Gap Year FAQAlles Wichtige rund um deine Auszeit
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Es gibt viele gute Gründe, warum sich ein sogenanntes Gap Year lohnt. Manche müssen sich auch eine Alternative suchen, wenn die erhoffte Zusage für den Studienplatz nicht eintrudelt. Nun stehst du vor der Qual der Wahl: was soll ich machen? Es gibt viele Alternativen, die du hier in Deutschland machen kannst – vom Freiwilligendienst bis zum Praktikum. Oder doch lieber weit weg?
Hinzu kommen noch viele Fragen, welche auch einen Einfluss auf die Wahl deiner Auszeit haben können. Oder im Verlauf der Vorbereitung und Organisation tauchen Fragezeichen auf. Wir versuchen hier das Wichtigste zu klären, damit du gut ins Gap Year starten kannst.
1. Verbessern Wartesemester „meinen NC“ und meine Chancen auf einen Studienplatz?
Wenn du dich für ein zulassungsbeschränktes Studium mit dem sogenannten „NC“ interessierst und noch keinen Studienplatz bekommen hast, kann es eine Alternative sein, Wartesemester zu sammeln. Dies ist jedoch absolut keine Garantie für einen Studienplatz!
Viele glauben, dass sich die Chancen auf einen Studienplatz durch Wartesemester automatisch verbessern, nach dem Motto: „Abinote“ + Wartesemester = besserer Notenschnitt = höhere Chance. Das stimmt so leider nicht.
Mit Wartesemestern bewirbst du dich meist auf eine gesonderte Quote von Studienplätzen: die Zulassung für BewerberInnen, die in diese Quote fallen, wird tatsächlich nach Wartezeit entschieden. Jedoch ist die Quote verhältnismäßig klein, in Bezug auf den Anteil an Studienplätzen, die nach Notendurchschnitt vergeben werden. Und mit ein oder zwei Wartesemestern hast du im Vergleich zu älteren MitbewerberInnen schlechte Karten. Wobei es natürlich auch zulassungsbeschränkte Studiengänge gibt, bei denen schon zwei Wartesemester ausreichen, um einen Platz zu bekommen. Oft ist die Wartezeit nur noch ein nachgeordnetes unter mehreren Kriterien.
Absolvierst du aber einen gemeinnützigen Dienst, wie das Freiwillige Soziale Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst, kannst du deine Wartesemester unter Umständen aufwerten. Einige Hochschulen rechnen dir entsprechendes Engagement positiv auf deine Studienplatzbewerbung an. Wie und ob deine Wunschhochschule derartige Dienste anerkennt, ist jedoch abhängig von dem jeweiligen Bewerbungsverfahren und sollte im Vorfeld genauestens recherchiert werden.
Bewerbungen über hochschulstart.de (also für die Fächer Human-/Tier-/Zahnmedizin und Pharmazie) sind hier auch nicht einheitlich. Bei den „Studienplatz-Töpfen“ nach Abiturnote wird ein gemeinnütziger Dienst nur als nachrangiges Kriterium herangezogen. Nachrangig heißt, wenn zum Beispiel zwei Personen mit der gleichen Abinote um den letzten freien Platz konkurrieren, erhält diejenige mit einem absolvierten FSJ den Platz. Somit geht es nur um wenige Personen, die von dieser Regelung profitieren.
Seit dem Vergabeverfahren für den Studienstart im Sommersemester 2023 spielen Wartesemester endgültig keine keine Rolle mehr. In der Zusätzlichen Eignungsquote (ZEQ) werden somit seit 2023 wirklich nur noch andere noten-unabhängige Kriterien berücksichtigt. Details im Artikel Was bei der Bewerbung für Medizin etc. zu beachten ist.
Ein wenig mehr Chancen bieten die Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH), welche oft einen Dienst anerkennen. Dieser kann als Bonuspunkt gut geschrieben werden – wie zum Beispiel in Heidelberg – jedoch spielt der Dienst leider eine extrem untergeordnete Rolle im Vergleich zum TMS.
Wenn vor Studienbeginn ein Praktikum oder dergleichen vorausgesetzt wird, ist diese formale Bedingung natürlich zu erfüllen – manchmal werden auch Fristen gesetzt, bis der Nachweis erbracht werden muss. Für alle Fälle gilt: du solltest dich immer rechtzeitig bei den einzelnen Hochschulen informieren! Was bei Uni A gilt, kann an Fachhochschule B komplett anders aussehen.
Übrigens: Falls du einen Freiwilligendienst machst und eine (unverhoffte) Zusage für einen Studienplatz erhältst, kannst du den Platz meist zurückstellen und im nächsten Jahr oder Semester ohne große Bewerbungshürden beginnen. Wenn du jedoch lieber direkt studieren möchtest, kannst du den Dienst außerordentlich kündigen.
2. Wird ein Freiwilligendienst oder ein Praktikum als Praxiszeit für eine Fachhochschulreife anerkannt?
Eine pauschale Antwort darauf ist schwierig, da dies von der Art der Tätigkeit und der Einsatzstelle abhängt. Zudem ist Bildung Ländersache, daher empfiehlt das Bundesministerium für Familie & Co den Einzelfall im Voraus direkt mit dem Kultusministerium des jeweiligen Bundeslandes zu klären.
3. Bekomme ich in der Auszeit noch Kindergeld?
Kindergeld bekommen nur diejenigen, die einer Ausbildung nachgehen und unter 25 Jahre alt sind. Jene, die schon eine abgeschlossene Ausbildung haben, bekommen in der Regel kein Kindergeld mehr. Wer einen anerkannten Freiwilligendienst macht, ist hingegen kindergeldberechtigt.
Wer einfach „nur“ reist oder Au-Pair macht, ist nicht berechtigt – es sei denn, er/sie macht einen professionellen Sprachkurs von 10 Stunden pro Woche (vgl. Urteil vom Bundesfinanzhof vom 15. März 2012 – Az. III R 58/08). Inwieweit ein normales work & travel als Auszeit mit Ausbildungscharakter beurteilt wird, ist wohl Glücksache. Darauf verlassen kannst du dich nicht. Aber einen Antrag stellen kann man ja.
Mit dem Kindergeld wird es vermutlich leichter sein, wenn du ein Praktikum machst, da in einem Praktikumsvertrag Ausbildungsinhalte vereinbart werden.
4. Kann ich für meine Auszeit BAföG bekommen?
Eigentlich nur in einem Fall: du machst ein Praktikum, welches zwingend vor der Immatrikulation absolviert werden muss, so dass du es als Vorbereitung der Ausbildung benötigst.
Wenn das Praktikum auch zu einem späteren Zeitpunkt im Studium nachgeholt werden kann, bist du nicht BAföG-berechtigt! Diese Information findest du gewöhnlich in der Studienordnung.
5. Kann ich noch in der gesetzlichen Familienversicherung bleiben?
Jein. Nur unter folgenden Bedingungen: Wenn du noch nicht studierst, kannst du bis zum 23. Lebensjahr in der gesetzlichen Familienversicherung bleiben – und du darfst nicht über 505 Euro im Monat bzw. 538 Euro bei einem Minijob verdienen.
Falls du ins Ausland möchtest, kommt die Frage auf, ob eine Auslandskrankenversicherung benötigt wird. Pauschal ist das schwierig zu beantworten. In einer Broschüre von finanzen.de findest du viele Tipps, was du beim Thema berücksichtigen musst.
Für Privatversicherte: Informiere dich bei deiner Krankenkasse, wie die Tarifbedingungen aussehen.
6. Gilt in der Auszeit ein Mindestlohn?
Jein. Wenn du ein Praktikum in Deutschland machst, gilt der Mindestlohn von derzeit 12,41 Euro (Stand Jan. 2024). Allerdings gibt es viele Ausnahmen vom Mindestlohn:
Wenn das Praktikum zwingend notwendig für das Studium ist oder
es zur Orientierung dient und weniger als drei Monate dauert oder
es sich um eine geförderte Maßnahme der Arbeitsagentur handelt oder
die Tätigkeit ein Freiwilligendienst ist.
Und wenn du im Ausland bist – gilt dort natürlich nicht deutsches Recht.
7. Kann ich für einen Freiwilligendienst oder ein Praktikum Bürgergeld oder Wohngeld beantragen?
Beantragen kann man alles – und man sollte es auch immer versuchen. Inwieweit deine individuellen Voraussetzungen einen Erfolg versprechen, ist nicht ganz leicht zu sagen. Teilweise steckt der Teufel im Detail – oder im Ermessensspielraum der SachbearbeiterInnen …
Theoretisch besteht kein Anspruch auf Bürgergeld, wenn du dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehst. Allerdings sind die Freiwilligendienste (wie das FSJ und der BFD) speziell geschützt: die Freiwilligenarbeit soll allen offen stehen. Deswegen sind Freiwillige nicht verpflichtet, eine Lohnarbeit aufzunehmen. Wer unter 25 ist darf seit Juli 2023 das Taschengeld komplett behalten (bis 520 Euro, vgl. BMAS). Über der Altersgrenze gilt eine Grenze bis 250 Euro.
Wenn du ein freiwilliges Praktikum machen willst, gilt dieser „Schutz“ jedoch nicht.
Für Jüngere, die für ein FSJ oder einen BFD von Zuhause ausziehen möchten, und nicht genügend Geld für die Kosten der Unterkunft haben, ist es schwieriger mit Bürgergeld aufzustocken. Wenn du für den Freiwilligendienst von zuhause ausziehen willst bzw. musst und du unter 25 Jahre bist, wird bei Antragstellung geprüft, ob hierfür ein „wichtiger Grund“ vorliegt – die Bewertung dafür liegt bei den Sachbearbeitern. Falls der eigene Haushalt als „unwichtig“ eingestuft wird, kann es sein, dass keine Unterkunftskosten bezahlt werden und du nur einen geringen Regelsatz bekommst.
Falls du nicht bei den Eltern wohnst, kannst du auch versuchen Wohngeld zu beantragen, was jedoch auch kompliziert ist. Du musst nachweisen, dass genügend Geld im Monat zur Verfügung steht. Und das Taschengeld der Freiwilligendienste ist geringer als diese Mindestgrenze (vgl. BMFSFJ).
Detailliertere Informationen findest du hier:
Wenn du auf aufstockende Sozialleistungen angewiesen bist und du bei Antragsstellung keinen Erfolg hast, lass dir am besten von unabhängigen Sozialberatungen helfen. Manche bieten auch eine Begleitung aufs Amt an. Hier kannst du unter anderem schauen, ob es eine Beratungsstelle vor Ort bei dir in der Nähe gibt.
8. Checkliste für dein Auslandsjahr: Die 10 wichtigsten Punkte, an die du denken solltest!
Frühzeitig: Das ist wohl das Schlagwort für alles. Wer sich früher informiert (ca. 1,5 Jahre vor Beginn), verpasst keine Anmeldefrist und hat eine größere Auswahl an Angeboten und hat bei der Bewerbung weniger Stress.
Reisepass & Visa: informiere dich frühzeitig (10-12 Monate) über die Bedingungen der Einreise, damit für eventuelle Visa-Beantragung genügend Zeit bleibt.
Ausreichend geimpft? Einige empfohlene Impfungen fürs Ausland sind etwas langwieriger, da sie sich aus mehreren Impfungen an verschiedenen Terminen zusammensetzen. Sobald das Reiseland klar ist, informiere dich bei deinen Hausärzt*innen, Tropenmediziner*innen oder eventuell in speziellen Tropenmedizinischen Beratungsstellen.
Flug buchen: je früher die Buchung – desto günstiger das Ticket. Viele Fluggesellschaften bieten für den Rückflug auch an, dass dieser variabel ist. Falls man Probleme mit dem Visum erwartet, sollte in dieser Hinsicht alles geklärt sein, bevor du buchst.
Sprachkenntnisse besser vor Abflug auffrischen. Die Möglichkeiten reichen vom VHS-Kurs bis zur Lern-App fürs Smartphone.
Internationaler Führerschein: dieser kann bei dir vor Ort bei den Straßenverkehrsämtern beantragt werden – für Europa benötigst du ihn in der Regel jedoch nicht. Informiere dich am besten vorher, wo du ihn brauchst.
Informiere dich über Auslandskrankenversicherungen und über Unfall- und Haftpflichtversicherung, falls du dich darum selbst kümmern musst – zum Beispiel bei Care Concept (Werbung!).
Kreditkarte rechtzeitig vor Abflug organisieren
Wenn du ein Work & Travel machst, kann es natürlich sinnvoll sein, dich schon vorher mit potentiellen ArbeitgeberInnen und auch Gleichgesinnten zu vernetzen. Im sozialen Netz wimmelt es nur so von passenden Gruppen. Hierüber bekommst du auch viele Tipps, wo du gut am Ankunftsflughafen eine Unterkunft finden oder ein Auto kaufen / mieten kannst.
Und schließlich: an die Abschiedsparty gedacht?
mic
Kurz + knapp
Das kommt darauf an, was du während des Jahres machst. Wenn du nur reist, ohne einen Sprachkurs mit mind. 10 Wochenstunden zu besuchen, dann nicht. Wenn du einen Freiwilligendienst machst und unter 25 bist, dann kannst du Kindergeld bekommen.
Nein, außer du machst ein Praktikum, was zwingend vor der Immatrikulation / dem Semesterbeginn absolviert werden muss.
Das kommt natürlich sehr darauf an, wohin du reist. Aber hier findest du eine von uns zusammen gestellte Checkliste, damit du gut organisiert starten kannst!
Weitere Artikel
Wir stellen dir in unserer Artikelreihe Gap Year verschiedene Wege und Möglichkeiten vor, wie du ein Jahr vor dem Studium (oder zwischen Bachelor und Master) aktiv nutzen kannst – ob im Ausland oder nebenan.
Hinweis
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Das oben genannte Datum stellt den Zeitpunkt der letzten Aktualisierung dar – der Artikel ist im Mai 2016 auf Studis Online veröffentlicht worden.