StudienwahlCoaching und Beratung
Die Antworten sind (trotz ihres „Alters“ – das Interview wurde 2008 geführt) auch für diejenigen interessant, die nicht eine solche (leider) nicht ganz billige Beratung in Erwägung ziehen. Denn es ergeben sich auch ein paar Hinweise zur Selbsthilfe, die vielleicht auch ausreichende Anregung für Eigenrecherchen bieten, um ohne eine solche Beratung zu einer fundierten Entscheidung zu kommen. Dabei helfen können ansonsten auch der Studienführer und das Forum von Studis Online.
Frau Handlos, Herr Bohlken, Sie arbeiten beide in Beratungsunternehmen, die sich auch auf Studien- und Berufsberatung spezialisiert haben. Können Sie ein wenig erzählen, wie eine Beratung bei Ihnen konkret abläuft?
Simone Handlos arbeitet seit 2007 als Coach, Unternehmensberaterin und Trainerin im Team von 2coach in Hamburg. Sie hat Erziehungswissenschaft, Psychologie und Journalistik studiert. Es folgten Coach- und Beraterausbildung sowie Outplacement- und Karriereberaterausbildung bei 2coach und Supervisionsausbildung nach Prof. Dr. Eva Arnold.
Simone Handlos, 2coach: come2start ist eine individuelle Berufsberatung, die in der schwierigen Phase der beruflichen Orientierung Unterstützung dabei bietet, das Berufsziel klar zu definieren.
Zu Beginn der Beratung findet ein kostenloses Erstgespräch statt, um sich kennen zu lernen und festzustellen, ob der zu Beratende und Coach überhaupt miteinander arbeiten können und wollen. Der Gecoachte sollte für sich klären, sitzt mir da jemand gegenüber dem ich vertrauen kann und will. Weiterhin findet im Vorgespräch der Einstieg ins Thema statt.
Wenn ein/e Schüler/In bzw. ein/e Student/In sich für eine come2start-Beratung entscheidet fängt der eigentliche Coachingprozess an.
In der ersten Phase des Coachings werden Themen zur Selbstklärung besprochen. Was kann ich? Was interessiert mich? Was macht mir Spaß?
Fähigkeiten und Eigenschaften werden so gemeinsam herausgearbeitet. Wichtig ist dabei immer zu darauf zu achten, was dem zu Beratenden wirklich Spaß macht. Wo liegen seine Interessen. Nicht die von Eltern, Geschwistern, Freunden oder Lehrern. Gerade die Vorstellungen anderer sind häufig schon sehr verinnerlicht.
Im nächsten Schritt wird dann gemeinsam erarbeitet, welche Berufe mit den Interessen und Fähigkeiten vereinbar sind. Welche Möglichkeiten gibt es, bestimmte Berufe zu verwirklichen.
Viele, die zu mir ins Coaching kommen, wollen »irgendetwas mit Medien machen«, haben aber nicht den entsprechenden NC um Medienwissenschaft zu studieren. Da erarbeiten wir dann, in welchem Bereich sie in den Medien genau arbeiten wollen - ob zum Beispiel eher im organisatorischen, gestalterischen oder redaktionellen Bereich.
Häufig gibt es ja nicht nur einen Weg um an mein Ziel zu kommen, sondern mehrere.
Jan Bohlken gründete 2007 das Profiling Institut Düsseldorf und blickt auf eine langjährige Tätigkeit als Headhunter und Coach zurück. Er ist Mitglied in der Internationalen Vereinigung für Bildungs- und Berufsberatung (IVBB), dem Weltverband der Berufs- und Bildungsberater sowie Mitglied im deutschen Fachverband für Bildungs- und Berufsberatung.
Jan Bohlken, Profiling Institut: Wir bieten zwei verschiedene Formen der Beratung für Schüler bzw. Studenten in der Berufs- oder Studienfindung an. Bei der längeren Version verbringen wir acht bis zehn Stunden mit unseren Kunden. In dieser Zeit wechseln sich Gespräche mit verschiedenen psychologischen Tests und kreativen Spielen ab. Ziel ist es innerhalb dieser längeren aber dennoch kompakten Zeit Interessen, Begabungen, Talente und Wünsche herauszuarbeiten. Dies ist dann die Basis für ein etwa 20-Seitiges Gutachten mit sehr konkreten Handlungsanweisungen (Studien- oder Berufsempfehlungen mit konkreter Angabe der besten Ausbildungsstätte), welches wir einem ausführlichen Nachgespräch mit dem Schüler und auf Wunsch den Eltern diskutieren.
Wo sehen Sie die spezifischen Stärken und Schwächen Ihrer Ansätze?
Simone Handlos, 2coach: Stärken sehe ich vor allem in der individuellen Herangehensweise. Wir verkaufen keine 08/15- Pakete, sondern beraten jeden, hinsichtlich seiner Begabungen, Interessen, Wünsche und Ziele.
Statements, wie »Oh, Schauspielerei, da sind die Aussichten aber schlecht, vielleicht doch lieber etwas Seriöseres« werden sie bei uns nicht finden. Ich lasse mich auch nicht von aktuellen Jobprognosen beeinflussen. Vor ein paar Jahren hätte jeder von einem Informatikstudium abgeraten, da der Markt als überlaufen galt und die Jobaussichten für Informatiker so schlecht waren. Heute werden Informatiker wieder verzweifelt gesucht.
Sich an solchen Prognosen zu orientieren, davon halte ich nicht viel. Aber natürlich weise ich auf die verschiedenen Rahmenbedingungen und Besonderheiten von Berufen hin. Hilfreich ist dabei auch, das Gespräch mit jemandem zu suchen, der »meinen Wunschberuf« ausübt.
Jan Bohlken, Profiling Institut: Wir liefern mit unserem Ansatz eine kompakte und sehr konkrete Beratungsform, die es dem Schüler möglich macht sich selbst, seine Umwelt und seine Zukunftsaussichten in seiner unsicheren Entscheidungssituation konkret zu greifen. Wir liefern Entscheidungshilfe und setzen dort an, wo die Schulen versagen bzw. nicht liefern können. Neben der Persönlichkeit und den Wünschen und Begabungen betrachten wir auch den Arbeitsmarkt und dessen Entwicklung. Unser Ziel ist es, eine Beratung mit langem Nutzwert zu liefern. Dies tun wir auch, sind uns aber auch bewusst, dass wir es mit Personen in der Entwicklung zu tun haben und das Ergebnis des Tests in sieben Jahren mit Sicherheit etwas anders ausfallen würde.
Wann ist der beste Zeitpunkt für eine Beratung? Wer braucht überhaupt eine?
Simone Handlos, 2coach: Es ist schon sinnvoll, sich früh mit den eigenen Interessen und Fähigkeiten auseinander zu setzen. Viele werden einfach überrumpelt. Gerade bin ich noch zur Schule gegangen, habe für meine Prüfungen gelernt und plötzlich soll ich mich für eine Ausbildung oder ein Studium entscheiden, welches mich zumindest die nächsten Jahre begleitet. Den Durchblick bei der Auswahl der zahlreichen Ausbildungsgänge und Studienmöglichkeiten zu behalten ist schwierig. Vor allem die neuen Bachelorstudiengänge werfen viele Fragen auf. Momentan entstehen zumindest namentlich viele neue Studiengänge. Fragen nach den genauen Unterschieden werden oftmals gestellt.
Dadurch, dass die Universitäten die Studiengänge selbst gestalten können, weisen auch Studiengänge mit dem gleichen Namen häufig Unterschiede auf. Wichtig ist es daher genau zu recherchieren, was die wirklichen Inhalte sind.
Besonders schwer ist es für viele sich für ein Fach zu entschieden, welches sie nicht von der Schule kennen. Was ist »Scientific Computing« oder »Museologie« überhaupt. Da kann eine Beratung oftmals hilfreich sein, um sich in dem Ausbildungswirrwarr besser zurechtzufinden. Viele haben aber auch noch gar keine konkrete Vorstellung von dem was sie machen wollen. Die Vorstellung geht von BWL über Design bis hin zu »irgendwas Soziales«. Gerade für Menschen, die vielseitige Begabungen und Interessen haben, ist ein Coaching hilfreich. Oft müssen im Coaching aber auch einfach die Ängste vor dem großen Unbekannten genommen werden. Einige haben aber auch schon relativ klare Vorstellungen von dem, was sie machen wollen und benötigen einfach noch Informationen zum Bewerbungsmanagement.
Für viele Ausbildungsgänge und Studienmöglichkeiten müssen Fristen beachtet werden, vorher noch Motivationsschreiben oder Mappen angefertigt oder ein Praktikum absolviert werden. Da kann bei einer späten Auseinadersetzung die Frist schnell abgelaufen sein. Daher rate ich immer, sich schon während der Schulzeit mit dem Berufswunsch auseinanderzusetzen.
Jan Bohlken, Profiling Institut: Der richtige Zeitpunkt für eine Beratung ist ab der 11. Klasse Oberstufe bzw. wenn ein Studium angefangen wurde und derjenige merkt es war die falsche Wahl!
Ich fürchte es brauchen immer mehr Schüler und Studienabbrecher eine solche Beratung, denn der Arbeitsmarkt und der Studienmarkt werden zunehmend komplexer und damit auch die Anforderungen und die Entscheidungssituation! Die Schulen stehen immer unter Druck durch Schulreformen und können den wichtigen Teil der Berufsorientierung nicht mehr leisten.
Die ausführliche Beratung wie von Ihnen angeboten, hat zwangsläufig Ihren Preis. Was kostet die Beratung bei Ihnen konkret? Gibt es verschiedene "Pakete"?
Simone Handlos, 2coach: Bei uns kostet eine Coachingstunde innerhalb des come2start Programms 85 Euro. Meist werden ca. sechs Coachingstunden zur Berufsfindung benötigt.
Jan Bohlken, Profiling Institut: Wir unterscheiden zwei verschiedene Pakete, die sich in Ihrer Beratungsintensität und Dauer unterscheiden. Die günstigere Version kostet 650 Euro und die so genannte Professional-Variante 850 Euro jeweils zuzüglich Mwst.
Was können Sie denjenigen raten, für die eine Beratung bei Ihnen einfach zu teuer ist?
Hilfen bei Berufs- und Studienwahl
Nicht jedeR braucht kostenpflichtige Hilfe. Wenn es in Richtung Studium gehen soll, gibt schon unsere Artikel Studienwahl erste Anregungen.
Immer mehr Hochschulen haben Online-Tests entwickelt, die bei der Studienwahl helfen sollen. Wir haben viele davon in unserem Verzeichnis von Online-Self-Assessments (Selbsttests) aufgelistet.
Simone Handlos, 2coach: Angebote von der Arbeitsagentur, den Hochschulteams sowie den Karriereberatungen der Hochschule zu nutzen. Sich mit der entsprechenden Literatur, wie z. B. mit »Durchstarten zum Traumjob« von Richard N. Bolles auseinanderzusetzen. Gespräche mit Menschen suchen, die in »meinen ausgewählten Berufen« arbeiten, die Möglichkeit eines Praktikums nutzen.
Jan Bohlken, Profiling Institut: Es gibt verschiedene Möglichkeiten sich im Internet testen zu lassen. Man erhält dann einige Tage später die Ergebnisse zugesandt. Bei dieser Variante steht man nur ohne professionelle Hilfe dar und erhält keine Antworten zu aufkommenden Fragen. Man steht im Regen und daher bringt auch das Testen nichts.
Weiterhin steht natürlich jedermann die Agentur für Arbeit offen, die auch über sehr gute Beraterkollegen verfügt, denen aber aufgrund der Menge an Anfragen und Vorgaben Ihres Arbeitgebers leider die Hände gebunden sind eine ausführliche Beratung anzubieten. Der Idealfall ist natürlich die „Selbstfindung“ durch Gespräche mit Freunden und Familie und das ausführliche Recherchieren im Internet.
Sie sind natürlich nicht die einzigen Anbieter von ausführlicher, kostenpflichtiger Studien- und Berufsberatung. Auf was sollten Interessenten achten, um eineN seriöseN und geeigneteN BeraterIn zu finden?
Simone Handlos, 2coach: Der Berater sollte ein Studium der Psychologie, Erziehungswissenschaft oder Ähnliches aufweisen, eine Ausbildung zum Coach und Berater absolviert und Erfahrung in der Beratung mit der Spezialgruppe haben. Ein kostenloses Vorgespräch sollte Teil der angebotenen Leistung sein. »Seriöse Berufsberater« begleiten den zu Beratenden, sie sagen nicht, was er tun soll.
Jan Bohlken, Profiling Institut: Das ist ein kritischer Punkt. Die Wahl des geeigneten Beraters ist nicht leicht. Meiner Empfehlung nach sollte man sich den Internetauftritt genau ansehen, vielleicht ein Mustergutachten anfordern und ein telefonisches Vorgespräch führen, um die die Professionalität und gegebenenfalls Sympathie zu erkunden! Meiner Ansicht nach gibt es viele Anbieter in diesem Markt denen es an Professionalität mangelt.