JahresausblickFinanzielle Änderungen für Studenten 2019
2019 hat es in sich – mehr Kindergeld, (hoffentlich) mehr BAföG und natürlich noch viele andere Änderungen, die sich finanziell für Studierende auswirken (können).
Im Überblick ✓ = beschlossen; ohne = geplant
Große BAföG-Erhöhung (und viele weitere Änderungen beim BAföG)
Die Ausführungen haben den Stand wie oben ausgewiesen. Wer diesen Artikel in späteren Monaten (oder gar Jahren) liest, kann über die angegebenen Detailartikel in der Regel erfahren, wie es inzwischen steht (so es um Planungen ging oder es zwischenzeitlich weitere Änderungen gab).
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In Planung: Deutliche BAföG-Anpassungen zum WiSe 2019/2020
Die BAföG-Novelle soll gleich zwei Stufen umfassen. Freundlicherweise ist die erste gleich die umfassendere, im Folgejahr wird dann im Grunde nur noch ein wenig aufgestockt. Besser wäre bezogen auf letzteres natürlich eine Art Automatismus der Erhöhungen. Aber das es neben der großen Erhöhung 2019/20 gleich zum folgenden Wintersemester 2020/2021 wieder eine kleine Erhöhung gibt, ist immerhin etwas.
Der größte Batzen macht die Erhöhung des rechnerischen Mietanteils im BAföG-Bedarf aus. Er steigt von bisher 250 € auf 325 € – eine Erhöhung um 30%. Was sich nach viel anhöhrt, ist aber dringend notwendig und reicht in teuren Städten immer noch lange nicht aus.
Dazu kommen Anpassungen der Freibeträge auf das Einkommen der Eltern um +7% zum Wintersemester 2019/20 und nochmals um +2% zum darauffolgenden. Ebenso werden alle Bedarfssätze beim BAföG um 5% zum Wintersemester 2019/2010 erhöht und um weitere 2% zum Wintersemester 2020/2021. (Für SchülerInnen gilt, dass die Erhöhungen jeweils zum Beginn des Schuljahres gelten, je nach Schulstart also auch schon zum August.)
Das Ministerium spricht selbst von einem BAföG-Höchstsatz von rund 850 €, der erreicht werden soll. Wenn aber der Grundbedarf um schließlich 7% erhöht werden soll und der Mietbedarf mit 325 € gesetzt ist, werden die Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung auf ca. 106 € steigen (ihre Höhe hängt direkt vom BAföG-Grundbedarf plus Mietbedarf ab). Wenn somit KV+PV-Zuschlag im BAföG diese Kosten voll decken sollen – alles andere wäre sehr unschön – müsste ein BAföG-Höchstsatz im Wintersemester 2020/21 von 859 € folgen. In der folgenden Tabelle haben wir das angenommen – ob es so kommt, muss man noch sehen.
Was? | seit 2016 | WiSe 19/20 | WiSe 20/21 |
---|---|---|---|
Grundbedarf | 399 € | 419 € | 427 € |
Mietbedarf | 250 € | 325 € | 325 € |
KV+PV* | 86 € | 105 € | 106 € |
Höchstsatz | 735 € | 850 € | 859 € |
* Beim Zuschlag für KV+PV wird angenommen, dass die künftigen Kosten (die selbst durch die BAföG-Erhöhung steigen) inkl. 0,9% Zusatzbeitrag (Stand 2019) voll übernommen werden, aber auf ganze Euros abgerundet wird. In der Vergangenheit wurde dieser Zuschlag meist etwas zu gering angesetzt. |
Auch der Vermögensfreibetrag wird steigen, dies allerdings erst zum Wintersemester 2020/2021. Dann bleiben 8.200 € (bis dahin: 7.500 €) anrechnungsfrei, für eigene Kinder gibt es dann 2.300 € zusätzlich (bisher: 2.100 €).
Schließlich gibt es bei der Rückzahlung Änderungen. Die seit fast 30 Jahren unveränderte monatliche Rückzahlungsrate steigt auf 130 € (Freistellung bleibt natürlich bei geringem/keinem Einkommen weiterhin möglich).
Dazu kommt eine sinnvolle Regelung: Wer 20 Jahre nach Beginn der Rückzahlungsverpflichtung trotz nachweisbaren Bemühens (man muss also immer erreichbar gewesen sein und sich von der Rückzahlung bei wenig/keinem Einkommen regelmäßig korrekt einen Freistellungsantrag gestellt haben) noch BAföG-Schulden hat, dem wird die(Rest-)Schuld dann endgültig erlassen. Bisher wurde man länger zur Rückzahlung angehalten, ein endgültiger Erlass war nur in sehr seltenen Fällen möglich.
Quelle: BAföG-Reform: Welche Änderungen sind geplant? (BMBF, 14.11.2018)
Wenn BAföG-Erhöhung: Studentische Krankenversicherung wird teurer
Eine BAföG-Erhöhung bedeutet leider auch, dass der Beitrag für die studentische Krankenversicherung steigt, da dieser sich am BAföG-Bedarf für nicht bei den Eltern wohnende Studierende bemisst. Statt bisher am Bedarf von 649 € würde er künftig auf der Basis von 744 € berechnet – 10,22% davon. Statt bisher 66,33 € würde die studentische KV dann ab Oktober 2019 stolze 76,04 € im Monat kosten. Dazu kommt noch der kassenindividuelle Zusatzbeitrag von durchschnittlich 0,9% (bezogen auf künftig 744 €).
Beschlossen: Pflegeversicherung wird teurer
Selbst wenn es keine BAföG-Erhöhung gibt: Die Kosten für die Pflegeversicherung werden auf jeden Fall für alle steigen. Denn der Beitragssatz wird zum 1. Januar um 0,5% angehoben auf 3,05% für alle mit Kinder bzw. unter 23, kinderlose Menschen ab 23 müssen sogar 3,3% zahlen.
Für alle, die studentisch kranken- und pflegeversichert sind, steigen somit die monatlichen Kosten für die Pflegeversicherung auf 21,42 € (kinderlos und mind. 23 Jahre alt) bzw. 19,79 € (alle anderen). Das ist ein Aufschlag um 3,25 € bzw. 3,24 € im Vergleich zu den Monatsbeträgen 2018.
Kommt dann noch die BAföG-Erhöhung wie aktuell bekannt, werden die Beiträge für die Pflegeversicherung ab Oktober 2019 nochmals um voraussichtlich 3,13 € (kinderlos, mind. 23 Jahre alt) bzw. 2,90 € (Rest) steigen.
Beschlossen: Deutliche Kindergelderhöhung – allerdings erst ab Juli 2019 / Höherer Kinderfreibetrag
Im Gegensatz zu den Vorjahren, wo die Erhöhung jeweils nur 2 € pro Kind und Monat gab, ist die Erhöhung diesmal deutlicher: Das Kindergeld steigt um 10 € pro Kind und Monat, allerdings erst ab Juli 2019.
Kindergeld … | bis 6/2019 | ab 7/2019 |
---|---|---|
1. Kind | 194 € | 204 € |
2. Kind | 194 € | 204 € |
3. Kind | 200 € | 210 € |
ab 4. Kind je | 225 € | 235 € |
Auch der nur für gut verdienende Eltern relevante Steuerfreibetrag für Kinder (Kinderfreibetrag) steigt pro Kind und Jahr mehr als in den Vorjahren – auf 7.620 € (der Betrag ist eine Pauschale für das Kalenderjahr, sie kann nicht mitten im Jahr wechseln). Der Freibetrag gilt für das ganze Jahr. Das Finanzamt prüft von sich aus, ob die Anwendung des Steuerfreibetrag (dann zählt das Kindergeld als Einkommen) günstiger ist oder die steuerfreie Gewährung des Kindergelds.
Beschlossen: Gleitzone wird vergrößert – ab Juli 2019 bis 1.300 € geringere Sozialabgaben
Große Gedanken haben sich darüber wohl die wenigsten gemacht, aber wer bisher zwischen 450,01 € und 850 € verdiente, musste weniger Sozialversicherungsverträge zahlen (je näher an 450 €, um so stärker wirkte sich die Vergünstigung aus, bei 850 € war die Erspaniss auf Null gesunken) und hatte somit „mehr Netto vom Brutto“. Dieser Bereich wird ab 1. Juli 2019 bis auf 1.300 € erweitert. Ab dann führt das auch nicht mehr zu einem geringeren Rentenanspruch.
Ein Beispiel: An der oberen Grenze der Gleitzone bei 850 € monatlichem Einkommen gab es bisher keine Ersparnis, es gingen 79,05 € als Arbeitnehmeranteil für die Rentenversicherung vom Bruttolohn ab. Ab 1. Juli 2019 sind es nur noch 68,27 €, es bleiben netto also 10,78 € im Monat mehr übrig.
Eine Menge mehr mit eher kleinen Auswirkungen – oder nur für wenige relevant
Wie jedes Jahr: Höhere Einkommensgrenze in der Familienversicherung (bei gesetzlicher Krankenversicherung)
Wer Einkommen (BAföG zählt hierbei nicht mit!) auf andere Art als durch geringfügige Beschäftigung erzielt (z.B. durch Selbständigkeit), der kann 2019 nur dann als StudentIn unter (i.d.R.) 25 Jahren in der Familienversicherung (also über die Eltern versichert) bleiben, wenn das Einkommen 445 Euro monatlich (zzgl. Werbungskosten) nicht übersteigt. 2018 lag diese Grenze noch bei 435 Euro. Hat man ausschließlich Einkünfte aus Minijobs, so darf man im Monat weiterhin bis 450 € verdienen, ohne dadurch das Anrecht auf Familienversicherung zu verlieren.
Wie jedes Jahr: Höhere Bezugsgröße bei der gesetzlichen Krankenversicherung
Die Bezugsgröße wird in der Regel jährlich festgesetzt abhängig von der Verdienstentwicklung der abhängig Erwerbstätigen. Sie steigt 2019 auf 3.115 € im Monat (2018: 3045 €).
Relevant ist dies für Studierende, die gesetzlich versichert sind, aber schon mehr als 14 Fachsemester vorweisen oder das 30. Lebensjahr vollendet haben. Sie können (bis auf wenige Ausnahmen) nicht mehr zum günstigen Studententarif der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sein. Hier wird mit dem fiktiven Einkommen von 1/3 der Bezugsgröße gerechnet (auch bei weniger Verdienst gilt das leider). Für eine Übergangszeit von 6 Monaten (Examenstarif) wird mit einem ermäßigten Beitragssatz von 10,22% (der auch gilt, wenn man die genannte Einkommensgrenze überschreitet) gerechnet – zuzüglich des Krankenkassen-spezifischen prozentualen Zusatzbeitrages. Der monatliche Betrag des Examenstarifs für die KV liegt somit ab 2019 bei 106,12 € plus Zusatzbeitrag (durchschnittlich 0,9% = 9,35 €). Nach Ablauf des Examenstarifs liegt man bei 145,37 € plus den genannten Zusatzbeitrag (ohne Krankengeldanspruch – 1.038,33 € Mindesteinnahme, aber nun mit 14,0% Beitragssatz).
Zusatzbeträge bei den gesetzlichen Krankenkassen sinken im Durchschnitt leicht
Wie schon im Vorjahr werden Anfang 2019 die Zusatzbeiträge bei den meisten Kassen stabil bleiben, mit einer leichten Tendenz zum Sinken. Daher hat das Bundesgesundheitsministerium den Durchschnittswert auf 0,9% gesenkt. Einige kleine Kassen müssen dennoch ihren Beitrag erhöhen.
Während Barmer (1,1%) und DAK (1,5%) ihre Zusatzbeiträge unverändert lassen, hat die Techniker Krankenkasse ihren Zusatzbeitrag von 0,9% auf nur noch 0,7% gesenkt. Bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) bleiben die Beiträge größtenteils stabil (sie liegen je nach Region zwischen 0,3 und 1,1%), bei einigen wird es aber günstiger: die AOK Bremen/Bremerhaven wird ihren Zusatzbeitrag wahrscheinlich auf 0,7% senken, die AOK Hessen und Baden-Württemberg auf 0,9% und schließlich die AOK Rheinland/Hamburg auf 1,1%.
Die bisher günstigste (nur regional zugängliche) Metzinger BKK mit einem Zusatzbeitrag von 0% fusioniert mit der mhplus – und wird dann plötzlich 0,98% Zusatzbeitrag haben, worüber sich wohl nur die mhplus-Mitglieder freuen, die mussten bisher etwas mehr zahlen. Günstigste Kasse dürfte damit zukünftig die AOK Sachsen-Anhalt mit 0,3%, die aber auch nur zugänglich ist, wenn man dort arbeitet oder wohnt.
Hinweis: Kommt es bei eurer gesetzlichen Krankenversicherung 2019 zu einer Erhöhung des Zusatzbeitrages, so muss die Krankenkasse schriftlich darüber informieren und es besteht ein Sonderkündigungsrecht.
Beschlossen: Höherer Mindestlohn
Laut Mindestlohngesetz wird der gesetzliche Mindestlohn alle zwei Jahre neu festgelegt. Diesmal hat die Mindestlohnkommission eine Anpassung in zwei Schritten empfohlen, die Bundesregierung ist diesem Vorschlag gefolgt.
Zum 1. Januar 2019 steigt der Mindestlohn somit auf 9,19 €/Stunde, zum 1. Januar 2020 dann auf 9,35 €.
Unverändert gilt aber, dass PraktikantInnen, die ein Pflichtpraktikum im Rahmen des Studiums (oder eine schulischen Ausbildung) machen, leider keinen Anspruch auf den Mindestlohn haben. Auch für ein Orientierungspraktikum bis zu drei Monaten Dauer zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder Aufnahme eines Studiums gibt es leider keinen Mindestlohn. Einige weitere Ausnahmen bestehen, die aber Studierende nicht betreffen (dass es für ehrenamtlich Tätige keinen Mindestlohn gibt, versteht sich eigentlich von selbst).
Dagegen sind 2019 alle Ausnahmen ausgelaufen, die sich auf bestimmte Branchen bezogen, die noch Tarifverträge mit Löhnen unterhalb des Mindestlohns hatten
Beschlossen: Höhere Regelsätze beim ALG II („Hartz IV“) / Sozialhilfe 2019
Studierende selbst können für ihren Lebensunterhalt kein ALG II beziehen. Aber Studierende mit Kindern (und entsprechend wenig Einkommen/BAföG) können für diese Leistungen beantragen. Ebenso kann ALG II relevant werden, wenn nach dem Studium nicht gleich ein Job gefunden wird – oder wenn man das Studium wegen Krankheit mehr als drei Monate unterbrechen muss. Daher hier die neuen Regelsätze. Dazu kommt wie auch bisher ein Zuschlag für die Miete.
Person | Regelsatz 2019 |
---|---|
Alleinstehend/-erziehend | 424 Euro (+8) |
Paare je Partner / Bedarfsgemeinschaft | 382 Euro (+7) |
unter 25jährige im Haushalt der Eltern | 339 Euro (+7) |
Jugendliche vom 15. bis Vollendung 18. Lebensjahr | 322 Euro (+6) |
Kinder vom 7. bis Vollendung 14. Lebensjahr | 302 Euro (+6) |
Kinder bis Vollendung 6. Lebensjahr | 245 Euro (+5) |