Anleitung zur unglücklichen StudienwahlMit diesen 7 Tipps wählst du garantiert das falsche Studium
Von Michael Wudi
Übersicht
1. Hör' nur auf deine Eltern 👪!
Dein Vater meint, dass man mit Jura oder Medizin nicht nur gute Jobchancen hat sondern auch ein gutes Gehalt? Es war dir aber schon immer wichtig, was du konkret machst? Du kannst kein Blut sehen und wenn in der Tagesschau ein Urteil des Bundesgerichtshofes erläutert wird, überfällt dich ein akuter Sekundenschlaf?
Wir meinen: das wird schon! Mit ein bisschen Übung und Gewöhnung über die Jahre, hältst du das aus. Um sich langsam an Blut zu gewöhnen, empfehlen wir den täglichen Konsum von Splatter-Filmen. Und deine Aufmerksamkeit kannst du mit Ritalin erhöhen.
Dich überkommt jetzt das Gefühl, dass du vielleicht doch etwas machen möchtest, was dich persönlich interessiert? Ignoriere einfach diese innere Stimme! Lass lieber für dich entscheiden – das ist für alle Beteiligten einfacher.
2. Versuch' ein Studienfach zu finden, in dem alle deine Interessen und Hobbys Platz finden 📺⚽🇪🇸📄!
Du schaust gerne Serien, spielst Fußball, bist einmal im Jahr in Spanien und begrüßt deine Crew gerne auf Spanisch und dein Hobby ist Origami-Falten?
Bestimmt findest du an einer größeren Universität mit breitem Angebot eine Bachelor-Kombination, die alles abdeckt: Hauptfach „Medien und Kultur Lateinamerikas“ mit den Nebenfächern Sportpädagogik und Papiertechnik.
Du merkst beim Zusammenstellen, dass du überhaupt keinen Schimmer hast, was du damit später machen möchtest (obwohl du ein sehr zukunftsorientierter Mensch bist mit klaren Vorstellungen und Plänen?). Dir fällt auf, dass du überhaupt keine Lust auf Pädagogik hast, du mit Technik auf Kriegsfüßen stehst – und du gestehst dir ein, dass dir Sprachen überhaupt nicht liegen … über ein „¡Hola!“ bist du nämlich nie hinaus gekommen.
Schieb' die Sorgen beiseite. Immerhin interessierst du dich ja dafür.
3. Wähl' ein Studium einfach danach, was Arbeitsamt oder Rankings empfehlen 🥇!
Du interessierst dich nicht die Bohne, was du im Studium lernen möchtest? Dir ist es einfach wichtig, dass du durch ein Studium mit gutem Ruf später ein hohes Gehalt später bekommst? Dann vertraue doch allein auf Hochschul-Rankings und Arbeitsmarktprognosen.
Während sich deine Freunde lange und komplizierte Pro- und Contra-Listen schreiben oder stille Selbstgespräche führen, vertraust du lieber auf andere Urteile – auch wenn beispielsweise die Rankings von der WiWo lediglich einen Bruchteil der Studiengänge der Hochschulen berücksichtigen, welche dir wohlmöglich eher schnuppe sind.
Dank der Rankings gelingt es dir mühelos darüber hinweg zu sehen, dass eine Hochschule in deiner Lieblingsstadt, wo du dir ein Leben leisten kannst, ein Studium mit deinen Lieblingsschwerpunkten anbietet – denn leider leider taucht es in den Rankings gar nicht auf und fällt damit raus.
Du vertraust in der Studienwahl gerne darauf, dass nach deinem angestrebten Masterabschluss in sechs Jahren die Arbeitsmarktprognosen sich bewahrheiten. Anscheinend fällst du deine Entscheidungen gar nicht so nüchtern, wie du selbst denkst – mit Horoskopen konntest du doch schon früher nichts anfangen?!
4. Geld oder Liebe 🤑😍? Natürlich reicht die Leidenschaft!
Nehmen wir an, du hast dich schon für dein Traum-Studium entschieden – aber es fehlt schlichtweg das Geld hierfür?
Einhunderttausend Euro für Studiengebühren können schnell zusammen kommen, wenn du Humanmedizin an einer privaten Hochschule oder im Ausland studieren möchtest und deine Abi-Note mit 1,4 am besch******en NC scheitert.
Oder das auserkorene Studium muss unbedingt in München stattfinden, weil du dich durch den Englischen Garten lustwandeln siehst? Obwohl die bayrische Landeshauptstadt mit durchschnittlich 720 Euro monatlicher Mietkosten fast dreimal so teuer wie die günstigste Stadt in Deutschland ist – und deine Studienfinanzierung auf sehr wackligen Beinen steht?
Plane realistisch und vernünftig – das würden Langweiler und Boomer nun empfehlen. Stattdessen folgst du lieber deinen Leidenschaften – auch wenn du dein Studium nach einem Semester wegen Geldmangel abbrechen musst. Immerhin bist du deinen Träumen gefolgt.
5. Mach' einfach das, was deine Friends machen 🙌!
Schon bei der Wahl deiner Leistungskurse in der Schule hast du deine Freund:innen gefragt, was sie wählen ... und genau das gleiche gemacht? – Obwohl du wusstest, dass du in Mathe keine große 💡 Leuchte bist?
Aber das macht doch nix! Die Hauptsache ist doch, du bist mit deinen Freund:innen zusammen, da ihr ja immer durch dick und dünn geht.
Und keine Angst: Du wirst immer Leute finden, die für dich entscheiden werden!
6. Studier' für das Berufsziel, welches du in deiner Schulzeit am meisten kennengelernt hast – und werde Lehrer:in 🧑🏫!
Hand aufs Herz: Wer war in seiner Schulzeit nicht auf seine Lehrerinnen und Lehrer neidisch: Sie hatten – mehr oder weniger – die Kontrolle über die gesamte Klasse, wußten immer alles besser, behielten immer das letzte Wort und hatten im Gegensatz zu dir nach dem letzten Läuten Feierabend, während du noch Hausaufgaben machen musstest.
Genau das fällt dir ein – wenn dir nichts besseres zur Studienwahl einfällt? Richtig so! Immerhin kennst du ja den Beruf in und auswendig. Ein Perspektiv-Wechsel, was alles Lehrkräfte an Schulen leisten (müssten / sollten / versuchen), ist da nicht notwendig.
Und da ja alle Lehramtsstudierenden mit jeder Fächerkombination nach dem immer praxisbezogenen Studium sofort ihr Wunsch-Referandariat zu Füßen gelegt bekommen und jeder danach sofort und überall eine Stelle findet, musst du dir diesbezüglich gar keine trüben Gedanken machen.
Ach – du warst in deiner Schulzeit gar nicht so glücklich? Dann studiere trotzdem auf Lehramt – und zahle es der nachfolgenden Generation heim!
7. Eine Studienwahl sollte funktionieren, wie die wahre Liebe 💘: Auf den ersten Blick!
Es ist Juni – und bei vielen Studiengängen läuft die Bewerbungsfrist nur noch zwei Wochen bis 15. Juli. Du hast jedoch noch keine Sekunde daran verschwendet, was du studieren möchtest? Keine Panik: Wir haben das Richtige.
Studienfach-Bingo 🎰
Ein paar vollkommen zufällig ausgewählte Studiengänge …
Dich lächelt ein Fach an – und fühlst schon jetzt das Kribbeln im Bauch? Dann schau schnell nach, wo das Studium deiner Träume angeboten wird und bewirb dich direkt ohne nochmal lästig nachzudenken.
Über den Autor des Artikels
Michael Wudi ist Redakteur bei Studis Online und findet Entscheidungen schwierig. Deswegen trifft er sie manchmal sehr schnell, damit die Entscheiderei schnell ein Ende findet – wie er es für sein erstes Studium gemacht hat und nach dem ersten Semester merkte: „Bloß schnell weg!“
Seine gewonnene Erkenntnis: Falsche Entscheidungen sind nicht schlimm aber manchmal halt ein wenig nervig, wenn man gerade fürs „Traumstudium“ 500 Kilometer umgezogen ist…
Nun kannst du dich getrost mit der rosa-roten Brille auf den Studienanfang freuen, während deine Freundinnen und Freunde auf die letzte Minute schnell vor Bewerbungsende einen Termin bei der Studienberatung machen oder versuchen Kontakt mit Studierenden zu knüpfen. Du schüttelst einfach nur den Kopf über die Leute, die sich länger mit der Studienfachdatenbank beschäftigen oder Studienwahl-Tests gemacht haben.
To be continued….
Was fällt dir noch ein, was man bei der Studienwahl besser nicht machen sollte?
Schreib' es unten in die Kommentare!
Wozu Tipps, die unglücklich machen?
Jeder der hier vorgetragenen Ratschläge ist mehr oder weniger Unsinn – besonders für sich alleine betrachtet. Aber in manchen steckt vielleicht für den einen oder die andere doch ein Quäntchen Wahrheit:
Natürlich haben manchmal Eltern, Freund:innen oder sonstige Leute gute Ideen – Rat fragen kann also freilich Sinn machen. Darauf alleine verlassen solltest du dich aber nicht.
Sich zu fragen, welche Interessen du hast, ist selbstverständlich auch sinnig. Ein Studienfach ohne Interesse wählen ... führt oft zu Studienabbrüchen. Jedoch gibt es auch die Möglichkeit, ein Hobby nur Hobby sein zu lassen. Nicht alles muss studiert und professionalisiert werden – denn manches macht man zwar gern, ohne unbedingt so gut zu sein!
Da für die meisten nach dem Studium keine Promotion sondern eine Lohnarbeit ansteht, kann ein schielender Blick auf den Arbeitsmarkt für die Studienwahl natürlich gemacht werden. Nur eins nicht vergessen: Wer das macht, was alle anderen wegen einer allgemeinen Prognose machen, hat es auch nicht leichter.
Es ist klar, dass du ein Studium nach deiner Leidenschaft aussuchen darfst – und zur Not auch finanzielle Einbußen du dadurch in kauf nimmst. Zudem hast du auch die Möglichkeit, verschiedene Wege der Studienfinanzierung zu nutzen oder zu überlegen – oder ob du doch woanders ein vergleichbares Studium findest, wo das Leben etwas günstiger ist.
Zum Thema Lehramt: Natürlich darfst du auch Lehrer:in werden. Aber vergiss nicht, dass der Beruf mehr als bloße Wissensvermittlung ist.
Und selbstverständlich kann das Thema Zufall und spontane Begeisterung eine Rolle in der Studienwahl spielen.
7. Kurz + knapp
Du solltest deine Studienwahl nicht kurzfristig entscheiden und dich nicht nur von einem Faktoren beeinflussen lassen. Gehe außerdem davon aus, dass du nicht jedes deiner Hobbies mit deinem Studiengang verbinden kannst.
Höre auf dein Gewissen, Bauchgefühl und wenn du möchtest auch auf deine Familie oder gute Freunde. Das musst letztendlich du entscheiden, lass aber nicht eine Stimme alleine entscheiden, wäge ab!
Wenn du darin gut bist und es dir Spaß macht, klar! Andernfalls suche dir lieber einen Studiengang der deine Interessen und Stärken fordert. Deine Freundschaften bleiben auch bestehen, wenn ihr unterschiedliche Dinge studiert.
Weiterer Tipp zum Lesen:
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Die ursprüngliche Version des Artikel wurde im Juli 2016 veröffentlicht – und wird seitdem vom Autoren kontinuierlich ergänzt, zuletzt am oben genannten Datum.