Vorteile bei der Studienplatz-Bewerbung schwindenWartesemester im Auswahlverfahren
1. In Kürze
Jedes Semester (Oktober-März / April-September für Universitäten; September-Februar / März-August für Hochschulen für angewandte Wissenschaften / Fachhochschulen), das seit dem Abitur nicht studiert wurde, zählt automatisch. Es gibt einige Ausnahmen. Für ein Studium im Saarland wiederum zählen nur Bewerbungssemester.
Normalerweise nicht, selbst wenn du einen Studienplatz nicht annimmst. Wartesemester entstehen einfach dadurch, dass du nicht studierst.
Willst du allerdings an einen lokal zulassungsbeschränkten Studiengang an einer staatlichen Hochschule im Saarland, kann das doch passieren. Dort zählen nämlich nur Bewerbungssemester.
Im Grunde alles außer studieren (und selbst das kann in bestimmten Konstellationen unschädlich sein). Sinnvoll ist es aber, die Wartezeit sinnvoll zu nutzen.
Bei den bundesweit zentral vergebenen Studiengängen in Medizin, Tier- und Zahnmedizin sowie Pharamazie sind Wartesemester tatsächlich bereits abgeschafft. Bei lokalen Vergabeverfahren kommt es auf das Bundesland und z.T. die einzelne Hochschule oder gar das Fach an, ob und wie Wartesemester noch eine Rolle spielen.
Wenn der Studiengang sehr beliebt ist und es viel mehr Bewerber:innen als Studienplätze gibt, kommt es darauf an, wie sehr ein konkretes Studienangebot noten-unabhängigen Kriterien ins Auswahlverfahren einfließen lässt. Bei Medizin und Pharmazie ist das vor allem in der „Zusätzlichen Eignungsquote“ der Fall. In lokal zulassungsbeschränkten Studiengängen gibt es z.T. ähnliches. Es bleibt nichts anderes, als zu schauen, welche Kriterien welche Hochschule wie kombiniert und wo man bspw. durch Teilnahme an Tests oder – aufwändiger – eine Ausbildung in einem fachnahen Bereich zusätzliche Punkte erreichen kann, um im Zulassungsverfahren eine realistische Chance zu haben.
2. Wann brauche ich Wartesemester?
Interessierst du dich nur für Studiengänge, die zulassungsfrei sind oder willst du an einer privaten Hochschule studieren, so brauchst du nicht weiterzulesen, Wartesemester spielen für dich keine Rolle.
Wer dagegen einen Studienplatz bei einem zulassungsbeschränkten Studiengang an einer staatlichen Hochschule bekommen will, für den können Wartesemester interessant werden. Allerdings nur dann, wenn die eigene Abinote schlechter ist, als bei den Quoten erforderlich, bei denen die Note voll oder teilweise berücksichtigt wird. Dann gibt es oft (wenn auch leider nicht mehr überall) auch eine Wartezeit-Quote, in der Studienplätze nur oder unter Berücksichtigung der Wartesemester vergeben werden.
Besonders viele Wartesemester waren – sofern die eigene Abiturnote und andere Kriterien nicht ausreichten – bei Humanmedizin notwendig. Dort spielen sie aber inzwischen keine Rolle mehr.
Lokal zulassungsbeschränkt mit meist viel mehr Bewerber:innen als es Studienplätze gibt, sind nach unserer Erfahrung vor allem Psychologie und Soziale Arbeit. Hier dürften sich die Änderungen (Wartesemester zählen nur noch begrenzt oder gar nicht mehr) am stärksten auswirken.
Beachte, dass in unseren NC-Listen die Ergebnisse aus den Vorjahren (manchmal sogar die von vor zwei Jahren) aufgeführt sind. Durch Übergangsregelungen können dort also noch höhere Wartesemester vorkommen, als bei künftigen Verfahren überhaupt noch zählen!
3. Definition „Wartesemester“
Als Wartesemester gilt jedes Semester, das seit Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung vergangen und bis zum Start des jeweiligen Studiengangs evt. noch vergehen wird. Dabei zählen Semester nicht, in denen an einer Hochschule in Deutschland studiert wurde.
Du musst dich um Wartesemester kümmern, sie kommen „automatisch“ zustande, sofern du nicht studierst. Einzige Ausnahme: In Saarland sind Bewerbungssemester gefragt – nur wenn du dich für den gewünschten Studiengang beworben hast und nicht genommen wurdest, gibt es für genau diesen ein Bewerbungssemester.
Grundsätzlich spielen Wartesemester nur bei zulassungsbeschränkten Studiengängen an staatlichen Hochschulen eine Rolle. Ist der Studiengang sowieso zulassungsfrei, braucht es nur die Hochschulreife. Gibt es ein Eignungsverfahren, so helfen Wartesemester höchstens, wenn es zusätzlich auch noch ein Auswahlverfahren gibt.
In manchen Bundesländern (sofern Wartesemester überhaupt noch berücksichtigt werden) kann sogar ein Studium als Wartezeit zählen. Definitiv nicht als Wartezeit zählen kann jedoch ein Studium an einer staatlichen Hochschule in Deutschland (Ausnahme wahrscheinlich das Saarland, wo allerdings auch Bewerbungssemester verlangt werden).
Für Auswahlverfahren in Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt sammelst du auch während eines Studiums an einer privaten Hochschule in Deutschland Wartesemester. Hamburg dagegen streicht auch Semester von der Wartezeit, die an einer privaten Hochschule in Deutschland verbracht wurden. Studierst du außerhalb Deutschlands, so gibt das in fast allen Bundesländern Wartesemester. In Berlin sind die Anforderungen höher: es muss schon ein Studium an einer Hochschule außerhalb der EU und auch nicht in Island, Liechtenstein oder Norwegen sein, damit es Wartesemester geben kann. Für Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen gibt es keine Regelung – weil dort Wartesemester gar nicht mehr zählen!4. Wartesemester gibt's teilweise gar nicht mehr
Für die zulassungsbeschränkten Studiengänge, die bundesweit über hochschulstart.de bundesweit vergeben – Humanmedizin, Tiermedizin, Zahnmedizin sowie Pharmazie – seit 2022 (an bayerischen Unis 2023) Wartesemester überhaupt keine Bedeutung mehr haben. Details in den verlinkten Artikeln.
Bei den meisten anderen zulassungsbeschränkten Studiengängen (sofern nicht noch Eignungsverfahren hinzukommen – letzteres vor allem bei musisch-künstlerischen oder Sport) hingegen kommt es auf das Bundesland und teilweise die einzelne Hochschule an, ob Wartesemester noch weiterhelfen und wie genau. Im folgenden Abschnitt erklären wir das genauer.
Bundesland | Quote | Einschränkungen |
---|---|---|
Baden-Württemberg | 10% | ≤ 7 Semester |
Bayern | keine!seit SoSe 2024! | |
Berlin | ≥20% | ≤ 10 Semester |
Brandenburg | 20% | keine Einschränkung bekannt |
Bremen | 20% | ≤ 7 Semester |
Hamburg | 10% | Uni ≤ 10, HAW ≤ 16 Semester |
Hessen | 20% | ≤ 7 Semester |
Mecklenburg-Vorpommern | keine! | |
Niedersachsen | 10-20% | ≤ 7 Semester |
Nordrhein-Westfalen | ((80%)) | hochschulabhängig, evt. gar nicht oft: Abinote abzüglich 0,1 pro Wartesemester, ≤ 7 Semester |
Rheinland-Pfalz | 20% | ≤ 7 Semester |
Saarland | 20% | ≤ 7 Bewerbungssemester! |
Sachsen | 0-20% | ≤ 7 Semester |
Sachsen-Anhalt | 10% | ≤ 7 Semester (seit WiSe 22/23) |
Schleswig-Holstein | ≤ 20% | ≤ 7 Semester (seit WiSe 22/23) |
Thüringen | keine! |
„So wie früher“ scheint es nur in Brandenburg zu sein: Dort zählen alle Wartesemester und 20% der Studienplätze (nach Abzug der Vorabquoten) sind dafür reserviert.
In den meisten Bundesländern zählen nur höchstens 7 Wartesemester (ob 7 oder mehr Wartesemester zählt also gleich). Die Änderungen sind seit 2020 in Kraft getreten, meist mir Übergangsregelungen, die unserer Kenntnis inzwischen vorbei sind.
Teilweise wird für die Wartesemester gar keine extra Quote mehr gebildet, sondern sie geben nur einen Bonus. In der Tabelle ist die Prozentzahl dann in Klammern zu finden. In Bayern (erst seit diesem Jahr), Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen wird die Wartezeit tatsächlich überhaupt nicht mehr berücksichtigt.
Das Saarland hat eine exklusive Regelung: Statt klassischen Wartesemester zählen hier nur noch Bewerbungssemester, also nur Semester, für die man sich auch tatsächlich für den jeweiligen Studiengang beworben hat. Für die gibt es dann immerhin auch 20% der Studienplätze (nach Abzug der Vorabquoten).
6. Was kann ich während der Wartezeit machen?
Damit die Zeit wirklich als Wartezeit zählt, darfst du alles machen – nur nicht studieren.*
Da in manchen Auswahlverfahren (je nach Studienfach und Hochschule ist das leider sehr unterschiedlich) eine fachnahe Ausbildung und/oder Berufstätigkeit belohnt werden, teilweise auch ein Freiwilligendienst, ist es sinnvoll, die Wartezeit für etwas entsprechendes zu nutzen. Nebenbei kannst du dich so auch versichern, dass der Bereich überhaupt das richtige für dich ist.
Jedenfalls kannst du all die folgenden Dinge tun und sammelst währenddessen automatisch Wartesemester – du darfst nur nicht „nebenbei“ auch an einer Hochschule in Deutschland immatrikuliert sein.*
Ausbildung (schulisch oder betrieblich)
Jobben / Arbeiten
Reisen, z.B. auch als Sprachreise
Studium außerhalb der EU und der EWR
Je nach Bundesland-Regelung Studium in der EU oder an einer privaten Hochschule
* Selbst studieren ist möglich, allerdings in der Regel nur außerhalb Deutschlands (Berlin: außerhalb EU und EWR). Es ist zwar nicht garantiert, dass das auf Dauer so bleibt, in näherer Zeit ist aber eigentlich nicht mit einer Änderung zu rechnen. Für das Vergabeverfahren an staatlichen Hochschulen in Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt (vielleicht auch in weiteren Bundesländern) stören selbst Semester an einer privaten Hochschule in Deutschland nicht, die Zeit wird doch als Wartezeit gewertet. Auch das ist nichts, was immer so bleiben muss!
7. Gesetzliche Grundlagen
Wer es ganz genau wissen will, wie die Regelungen zustande kommen, muss so einiges Material wälzen. Zwar hat jedes Bundesland ein „Hochschulzulassungsgesetz“. Doch manche Details sind erst in ministeriellen Verordnungen genauer ausgeführt und schließlich muss oder kann die Hochschule noch Details in ihrer Zulassungssatzung regeln oder darf teilweise auch stärker abweichen. Und auch auf den Staatsvertrag der Bundesländer, der vor allem die zentrale Vergabe von Medizin und Pharmazie regelt, wird oft Bezug genommen. Hier also zumindest Links zu den Gesetzen und dem Staatsvertrag, teilweise auch noch zu Verordnungen des jeweiligen Landesministeriums.
Links zu Gesetzen und Verordnungen der Bundesländer
- Baden-Württemberg: Gesetz über die Zulassung zum Hochschulstudium in Baden-Württemberg (Hochschulzulassungsgesetz - HZG)
- Bayern: Gesetz über die Hochschulzulassung in Bayern (Bayerisches Hochschulzulassungsgesetz – BayHZG)
- Berlin: Gesetz über die Zulassung zu den Hochschulen des Landes Berlin in zulassungsbeschränkten Studiengängen (Berliner Hochschulzulassungsgesetz - BerlHZG) und Verordnung zur Regelung der Zulassung in zulassungsbeschränkten Studiengängen durch die Hochschulen des Landes Berlin (Hochschulzulassungsverordnung - BerlHZVO)
- Brandenburg: Gesetz über die Hochschulzulassung im Land Brandenburg (Brandenburgisches Hochschulzulassungsgesetz - BbgHZG)
- Bremen: Bremisches Hochschulzulassungsgesetz (BremHZG) und Verordnung über die Studienplatzvergabe (Studienplatzvergabeverordnung)
- Hamburg: Gesetz über die Zulassung zum Hochschulstudium in Hamburg (Hochschulzulassungsgesetz - HZG)
- Hessen: Gesetz über die Zulassung zum Hochschulstudium in Hessen (Hessisches Hochschulzulassungsgesetz - HHZG) und Hessische Verordnung über die Hochschulzulassung und das Anmeldeverfahren an den staatlichen Hochschulen (Hessische Hochschulzulassungsverordnung - HHZV)
- Mecklenburg-Vorpommern: Gesetz über die Zulassung zum Hochschulstudium in Mecklenburg-Vorpommern (Hochschulzulassungsgesetz - HZG M-V)
- Niedersachsen: Niedersächsisches Hochschulzulassungsgesetz (NHZG) und Verordnung über die Hochschulzulassung und das Anmeldeverfahren an den Hochschulen in staatlicher Verantwortung in Niedersachsen (Niedersächsische Hochschulzulassungsverordnung - NHZVO)
- Nordrhein-Westfalen: Gesetz über die Zulassung zum Hochschulstudium in Nordrhein-Westfalen (Hochschulzulassungsgesetz 2019 – HZG)
- Rheinland-Pfalz: Landesgesetz zu dem Staatsvertrag über die Hochschulzulassung (Hochschulzulassungsgesetz - HZG -)
- Saarland: Gesetz über die Hochschulzulassung
- Sachsen: Sächsisches Hochschulzulassungsgesetz und Sächsische Studienplatzvergabeverordnung
- Sachsen-Anhalt: Hochschulzulassungsgesetz Sachsen-Anhalt (HZulG LSA) und Verordnung über die Studienplatzvergabe in Sachsen-Anhalt (Studienplatzvergabeverordnung Sachsen-Anhalt)
- Schleswig-Holstein: Hochschulzulassungsgesetz (HZG)
- Thüringen: Thüringer Hochschulzulassungsgesetz (ThürHZG)
Fehlt etwas oder hat sich etwas geändert? Informiere uns gern per Mailformular, damit wir das ergänzen bzw. korrigieren. Danke!
Letzte Änderungen
11.03.2024: In Bayern keine Berücksichtigung von Wartesemestern mehr.
15.01.2023: Staatsvertrag nun via gesetze-bayern.de
22.02.2022: BerlHZVO ergänzt und daraus folgend die ursprüngliche Annahme, dass ein Auslandsstudium grundsätzlich als Wartesemester zählt, geändert.
Aufzählung einiger Studiengänge ergänzt, bei denen traditionell sehr viele Wartesemester nötig waren, wenn die Note nicht ausreichte.
FAQ-Eintrag „Was ist die Alternative zu Wartesemestern, wenn die Abinote nicht so gut ist?“ ergänzt. Diverse Ergänzungen zur (nicht-)Zählung von Semester an privaten Hochschulen und Hochschulen außerhalb Deutschlands.
28.02.2022: Was kann ich während der Wartezeit machen noch ausführlicher und mit Links zu Artikeln. 03.03.2022: Interne technische Änderung, Gesetze und Verordnungen nun aus Datenbank.