HochschulzugangStudieren ohne Abitur – Wege zur „Hochschulreife“
Du bist im Besitz der Mittleren Reife und möchtest gern die Hochschulreife erlangen? Dieser Artikel zeigt dir, welche Möglichkeiten es gibt. In der Grafik unten kannst du sehen, mit welcher Voraussetzung du wo deine Hochschulreife ablegen kannst. Unterhalb der Grafik findest du eine Erklärung zu den einzelnen Schularten. Da Bildung Sache der Bundesländer ist, es also von Land zu Land Abweichungen geben kann und auch nicht alle Schulformen überall gleich sind, geht es nicht ohne zusätzliche Anmerkungen, die der besseren Lesbarkeit halber nicht in der Grafik selbst untergebracht sind. Bitte also auch den Rest unterhalb der Grafik lesen! Besonderheiten gelten für beruflich Qualifizierte, die bereits durch ihren Berufsabschluss die Hochschulreife erlangt haben (siehe hier). Auch Niedersachsen bietet eine spezielle Möglichkeit: Nach beruflicher Vorbildung kann man mit der sogenannten Immaturenprüfung eine fachbezogene Hochschulzugangsberechtigung erlangen. Du bist verwirrt ob der Begriffe Abitur, Fachhochschulreife etc.? Fangen wir am Besten damit an, Licht ins Dunkle zu bringen:1. Einführung
2. Definition Allgemeine Hochschulreife, Fachhochschulreife und fachgebundene Hochschulreife
Mit Abitur kannst du potentiell auf jede Uni und jede Fachhochschule – die Zulassungskriterien für die einzelnen Studiengänge müssen natürlich berücksichtigt werden.
Die Fachhochschulreife berechtigt dich bis auf einzelne Ausnahmen in Bayern und Sachsen-Anhalt für alle Studiengänge an Fachhochschulen, nicht immer aber für ein Studium an einer Universität. Die Zulassungskriterien für die einzelnen Studiengänge müssen natürlich berücksichtigt werden. Der Unterschied zum Abitur liegt vor allem darin, dass bei der fachgebundenen Hochschulreife keine zweite Fremdsprache belegt werden muss.
Mit der fachgebundenen Hochschulreife darfst du an die Uni – sowie an alle Fachhochschulen (alle Fächer!). Bei einer Bewerbung für eine Uni beschränkt sich in vielen Bundesländern aber die Studienfachauswahl auf das Fachgebiet deiner Hochschulreife. Die Zulassungskriterien für die einzelnen Studiengänge müssen natürlich berücksichtigt werden. Der Unterschied zum Abitur liegt auch hier darin, dass bei der fachgebundenen Hochschulreife keine zweite Fremdsprache belegt werden muss.
3. Übersicht der klassischen Möglichkeiten im „Zweiten Bildungsweg“ zum (Fach-)Abitur zu kommen
* Unter Umständen wird anstelle der Mittleren Reife und des Berufsabschlusses auch der Hauptschulabschluss bzw. Berufspraxis akzeptiert. Vor Ort fragen!
** Der Zugang zu Berufsoberschule, Kolleg und Abendgymnasium ist im Gegensatz zur Fachoberschule grundsätzlich nur mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder einer als Ersatz dafür anerkannten Tätigkeit möglich. Details zum Abitur an Kollegs und Abendgymnasien gibt's in einem gesonderten Artikel.
*** Mit der Abschlussprüfung einer FH erwirbt man die allgemeine Studienberechtigung auch an Universitäten. Mit einem FH-Diplom oder Bachelor sollte man also jeden Bachelor, Diplom, Magister oder Staatsexamen-Studiengang an einer Uni studieren dürfen. Wenn der Master fachlich „passend“ ist (über das „passend“ kann es allerdings durchaus Streit geben), kann nach einem FH-Bachelor (oder Diplom) auch direkt mit einem Master an einer Uni weitergemacht werden.
Weitere Anmerkungen und Hinweise
In einigen Bundesländern reicht schon eine Fachhochschulreife für den direkten Studienbeginn an einer Uni: An allen Unis in Hessen kann man Bachelor-Studiengänge auch mit Fachhochschulreife beginnen (Näheres hier). In Niedersachsen zumindest zur Fachhochschulreife fachlich passende Bachelor.
Ein Realschulabschluss („mittlere Reife“) wird in dieser Darstellung vorausgesetzt. Dennoch gibt es natürlich auch für HauptschulabsolventInnen die Möglichkeit, das Abitur oder Fachabitur zu erwerben. I.a. müssen sie dazu zunächst den Realschulabschluss nachholen bzw. erhalten die mittlere Reife teilweise über den Abschluss einer Berufsfachschule.
Schulen und Schulsysteme fallen unter Landesrecht, jedes Land hat andere Regelungen. Diese Darstellung ist somit nicht bundesweit richtig, die 13. Klasse der FOS gibt es z.B. nur in Bayern und NRW. Bitte die Darstellung als Grundlage nehmen für eigene Erkundigungen! Weiterführende Links zum Thema Abitur an Kollegs und Abendgymnasien gibt's in einem gesonderten Artikel.
Es gibt (Fachschul)Ausbildungen (z.B. staatlich geprüfter Techniker) welche die Erlangung der Fachhochschulreife beinhalten, ebenso kann man im Fernlehrgang Abitur und Fachabitur erwerben.
Nicht aufgeführt ist in dieser Grafik das berufliche Gymnasium, welches mit entsprechender Voraussetzung natürlich auch nach der Mittleren Reife besucht werden kann. Im Unterschied zum allgemeinbildenden Gymnasium liegt der Fokus hier jedoch auf einer vertieften beruflichen Bildung und auf der Vermittlung von praxisorientierten Fähigkeiten. Es gibt bspw. Wirtschaftsgymnasien oder Technische Gymnasien. Ziel ist das Abitur, in einigen Bundesländern wird nach der 12. Jahrgangsstufe unter bestimmten Voraussetzungen auch die Fachhochschulreife zuerkannt.
4. Die einzelnen Schularten erklärt
a) Fachoberschule
Eine Fachoberschule ist eine weiterführende Schule, die Schüler*innen mit der mittleren Reife (Realschulabschluss) oder mit einem gleichwertigen Abschluss, zur Fachhochschulreife führt. Falls eine 13. Jahrgangsstufe angeboten wird, kann auch die fachgebundene Hochschulreife oder die allgemeine Hochschulreife erlangt werden.
Die FOS bietet verschiedene Fachrichtungen an, wie zum Beispiel Technik, Wirtschaft, Gesundheit oder Sozialwesen. In diesen Fachrichtungen werden fachspezifische Kenntnisse vermittelt und Praktika durchgeführt, um den Schülern eine praxisnahe Ausbildung zu bieten. Darüber hinaus werden allgemeinbildende Fächer wie Mathematik, Deutsch, Englisch und Sozialkunde unterrichtet.
Manchmal wird die FOS auch als „Fachabitur“ bezeichnet.
b) Berufsoberschule
Die „Berufsoberschule“ (BOS) ist eine Schulform in Deutschland, die es Absolvent*innen einer abgeschlossenen Berufsausbildung und einer bestimmten Berufserfahrung ermöglicht, ein fachgebundenes Hochschulstudium zu beginnen. Es kann auch die Fachhochschulreife oder die allgemeine Hochschulreife (Abitur) erworben werden. Für letzteres ist eine 2. Fremdsprache notwendig.
Die BOS umfasst in der Regel zwei Schuljahre und kann in Vollzeitform oder als Teilzeitunterricht absolviert werden. Der Unterricht ist auf die Bedürfnisse von Berufstätigen zugeschnitten und findet oft abends oder am Wochenende statt, so dass die Schüler*innen weiterhin arbeiten können.
In der BOS werden Fächer wie Deutsch, Mathematik, Englisch, Geschichte, Sozialkunde und Naturwissenschaften unterrichtet. Es gibt jedoch auch berufsbezogene Fächer, die auf die individuellen Interessen der Schüler abgestimmt werden können.
c) Kolleg
Das Kolleg ist vor allem für Menschen konzipiert, die bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen haben und sich nun weiterbilden möchten. Das Kolleg bietet die Möglichkeit, das Abitur nachzuholen oder eine Fachhochschulreife zu erlangen und damit den Zugang zu Hochschulen zu erleichtern.
Am klassische Kolleg kann man nach drei Jahren das Abitur und nach zwei Jahren den schulischen Teil der Fachhochschulreife erlangen.
Das Kolleg ist in der Regel eine Vollzeitschule, die jedoch in Teilzeit besucht werden kann. Der Unterricht findet in der Regel am Vormittag oder Nachmittag statt, um den Besuchern des Kollegs die Möglichkeit zu geben, weiterhin einer beruflichen Tätigkeitnachzugehen. Die Dauer Kollegbesuchs beträgt in der Regel drei bis vier Jahre.
d) Telekolleg
Das Telekolleg ist ein Bildungsangebot für Erwachsene, das seit 1967 in mehreren deutschen Bundesländern verfügbar ist. Es ermöglicht den Erwerb der Mittleren Reife oder der Fachhochschulreife. Das Bildungsprogramm wird vom Bayerischen Rundfunk und den Bildungs- und Kultusministerien von Bayern und Brandenburg unterstützt. Das Telekolleg bietet ein flexibles, berufsbegleitendes Lernsystem, das aus Fernsehsendungen, schriftlichem Studienmaterial und regelmäßigen Unterrichtsveranstaltungen besteht. Es ist besonders für junge Erwachsene geeignet, die ihre Qualifikation durch die Kombination von Selbststudium und Präsenzunterricht verbessern möchten.
e) Virtuelle Berufsoberschule
Eine virtuelle Berufsoberschule ist eine Form der Berufsausbildung, bei der der Unterricht virtuell stattfindet. Im Gegensatz zur traditionellen Berufsoberschule, die normalerweise Präsenzunterricht an einem physischen Standort anbietet, ermöglicht die virtuelle Berufsoberschule den Schüler*innen, von überall aus auf das Lehrmaterial zuzugreifen und ihre Aufgaben zu erledigen.
Die virtuelle Berufsoberschule kann entweder vollständig virtuell oder als hybride Form des Unterrichts angeboten werden, bei dem sowohl online als auch persönliche Kurse stattfinden. Die Schüler haben in der Regel Zugang zu Lehrvideos, Online-Vorlesungen, Diskussionsforen und virtuellen Klassenzimmern.
Diese Form der Berufsausbildung bietet den Schülern mehr Flexibilität, da sie ihre Kurse von überall aus absolvieren können, solange sie Zugang zum Internet haben. Darüber hinaus können Schüler, die aufgrund von Entfernungen, beruflichen Verpflichtungen oder anderen Verpflichtungen Schwierigkeiten haben, eine traditionelle Berufsoberschule zu besuchen, von der virtuellen Berufsoberschule profitieren.
f) Abendgymnasium
Abendgymnasien sind eine spezielle Art von Bildungseinrichtungen in Deutschland, die Erwachsenen die Möglichkeit bieten, das Abitur nachzuholen und somit den Zugang zu Hochschulen zu erleichtern.
Das Abendgymnasium ist in der Regel eine Abendschule, die in Teilzeit besucht wird. Der Unterricht findet meist am Abend und an Wochenenden statt, um den Besuchern des Abendgymnasiums die Möglichkeit zu geben, weiterhin einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Um das Abendgymnasium besuchen zu können, ist in der Regel ein Hauptschulabschluss oder ein Realschulabschluss sowie eine abgeschlossene Berufsausbildung Voraussetzung. In einigen Fällen kann auch eine mehrjährige Berufstätigkeit ausreichend sein.
Die Dauer des Besuches ist davon abhängig, welchen Abschluss man bereits mitbringt. Mit einem Hauptschulabschluss braucht es vier Jahre bis zum Abitur (dann müssen Vorkurse besucht werden), hat man die Mittlere Reife bereits in der Tasche sind es 2-3 Jahre.
g) Fernlehrgang
Ein Fernlehrgang ist eine Option für Menschen, die ihr Abitur nachholen möchten, aber aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage sind, an einem traditionellen Schulunterricht teilzunehmen. Ein Fernlehrgang bietet die Flexibilität, den Unterricht von zu Hause aus oder von jedem beliebigen Ort mit Internetzugang aus zu absolvieren.
In einem Fernlehrgang können die Schülerinnen und Schüler in ihrem eigenen Tempo arbeiten und haben oft Zugang zu qualitativ hochwertigem Unterrichtsmaterial, das speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Ein weiterer Vorteil eines Fernlehrgangs ist die Möglichkeit, auf die Unterstützung von Tutoren und Dozenten zurückzugreifen, die per E-Mail oder Chat erreichbar sind.
5. Nichtschülerprüfung
Auch eine Nichtschülerprüfung kann zum Abitur führen. Wie de Name schon sagt, war man vorher kein Schüler einer entsprechenden Schule. Diese Prüfung legen z. B. viele Schülerinnen und Schüler von Waldorfgymnasien ab, deren Abschlüsse in den jeweiligen Bundesländern nicht anerkannt werden. Nichtschülerprüfungen sind in allen Bundesländern möglich.
Voraussetzung für das Ablegen einer solchen Prüfung ist der Nachweis, dass du dich ordnungsgemäß auf die Prüfung vorbereitet hast. Du kannst dich auf die Prüfung über eine Fernschule (dann i.d.R mit Kosten verbunden) aber auch autodidaktisch vorbereiten. Die Prüfung ist allerdings nicht bundeseinheitlich geregelt: Informiere dich beim jeweiligen Bundesland, wie die spezifischen Voraussetzungen sind.
6. Berufliche Qualifikation
Berufserfahrung und berufliche Qualifikationen (z.B. Meister) können Ersatz für Schulabschluss mit Hochschulzugangsberechtigung sein
Die Kultusministerkonferenz (also das Treffen der Bildungsminister der Bundesländer) hat Anfang 2009 bundeseinheitliche Regelungen für all diejenigen getroffen, die bereits länger arbeitstätig sind oder Abschlüsse wie Meister oder Techniker erworben haben. Es geht hierbei um die Anerkennung bestimmter beruflicher Qualifikationen und Berufserfahrung als vollwertige oder fachlich eingeschränkte Hochschulzugangsberechtigung. Alle mit Berufserfahrung (aber ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung) sollten daher den Artikel Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte durchlesen.
7. Immaturenprüfung – vor allem eine niedersächsiche Spezialität
Man muss nicht zwangsläufig einen formalen Schulabschluss nachholen oder über berufliche Qualifikationen zu einer Hochschulzugangsberechtigung kommen.
In Niedersachsen gibt es eine Alternative, die Immaturen- bzw. Z-Prüfung (insbesondere auch dann, wenn man über die berufliche Qualifikation nur eine fachbezogene HZB erhält, man aber ein Studium eines anderen Fachbereiches anstrebt). Auf diese Prüfung muss man sich mittels von ver.di, „Arbeit und Leben“ und einigen VHS angebotenen Immaturen- bzw. Z-Kurse vorbereiten, die ungefähr acht Monate dauern. Nähere Informationen finden sich bspw. auf dieser Seite. Hat man die abschließende Prüfung bestanden, kann man an allen niedersächsischen Hochschulen ein entsprechend fachbezogenes Studium aufnehmen.
In anderen Bundesländern ist zwar unter Umständen über eine Aufnahmeprüfung ebenfalls ein Studium möglich, allerdings muss die Prüfung dann genau von der Hochschule abgenommen werden, an der man studieren will und ist nur für diese gültig. Beispielhaft hier Infos der Uni Hamburg.