Medizinstudium in HessenLandarztquote und Quote Öffentlicher Gesundheitsdienst nutzen
Wer Medizin studieren will, steht oft genug vor hohen Hürde: Die Universitäten legen einen Numerus Clausus (NC) fest, um den starken Zustrom zu regulieren. Diese Praxis ist nicht unumstritten, aber nun einmal gängig – die Anzahl der Bewerber und Bewerberinnen ist ganz einfach zu groß. Doch du musst nicht von vornherein aufgeben, sollte dein Abi-Durchschnitt schlechter ausgefallen sein, denn die Bundesländer sind an einer zielgerichteten Stärkung der medizinischen Versorgung in zwei Bereichen interessiert: im ländlichen Raum und im Öffentlichen Gesundheitsdienst. Deswegen verpflichten sie die ausbildenden Universitäten dazu, einen bestimmten Anteil an entsprechenden Studienplätzen für die Bewerber und Bewerberinnen zu reservieren, die zwar kein so gutes Abi hingelegt haben, aber dafür einen recht guten Test für medizinische Studiengänge (TMS) und fundierte Berufserfahrungen im medizinischen Bereich vorweisen können. Es eröffnet sich also durchaus noch eine Chance für dich – allerdings solltest du auch die zweite Seite der Medaille in deine Abwägungen mit einbeziehen: Nimmst du beispielsweise einen Studienplatz über die sogenannte Landarztquote in Anspruch, dann musst du eine Verpflichtung eingehen. In Hessen wird – wie übrigens auch in allen anderen Bundesländern mit einer Landärztin- und Landarztquote – erwartet, dass du anschließend auch für wenigstens zehn Jahre auf dem Land arbeitest. In Frage kommen die Fachrichtungen Allgemeinmedizin bzw. Kinder- und Jugendmedizin, um als Landarzt durchzustarten – dafür werden 6,5 Prozent der Studienplätze reserviert. Alternativ kannst du aber auch eine berufliche Karriere im Öffentlichen Gesundheitsdienst in Hessen absolvieren und bei einem Gesundheitsamt, im Infektionsschutz oder in der Kinder- und Jugendärztlichen Versorgung ins Auge fassen – 1,3 Prozent der Studienplätze sind vorgesehen. Nach Abschluss ist eine besondere fachärztliche Weiterbildung notwendig, die dir ein breites Betätigungsfeld eröffnet. Du kannst von rund 1.000 Medizin-Studienplätzen in Hessen ausgehen, von denen also 65 für künftige Landärztinnen und Landärzte sowie 13 für Mediziner im Öffentlichen Gesundheitsdienst vorgesehen sind. Kannst du dir also vorstellen, als Hausarzt oder Amtsarzt tätig zu werden, solltest du dich unbedingt mit dem Bewerbungsverfahren befassen. Das Bewerbungsverfahren – jeweils für das kommende Wintersemester (zum Sommersemester werden hier keine Plätze angeboten) – ist zweistufig aufgebaut und fokussiert sich auf deine fachspezifische, aber auch persönlich Eignung, deine Erfahrungen - und rückt somit den Notendurchschnitt aus dem Fokus. Geht deine Bewerbung ein, prüft das Hessische Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im Gesundheitswesen (HLPUG) die Erfüllung der Voraussetzungen anhand der Unterlagen, die du über das Bewerbungsportal hochladen kannst. Achte bitte unbedingt auf Vollständigkeit – denn fehlende Unterlagen werden nicht nachgefordert, sondern sorgen für Abstriche bei der Bewertung. Die Bewerbung muss zur Berücksichtigung für das Bewerbungsverfahren zwischen 1. und 28. Februar online im Bewerbungsportal eingehen. Dazu ist die Bewerber-ID (BID) der Stiftung für Hochschulzulassung bereits bei der Bewerbung anzugeben. D.h. du musst dir zunächst im Dialogorientierten Serviceverfahren (DoSV) von hochschulstart.de ein Account anlegen, um eine solche BID zu erhalten. Erst dann kannst du mit der Bewerbung in Hessen fortfahren. Folgende Informationen und Unterlagen sind unbedingt notwendig: Bewerber-ID – erhältst du nach Registrierung auf hochschulstart.de Lebenslauf in tabellarischer Form Studienortpräferenzen Kopie Personalausweis bzw. Reisepass Erklärung, dass du zum Bewerbungszeitpunkt nicht an einer anderen deutschen Uni für ein Vollstudium Humanmedizin eingeschrieben bist Versicherung, dass du deinen Prüfungsanspruch im relevanten Studiengang nicht verloren hast Die eigentliche Auswahl ergibt sich dann aus dem Ergebnis des Test für Medizinische Studiengänge (TMS) – hierfür gibt es bis zu 60 Punkte – und für bis zu weitere 40 Punkte für eine abgeschlossene Ausbildung in einem Gesundheitsberuf, eine oder mehrere mindestens sechsmonatige berufliche Tätigkeiten (maximal werden zwei Jahre berücksichtigt), eine mindestens einjährige Tätigkeit in einem Freiwilligendienst oder eine mindestens zweijährige ehrenamtliche Tätigkeit mit vier medizinischen Fortbildungen. Nachweise zum Ergebnis des TMS und die entsprechenden Ausbildungen/Tätigkeiten musst du also unbedingt beifügen – nur so kommst du auf die nötigen Punkte. Alle Bewerber:innen werden dann nach der erreichten Punktzahl sortiert (Beispiel: 100 Punkte = Ranglistenplatz 1, 99,8 Punkte = Ranglistenplatz 2 etc.). Für die zweite Auswahlstufe werden dann höchstens doppelte soviele Bewerberinnen und Bewerber eingeladen, wie Studienplätze zur Verfügung stehen. Nun wird es persönlich: In einem standardisierten Gespräch über eine Stunde absolvierst du nicht nur ein Kurzinterview und löst Testaufgaben, sondern kannst dich auch in speziellen Situationen beweisen. Wichtige Themen: deine sozialen und kommunikativen Kompetenzen – und natürlich deine Motivation.1. Wer kann von der Landarztquote und der Quote Öffentlicher Gesundheitsdienst in Hessen profitieren?
Vorab-Doppelquote – wie viele Studienplätze sind damit gemeint?
2. Bewerbungsverfahren, Fristen und Auswahlprozess – das liegt vor dir
1. Auswahlstufe
2. Auswahlstufe
3. Die Auswahlentscheidung: Wer bekommt einen Platz und wie geht es weiter?
Die Ergebnisse beider Stufen werden anschließend addiert, sodass sich eine Rangliste ergibt. Sollte es mehr Bewerber und Bewerberinnen als Studienplätze auf dem letzten relevanten Ranglistenplatz geben, muss das Los bei Punktgleichheit entscheiden. Auskünfte dazu gibt das HLPUG jedoch nicht.
Das Zulassungsverfahren
Sobald die Auswahl feststeht, werden die Bewerber und Bewerberinnen darüber informiert – aber auch gefragt, ob sie überhaupt den Platz annehmen wollen. Bis zum 1. Juli (genauer: bis zum ersten Werktag im Juli) hast du nämlich noch die Möglichkeit, von deiner Bewerbung und damit auch vom Vertrag zurückzutreten.. Das verbindliche Zulassungsangebot, das die Stiftung Hochschulzulassung dir unterbreitet, kannst du für das dann im August erwarten. Sobald du es angenommen hast, geht dir der Zulassungsbescheid zu.
4. Der Vertrag: Zu was du dich verpflichtest
Wie bereits erwähnt: Du gehst eine Verpflichtung ein – und der solltest du Augenmerk schenken. Der Vertrag endet nur vorzeitig, wenn du im Studium einen Abschnitt der ärztlichen Prüfung endgültig nicht bestehen und exmatrikuliert werden solltest oder das Medizinstudium endgültig aufgibst.
Bei erfolgreichem Studium verpflichtest du dich, nach dem Studium die fachlich passende Fortbildung zu machen (je nach Bedarf und ob du dich für die Landarztquote oder die Quote Öffentlicher Gesundheitsdienst beworben hast) und nach der Fortbildung noch 10 Jahre in Hessen zu arbeiten. Da die Quoten ja gerade dazu da ist, Ärzte dort einsetzen zu können, wo Bedarf besteht (was heißt, „freiwillig“ finden sich dort – warum im Detail auch immer – nicht genug), sind deine Wahlmöglichkeit bezüglich des Einsatzortes in diesen 10 Jahren eingeschränkt oder gar nicht vorhanden: Du musst dort arbeiten, wo ein Bedarf besteht.
Würdest du keine der angebotenen Stellen annehmen (oder schon vorher, nach erfolgreichem Medizinstudium, andere als die vorgeschriebenen Fortbildungen machen), wird eine Vertragsstrafe fällig. Die beläuft sich auf 250.000 Euro. Allerdings gibt es Ausnahmen, wenn nämlich besondere Härtefälle greifen. Dazu zählen zum Beispiel gesundheitliche oder soziale Gründe wie dauerhafte Berufsunfähigkeit, schwere Erkrankungen oder schwierige familiäre Umstände.
Allerdings trifft dies nicht auf Unterbrechungen wegen Eheschließung, Schwangerschaft, anschließenden Mutterschutz und die Elternzeit sowie große räumliche Distanzen zum Wohn- oder Arbeitsort des Partners oder der Partnerin zu. In diesen Fällen kann sich der Vertragszeitraum verlängern – oder bei einer derart begründeten Nichterfüllung des Vertrages eine Vertragsstrafe auslösen. Sinnvoll ist es, zunächst das HLPUG zu konsultieren, um eine Lösung zu finden.
5. Deine Alternativen: ZEQ, AdH und Landarztquoten anderer Bundesländer
Die Landarztquote und die Quote für den Öffentlichen Gesundheitsdienst binden dich auf lange Zeit. Wenn du sowieso von einer Tätigkeit als Landarzt oder im Gesundheitsdienst träumst und örtlich nicht gebunden bist – super.
Sonst denke daran, dass es auch im „regulären Verfahren“ mit der „Zusätzlichen Eignungsquote (ZEQ)“ und – eingeschränkter – der Quote für das Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH) durchaus Chancen geben kann, auch wenn das Abitur weniger gut ausgefallen sein sollte. Selbst wenn du in der Landarztquote nicht genommen werden solltest, kannst du es dort dann noch versuchen – Bewerbungsschluss ist ja jeweils erst der 15. Juli für das dann kommende Wintersemester.
Neben Hessen bieten noch viele weitere Bundesländer ebenfalls eine Landarztquote und teilweise eine Quote für den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) an – und sind vor allem eine Alternative, wenn du lieber in diesen Bundesländern arbeiten würdest. Nordrhein-Westfalen vergibt dabei aber leider auch einen Teil der Punkt über die Abitur-Note – wobei es andererseits unwahrscheinlich ist, dass sich sehr gute Bewerber:innen hierfür bewerben, da sie ja über die „normalen“ Quoten schon gute Chancen haben.
Baden-Württemberg
Bayern (auch ÖGD)
Hessen (aktueller Artikel)
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen (erst ab WiSe 2023/24)
Rheinland-Pfalz (auch ÖGD)
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt (auch ÖGD)
Über die schon genannten Möglichkeiten gibt es noch eine Menge weiterer Alternativen im In- und Ausland, an ein Medizinstudium zu kommen, ohne das perfekte Abitur zu haben. Alle sind mit Studiengebühren verbunden – oder mit noch längeren Verpflichtungen (Medizinstudium bei der Bundeswehr).