StudienfinanzierungHöhe des Unterhalts der Eltern 2024
1. Kurz & knapp
Eine eindeutige Antwort gibt es leider nicht. Der angemessene Gesamtunterhaltsbedarf von Studierenden, die nicht bei ihren Eltern oder einem Elternteil wohnen, beträgt in der Regel monatlich 930 EUR (2024 unverändert wie 2023) – inklusive Kosten für die Miete . Diese Höhe gilt jedoch nur, wenn deine Eltern überhaupt soviel zahlen können.
Was alles dazu gehört, bestimmt das zuständige Oberlandesgericht. In einfachen Fällen sollte das Einkommen dem bereinigten Nettoeinkommen entsprechen – abzüglich des Selbstbehalts von 1.750 Euro (Stand 01/2024).
Wie hoch dein Bedarf ist hängt von vielen Sachen ab: eventuelle Studiengebühren, ob du bei deinen Eltern lebst, Vergütung von Ausbildung, Praktika und Job, BAföG, Halbwaisenrente, Stipendium, Kapitaleinkünfte, Vermögen und das Kindergeld.
Theoretisch erhältst du so viel Unterhalt, wie du benötigst. Wenn ein Elternteil sich jedoch weigert zu zahlen, muss das andere Elternteil nicht einspringen, sondern muss nur für seinen Anteil haften.
2. Was sagt das Gesetz?
Wenig sagt es – sehr wenig. Der Unterhalt solle „angemessen“ sein, heißt es in (§ 1610 Abs. 1 BGB). Das hilft nicht gerade weiter. Für minderjährige Kinder gibt es immerhin noch die Vorgabe, dass sich der Unterhaltsbetrag an den Vorgaben der sogenannten Regelbetrag-Verordnung orientieren soll. Die Verordnung wird vom Bundesjustizministerium erlassen und alle zwei Jahre den aktuellen Einkommensverhältnissen angepasst. In der Verordnung findet Ihr konkrete Unterhaltsbeträge, die nach dem Alter des Kindes gestaffelt sind.
Woran orientieren sich die Gerichte?
Bei der Bestimmung des Unterhaltes orientieren sich Gerichte heute an der Düsseldorfer Tabelle (Stand 2024). Der Tabelle sind Unterhaltsbeträge in Abhängigkeit vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen und dem Alter des Kindes zu entnehmen. Ihre Grundlage ist der im Dezember 2007 neu gefasste § 1612a BGB.
Da viele Fragen auch mit der Tabelle offen bleiben und gleichzeitig ein Interesse daran besteht, eine einheitliche Rechtsprechung in Unterhaltsfragen zu erreichen, haben die Oberlandesgerichte ergänzend Unterhaltsleitlinien festgelegt. Diese Leitlinien solltest du zunächst befragen, wenn du konkrete Fragen beantwortet haben möchtest. In vielen Punkten stimmen sie zwar überein. Es gibt aber auch Abweichungen. Daher ist es wichtig, dass du herausfindest, was speziell das für dich zuständige Gericht sagt. Beispielsweise über wikipedia kannst du dein zuständiges Oberlandesgericht ermitteln. Auf den jeweiligen Internetseiten der Gerichte findest du in der Regel einen Link zu den Leitlinien.
Vorab sei folgendes aus der Düsseldorfer Tabelle (Stand 2024) zitiert – beachtet aber, dass den Eltern in jedem Fall deren Selbstbehalt bleibt, sie also meist nicht so viel zahlen müssen (oder überhaupt können). Daher auch der Zusammenhang zwischen Unterhalt und BAföG …
Der angemessene Unterhaltsbedarf eines studierenden Kindes, das nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, beträgt in der Regel monatlich 930 EUR. Hierin sind bis 410 EUR für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. […] Von dem Betrag von 930 EUR kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern nach oben abgewichen werden.
Hervorhebungen durch uns.
3. Ermittlung des Einkommens der Eltern
Was als Einkommen zählt und welche Abzüge vorzunehmen sind, kannst du den jeweils geltenden Leitlinien des für dich zuständigen Oberlandesgerichts entnehmen. In einfachen Fällen sollte das Nettoeinkommen dem bereinigten Nettoeinkommen entsprechen.
Vom bereinigten Nettoeinkommen ist am Ende noch für jeden Elternteil der sog. angemessene Selbstbehalt abzuziehen. Dies sind ab dem 1. Januar 2024 bundesweit 1.750 Euro (2023 waren es noch 1.650 Euro).
Für volljährige Kinder, die noch nicht 21 Jahre alt sind, eine allgemeinbildende Schule besuchen und bei den Eltern wohnen, gilt eine Sonderregelung. Sie werden minderjährigen Kindern gleichgestellt (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) mit der Folge, dass der Selbstbehalt geringer ist (sog. notwendiger Selbstbehalt). Er wird für Erwerbstätige zum 1. Januar 2024 auf 1.450 Euro angehoben (2023: 1.370 Euro), bei Nichterwerbstätigen steigt der Betrag auf 1.200 Euro (2023: 1.120 Euro).
Nur wenn (in allen genannten Fällen) das Einkommen den Selbstbehalt überschreitet, kommt überhaupt nur eine Unterhaltspflicht des jeweiligen Elternteils in Betracht.
4. Ermittlung des Bedarfs beim Barunterhalt
Zur Frage, ob etwaig zu zahlende allgemeine Studiengebühren und die Semesterbeiträge an staatlichen Hochschulen von den Eltern (bei entsprechender finanzieller Leistungsfähigkeit) zusätzlich zum sonstigen Unterhalt zu bezahlen sind, sind unserer Kenntnis die Entscheidungen des OLG Koblenz und des OLG Düsseldorf die relevanten. Demnach sind Studiengebühren zusätzlich zu zahlen, Semesterbeiträge aber nicht. Näheres dazu in einem ausführlichen Artikel.
Bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs ist zu differenzieren:
Fall 1: Du lebst nicht bei deinen Eltern
Pauschalierter Regelbedarfssatz: 930 Euro (Wohnbedarf und berufsbedingte Aufwendungen sind enthalten, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Studiengebühren nicht)Fall 2: Du lebst bei deinen Eltern
Der Bedarf richtet sich nach der Unterhaltstabelle (i.d.R. vierte Altersstufe), wobei das Einkommen beider Eltern zusammen zu rechnen ist.
Vom Bedarf ist u. a. Folgendes abzuziehen:
Ausbildungsvergütung (Lebst du nicht bei deinen Eltern, werden berufsbedingte Aufwendungen wie Fahrtkosten oder Kosten für Lernmittel allerdings abgezogen. Lebst du bei Euren Eltern, ist die Rechtslage nicht einheitlich. In diesem Fall solltest du die für dich geltende Unterhaltsleitlinie zu Rate ziehen, vgl. Woran orientieren sich die Gerichte?.)
Vergütung während eines Praktikums, welches Bestandteil der Ausbildung ist (zu den berufsbedingten Aufwendungen gilt das eben Gesagte).
Erwerbseinkommen, sofern es nicht überobligationsmäßig ist. (dazu gleich)
BAföG-Leistungen (auch der Staatsdarlehensanteil!)
Halbwaisenrente
Kapitaleinkünfte
Auch Vermögen ist zu verwerten (Inwiefern dir ein „Notgroschen“ verbleiben darf, ist eine Frage des Einzelfalls.)
Kindergeld (siehe dazu Deckung des Barbedarfs durch Kindergeld)
Nicht abzuziehen sind z. B.:
Erwerbseinkommen, sofern es überobligationsmäßig ist (dazu gleich)
Sozialhilfe (allerdings wird man die als StudentIn selbst praktisch nicht bekommen)
Zum Erwerbseinkommen:
Ob – und wenn ja in welcher Höhe – Einkommen aus einem Nebenjob angerechnet wird, ist leider eine Frage des Einzelfalls und lässt sich allgemein schwer sagen. Was sich allerdings sagen lässt ist, dass Ihr während der Ausbildung grundsätzlich nicht verpflichtet seid, nebenbei Geld zu verdienen. Etwas anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn es sich um ein studienbegleitendes Praktikum oder eine sonst studienfördernde Nebentätigkeit handelt. Hier ist entscheidend, inwiefern die Tätigkeit nach Art und Umfang Eurem Ausbildungsziel förderlich ist, ohne dass die Ausbildung als solche durch sie gefährdet wird. Die Höhe der Anrechnung eigenen Einkommens richtet sich „nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles“.
Das hilft nicht wirklich weiter, ist aber eine Formulierung, die man in diesem Zusammenhang immer wieder in Gerichtsentscheidungen liest. Ein wichtiger Faktor in der Abwägung aller Umstände ist – so viel lässt sich dann doch sagen –, ob die Nebentätigkeit voraussichtlich zu einer Verlängerung des Studiums führen wird. Ist dies der Fall, so spricht dies für einen höheren Anrechnungsbetrag, denn Eure Eltern müssen ja dann auch länger Unterhalt zahlen. Verzögert sich die Ausbildung eher nicht, wird weniger angerechnet.
5. Darf das Kindergeld für die Deckung des Barbedarfs beim Unterhalt verwendet werden?
Wie du oben gesehen hast, mindert das Kindergeld deinen Unterhaltsbedarf. Du kannst damit zwar von deinen Eltern weniger Unterhalt verlangen, hast aber zugleich ihnen gegenüber einen Anspruch auf Auszahlung des Kindesgeldes. Hintergrund dieser Regelung ist, dass das Kindergeld zwar an deine Eltern ausgezahlt wird, es aber zur Deckung deines Barbedarfs zu verwenden ist.
Sind beide Eltern barunterhaltspflichtig heißt das praktisch: Du kannst von dem Elternteil, der das Kindergeld bezieht, verlangen, dass er dir das Geld in vollem Umfang zur Verfügung stellt. Ein Teil deines Unterhaltsbedarfs ist damit bereits gedeckt. Für den verbleibenden Teil haften die Eltern anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen (dazu sogleich unter 6.). Du kannst das Kindergeld selbst dann verlangen, wenn der Elternteil, der das Kindergeld bezieht, nicht in der Lage ist, dir Unterhalt zu zahlen.
Vgl. auch Kindergeld „abzweigen“ – Auszahlung an dich erzwingen
6. Berechnung des Haftungsanteils beider Eltern
Für erwachsene Kinder haften Eltern natürlich nicht mehr wie hier im Bild – und auch beim Unterhalt gibt es Grenzen.
Hast du eine eigene Wohnung und bist berechtigt, von deinen Eltern Barunterhalt zu fordern, so haften beide Eltern jeweils anteilig entsprechend ihrem Einkommen für den Unterhalt (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB).
Die anteilige Haftung hat leider zur Folge, dass du nicht einfach von einem Elternteil den gesamten Unterhalt verlangen kannst, wenn der andere seine Zahlung verweigert.
Für die Berechnung des Haftungsanteils der Eltern werden die unter 2. und 3. ermittelten Beträge in folgende Formel eingesetzt:
1) Gemeint ist hier das bereinigte Nettoeinkommen
Der auf diesem Wege ermittelte Unterhaltsbetrag kann sich noch verändern, weil abschließend geprüft wird (sogenannte Angemessenheitskontrolle), ob er unter Berücksichtigung deiner Belange und der Gesamtverpflichtungen deines Vaters und deiner Mutter angemessen ist.