört. Lediglich eine Vorlesung zum Bereich Digitale Bildverarbeitung könnte einen auf die Masse an Arbeit vorbereiten, die dort vor einem liegt. Hier ist sehr viel Eigenarbeit notwendig.
Vertiefung Geomarketing:
Bei weitem die einfachste Vertiefungsrichtung. Typische BWL und Marketingvorlesungen sind gut zu schaffen und von den Inhalten her interessant. Auch die am meisten gewählte Vertiefung.
Vertiefung Kartographie und Geomedien:
Sehr unterschätzte Vertiefung, welche leider oft auf die leichte Schulter genommen wird. Die Studieninhalte wirken hier zwar relativ einfach und Design-orientiert, allerdings ist man ohne gute Kenntnisse über Geodaten und Mathematik/Geographie ein bisschen aufgeschmissen. Bei weitem die kleinste Gruppe. Im SS16 hat sich die Vertiefung komplett aufgelöst, da entweder die Vertiefung oder das komplette Studium gewechselt wurde.
Zu allen Vertiefungen sei gesagt, dass man durchaus Berührungspunkte gibt und man als "Umweltler" sehr häufig mit der Kartographie in Berührung kommt und umgekehrt. Die "Marketingler" brauchen ebenso Bausteine der Kartographie. Die "Kartographen" brauchen ein bisschen von allem und von manchem sogar ein bisschen mehr.
Betreuung und Lehre
Da die Fakultät IMM eine sehr kleine und relativ eigenständige Fakultät ist, entsteht durchaus eine familiäre Atmosphäre zwischen Studenten und Professoren. Dies kann von Vorteil sein, kann wenn man dazu neigt Schwierigkeiten zu machen aber das weitere Studium sehr erschweren, da sich der Professorenkreis auf ungefähr 5 beschränkt, die man immer wieder sehen wird.
Obwohl ich mit vielen Professoren ein beinahe freundschaftliches Verhältnis hatte, so ist mir aufgefallen, dass die Streitereien und auch die Uneinigkeit des Lehrkörpers sich negativ auf die Studienqualität auswirkt.
Die Betreuung war an vielen Stellen sehr gut, die Professoren und Lehrbeauftragte sind auf jedenfall ansprechbar und hilfsbereit, allerdings war sie an genauso vielen Stellen mangelhaft bis schlicht nicht vorhanden. So gibt es Veranstaltungen denen kaum zu folgen ist oder gar zu verstehen sind, aufgrund des mangelnden Interesses des Dozenten. In wildem Kauderwelsch werden, ohne nachzudenken oder ein Schreibmuster oder Sprache einzuhalten, Inhalte an die Tafel geklatscht und nach der Stunde den Raum voller völlig irritierter Studierender verlassen. Und da die Fakultät über einen so schmalen Lehrkörper verfügt, bringt das manchen Studierenden zur Weißglut. So kann die Verzweiflung der Studierenden kilometerweit gespürt werden, sollten sie den oben beschriebenen Dozenten in einem Fach erwischt haben, denn sie wissen: Ich werde hier nichts lernen. Bestehen ja, lernen nein.
Dieses Problem zieht sich durch einige Veranstaltungen. Gerade geteilte Veranstaltungen die sich mehrere Dozenten teilen, leiden darunter, dass jeder Lehrbeauftragte oder Professor etwas anderes verlangt, für richtig ansieht und demnach auch unterschiedlich benotet. Trotz mehrfacher Beschwerde ist hier in drei Semestern nichts passiert.
Leider muss ich auch sagen, hatte ich das Gefühl dass die studentischen Einwände bezüglich Studieninhalten zwar gehört, aber eigentlich ignoriert werden. Ich konnte während meiner Zeit im Studiengang trotz reger Beteiligung und Beschwerde durch Studenten leider keinen Erfolg verzeichnen.
Zu guter letzt möchte ich anmerken, dass es durchaus Dozenten im Studiengang gibt, die sehr schwer zu handhaben sind. Namen eben dieser Dozenten werden nur unter vorgehaltener Hand gesagt und es nicht nicht selten Angstschweiß ausgebrochen. Nicht aufgrund der Härte oder Schwere, die durchaus beachtlich ist, sondern aufgrund der beleidigenden und respektlosen Art des Dozenten.
Ich möchte hier nicht übertreiben oder gar warnen, aber jeder Studieninteressierte wird zwangsläufig mit eben diesen Dozenten zu tun haben und sich bewusst sein, dass als "Klassenclown" oder gar "Lehrerfeind" hier nicht nur nichts zu holen, sondern meistens ein bestehen nicht zu schaffen ist.
Ausstattung
Die Ausstattung der HS Karlsruhe ist grundsätzlich nicht schlecht, da sich die Fakultät IMM allerdings über zwei Gebäude am Mühlburger Tor erstreckt, bekommt man hier relativ wenig davon mit.
Einzelne Rechner die über Wochen nicht hochfahren, Programme deren Lizenz abläuft, ein wenig aktueller Mac-Pool dessen Rechner seit Jahren kein Update mehr gesehen haben.
Für einen weniger techniklastigen Studiengang wäre die Ausstattung wohl genug, ist hier aber absolut nicht ausreichend. Wer abseits der regulären Vorlesung arbeiten will, der wird meist vor verschlossener Tür oder vollem Saal stehen. Da das Programm mit dem gearbeitet wird mehrere tausende Euro kostet, wird das irgendwann durchaus zum Problem.
Ich kann mich an mehrere Nächte erinnern, die im Zuge einer Studienarbeit in einem Pool-Raum verbracht wurden, weil tagsüber einfach kein Platz war.
Das WLan funktioniert meistens und ist relativ stabil, was die Benutzung eines eigenen Rechners durchaus ermöglicht. Allerdings gibt es in den regulären Vorlesungsräumen kaum Steckdosen und die meisten Profs sehen die Benutzung elektronischer Geräte auch ungern. Was mich zum nächsten Punkt bringt:
Seitenlange Tafelauschriebe sind keine Seltenheit. Die Vorlesungen sind hier sehr traditionell aufgebaut und an neuen Technologien wird sich kaum orientiert. Auch wenn dies Geschmacksache ist, sind sechs Stunden abschreiben doch sehr anstrengend auf Dauer.
Organisation
Hier würden mir wahrscheinlich viele Kommilitonen widersprechen und dies deutlich schlechter sehen, da die Studienorganisation zu wünschen übrig lässt, meiner Ansicht nach allerdings genau das richtige Maß an Eigenverantwortung mit sich bringt.
Das größte Manko hier ist die Organisation der Studieninhalte selbst. So kann es durchaus vorkommen, dass man im dritten Semester Kentnisse aus einer Veranstaltung des vierten Semester mitbringen soll und diesbezügliche Einwände kaum beachtet werden.
Berufsorientierung
Das Studium wird, sobald im Hauptstudium angekommen, sehr praxisorientiert. Tägliche Arbeit mit dem größten Tool des "Geomatikers" machen einem den späteren Arbeitsalltag deutlich: Im Büro, hinter einem Rechner.
Auch wenn das nicht ausschließlich das Berufsfeld ist, so sind "Bürohengste" doch das, wozu wir ausgebildet werden, auch wenn das in den ersten beiden Semestern nicht so aussieht.
Die Jobchancen sind gut bis sehr gut, die Geo-branche ist stark wachsend und Nachwuchskräfte sind gerne gesehen.
Wer reich werden will, sollte sich allerdings woanders umschauen.