Vorbei …200 Euro Einmalzahlung für Studierende
Von Oliver Iost
1. Einmalzahlung – um was geht es genau?
Im Rahmen des am 4. September 2022 verkündeten Maßnahmenpakets der Bundesregierung wurden erstmals auch alle Studierenden adressiert (dazu auch die Fachschüler:innen). Für sie wurde eine Einmalzahlung von 200 € angekündigt.
Es gab dann einiges Hin- und Her (Details siehe hier), bis schließlich im Februar 2023 die Antragsplattform so gut wie fertig war. Viele (vielleicht auch schon alle?) Länder haben dann schnell die rechtlichen Grundlagen dafür beschlossen und nun können die Hochschulen und Schulen die berechtigten Studierenden und Schüler:innen bei der Antragsplattform „anmelden“. Die (Hoch-)Schulen bekommen von der Antragsplattform individuelle Zugangscodes, die sie den Studierenden weiterleiten müssen. Ende Februar 2023 haben einige Pilot-Hochschulen mit der Verteilung des Zugangscodes begonnen. Die meisten haben auch die PIN gleich zur Verfügung gestellt. Das bedeutet: Es reicht die Basis-Registrierung einer BundID, Online-Ausweis oder Elster sind nicht nötig. Aber Vorsicht: Das werden sicher nicht alle Hochschulen (und noch weniger die Fachschulen) so machen, es gibt Gerüchte, dass in einzelnen Ländern dieser Weg unerwünscht sei.
Laut Bundesbildungsministerium gab es bei der Pilotphase keine Probleme. Also konnte seit 15. März 2023 – leider über sechs Monate nach Ankündigung – die Antragstellung wirklich für alle bereitstehen.
Wer sich gleich am 15. März nach 0 Uhr an die Beantragung machen wollte, wurde meist erst in einen Wartesaal geleitet. Das scheint inzwischen kaum noch der Fall zu sein … Problem war dann aber oft die Kombination mit der AusweisApp2 und dem Online-Ausweis. Unproblematisch dagegen die PIN-Lösung (die das BMBF kaum kommuniziert hatte und daher auch in vielen Medien kaum vorkam).
Übrigens: Kritik zur ganzen Einmalzahlungs-Aktion findet sich auf keinmalzahlung200.de. Sogar auf Englisch – wohingegen das BMBF es erst nach Wochen (ca. ab 10. März) geschafft hatte, die Infos zumindest auch auf Englisch bereitzustellen.
Dass die BundID zwingend benötig wird, ist noch Gegenstand verschiedener Beschwerden. Diese werden bisher wohl mit dem Hinweis darauf, dass es eben schnell gehen musste, mehr oder weniger abgetan. Allerdings hätte sich zumindest in der Kombination mit der PIN wohl auch eine Lösung ohne BundID mit höchstens minimalem Mehraufwand realisieren lassen können. Da liegt die Vermutung nahe, dass „nebenbei“ die BundID gefördert werden sollte. Die ja nicht per se schlecht ist, aber (Pseudo-)Zwang ist vielleicht nicht der beste Weg …
Nichts mehr verpassen – z.B. vieles alle News zu Studienfinanzierung, BAföG und Studienkosten sparen!
Trage dich in unseren Newsletter ein, wir melden uns höchstens einmal die Woche (manchmal auch nur alle vier bis acht Wochen):
2. Wer genau kann die 200 € Einmalzahlung für Studierende und (Berufs-)Fachschüler:innen erhalten?
Das EPPSG bezieht sich bei der Definition der berechtigten Personen auf das Bundesausbildungsförderungsgesetz, in dem in § 2 die verschiedenen Ausbildungsstätten aufgeführt sind. Für die Energiepreispauschale qualifizieren sich aber nicht alle dort aufgeführten Ausbildungsstätten, sondern nur einige davon.
Der Bezug auf das BAföG beschränkt sich auf die Definition der Ausbildungsstätten (Hochschulen und Schulen) im Inland, an denen die zu Fördernden am 1. Dezember 2022 zum Studium immatrikuliert bzw. zur Ausbildung angemeldet sein müssen, um die Zahlung zu bekommen. Die Pauschale erhalten demnach Studierende an Hochschulen (BAföG § 2 Abs 1 Satz 1 Nr. 6), Akademien und Höhere Fachschulen (Nr. 5) sowie Schüler:innen an Fachschulen (Nr. 3 mit Ausnahme der Fachoberschulen) und Bildungsgängen von mindestens zweijähriger Dauer an Berufsfachschulen mit dem Ziel eines berufsqualifizierenden Abschlusses (Nr. 2).
Da sie nicht explizit ausgeschlossen sind, können auch Teilzeitstudierende, Studierende im dualen, berufsbegleitendem Studium oder auch Fernstudium, ausländische Studierende und sogar diejenigen, die zurzeit ein Urlaubssemester machen, den Zuschuss erhalten. Anders als im ersten Entwurf vorgesehen, können auch Promotionsstudierende die Pauschale bekommen. Ausgeschlossen werden lediglich Personen, die ausschließlich als Gasthörer:in oder Gaststudierende:r an einer deutschen Hochschule immatrikuliert sind.
Wer am 1. Dezember temporär im Ausland studiert oder eine Schule besucht, währenddessen aber weiter an der Hochschule / Schule im Inland immatrikuliert / angemeldet ist, wird den Zuschuss erhalten können. Ausgeschlossen sind explizit alle, die das Studium komplett im Ausland absolvieren und eben nicht in Deutschland immatrikuliert sind.
Wir hatten nach Bekanntwerden des ersten Entwurfs auf die Schwierigkeiten hingewiesen (auch per Mail ans BMBF und die hochschulpolitischen Sprecher:innen der Koalitionsparteien), die sich für die Prüfung der Anträge ergeben, weil vorgesehen ist, dass „Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt“ in Deutschland bestehen müssen. Das würde einige wenige ausschließen, aber bedeuten, dass bei allen der Wohnsitz / Aufenthalt geprüft werden muss. Leider wurde diese Erfordernis nicht gestrichen – nur in der BMBF-FAQ wird dieser „Haken“ nicht erwähnt. Ausgeschlossen sind also alle, die dauerhaft im Ausland wohnen und leben und ein Fernstudium an einer deutschen Hochschule machen oder als Grenzpendler:innen eine deutsche Hochschule besuchen (oder jeweils Fachschule etc.).
3. Wann wird die Einmalzahlung ausgezahlt? Wo und wie wird sie beantragt?
Das Antragsportal einmalzahlung200.de ist seit Mitte Februar tatsächlich mit Inhalten zugänglich. Erreichbar war die URL schon seit Anfang Februar, aber noch mit Passwort-Sperre. Der eigentliche Antrag kann unter antrag.einmalzahlung200.de gestellt werden.
Ist der Antrag erfolgreich gestellt worden, kommt das Geld innerhalb weniger Tage aufs Konto, oft schon am nächsten oder übernächsten Tag.
Einige Hochschulen waren an der Pilotphase (ab 27. Februar 2023) beteiligt (Details durch Klick auf „Pilothochschulen“ weiter unten).
Die folgende Liste ist leider unvollständig. Wer weitere Hochschule kennt, die schon dabei sind: Gern melden!
Solltest du dort studieren (und am 1. Dezember 2022 eingeschrieben gewesen sein), müssten dir die Infos und der Zugangscode über das jeweilige Campus-System bereits Ende Februar 2023 zugegangen sein (bei den zusätzlich mit ✅ kannst du – spätestens mit ein paar weiteren Klicks – auch direkt die PIN erhalten):
Hochschule Coburg ✅
Ostfalia Hochschule (PIN nur auf Nachfrage?)
Gerade in den ersten Tagen nach Start für alle (also am 15. März und den Folgetagen) waren die Server unter dem Ansturm immer wieder zusammengebrochen. Besonders anfällig war das ganze, wenn man die Online-Ausweis-Funktion nutzen wollte (oder musste) – da konnte es passieren, dass gar nichts ging. Dieser Zustand ist nun schon lange vorbei.
Jetzt ist nur noch bis 2. Oktober 2023 Zeit, um den Antrag zu stellen. Immerhin zwei Tage länger, als lange Zeit verkündet – offenbar hat von den Zuständigen lange niemand an BGB § 193 gedacht (auf einmalzahlung200.de wurde erst im Laufe des September 2023 der Text geändert und als Fristende der 2. Oktober 2023 angegeben):
„Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.“
Für den Antrag sind zwei Dinge notwendig:
Eine BundID (die kann man jederzeit beantragen)
Es reicht zunächst eine einfache Anmeldung mit Username und Passwort. Hat die Hochschule die PIN elektronisch verteilt (wie es zumindest von den großen fast alle machen, siehe folgende Listen der PIN-Verteiler!), ist nichts weiteres nötig. Wo die PIN nicht elektronisch verteilt wird, sollte man diese bei der Schule bzw. Hochschule beantragen können und sich dann bei Abholung der PIN mit Lichtbildausweis identifizieren müssen. Wer die PIN also nicht so einfach bekommt, meldet sich bei BundID am besten gleich entweder mit Online-Ausweisfunktion (via Personalausweis, elektronischer Aufenthaltstitel oder eID-Karte für EU-Bürger), einem eIDAS konformen eID Mittel des EU-Heimatlandes (z.B. für Italien: Carta di Identità elettronica) oder einem ELSTER-Zertifikat an (oder holt das nach der Basis-Registrierung noch nach).Zugangscode von der eigenen Hochschule bzw. Schule
Liste der Hochschulen und Bundesland-Gerüchte, wo die PIN direkt elektronisch bereitgestellt wird – oder das ausgeschlossen wird
Die Listen sind zwangsläufig unvollständig, Angaben ohne Gewähr! Wer weitere Hochschule kennt, die die PIN direkt (oder sehr einfach erreichbar) elektronisch verteilt haben oder das garantiert nicht tun werden: Gern melden!
Wird die PIN automatisch zur Verfügung gestellt, sind Ausweis-App oder Elster gar nicht nötig. „Automatisch“ heißt nicht unbedingt, dass du Zugangscode und PIN an einer Stelle bekommst. Bei einigen wenigen wird die PIN auch erst verzögert bereitgestellt. Oft ist es so, dass der Zugangscode per Mail verteilt wird oder direkt im Campus-System gezeigt wird, die PIN dagegen erst explizit aufgerufen werden muss. Solange es nur ein paar (zusätzliche) Klicks kostet, bleibt es die schnellste Lösung, die PIN zu verwenden (anders ist das, wo die PIN nur persönlich abgeholt werden kann …). Manche Hochschulen erklären übrigens leider nicht, dass bei Nutzung der PIN Online-Ausweis und Elster nicht nötig sind!
Hochschulen sortiert nach Sitz der Hochschule (einfach auf Kategorie klicken). In Klammern die Zahl der uns bisher konkret bekannten Hochschulen in der jeweilige Kategorie.
Uni Hamburg (Antrag auf PIN über webbasiertes Formular mit Kopie Ausweis nötig)
Uni Osnabrück (persönliches Vorlegen von Antrag und Ausweis im Sekretariat)
RWTH Aachen (Info an uns per Mail)
Weitere staatliche Hochschulen in Berlin (Info via StuWe Berlin)
HMKW Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (Sitz der Hochschule: Berlin)
TU Bingen (Info an uns per twitter)
Hochschule Coburg
IU Internationale Hochschule (Sitz der Hochschule: Erfurt/Thüringen)
FOM (bisher nur Gerücht; Sitz der Hochschule: Essen/NRW)
Westfälische Hochschule Gelsenkirchen (vermutlich)
THM Mittelhessen Gießen (PIN wird erst ab 29.3. zur Verfügung gestellt)
Medizinische Hochschule Hannover (PIN 14 Tage zeitversetzt)
HS Fresenius (Info an uns per Mail; Sitz der Hochschule: Idstein/Hessen)
Uni Jena (Info an uns per Mail)
Ostfalia Hochschule (PIN nur auf Nachfrage?)
Hochschule Döpfer (Info an uns per Mail; Sitz der Hochschule: Potsdam/Brandenburg)
Uni des Saarlandes Saarbrücken (Info an uns per Mail; PIN wohl ein Tag zeitverzögert)
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg St. Augustin (Info an uns via twitter)
Mit ✅ heißt, dass sie die PIN elektronisch verteilt haben sollten. ❌ bedeutet: PIN wird nicht automatisch verteilt, sie muss persönlich (Vorlage Ausweis) beantragt werden. Soweit möglich, haben wir eine Quelle verlinkt.
Wenn die PIN nicht so einfach zu bekommen ist, empfiehlt sich die BundID mit Online-Ausweis oder Elster zu verbinden – und zwar bevor der eigentliche Antrag gestellt wird.
Zwar kann man auch ohne Online-Ausweisfunktion oder Elster eine BundID beantragen. Damit wäre aber die eigene Identität nicht überprüfbar. Und offenbar will das BMBF ja, dass sich die Antragsteller „identifizieren“.
Nun könnte man im Zusammenhang mit dem Antrag für die 200 € sagen, die von den Ausbildungsstätten noch zu verteilenden Zugangscodes mit PIN reichten doch aus. (Dazu müsste man sicherstellen, dass diese wirklich nur an die Berechtigten gehen. Auch nicht ganz einfach, denn irgendwer muss ja eine wie auch immer geartete Schnittstelle des Antragstools anwerfen, um diese überhaupt erst zu erzeugen und dann an die Berechtigten weiterzugeben. Auf diesem Weg könnte es dazu kommen, dass die Codes in falsche Hände gelangen – bspw. wenn diese per Mail versendet werden und einzelne oder viele Accounts gehackt werden etc.)
Nimmt man jedenfalls an, dass man sich auf Zugangscode und PIN verlassen würde, dann wäre die BundID eigentlich überflüssig, denn die eingegebenen Daten könnte auch direkt das Antragstool aufnehmen.
Will man jedoch mehr Sicherheit – und das scheint eindeutig der Fall zu sein –, muss die Identität der Antragsteller:innen zumindest elektronisch festgestellt werden (auch da gibt es Angriffsmöglichkeiten, aber die sind dann doch um einiges schwieriger). Die BundID macht also nur Sinn, wenn sie auch mit elektronischem Nachweis (Online-Ausweis-Funktion oder Elster) verbunden wird.
Den elektronischen Nachweis kann man übrigens auch noch nachholen, nachdem man sich nur mit Passwort und Usernamen und ein paar ungeprüften Angaben registriert hat
Dass hier die BundID genutzt wird und die Authentifizierung nicht direkt im Antragstool eingebaut wird, ist verständlich – so kann immerhin schon etwas bestehendes genutzt werden. Ob das ausreichend datenschutzfreundlich ist, bleibt zunächst eine offene Frage.
Bleiben aber wahrscheinlich einige Antragsteller:innen übrig, die – aus verschiedenen denkbaren Gründen – keinen funktionierenden Online-Identitäts-Nachweis erbringen können. Die – und somit alle, die wollen – werden also die Möglichkeit haben, eine PIN von der Schule/Hochschule zu bekommen. Dafür hätte man die BundID irgendwie auch weglassen können, laut FAQ auf einmalzahlung200.de ist die aber auch dann – als Basisregistrierung mit Nutzername/Passwort – erforderlich. Na ja …
Die Antragstellung ist – Aufruf nur sinnvoll, wenn dir deine (Hoch-)Schule schon den Zugangscode gegeben hat – unter folgender URL möglich, die dann automatisch auf die eigentliche Antragsseite weiterleitet, die man aber nicht direkt erreichen kann (URL login.einmalzahlung200.de/……). Am 15.03. (außer in den frühen Morgenstunden …) war meist eine Wartezeit einzukalkulieren, oft über 30 Minuten und vereinzelt sogar im Stundenbereich (vgl. unseren Insta-Beitrag dazu).
Bei einigen Hochschulen mit vielen Standorten ist den Studierenden möglicherweise gar nicht bewusst, in welchem Bundesland deren Sitz ist. Für die Antragstellung musst du das aber wissen, denn das wird schon auf der ersten Seite abgefragt. Hier eine unverbindliche Liste:
IU Internationale Hochschule: Sitz Erfurt / Thüringen
FOM: Sitz Essen / Nordrhein-Westfalen
Diploma: Sitz Bad Sooden-Allendorf / Hessen
Hochschule Macromedia: Sitz Stuttgart / Baden-Württemberg
Hochschule Fresenius: Sitz Idstein / Hessen
HMKW Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft: Sitz Berlin (mit zusätzlichen Standorten in Köln und Frankfurt Main)
4. Warum …
Dass es Bedarf an Hilfen gibt, dürfte unbestritten sein. An den ersten beiden Entlastungspaketen gab es gerade aus Studierenden-Kreisen Kritik, dass die Studierenden vergessen würden. Es gab zwar die eine oder andere Maßnahme, von der manche Studierende profitieren konnten, aber eben nur eher wenige.
Nun also einfach 200 € für alle. Einerseits schön, dass „die Studierenden“ als Gruppe vorkommen. Andererseits doch eine ziemlich Gießkannen-Förderung, denn natürlich gibt es auch Studis, denen es finanziell trotz allem nicht besonders schlecht geht. 200 € mal ca. 3 Millionen Studis sind aber schon mal 600 Millionen Euro, die so draufgehen.
Doch würde beispielsweise nur das BAföG aufgestockt, würden aktuell über 85% der Studierenden unberücksichtigt bleiben. Das BAföG deutlich auszuweiten wäre deutlich teurer als die nun zu veranschlagenden 600 Millionen – vor allem wäre das ja eher auch auf Dauer anzulegen.
Manche:r hat sich auch daran gestört, dass es für Rentner:innen 300 € Einmalzahlung gibt und für Studis nur 200 €. Bei Rentner:innen ist die Zahlung steuerpflichtig, was die Differenz zumindest bei Rentner:innen mit hohen Einkünften schmälert. Trotzdem zeigt das, dass bei Studierenden irgendwie doch immer angenommen wird, sie hätten es nicht ganz so nötig … doch es gibt eben auch genug Studis ohne familiäre Unterstützung, die alleine wohnen (müssen). Aber die sind gar nicht so leicht gesondert zu erreichen.
Weil 200 € doch nicht so viel sind, hat die Bundesregierung übrigens schon am 28. September 2022 den Heizkostenzuschuss II auch für BAföG-Empfänger:innen vorgesehen. Der allerdings Studierende auch erst ab Ende Februar 2023 erreichte (und manche erst im April – je nach Bundesland) – auch hier dauerte es erstaunlich lang (dafür, dass es schon der zweite Heizkostenzuschuss war, hätte man eine Beschleunigung erwartet).
5. Von der Ankündigung bis zur Umsetzung der 200 €
Als Ergebnis des Koalitionsauschusses der aus SPD, Grünen und FDP bestehenden Bundesregierung wurde am 4. September 2022 ein Maßnahmenpaket vorgestellt. Alle Maßnahmen, von denen auch Studierende – jedenfalls manche – profitieren können, können in Was die Entlastungspakete für Studierende bieten nachgelesen werden (dort haben wir neben den Maßnahmen des dritten Entlastungspaketes auch die vom ersten und zweiten gesammelt). Hier im Artikel geht es nur um die Einmalzahlung für Studierende von 200 €.
Die ersten Reaktionen Anfang September darauf waren wie folgt:
Das Deutsche Studentenwerk (DSW) begrüßte in einer Pressemitteilung, „[D]ass die Bundesregierung alle rund 2,9 Millionen Studierenden in Deutschland explizit als Gruppe nennt und sie mit einer Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro unterstützen will, […]“. Weiter betonte Matthias Anbuhl, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks: „Die Einmalzahlung muss nun möglichst rasch auf den Konten der Studierenden ankommen. Gerade die mehr als 60% der Studierenden, die auf dem freien Wohnungsmarkt leben, brauchen die 200 Euro so schnell es geht.“
Anbuhl führte aber auch noch aus, dass die Einmalzahlung nicht reicht: „Die Bundesregierung sollte in ihren Bemühungen, die Studierenden insgesamt zu unterstützen, nicht nachlassen. Zum Sommersemester 2023 wird es zudem darauf ankommen, nach dem Vorbild Österreichs die BAföG-Sätze der Inflation anzupassen und anzuheben und einen jährlichen Inflationsausgleich im BAföG zu verankern.“
Der freie zusammenschluss von student:innenschaften (fzs) übte deutliche Kritik. Schon der Titel der Pressemitteilung, „200 €? Tropfen auf dem glühend heißen Stein!“ deutete das an. Und so geht es weiter: „Die von der Koalition geplante Einmalzahlung von 200 € für Studierende sowie Fachschüler*innen ist ein netter Versuch Studierende abzuspeisen, wird jedoch der erschreckenden Realität sowie der strukturellen Armut und massiven Teuerungen nicht gerecht.“
Rahel Schüssler aus dem Vorstand des fzs führt weiter aus: „Es zeigt sich immer wieder, eine Strukturreform des BAföGs ist dringend notwendig! Die Versäumnisse der letzten und aktuellen Regierung werden auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen. Armut und Leid wird hier bewusst in Kauf genommen, was an und für sich schon ein Skandal ist. Die vor der Krise schon geringen BAföG-Sätze müssen drastisch erhöht werden, der Gefördertenkreis muss sich massiv erweitern. Kleine Anpassungen helfen hier niemandem, auch ein Notfallmechanismus ist immer noch überfällig.“
Am 19. Oktober hatte der Bundestag übrigens Anträge zur Unterstützung von Studierenden in der Krise abgelehnt. Was sich dramatisch anhört, aber nichts daran ändert, dass die angekündigten Hilfen kommen werden (offen bleibt noch das wann). Abgelehnt wurden Anträge der Opposition. Dass die CDU/CSU in einem Antrag forderte, die 200 € müssten bis 15. November ausgezahlt werden, war vor allem Show, denn konkrete Ansätze, wie das organisiert werden soll, enthielt der Antrag nicht. Insofern konnte die Regierungskoalition gar nicht anders, als den Antrag abzulehnen, denn ein Datum zu beschließen, was nicht zu halten ist, macht natürlich keinen Sinn. Der Antrag der Linken wiederum enthielt zwar kein konkretes Datum, aber auch einige weitergehende Forderungen wie kostenfreien ÖPNV für Schüler:innen, Auszubildende und Studierende und BAföG als Vollzuschuss. Das war der Regierungskoalition (oder jedenfalls Teilen davon) auch zu viel und wurde daher ebenso abgelehnt.
Das Bundesbildungsministerium hat dann erstmal länger – vielleicht zu lange – nach Möglichkeiten gesucht, wie das Geld ohne Antrag ausgezahlt werden könnte. Dabei war eigentlich schnell klar, dass von vielen Studierenden und Schüler:innen eben keine Bankdaten vorliegen und daher ein Antrag unumgänglich sein wird. Eine Auszahlung / Verrechnung über die Hochschulen und Schulen wurde wohl als zu komplex verworfen (eine Verrechnung wäre auch nicht überall möglich, an Schulen gibt es keinen Semesterbeitrag und an Hochschulen ohne / mit günstigem Semesterticket ist der Semesterbeitrag deutlich unter 200 €).
Als Gesetz wurden die 200 € am 1. Dezember gegen 10:30 Uhr vom Bundestag verabschiedet. Das Gesetz regelt aber wenig Details und schiebt diese auf die Länder ab. Was diesen nicht gefällt und an einigen Stellen auch wirklich wenig sinnvoll erscheint.
Am 16.12.2022 beschäftigte sich der Bundesrat mit dem Thema. Die dazuvorgelegte Drucksache erläuterte die Kritik der Länder und empfahl, den Vermittlungsausschuss anzurufen und damit das Gesetz zu bremsen. Darauf haben die Länder dann doch verzichtet und das Gesetz durchgewunken – allerdings musste der Bund die Zusage machen, die Auszahlung doch selbst zu übernehmen. Offen bleibt dennoch noch einiges, es wird also noch dauern. Aktuelle Infos siehe Viel heiße Luft für wenig Energie: Länderkammer gibt grünes Licht für 200-Euro-Zuschuss.
Am 1. Februar 2023 wurden in einem Artikel der WELT weitere Details genannt, die in den Tagen darauf durch Berichte im Blog von Jan-Martin Wiarda noch ergänzt wurden. Demnach war zu dem Zeitpunkt das nötige Antragstool noch in Arbeit, aber es sollte bis zur Fertigstellung nicht mehr lange dauern. Federführend zuständig ist das Land Sachsen-Anhalt, dass sich auch schon um bafög-digital.de kümmert und gewisse Erfahrungen haben sollte. Erstmals wurde auch die URL bekannt: Einmalzahlung200.de (bis Mitte Februar zwar erreichbar, aber Inhalte nur mit Passwort – vermutlich nur für Entwickler:innen).
Ebenfalls am 1. Februar gab es in der Bundespressekonferenz einen denkwürdigen Auftritt des Ministeriumssprechers des BMBG. Er hatte sich zur Frage des Termins sehr gewunden (ab Minute 23:56 auf YouTube) und am Ende den April noch zum Winter gezählt …
Der freie zusammenschluss von student:innenschaften (fzs) veröffentlichte am 2. Februar 2023 eine Pressemitteilung „Der Traum einer unbürokratischen Soforthilfe ist endgültig geplatzt“. Die aktuelle Lösung sei alles andere als datensparsam und unbürokratisch. Das ist wohl leider wahr. Man hätte theoretisch auch darauf setzen können, dass die Hochschulen und Schulen an die Berechtigten individuelle Zugangscodes und PINs verteilen. Was aber auch Risiken hätte (siehe oben zur BundID). Berechtigt ist in jedem Fall die Klage des fzs, dass die Soforthilfe keine Soforthilfe mehr sei. Das BMBF hat offensichtlich die Schwierigkeiten unterschätzt und zu viel Zeit mit der Suche nach anderen Möglichkeiten als der schließlich gewählten verbraucht.
Die Kultusministerkonferenz (KMK) hatte Anfang Februar laut eines Berichts des Bildungsjournalisten Jan-Martin Wiarda die Forderung an das BMBF, dass ein gemeinsamer Start der Antragstellung am 1. März angestrebt werden solle (zwischenzeitlich war die Rede davon, dass es je nach Bundesland unterschiedliche Startdaten geben könne). Auszahlungen hätten dann ab 15. März beginnen können. Inzwischen (Mitte Februar) sieht es so aus, dass das nicht zu klappen scheint, es wird später.
Am 13. Februar gab es eine klitzekleine Änderung im BMBF-FAQ zur Einmalzahlung. Dort hieß es dann zur Frage „Wann wird das Geld ausgezahlt?“: „Die Auszahlung soll schnellstmöglich starten.“ Davor stand „noch in diesem Winter“. Wir legten das zunächst so aus, dass es noch länger dauern könne („schnellstmöglich“ hört sich zwar gut an – aber ist letztlich weniger konkret als „noch in diesem Winter“, denn wie soll man beurteilen, was genau „möglich“ wäre?). Ganz so schlimm kommt es vielleicht doch nicht (auch wenn es ja sowieso schon lange gedauert hat).
Am 14.2.2023 gab es um 12:15 Uhr ein Pressestatement von Bundesbildungsminister Stark-Watzinger zur Einmalzahlung. Das hatte aber gar nicht so viel Inhalt außer der Ankündigung, dass im Laufe des Tages die Informations-Kampagne zur Einmalzahlung starten solle. Auf die Frage, ob es nicht schnellere, andere Wege gegeben hätte, sagte sie ungefähr: „Es gab unterschiedliche Wege. Dieser Weg war gewünscht.“ Angedeutet wurde ein möglicher Start der Antragstellung – allerdings nur für wenige Pilot-(Hoch-)Schulen – in Kalenderwoche 9 (das wäre ab 27. Februar).
Noch vor dem Pressestatement berichtet Bildungsjournalist Jan-Martin Wiarda in einem Blogbeitrag, dass es ab Anfang März einen Testlauf mit sehr wenigen Hochschulen geben soll – die Studierenden dieser könnten dann tatsächlich schon beantragen. Wenn dabei alles glatt läuft, könnte ab Mitte März der Rest starten. Allerdings müssen dazu die Länder noch einige Verordnungen beschließen (für den Test soll es wohl Sonderverkündungen in den Landesgesetzblättern geben, um den Termin Anfang März überhaupt möglich machen zu können).
In der Kalenderwoche 9 starten tatsächlich erste Pilothochschulen mit der Verteilung der Zugangscodes. Und – oh Wunder – sie ermöglichen auch Zugriff auf die PIN. Online-Ausweis oder Elster-Zertifikat sind also zumindest für die Studierenden dieser Hochschulen gar nicht nötig.
Da die ganze Sache sich lange hin zog, die Unterstützung so groß leider nicht ist und man an der Umsetzung auch vieles kritisieren kann, haben die Piratenpartei in Zusammenarbeit mit dem freien zusammenschluss von studentInnenschaften undn einige studentische Organisationen am 1. März die Seite keinmalzahlung200.de ins Leben gerufen. Die von Anfang an – anders als anfangs die „echte“ Seite (peinlich genug …) – auch auf Englisch zur Verfügung steht.
Am 15. März konnten dann alle, deren Hochschulen pünktlich den Zugangscode verteilt hatten (was natürlich nicht alle waren), den Antrag stellen. Wie leider zu erwarten, klappte das nur begrenzt – die Server, vor allem von BundID, waren oft überlastet. Am unkompliziertesten fuktionierte die Variante mit BundID-Basisregistrierung und PIN – die meisten Hochschulen verteilten diese zum Glück mehr oder weniger direkt. Dagegen versagte die Online-Ausweis-Variante oft, da die dafür zuständigen Server überlastet waren. Tja, so war der vermeintliche Push dafür eher ein Schlag ins Wasser …
Am 14. April, also ein Monat später, haben tatsächlich über zwei Millionen Studierende und (Fach-)Schüler:innen die 200 € beantragt. Die Auszahlung erfolgte bisher immer innerhalb kürzester Zeit (ein bis drei Tage).Was aber bedeutet, dass deutlich über eine Million den Antrag noch nicht gestellt haben. Warum wohl?