Planung und Betrieb im Verkehrswesen
Wer fürs Verkehrswesen brennt, ist hier richtig.
Studieninhalt
Studieninhalt und -struktur waren für mich ausschlaggebend bei der Wahl des Studiums. Aus an die 50 Modulen (pro Jahr können mal ein, zwei wegfallen oder neu hinzukommen) muss man zwölf auswählen und belegen. Häufig reicht es, einfach zur Klausur zu erscheinen. In anderen Fällen muss man sich binnen der ersten sechs bis acht Wochen online anmelden. Man kann also erstmal mehr Kurse als nötig besuchen und dann entscheiden, was man belegen möchte. Pflichtfächer gibt es nicht. Stattdessen noch vier "freie Module" (können aber auch aus dem Standard-Pool sein, ein Sprachkurs oder ein Modul an einer anderen Hochschule), ein kurzes Praktikum (sechs Wochen Vollzeit, alternativ fachnaher Studi-Job mit mind. 240 Stunden mit Nachweis) sowie die Masterarbeit. So kann sich jeder Student sein Studium selbst organisieren und Schwerpunkte setzen. Meine (hohen) Erwartungen wurden inhaltlich auch übertroffen. Jeder belegte Kurs hat viel Spaß gemacht und einen fachlich weitergebracht. Die meisten Professoren hatten reichlich Erfahrung aus und Kontakte zur Praxis und waren regelmäßig gefragte Experten, ob für die Politik, die übliche Presse (Zeitungen, Polit-Talkshows) oder Fachmagazine. Wenn man Namen seit Langem aus der einschlägigen Literatur kennt und sich dann wochenlang persönlich mit der Person austauschen kann, ist das schon sehr angenehm.
Die Leistungsanforderungen schwankten aber leicht, sodass man nicht per se sagen kann, in jedem Semester (jeweils 30 CP) gleich viel Arbeit vor sich zu haben. Das kann schon mal stressig werden, da sich die Fachgebiete bei den Prüfungen (teilweise unterschiedliche Fakultäten) nicht absprechen. Mit früher Planung geht es aber. Wer ohne größere Probleme seinen B.Sc. zum Verkehrsingenieur packt, schafft auch den M.Sc. Die "externen" Ingenieure (B.Sc. in Bauingenieurwesen, Stadtplanung, Verkehrssystemtechnik, technische Logistik etc.) hatten manchmal Startschwierigkeiten, aber mir ist niemand bekannt, der aufgrund der Anforderungen sein Studium abbrach. Eher kam ein nettes Jobangebot in die Quere.
Jedes Fachgebiet hat auch zahlreiche zusätzliche Kurse angeboten, die man als freies oder Zusatzmodul belegen konnte und die, sofern man die möglichen Voraussetzungen inhaltlich erfüllte, allen Studenten offenstand, was zu einer sehr netten Durchmischung führte, sobald neben Verkehrsingenieuren auch Stadtplaner, Fahrzeugtechniker, Volkswirte, Techniksoziologen und Informatiker saßen und diskutierten.
Betreuung und Lehre
Das Lehrangebot war, wie bei Punkt 1, sehr erfreulich. Die Dozenten waren auch kompetent und fair im Umgang; manchmal schon fast erschreckend höflich, verständnisvoll und fürsorglich. Auf E-Mails antworteten viele Professoren auch wochenends und länger als drei Tage musste ich noch nie auf eine Antwort warten. Die Kurse waren meistens auch sehr klein und man "kannte" sich. Mit fünf, sechs Kommilitonen jeden Montag vier Stunden mit dem Professor zu diskutieren, war keineswegs die Ausnahme. Wer lieber in einer anonymen Masse von 200 Studis sitzt, wird es jedoch schwierig haben, geeignete Kurse zu finden. Durch die geringe Teilnehmerzahl wurden aus Vorlesungen faktisch Seminare mit Referaten und hitzigen Diskussionen; mir gefiel es persönlich extrem gut, aber muss natürlich nicht jedermanns Sache sein. Es gab aber ein Fachgebiet, an dem die meisten Kommilitonen und ich mit einem Dozenten schlechte Erfahrungen machten (Falschbehauptungen zu Klausurinhalten, späte Bereitstellung vom benötigten Skript etc.), weshalb ich die "Bestnote" hier nicht vergeben möchte; aber auch dort gilt generell: man muss kein Modul belegen, das man nicht belegen möchte. Wer mit Eisenbahnen nichts zu tun haben will, wird mit diesen Verkehrssystemen nichts zu tun haben, während sich jemand anderes nur auf die "Bahner-Module" stürzt. (statt Eisenbahn lässt sich hier auch Schiffstechnik, Logistik, Luftfahrt, Nahverkehr, Verkehrstelematik usw. einsetzen)
Ausstattung
Alles okay. An die PC-Pools kommt man gut ran und fand bei Bedarf immer einen Platz, die Bibliotheken haben viel Literatur (neu und alt) und bei den Fachgebieten liegen auch viele aktuelle Werke herum; leider häufig nur im "Handapparat", also nicht auszuleihen. Da musste man bei Bedarf erstmal die 200 Seiten mühsam einscannen und die PDF auf einen USB-Stick kopieren, um das Werk zuhause zu lesen. Fach-Software gab es in den Pools (MoVe IT) auch reichlich, aber für manche Lizenzen musste man Teilnehmer eines bestimmten Kurses sein. Aus Privatinteresse mal mit einem Programm herumzuspielen, ging folglich unter Umständen nicht (z.B. VISUM). Für gängige Programme (AutoCAD, ArcGIS, SPSS, ...) brauchte man dies hingegen nicht.
Die Hörsäle waren so weit okay. Manchmal fragte ich mich schon, warum wir zu dritt in einem Raum für 300 sitzen und auf unbequemen Holzsitzen (gefühlt noch aus der Kaiserzeit) Platz nehmen müssen, aber so wichtig war mir das nicht. Die Seminare waren in der Regel direkt im Lehrstuhl, alles schön modern und angemessen.
Organisation
Arbeitsbelastung ist insgesamt angemessen und die Regelstudienzeit ist zu wuppen, auch wenn man nebenbei arbeitet, was fast alle Kommilitonen auch taten. Viele ließen sich aber etwas Zeit, z.B. weil sie freiwillig ein längeres Praktikum machen wollten, sich mehr Zeit für ihre Masterarbeit nahmen (hat "nur" einen Umfang von 18 CP und läuft folglich parallel zu zwei 6-CP-Kursen im vierten Semester) oder, was sehr häufig vorkam, sie besuchten noch ein Semester "Zusatzmodule", weil zwölf bzw. 16 Kurse für sie nicht ausreichten und sie ihre Studienzeit noch für etwas mehr Wissen nutzen wollten. Unternehmen, in denen man fachnah und mit anständiger Vergütung jobben kann, gibt es in Berlin glücklicherweise noch und nöcher. Das war auch einer der Gründe, weshalb ich mich für die TU entschied. Durch die Wahlfreiheit ist der Stundenplan auch völlig flexibel. Mir sind aber nur Kommilitonen begegnet, die nach Interesse und nicht nach Zeiten oder Leistungsanforderungen ihren Stundenplan zusammenstellten. Es kann aber im Einzelfall passieren, dass zwei interessante Veranstaltungen zeitgleich stattfinden. Dann muss man sich entscheiden, ob man jede Woche wechselt oder einen Kurs ein, zwei Semester später belegt. Die Wochentage und Uhrzeiten blieben in der Regel gleich, sodass eine neue Überschneidung faktisch ausgeschlossen ist. Wenn Kurse bald auslaufen bzw. durch neue Angebote abgelöst werden, wird dies auch mind. ein Jahr vorher angekündigt, sodass man nichts verpasst, solange man hin und wieder auf die Internetseiten der Fachgebiete geht. Etwas mehr Zentralität wäre da aber wünschenswert.
Berufsorientierung
Ich bin nicht sicher, was mit "international" gemeint ist. Der Anteil an ausländischen Studenten? Die Kooperationsmöglichkeiten mit internationalen Hochschulen? Die inhaltliche Ausrichtung der Kurse?
Dann beantworte ich alle drei Punkte mal.
Studenten: ich würde schätzen, dass ca. 15-20% aus dem Ausland kamen, u.a. aus Polen, China und Russland. Aus ihrer Sicht sei die Fakultät für Verkehrs- und Maschinensysteme der beste Ort, um Verkehrswesen zu studieren, damit man aus historischen Fehlern lernt und zugleich moderne Konzepte für aktuelle Probleme entwickelt; ob in Europa oder Fernostasien.
Ein Auslandssemester ist auch sehr leicht durchzuführen. Über Anerkennung von Kursen muss man sich keine Gedanken machen, zumal man selbst Philosophie oder Tibetologie im Ausland studieren könnte (in einem Umfang von max. 24 CP) -> "freie Module". Hochschulkooperation gab es aber zahlreiche. Ich selbst habe davon aber nicht Gebrauch gemacht. Kommilitonen, die nach Australien, Frankreich, Großbritannien, Vietnam oder Argentinien gingen, hatten aber keine Probleme geäußert, egal ob es eine offizielle Partnerhochschule war oder eine ihrer privaten Wahl.
Inhaltlich ist die Ausrichtung schon stark international, was schon daran liegt, dass die größten Bereiche des Verkehrswesen international sind. Man kann sich aber auch auf Stadtverkehre fokussieren, wenn man möchte.
CareerCenter gibt es, aber mir ist niemand bekannt, der das in Anspruch genommen hat. Job-Sorgen hat keiner. Zwar stehen die Unternehmen auch nicht am Hochschul-Eingang Schlange, aber selbst mit mäßigen Noten fanden alle schnell einen Job, sofern sie nicht gleich bei dem Betrieb blieben, in dem sie als Werkstudent schon tätig waren.
Es gibt aber auch eine gute Kooperation mit der Privatwirtschaft, z.B. in Form von Kursen von Gastdozenten sowie regelmäßigen Auftritten (bspw. Eisenbahnwesen-Seminar).
Im Gegensatz zum Bachelor (insb. die dortigen ersten vier Semester) ist das Masterstudium sehr stark praxisorientiert, viele Projekte laufen mit externer Betreuung und Praxisbeispiele sind bei Fallstudien die Regel. Es gibt aber auch diverse theorielastige Module, z.B. Planungstheorien. Auch da gilt: das Studium ist das, was man persönlich draus macht.
Hochschule und Hochschulleben: Technische Universität Berlin
War alles da, was man brauchte (und noch mehr)
Campusatmosphäre
Einen wirklichen Campus gibt es nicht, da die Hochschulgebäude auf zwei bzw. drei Straßenseiten verteilt sind und einige Gebäude (u.a. das Severin-Gelände, wo viele Verkehrs-Fachgebiete sitzen) ein paar Gehminuten entfernt sind. Das Hauptgebäude ist aber ganz nett, dahinter gibt es einige Grünflächen zum Verweilen und Bib sowie Mensa sind gleich zu erreichen.
Mensa
Auswahl gab es reichlich, die Preise waren mehr als in Ordnung und an Frische mangelte es auch nicht. Praktischerweise kann man alle Studi-Mensen der Stadt besuchen. So hatte ich direkt neben meinem Arbeitsstelle (Studi-Job) eine Mensa der FU Berlin und konnte dort mittags für 2-3 Euro einen Teller zusammenstellen.
Hochschulsport
Kann ich nichts zu sagen, da ich die Angebote nicht in Anspruch nahm. Die Meinungen von Kommilitonen waren sehr gemischt, weshalb auch hier kein Urteil möglich ist. Es ist günstig und die Auswahl ist groß, aber man kann Pech mit Trainern haben.
Stadt und Umland: Berlin
Berlin halt.
Atmosphäre
Gibt es denn eine nettere Stadt für junge Leute als Berlin? :-)
Das Berliner Nachtleben dürfte international bekannt sein, es gibt Unmengen an Veranstaltungen (Konzerte, Künstler, Vorträge, ...), zahlreiche Museen und Theater, und am Sport mangelt es auch nicht. Zudem ist der ÖPNV hervorragend ausgebaut. Klar, auch die S-Bahn ist dafür bekannt, in der Vergangenheit nicht immer so zu laufen, wie sie sollte, aber dann kommt halt selbst spät abends nach spätestens zehn Minuten die nächste Bahn.
Es gibt auch viele sehr idyllische Parks, die Stadt ist sehr "studentisch" und mit dem ÖPNV kommt man leicht an den Stadtrand sowie ins Umland, um im Sommer an den Stränden der Seen zu verweilen oder einen Waldspaziergang zu machen. Mir persönlich gefiel es im eher "alten" Südwesten Berlins am besten: zwar eine hohe Bevölkerungsdichte (zahlreiche Supermärkte, Kneipen, Spätis und andere Geschäfte), aber dann doch sehr ruhig. Über Kriminalität machte sich niemand Gedanken, wenn nachts um 3 junge Frauen angeschwipst aus der Bahn steigen und dann in die unterschiedlichsten Straßen nach hause wuselten. Zur Uni und zur City West sowie zum Potsdamer Platz kommt man um Umstieg, je nach Wohnort, in 10-20 Minuten, was für Berliner Verhältnisse sehr wenig ist; die Kommilitonen aus den "hippen" Vierteln (Friedrichshain, Kreuzberg, Neukölln, Lichtenberg, ...) waren eher 45-50 Minuten unterwegs.
Lebenshaltungskosten
Ich empfand die Stadt als sehr günstig, auch wenn "Urberliner" häufig über steigende Mieten meckerten. In meinem eher wohlhabenden Viertel bezahlte ich für eine WG-Zimmer 280 Euro (24qm, gemeinsamer Garten, Internet etc. im Preis mit drin). Danach sucht man in München, Hamburg, Köln, Stuttgart oder Frankfurt lange.
Auch Freunde aus der "Heimat" empfanden die Stadt als sehr günstig, z.B. die Bierpreise in Kneipen, die Kosten beim Friseur oder beim Imbiss. Da gibt es aber natürlich auch Unterschiede. Insb. in Mitte (Friedrichstraße etc.) unterscheiden sich die Preise von westdeutschen Metropolen nicht (mehr). Aber Studenten treiben sich meistens eh in anderen Vierteln herum. Mein Geheimtipp: einfach mal einen Berliner Wirten oder Gast fragen, was er empfehlen kann. Da wurden mir schon viele unscheinbare Läden empfohlen, die ich später sehr häufig aufsuchte und man unvergessliche Abende hat. Es muss auch nicht immer Friedrichshain-Kreuzberg sein.
(Neben-)Jobmöglichkeiten
Für uns Verkehrsingenieure jedenfalls sehr gut. An der Uni selbst meckerten einige Kommilitonen, da sie für Hiwi-Jobs seit zehn Jahren keine Gehaltserhöhung (11-12 Euro) bekamen. Aber in der Privatwirtschaft verdient man selbst im Bachelorstudium in der Regel mehr. Neben Hochschulen bieten sich auch die vielen Forschungsinstitute (Max Planck, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, ...) als Arbeitgeber an, die lokalen Nahverkehrsbetriebe und natürlich die Industrie, die u.a. Eisenbahnen baut und repariert. Sehr beliebt waren auch Consulting-Firmen, da man recht abwechslungsreiche Tätigkeiten hatte (-> viele Einblicke), die Arbeitszeiten stets flexibel waren (inkl. Homeoffice) und die Vergütung ähnlich hoch wie in der Industrie. Pizzen hat da niemand für den Mindestlohn ausgeliefert oder im Callcenter gearbeitet, so wie es an kleineren Hochschulstandorten häufig der Fall ist. Angesichts der noch immer recht günstigen Lebenshaltungskosten empfand ich die Stundenlöhne der Kommilitonen (12-13 im Bachelor, 15-18 im Master) ziemlich gut.
Schwierig ist die Suche auch nicht. Durch entsprechende Messen (z.B. InnoTrans) lernt man viele lokale Unternehmen kennen. Zudem sind Hochschule und Wirtschaft stark vernetzt. Nach meinem Umzug nach Berlin habe ich fünf Bewerbungen geschrieben. Eine (initiativ) endete in einer Absage, von einem Betrieb erhielt ich gar keine Antwort und zwei machten mir ein Arbeitsangebot, weshalb ich zur fünften Bewerbung bzw. Einladung gar nicht erst hingegangen bin. Bei Bekannten sah es ähnlich aus, auch wenn sie aus anderen Fachrichtungen (z.B. Politologie) kamen. Das muss aber keineswegs repräsentativ sein.