Ungewöhnliche StudienfinanzierungStipendien abseits der Eliteförderung
Wenn Wünsche Realität werden: Nicht alle Stipendien orientieren sich an der puren Leistung der Studierenden
Hintergrund: Stipendien nur für eine Elite?
Die Ausgaben des Bundes für Studienförderung steigen Jahr für Jahr immer weiter an. Wurden bspw. 2005 noch 81 Mio. Euro als Zuwendungen für die Begabtenförderungswerke veranschlagt, so ist diese Zahl im Jahr 2016 bereits auf 244 Mio. Euro gestiegen. Schon seit längerem machen sich jedoch kritische Stimmen breit, die bemängeln, dass die Förderung ohnehin nur den Eliten zugute kommen würde und bestehende Ungleichgewichte somit nur weiter zementiert werden würden. Insbesondere stellt sich die Frage, ob das zusätzliche Geld nicht besser in eine Verbesserung des BAföGs gesteckt würde. Immerhin: 2019 soll eine große BAföG-Novelle kommen.
Bei den großen Förderungswerken bleiben Noten wichtig
Die Ergebnisse verschiedener Studien haben in dieser Hinsicht für zusätzlichen Zündstoff gesorgt. So ergab eine Umfrage im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, dass in den staatlichen Begabtenförderungswerken weniger als jeder zehnte Stipendiat aus sozial schwach gestellten Familien stammt. Hingegen machen die Kinder beruflich erfolgreicher Akademiker mehr als die Hälfte der Geförderten aus.
Zu den Gründen dieser starken sozialen Selektion gibt es unterschiedlichste Meinungen. Klar ist jedoch, dass insbesondere die einzige Fokussierung auf Aspekte der Leistungsfähigkeit, bestehende Ungleichgewichte weiter verstärkt.
Denn Studierende aus akademischen Familien haben es in der Regel in jeder Etappe ihrer Ausbildung leichter. Die Selektion nach Leistung ist bei den Begabtenförderungswerken jedoch fest etabliert; vom Bildungsministerium werden soziale Kriterien für die Stipendiatenauswahl nicht erwähnt.
Anders sollte es bei der Vergabe der Deutschlandstipendien aussehen: So wurde festgelegt, dass bei der Auswahl der Stipendiaten besondere soziale, familiäre und persönliche Umstände in die Auswahl mit einfließen sollten. Leider zeigt sich jedoch in der Praxis, dass diese Vorgaben kaum umgesetzt werden können.
Die durch die neu zu vergebenden Deutschlandstipendien entstehende Arbeitsbelastung für alle Beteiligten lässt dies auch kaum zu: Es müssen private Sponsoren akquiriert werden sowie die Vielzahl an Kriterien und Anforderungen der Stifter in den Ausschreibungen umgesetzt werden. Da bleibt kaum noch Zeit für die genaue Durchsicht der zahlreichen Bewerbungen.
So erfolgte vor allem anfangs oft doch eine Stipendienvergabe alleinig nach Noten. Das hat sich mit der Zeit zwar gebessert – es bleibt aber die Frage, ob der Staat sich nicht lieber auf das BAföG konzentrieren sollte, das in der Vergangenheit viel zu selten angepasst wurde und so immer weniger als zuverlässige Säule der Studienfinanzierung wahrgenommen wird.
Die Autoren
Mira Maier und Alexander Gassner versuchen mit der Initiative für transparente Studienförderung, Stipendien einer breiteren Gruppe von Studierenden zugänglich zu machen. Welches Stipendium auf Deinen eigenen Lebenslauf passt, kannst Du auf mystipendium.de ermitteln. Jeder kann kostenlos ein Profil anlegen und so eine Liste der passenden Stipendien erhalten, für die sie oder er in Frage kommen könnte.
Kleine Stiftungen fördern auch Nischen – man muss sie nur finden …
Manch einer, der nicht in das Profil des leistungsstarken Studierenden passt, mag an dieser Stelle bereits frustriert das Handtuch werfen und die Suche nach Studienförderung für immer ad acta legen. Das wäre jedoch verfrüht! Denn zwischen der Vielzahl an Leistungsstipendien gibt es auch Stiftungen, die sich genau den Studierenden widmen, die durch andere Fördermaßnahmen tendenziell vernachlässigt werden.
Die Förderkriterien sind dabei zahlreich: von dem Grad der Bedürftigkeit, über den Geburtsort, das Studienfach, den Beruf der Eltern hin zur Religionszugehörigkeit und vielen weiteren Kriterien. Um bei der Suche nach passenden Stipendien abseits der Eliteförderung eine erste Orientierung zu bieten, sollen im Folgenden einige Stiftungen dieses Bereichs beispielhaft vorgestellt werden.
💸 Anmerkung von Oliver Iost, Studis Online zur Verlässlichkeit von Stipendien
Stiftungen dürfen, damit sie ihre Existenz dauerhaft sichern, in der Regel nur die Zinsgewinne auf ihr Stiftungsvermögen verwenden (und selbst die am besten nicht vollständig). Gleichzeitig werden sie in der Regel eher sichere Anlageformen bevorzugen. In Zeiten von niedrigen Zinsen bedeutet das: Es steht weniger Geld zur Verfügung (siehe bspw. den Bericht aus der Frankfurter Rundschau „Niedrigzinsen belasten Stiftungen“), ergo können bspw. weniger Stipendien vergeben werden. So haben auch einige der im folgenden aufgeführten Stiftungen in den letzten Jahren ihre Bedingungen leider verschärfen müssen oder zeitweise keine Stipendien vergeben.
All das sollte niemanden daran hindern, nach einem Stipendium Ausschau zu halten, denn auch wenn die bisherigen Stiftungen möglicherweise weniger anbieten, kommen doch immer wieder neue hinzu. Nur sollte man sich nicht zu sehr davon abhängig machen, immer wieder ein Folgestipendium bekommen zu können.
Überblick „ungewöhnlicher“ Stipendien
Stipendien für oder mit:
Stipendien für benachteiligte, soziale Gruppen
Zahlreiche Stiftungen widmen sich explizit der Förderung von sozial oder anderweitig benachteiligten Gruppen. Dies können Studierende mit Behinderung, chronischer Krankheit, Migrationshintergrund oder anderen sozialen, familiären und persönlichen Umständen sein.
Peter-Fuld-Stiftung
Dieses Stipendium richtet sich an Studierende und Promovierende, die aufgrund ihres sozialen Umfeldes und/oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit unter ihrer Herkunft zu leiden haben. Studierende können Stipendien für eine Dauer von 4, Promovierende für eine Dauer von 6 Semestern erhalten.
Tel.: 069 / 63 14 59 11
E-Mail:
Web: www.peterfuldstiftung.de/stipendien/
Stiftung Darmerkrankungen
Das Förderprogramm der Stiftung Darmerkrankungen richtet sich an junge Menschen mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Es werden Stipendien von bis zu 10.000 Euro für die Realisierung eines individuell geplanten Ausbildungsvorhabens vergeben.
E-Mail:
Web: www.stiftung-darmerkrankungen.de/stipendien/
Stiftungen für bedürftige Studierende
Die folgenden Stiftungen fördern vor allem Studierende, die in eine wirtschaftliche Notsituation gekommen sind. Oftmals werden Noten gar nicht erst abgefragt oder aber sehr nachrangig beurteilt. Meistens ist die Aussicht ausreichend, dass das Studium erfolgreich abgeschlossen werden kann.
E.W. Kuhlmann-Stiftung Hamburg
Die E.W. Kuhlmann Stiftung unterstützt Studierende, deren Studienabschluss durch eine finanzielle Notsituation gefährdet ist. Es werden zinslose Darlehen in maximaler Höhe von 2.000 Euro vergeben. Das Darlehen muss nach fünf Jahren zurückgezahlt werden.
Tel.: 04542 / 824 803
Web: www.studien-abschluss-hilfe.de
Schimmelpfennig Stiftung
Mit der Ferdinand und Charlotte Schimmelpfennig Stiftung werden finanziell bedürftige Studierende und Promovierende unterstützt, die ihr Studium selbst finanzieren, aber noch nicht älter als 30 Jahre sind. Über die Fördersumme wird individuell, je nach finanzieller Lage des Bewerbers, entschieden. Die maximale Dauer der Förderung beträgt für Promovierende ein Jahr. Für Studierende sind auch Förderlängen von mehr als einem Jahr möglich.
Tel.: 030 / 36 55 793
Web: schimmelpfennig-stiftung.de
Stiftungen mit starkem thematischem Fokus
Zudem existieren Stiftungen, die ein bestimmtes Forschungsgebiet fördern möchten. Dabei sind die Noten des Antragsstellers oftmals kaum bzw. gar nicht relevant. Ausschlaggebend ist alleinig, ob die eigene wissenschaftliche Arbeit bzw. Ausbildung in den thematischen Fokus der jeweiligen Stiftung fällt.
Andrea von Braun Stiftung
Die Andrea von Braun Stiftung möchte die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Disziplinen und Fachgebieten fördern, die sonst nur wenig oder gar keinen Kontakt miteinander haben. Es werden Stipendien für Studienarbeiten, Prüfungsarbeiten und Promotionen vergeben.
Tel.: 089 / 981 099 69
E-Mail:
Web: www.avbstiftung.de/foerderung/voraussetzungen/
Gerda-Weiler-Stiftung
Gefördert werden interdisziplinäre Forschungstätigkeiten von Frauen, sowohl in Form von Doktorarbeiten als auch außerhalb des universitären Bereichs. Themen sollen sich mit der historischen, kulturellen und sozialen Befindlichkeit von Frauen befassen und vom Standpunkt der Frauen aus betrachtet werden.
Tel.: 02256 / 72 86
E-Mail:
Web: www.gerda-weiler-stiftung.de
Guastv-Prietsch-Stiftung
Die Gustav-Prietsch-Stiftung vergibt Stipendien an Studierende und Promovierende, die eine Forschungsarbeit zu dem Themengebiet der interreligiösen Toleranz-Verständigung zwischen Konfessionen, Religionsgemeinschaften und philosophischen Richtungen verfassen.
Tel.: 040 / 45 17 81
E-Mail:
Web: www.gustavprietsch-stiftung.org Website wird überarbeitet
Schopenhauer-Stiftung Arthur Angelika Hübscher in memoriam Christian Hübscher
Die Stiftung fördert die Schopenhauer-Forschung, insbesondere die Ethik Schopenhauers. Es werden Studien- und Druckbeihilfen vergeben.
Tel.: 069 / 97 58 390
Web: schopenhauer.de/stiftungen/…
Stiftungen mit regionalem Bezug
Zu guter Letzt gibt es zahlreiche Stiftungen, die Studierende aufgrund ihrer Herkunft aus einer bestimmten Region oder Stadt fördern. Leistungskriterien sind dabei meist von keiner bzw. nachrangiger Relevanz für die Auswahl der Stipendiaten. Beispiele für solche Stiftungen sind.
Keller-Budenberg-Stiftung
Förderung von Studierenden mit Hauptwohnsitz in Berlin.
Tel.: 030 / 3 04 91 23
E-Mail:
Web: www.keller-budenberg-stiftung.de
Strobelsche Stiftung für Studierende
Vergabe von Stipendien an Studierende, die aus der Stadt Herrieden (Bayern) stammen.
Tel.: 09825 / 80 80
Stadt Bamberg - Vereinigte Stipendienstiftung
Förderung von Studierenden an bayerischen Universitäten und Hochschulen sowie höherer Lehranstalten und Mittelschulen Bambergs.
Tel.: 0951 / 87 - 24 10
E-Mail:
Web:www.stadt.bamberg.de
Pestalozzi-Stiftung
Förderung von Studierenden, die aus Frankfurt am Main bzw. der Rhein-Main-Region stammen. Studierende jüdischer Religionszugehörigkeit werden bevorzugt gefördert.
E-Mail:
Web: www.pestalozzi-ffm.de
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- mystipendium.de (Umfassende Stipendien-Datenbank mit Matching-Algorithmus)
- Viel Lärm um viel: Bewerbungstipps für ein Stipendium
- Stipendien: Engagement ist gefragt (Übersichtsartikel mit Liste der großen Stipendien-Geber – also genau das Gegenteil zu den hier im Artikel beschriebenen)
Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmalig am 20.02.2012 veröffentlicht. Am oben angegebenen Datum wurden zuletzt Aktualisierungen vorgenommen.