StudienfinanzierungUnterhalt von den Eltern
1. Kurz + knapp
Nein. Du kannst natürlich nur in bestimmten Situationen Unterhalt von deinen Eltern fordern, zum Beispiel, wenn deine Eltern dir noch keine Ausbildung finanziert haben, oder du noch schulpflichtig bist. Allerdings ist Unterhalt auch nicht zwangsläufig in Form von Geld zu erbringen, sondern beispielweise auch in Form von Kost und Logis, der Naturalunterhalt.
Das kommt natürlich auf deine Situation an, in manchen Fällen übernimmt allerdings das BAföG-Amt die Verantwortung, um von deinem Elternteil den Unterhalt einzufordern, mehr dazu hier. Alternativ gibt es natürlich Mediationsangebote oder, wenn alle Stricke reißen - Jurist*innen und Gerichte.
Dieses Gebot besagt, dass deine Eltern dazu verpflichtet sind, dir zu helfen durch eine geeignete Ausbildung gute Voraussetzungen für dein weiteres Leben zu schaffen. Auf der anderen Seite bedeutet dieses Gebot, dass du alles dafür tun musst, deine Ausbildung und die Unterstützung deiner Eltern schnell hinter dir zu lassen und auf eigenen Beinen zu stehen.
2. Grundsätzliches zur Unterhaltspflicht der Eltern
Gerne würden wir dir an dieser Stelle einfach nur sagen, ob dir Unterhalt zusteht und wenn ja, in welcher Höhe. Auch wenn es uns nicht gefällt: Wir können es nicht. Das Unterhaltsrecht ist kompliziert und letztendlich immer eine Frage des Einzelfalls.
Das Unterhaltsrecht ist um einen Interessenausgleich bemüht. In ihm können viele Faktoren eine Rolle spielen, die sich in jedem Einzelfall wieder anders darstellen. Hinzu kommt, dass es kaum gesetzliche Regelungen gibt und selbst die Unterhaltstabellen und Leitlinien, die den Gerichten an die Hand gegeben werden, sind lediglich ein Orientierungsmaßstab.
Da es auf unserer Seite vor allem um Studierende geht, ist nur der Unterhalt für volljährige unverheiratete Kinder das Thema. Die hier geltenden Regeln weichen teilweise von denen für Minderjährige ab. Wichtig vor allem: Das im Gesetz verankerte Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zwischen Eltern und ihren Kindern (§ 1618a BGB) kommt hier besonders zum Tragen.
Deine Eltern sind verpflichtet, alles dafür zu tun, dass du mit einer Ausbildung die Voraussetzungen dafür schaffen kannst, deinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Also dir zu einer geeigneten Ausbildung / einem Studium zu verhelfen. Im Gegenzug bist du angehalten, alles dafür zu tun, dass deine Eltern diese Last nicht länger und schwerer tragen müssen als unbedingt erforderlich.
Wie geht es weiter? Wo finde ich jetzt die Infos, die mich betreffen?
Gleich hier im Artikel geht es um die Frage, ob deine Eltern dir Geld geben müssen oder wann sie verlangen können, dass du bei ihnen wohnen bleibst – Barunterhalt vs. Naturalunterhalt. Dann erklären wir noch, wie BAföG und Unterhalt zusammenhängen und wann es Unterhalt rückwirkend geben kann. Schließlich geben wir Tipps, was du tun kannst, wenn es mit den Eltern Streit um den Unterhalt gibt.
Wenn du zwischen Schule und Studium eine längere Pause hattest, schon eine Ausbildung gemacht hast, schon lange studierst oder das Studienfach wechselst, solltest du den Artikel zum Unterhaltsanspruch für ein Studium lesen. In ihm erklären wir im Detail, wann Unterhalt für ein Studium noch zu erwarten ist und wann eher nicht.
Schließlich haben wir noch einen Artikel Höhe des Unterhalts der Eltern. Zwar lässt sich der Unterhalt nicht so leicht wie das BAföG vorab berechnen. Aber je nach Fall ist eine Annäherung möglich – wir erklären die Grundlagen.
3. Barunterhalt vs. Naturalunterhalt – Geld oder Kost und Logis?
Unterhalt fordern zu können, bedeutet nicht zwangsläufig, Anspruch auf einen bestimmten Geldbetrag zu haben. Vielmehr können deine Eltern entscheiden, ob sie den Unterhalt an dich in Form von Natural- oder Barunterhalt leisten wollen.
Sie können dir also auch freie Kost und Logis in ihrem Haushalt anbieten, sogenannten Naturalunterhalt. Bei dieser Entscheidung müssen sie allerdings auf deine Belange ausreichend Rücksicht nehmen. Tun sie das nicht, kann im Rahmen eines Unterhaltsprozesses festgestellt werden, dass die die Eltern verpflichtet sind, den Unterhalt in bar zu zahlen (Barunterhalt). „Bar“ meint dabei natürlich nicht, dass sie dir Bargeld in die Hand drücken müssen, sondern dass sie einen entsprechenden Betrag auf dein Konto überweisen.
Bleibt die Frage, welche deiner Belange deine Eltern berücksichtigen müssen und welche nicht. Maßstab ist hier aus rechtlicher Sicht, ob du besondere Gründe gegen das Wohnen im elterlichen Haushalt vorbringen kannst.
Nicht ausreichend ist auf jeden Fall dein genereller Wunsch, dich von den Eltern zu lösen und ein eigenständiges Leben führen zu wollen. Diesen Wunsch haben wohl die meisten Studierenden, er reicht dennoch nicht aus. Besonders wäre ein Grund dagegen, wenn du z. B. in besonders schwierigen Familienverhältnissen lebt.
Naturalunterhalt kommt natürlich dann nicht in Betracht, wenn dir hochschulstart.de einen Studienplatz in einer anderen Stadt zuweist (BGH FamRZ 1996, S. 798 f. [799]). Immer vorausgesetzt, die Hochschule ist nicht in zumutbarer Zeit von der Wohnung deiner Eltern aus zu erreichen. Nicht mehr zumutbar ist eine Fahrzeit von täglich 3 Stunden (Hin- und Rückfahrt zusammen), so bspw. das OLG Celle (FamRZ 2001, 115).
Deine Eltern können ihre Meinung hinsichtlich der Art der Unterhaltsgewährung grundsätzlich auch ändern. Allerdings nur „unter Berücksichtigung von Treu und Glauben“, wie der Jurist sagt. Es kommt also darauf an, ob du dich bereits auf die durch die Unterhaltsbestimmung geschaffene Situation eingestellt und entsprechende Maßnahmen getroffen hast (vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 1988, 204[205]).
Beispiel: Deine Eltern entscheiden sich, dir Barunterhalt zu zahlen. Du mietest dir daraufhin ein Zimmer an. Nun wäre es treuwidrig, wenn sie dann doch von dir verlangen würden, wieder bei ihnen einzuziehen.
4. Unterhalt und BAföG
Sofern deine Eltern kein besonders hohes Einkommen haben und du eine Ausbildung absolvierst, die nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz gefördert werden kann, wirst du deinen Lebensunterhalt in der Regel mit einer Kombination aus BAföG und Unterhalt bestreiten. Beides ist insofern aufeinander abgestimmt, als beim BAföG das Einkommen deiner Eltern Berücksichtigung findet und im Unterhaltsrecht die BAföG-Leistung deinen Bedarf senkt, also im Ergebnis zu einem geringeren Unterhaltsanspruch gegen die Eltern führt. Damit tut das BAföG genau das, was es tun soll, nämlich dich in deiner Ausbildung fördern, sofern das Einkommen deiner Eltern dazu nicht ausreicht.
Nun gibt es aber auch den Fall, dass du dir z. B. mit Ende 20 überlegst, noch eine zweite Ausbildung – oder ein Studium – machen zu wollen. Du besprichst das mit deinen Eltern. Die sehen möglicherweise nicht ein, dass sie noch mal zahlen sollen. Also gehst du zum BAföG-Amt, in der Hoffnung, elternunabhängig gefördert zu werden. Das funktioniert aber in vielen Fällen nicht, weil du die engen Voraussetzungen für die elternunabhängige Förderung nicht erfüllst.
Was tun? Wenn das BAföG-Amt dich nur elternabhängig fördern will, reduziert sich das Problem auf die Frage, ob deine Eltern verpflichtet sind, dich noch mal oder weiterhin finanziell zu unterstützen. Um dies herauszufinden, kannst du das Vorausleistungsverfahren in Anspruch nehmen. Mit diesem Verfahren kannst du erreichen, dass das Amt dir das BAföG zunächst unabhängig vom Einkommen der Eltern auszahlt (deshalb Vorausleistung). Gleichzeitig setzt du die nötigen Hebel in Bewegung, dass es sich darum kümmert, herauszufinden, ob deine Eltern weiterhin zahlungsverpflichtet sind.
Im Zweifel würde das BAföG-Amt sogar einen Unterhaltsprozess gegen die Eltern führen, um dies von einem Gericht entscheiden zu lassen. Dies passiert in Fällen, in denen davon ausgegangen werden kann, dass die Zahlungsverweigerung der Eltern zu Unrecht erfolgt. Denn dann will sich das Amt den vorausgeleisteten Betrag, den eigentlich deine Eltern hätten zahlen müssen, von ihnen wiederholen.
Möglich ist aber auch, dass von vornherein klar ist, dass nach den Kriterien für die Finanzierung einer zweiten Ausbildung kein Unterhaltsanspruch mehr besteht, weil es z. B. an einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen erster und zweiter Ausbildung fehlt. Dann würde es keinen Sinn machen, die Eltern zu verklagen. Hier wirst du im Ergebnis elternunabhängig gefördert, weil das Amt keine Möglichkeit hat, auf die Eltern zurückzugreifen, dir das vorausgeleistete BAföG aber auch nicht wieder wegnehmen kann.
Näheres zu den Zusammenhängen zwischen Unterhalt und BAföG und dem genauen Ablauf des Vorausleistungsverfahrens findest du im Artikel Vorausleistungen beim BAföG.
5. Unterhalt für die Vergangenheit – wann ist rückwirkend etwas möglich?
Um Unterhalt rückwirkend geltend machen zu können (§ 1613 BGB), muss der Verpflichtete (also dein Elternteil oder beide Eltern) in einer der folgenden Varianten davon in Kenntnis gesetzt worden sein, dass du ab einem bestimmten Zeitpunkt Unterhalt von ihm beanspruchst. Natürlich muss ein Unterhaltsanspruch zu diesem Zeitpunkt auch dem Grunde nach bestanden haben.
Er / Sie muss in Verzug gesetzt worden sein.
Ihm / Ihr muss eine Unterhaltsklage zugestellt worden sein.
Du musst ihn / sie dazu aufgefordert haben, Auskunft über seine Einkommensverhältnisse zu geben, damit du deinen Unterhaltsanspruch geltend machen kannst (z.B. auch weil du auf BAföG hoffst, aber dafür ja Angaben der Eltern/des Elternteils brauchst).
Unabhängig von diesen Voraussetzungen kann rückständiger Unterhalt gegen den Unterhaltspflichtigen dann geltend gemacht werden, wenn du den Anspruch gegen ihn / sie nur deshalb nicht geltend machen konntest, weil sein / ihr Aufenthaltsort unbekannt war.
6. Was tun, wenn das Thema Unterhalt zu Konflikten führt?
Zunächst – falls du Teile dieses Artikels übersprungen haben solltest – nochmals der Hinweis, dass sich u.U. das BAföG-Amt um den Streit kümmert. Dazu musst du aber noch BAföG-berechtigt sein. Es gibt dann aber auch keinesfalls mehr als den BAföG-Höchstsatz.
Willst oder kannst du die Möglichkeit über das BAföG-Amt nicht nutzen, bist du berechtigterweise erst mal stinksauer, weil deine Ausbildung und damit Zukunft auf dem Spiel steht. Möglicherweise denkst du daran, vor Gericht zu ziehen, um Recht zu bekommen und Geld noch dazu. Das kannst du natürlich machen. Du brauchst dazu nicht mal eine*n Anwalt / Anwältin.
Bedenken solltest du allerdings: Gerichtsverfahren kosten Geld, Zeit und Nerven. Was die Finanzen angeht, so gilt, dass grundsätzlich der / die Verlierer*in des Prozesses die Kosten zu tragen hat. Du brauchst also eine positive Prognose für deine Rechtsstreit, damit das Ganze finanziell nicht nach hinten losgeht. Prozesskostenhilfe gibt es auch nur, wenn die Erfolgsaussichten gut sind. Da die Gerichte überlastet sind, wird es außerdem eine Weile dauern, bis in deiner Sache entschieden wird. Dem ließe sich noch mit einem Eilantrag begegnen.
Der wohl entscheidendste Punkt sind die Nerven. Auch ein Prozess gegen irgendeine*n Geschäftspartner*in lässt dich sicher nicht kalt, aber wenn bei einem Rechtsstreit enge persönliche Beziehungen (oder solche, die es zumindest mal waren) betroffen sind, gehört schon einiges dazu, das durchzuhalten. Du solltest dir gut überlegen, ob dir die Konsequenzen die Sache wert sind.
Ein Unterhaltsprozess gegen die Eltern unterscheidet sich diesbezüglich nicht wesentlich von einem Scheidungsverfahren. Bei diesem ist es nichts Neues, dass es in dem vor Gericht ausgetragenen Rechtsstreit häufig gar nicht so sehr um die Sache selbst geht, sondern um verletzte Gefühle u. ä. Davon ist kein Mensch frei. Leider können Richter*innen und Anwält*innen hier ziemlich wenig ausrichten.
Das können nur die Beteiligten selbst, seien es die streitenden Ex-Partner*innen oder du und deine Eltern. Und weil es ziemlich viele Menschen gibt, die damit überfordert sind (auch wenn es nur ein Bruchteil zugibt), gibt es andere, die ihnen dabei helfen.
Es gibt Beratungsstellen, Anwält*innen und Psycholog*innen, die dir helfen können, erst mal eine Entscheidung zu treffen, welchen Weg der Konfliktlösung du versuchen willst und für den Fall, dass du dich für den außergerichtlichen Weg entscheidest, dafür ausgebildet sind, zwischen dir und deinen Eltern zu vermitteln. Auch das ist keine Erfolgsgarantie und deine Eltern können sich natürlich auch hier beharrlich weigern, an einem Gespräch teilzunehmen, aber du wüsstet zumindest am Ende für dich selbst, dass du alles versucht hast. Hört sich nach wenig an – ist aber 'ne Menge!
Nachfolgend ein Link zu einer Internetseite, über die du solche Mediator*innen finden kannst. Bei Beratungsstellen ist häufig die erste Beratung kostenlos möglich, wenn du nicht genug Geld hast. Frag' ruhig nach. Du bist da kein Einzelfall. Geh' hin, guck' dir das Ganze mal an, lasse dir erklären, wie Mediation funktioniert und wenn es dir am Ende sonderbar erscheint und du doch vor Gericht ziehen willst, so kennen Familienmediator*innen immer auch Anwält*innen, die auf Familienrechtsstreitigkeiten spezialisiert sind. Nur Mut!
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Der Originalartikel stammt aus dem Jahr 2016, und ist inzwischen in mehrere Artikel aufgeteilt. Diese werden immer wieder von Oliver Iost aktualisiert, zuletzt am oben genannten Datum.