StudienfinanzierungUnterhaltsanspruch für ein Studium
1. Kurz + knapp
Du hast ein Anrecht auf Unterhalt, wenn du in deiner ersten Berufsausbildung (also Studium, Ausbildung oder Ähnlichem) bist, während einer Übergangszeit zwischen abgeschlossener Ausbildung und Beginn der Arbeitsstelle, wenn sich absolut kein Beruf nach Vollendung deiner Ausbildung finden lässt oder wenn du aufgrund von Krankheit oder Behinderung arbeitsunfähig bist.
Generell gilt: Während eines Bundesfreiwilligendienstes, Freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres oder dem freiwilligen Wehrdienst sind deine Eltern nicht verpflichtet dir Unterhalt zu zahlen.
Du bist verpflichtet eine Ausbildung möglichst schnell zu beginnen, dir wird allerdings eine Orientierungszeit gewährt, in der du dir eine Ausbildung, die deine Interessen mit einbezieht, suchen kannst. Dazu können deine Eltern dich nicht zu einer bestimmten Berufsausbildung, oder einem bestimmten Studium zwingen, was du studierst ist deine Entscheidung.
Teilweise, ja. Zwar können dir deine Eltern keinen Studiengang und keine spezielle Ausbildung vorschreiben, trotzdem gilt die gegenseitige Rücksichtnahme, die fordert, dass wenn deine Eltern dich finanzieren, du die Ausbildungswahl mit ihnen besprichst.
2. Wann können volljährige Kinder Unterhalt von den Eltern fordern?
Während minderjährige Kinder immer berechtigt sind, Unterhalt zu fordern, müssen volljährige grundsätzlich selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen. Wichtigste Ausnahme von dieser Regel: Während der Ausbildungszeit sind auch volljährige Kinder unterhaltsberechtigt. Denn die Ausbildung schafft üblicherweise erst die Voraussetzung dafür, in finanzieller Hinsicht für sich selbst sorgen zu können. Das Risiko, dass dies nicht gelingt, weil du in dem erlernten Beruf keinen Arbeitsplatz findest, trägst (in erster Linie) du selbst. So sehr es schmerzen mag: Du bist verpflichtet, auch solche Jobs anzunehmen, die unter deinem Ausbildungsniveau liegen und nichts mit deinem erlernten Beruf zu tun haben.
Nur wenn selbst solch ein Job nicht zu finden ist, besteht weiterhin eine Unterhaltsberechtigung. Um dies im Zweifel nachweisen zu können, solltest du sorgfältig Buch darüber führen, wo du dich beworben hast und die Ablehnungsschreiben auf deine Bewerbungen aufheben. Ansonsten besteht eine Unterhaltsberechtigung außerhalb der Ausbildungszeit nur dann, wenn du nachweislich wegen Krankheit oder einer Behinderung nicht arbeitsfähig bist.
Unterhaltsberechtigung
während der Ausbildung
für eine Übergangszeit von ca. 3 Monaten nach Abschluss der Ausbildung (Bewerbungsfrist, vgl. OLG Hamm FamRZ 1990, S. 904)
wenn sich überhaupt keine bezahlte Tätigkeit finden lässt (Nachweispflicht!)
bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung
Keine Unterhaltsberechtigung
während der Wartezeit auf einen Ausbildungsplatz (für eine Unterhaltsberechtigung während einer Übergangszeit zwischen Schulabschluss und Ausbildungsbeginn dagegen OLG Schleswig FuR 2001, 570, S. 871.)
während des freiwilligen Wehrdienstes
während der Ableistung eines FSJ, FÖJ oder des Bundesfreiwilligendienstes
nach Abschluss der Ausbildung (wenn die 3-monatige Bewerbungsfrist abgelaufen ist; s.o.)
Zurück zum Unterhaltsanspruch während einer Ausbildung: Auch hier gibt es natürlich noch weitere Randbedingungen. Auf diese gehen wir in den folgenden Punkten im Detail ein.
Bist du Mutter/Vater eines nichtehelichen Kindes?
3. Was bei der Wahl der Ausbildung bzw. des Studiums beachtet werden muss
Im Gesetz heißt es, dass der Unterhaltsanspruch die „angemessene Vorbildung zu einem Beruf“ umfasst. Von den Gerichten wird eine Ausbildung dann als angemessen angesehen, wenn sie einerseits den Fähigkeiten, Interessen und der Leistungsbereitschaft des Kindes entspricht, andererseits aber auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern berücksichtigt. Unerheblich für die Angemessenheit der Ausbildung sind das Ausbildungsniveau der Eltern und ihre gesellschaftliche Stellung. Auch spielt keine Rolle, ob der Arbeitsmarkt die Aussicht bietet, später eine Anstellung in dem erlernten Beruf zu finden.
Das Kind eines / einer Richters / Richterin, das gerne Krankenpfleger*in werden möchte, hat ebenso Anspruch auf Finanzierung der Krankenpflegeausbildung wie das Kind einer / einer Krankenpfleger*in auf Finanzierung eines Jurastudiums, wenn dies ihren Neigungen und Fähigkeiten entspricht.
Wenn du volljährig bist, kannst du grundsätzlich allein über die Wahl deiner Ausbildung entscheiden. Das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme gebietet es allerdings, dass du deine Eltern dabei nicht übergehst, sondern mit ihnen über das Thema sprichst.
Drängen deine Eltern dich in eine Ausbildung, die nicht angemessen ist, kommen sie ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nach. Sie müssten dir deshalb noch eine andere (weitere) Ausbildung finanzieren, welche die Kriterien der Angemessenheit erfüllt.
4. Wann muss die Ausbildung / das Studium aufgenommen werden?
Da deine Eltern üblicherweise ein Interesse daran haben, dass du möglichst zügig eine Ausbildung abschließt, darfst du den Ausbildungsbeginn nicht unnötig verzögern (auch hier wieder: gegenseitige Rücksichtnahme!). Wer z. B. nach dem Abitur viele Jahre durch die Welt reist, sollte nicht damit rechnen, danach noch einen Anspruch auf Finanzierung einer Ausbildung zu haben.
Andererseits soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass nicht nur die Zulassung zu so manchem Ausbildungs- und Studienplatz mehrere Monate Wartezeit erfordert (diese muss von den Eltern in Kauf genommen werden), sondern auch eine Orientierungsphase nach dem Schulabschluss nötig sein kann, um die richtige Berufswahl zu treffen. Als zeitlicher Maßstab kann hier eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs dienen, der eine Orientierungsphase von einem Jahr nicht beanstandet hat (vgl. BGH FamRZ 2001, 757 [758]).
Noch weiter geht die Entscheidung des BGH vom 3. Juli 2013 (Az. XII ZB 220/12). Danach kann sogar ein Zeitraum von drei Jahren zwischen Schulabschluss und Aufnahme der Erstausbildung noch der Obliegenheit des Kindes entsprechen, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen, wenn das Kind in dieser Zeit mit dem Ziel, seine Chance auf einen Ausbildungsplatz zu erhöhen, Praktika abgeleistet und ungelernte Tätigkeiten ausgeübt hat. Das Argument: Besonders Bewerber*innen mit schwachem Schulabgangszeugnis seien verstärkt darauf angewiesen, durch Motivation und Interesse an dem Berufsbild zu überzeugen. Dies könne durch entsprechende Praktika und ungelernte Tätigkeiten gelingen.
Kurz zusammengefasst also: Orientierungszeit ja, unnötige Verzögerung des Ausbildungsbeginns nein.
5. Wie lange darf die Ausbildung dauern?
Bei einem Studium ist grundsätzlich die Regelstudienzeit maßgeblich. Allerdings wird mit diesem Grundsatz insgesamt etwas großzügiger umgegangen als im BAföG-Recht. So gibt es z. B. eine Gerichtsentscheidung (OLG Celle EzFamR aktuell 2001, 167), nach der zusätzlich für eine Dauer von zwei Semestern und für die Zeit des Abschlussexamens eine Unterhaltsberechtigung angenommen wurde. Man wird hier immer im Einzelfall abwägen müssen, welche Gründe es für die längere Studienzeit gibt und was den Eltern zumutbar ist.
Kommt es krankheitsbedingt zu Verzögerungen, so lassen diese den Anspruch nicht entfallen. Gleiches gilt für das Nichtbestehen von Prüfungen. Erst dann, wenn sich aufgrund mehrerer Misserfolge im Studium abzeichnet, dass ein erfolgreicher Abschluss unwahrscheinlich ist, kann dies dazu führen, dass der Unterhaltsanspruch für diese Ausbildung erlischt.
6. Weitere Detailfragen zum Unterhaltsanspruch während eines Studiums
a) Besteht Anspruch auf Finanzierung eines Parkstudiums?
In der Regel nein. Musst du – z. B. wegen einer Zulassungsbeschränkung – längere Zeit auf eine Zulassung zu deinem Wunschstudium warten, hast du zwischenzeitlich keinen Anspruch auf Finanzierung eines anderen Studiums.
Eine Ausnahme kann lediglich dann bestehen, wenn du dich in dem Studium bereits mit den Fächern des Wunschstudiums befassen kannst und dadurch ein zügiger Abschluss des Wunschstudiums möglich wird (vgl. OLG Celle FamRZ 1983, S. 641).
b) Ist ein Fachrichtungswechsel möglich?
Ja, aber es gilt Ähnliches wie im BAföG-Recht: Ein Wechsel lässt einen Unterhaltsanspruch nur dann nicht entfallen, wenn er während der ersten Semester erfolgt und darauf zurückzuführen ist, dass sich ein Neigungs- oder Eignungsmangel abzeichnet. Vgl. dazu auch den Artikel zum Fachrichtungswechsel im Zusammenhang mit BAföG.
c) Besteht Anspruch auf Finanzierung einer zweiten Ausbildung / eines zweiten Studiums?
Grundsätzlich müssen dir deine Eltern nur eine Ausbildung (=ein Studium) finanzieren. Da sich übliche Ausbildungsverläufe aber heutzutage komplizierter gestalten, gibt es auch eine differenzierte Rechtsprechung zu der Frage, was „eine Ausbildung“ ist bzw. wann ein zweiter Berufsabschluss von den Eltern zu ermöglichen ist.
Eine zweite Ausbildung muss dann finanziert werden, wenn ...
von vornherein ein mit den Eltern abgesprochener Ausbildungsplan bestand, der mehrere Ausbildungen umfasste (z. B. Haupt- oder Realschulabschluss – Berufsausbildung (früher Lehre) – Fachoberschule – Studium)
ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen den Ausbildungen besteht. Dies betrifft vor allem die Fälle, in denen nach einer Berufsausbildung (früher Lehre) ein Studium begonnen wird. Ein enger sachlicher Zusammenhang liegt dann vor, wenn beide Ausbildungen der gleichen Berufsrichtung zuzuordnen sind oder sich fachlich ergänzen. Ein enger zeitlicher Zusammenhang wird üblicherweise dann angenommen, wenn zwischen Abschluss der Berufsausbildung und dem Studienbeginn nicht mehr als zwei Jahre liegen.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass ein Bachelor-Master-Studium auch im Unterhaltsrecht (wie im BAföG) zusammengehört und daher im Master in der Regel weiter eine Unterhaltspflicht der Eltern besteht. Das könnte nur dann anders sein, wenn zwischen Bachelor und Master bereits (länger) gearbeitet wurde oder u.U. das Studium an sich erst sehr spät aufgenommen wurde – all das sind dann Einzelfallbetrachtungen!
Es gibt darüber hinaus Fälle, in denen auch eine zweite Ausbildung offiziell als solche angesehen wird und finanziert werden muss: Dies ist jeweils dann der Fall, wenn die erste Ausbildung nicht die Voraussetzungen einer „angemessenen Ausbildung“ erfüllt (siehe Was bei der Wahl der Ausbildung beachtet werden muss); sei es, weil deine Eltern dich in einen Beruf gedrängt haben, den du gar nicht erlernen wolltest oder weil sich herausstellt, dass du den erlernten Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht ausüben kannst.
d) Dürfen die Eltern den Studienverlauf kontrollieren?
Ja, deine Eltern dürfen von dir Informationen zu deinem Studienverlauf verlangen – schließlich geht es um eine Ausbildung, die sie finanzieren. Wollen sie deine Leistungsnachweise sehen, musst du dem also nachkommen.
Sie können dir allerdings nicht vorschreiben, wie du dein Studium im Einzelnen gestalten sollst, zumal im Studium – anders als in der Schule – durchaus ein gewisser Spielraum der/des Studierenden bei der Gestaltung der Ausbildung besteht.