Selbständig als Student/inAuswirkungen auf Krankenversicherung, Kindergeld, BAföG …
1. Kurz + knapp
Wenn du selbstständig arbeitest und BAföG erhältst, wird es etwas komplizierter. Du darfst im gesamten Bewilligungszeitraum (12 Monate) maximal 5.050 Euro Gewinn vor Steuern machen, ohne dass die BAföG-Leistungen gekürzt werden (seit Wintersemester 2022/2023, davor 4.410 Euro). (Ein kleiner Hinweis: Werbungskosten gibt es für Selbstständige nicht, etwaige Kosten, die für das Gewerbe entstehen, sind als Betriebsausgaben geltend zu machen und vom Gewinn abzuziehen.)
Bis zum Abschluss deines Erststudiums können deine Eltern Kindergeld erhalten, und zwar mindestens bis zu deinem 25. Geburtstag. Dein Einkommen aus deiner Selbstständigkeit wird nicht darauf angerechnet. Bei einer Zweitausbildung werden Einkünfte erst dann angerechnet, wenn du mehr als 20 Stunden die Woche arbeitest.
Ja, es gibt Stipendien und andere Geldquellen für einen Start in die Selbstständigkeit. Das EXIST-Gründerstipendium ist ein gutes Beispiel: Studierende erhalten 1.000€ im Monat, Absolventen:innen von Hochschulen können bis zu 2.500€ im Monat erhalten, Promovierte sogar 3.000 €. Auch Zuschüsse für Sachausgaben können bewilligt werden.
2. Krankenversicherung
Die meisten Studierenden unter 25 Jahre sind über ihre Eltern familienversichert und zahlen keine eigenen Beiträge. Das kann auch so bleiben, wenn du nebenberuflich selbstständig arbeitest und deine monatlichen Einnahmen regelmäßig nicht höher als 520 Euro sind (Stand 2023; steigt 2024 vermutlich leicht an). In den Semesterferien darfst du durchaus mehr arbeiten. Wird die Einkommensgrenze länger als drei Monate innerhalb eines Jahres überschritten, endet die Familienversicherung. Bevor du da etwas falsch machst, solltest du besser VORHER deine Krankenversicherung fragen!
Ohne Krankenversicherung geht's nicht.
Studierende, die nicht oder nicht mehr familienversichert sein können, weil sie die gerade genannte Einkommensgrenze überschreiten oder älter als 25 Jahre sind, können sich danach zu einem vergleichsweise günstigen Tarif selbst gesetzlich versichern („Studentische Krankenversicherung“) – allerdings nur, wenn sie lediglich nebenberuflich arbeiten. Wer als hauptberuflich eingestuft wird, fällt aus der Pflichtversicherung für Studenten heraus. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, sich entweder bei der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig zu versichern oder in eine private Krankenversicherung zu wechseln. Dann kann es allerdings schnell teuer werden. Du musst dann einen monatlichen Beitrag zwischen 200 und 500 Euro bezahlen, weil hier die Bezugsgröße als Maßstab angelegt wird.
Ob eine selbstständige Tätigkeit haupt- oder nebenberuflich ist, entscheidet die Krankenkasse! Für die Einschätzung sind zeitliche und finanzielle Aspekte maßgeblich. Wenn du nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich arbeitest, geht die Krankenkasse in aller Regel von einer nebenberuflichen Selbstständigkeit aus. Dies gilt allerdings nicht, wenn dein monatliches selbstständiges Arbeitseinkommen 75 % der monatlichen Bezugsgröße (also 2.546,25 EUR, Stand 2023) überschreitet; in diesem Fall nimmt die Kasse an, dass du deinen Lebensunterhalt hauptsächlich durch dieses Einkommen bestreitest und demnach hauptberuflich selbstständig bist. Du solltest jedenfalls deine Krankenkasse frühzeitig über deine Selbstständigkeit und später regelmäßig über die Einkommensentwicklung (z. B. durch Vorlage eines Einkommensteuerbescheids) informieren. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Krankenkasse die studentische Krankenversicherung zu einem späteren Zeitpunkt beendet und Beiträge – auch rückwirkend bis zum Datum der Gewerbeanmeldung! – nachfordert.
Künstlersozialkasse – nicht nur für KünstlerInnen
Wenn du eine selbstständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit – auch nebenberuflich – ausübst oder als LehrerIn im künstlerischen oder publizistischen Bereich arbeitest, kannst du dich unter bestimmten Voraussetzungen über die Künstlersozialkasse (KSK) versichern. Auch manche Berufe in der IT-, Medien- und Werbebranche zählen dazu. Du bezahlst dann, wie ArbeitnehmerInnen, nur den halben Beitrag zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Die Beiträge bemessen sich am (geschätzten) Einkommen, einen Mindestsatz für Selbstständige gibt es nicht. Die KSK ist keine Versicherung, sie zieht nur Beiträge ein und leitet sie an die Krankenkassen weiter. Mehr Informationen über die Berufe, die gefördert werden, und die Aufnahmevoraussetzungen: www.kuenstlersozialkasse.de
3. Rentenversicherung – meist freiwillige Vorsorge
Selbstständige müssen nur bei ganz bestimmten Tätigkeiten in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und das auch nur, wenn die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird (520 € / Monate). Zu den Tätigkeiten zählen beispielsweise ErzieherInnen, HandwerkerInnen, Hebammen und LehrerInnen. Auch wer als KünstlerIn oder PublizistIn über die Künstlersozialkasse versichert ist, ist in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert. Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund kannst du dich informieren, ob dein Beruf dazugehört. Wenn für deinen Job eine Pflichtmitgliedschaft in der Rentenversicherung besteht, gilt sie auch für selbstständige Studierende. Und wer zwar selbstständig tätig ist, das aber „überwiegend“ nur für einen Auftraggeber, der ist als „arbeitnehmerähnliches Selbstständiger“ doch rentenversicherungspflichtig (§ 2 Nr. 9 SGB VI), so mit den Einnahmen die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird. Ansonsten musst du – im Gegensatz zu deinen angestellten Kommilitonen – keine Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.
Junge Selbstständige machen gerne einen Bogen um das Thema Altersvorsorge, und das nicht ganz zu Unrecht: Zuerst kommt es darauf an, das Vorhaben auf ein solides Fundament zu stellen. Spätestens, wenn das geschafft ist, solltest du dich um deine Vorsorge kümmern. Als alternative Altersvorsorge kommen private Rentenversicherung, Kapitallebensversicherung, Fondssparpläne, Fondspolicen oder Wertpapiere in Frage. Es gibt auch staatlich geförderte, steuerbegünstigte Möglichkeiten der privaten Rentenversicherung (Riester-Rente, Rürup-Rente). Das passende Produkt wirst du vermutlich nur mit fachkundiger Beratung finden; meist ist eine Kombination aus verschiedenen Anlagen und Sparverträgen empfehlenswert. Bei der Verbraucherzentrale und bei der Stiftung Warentest bekommst du Informationen zur Orientierung.
4. Kindergeld – im Erststudium unabhängig vom Einkommen
Seit 2012 spielt es in der Regel keine Rolle für das Kindergeld, wie hoch deine Einkünfte sind: Bis zum Abschluss deines Erststudiums können deine Eltern Kindergeld erhalten, und zwar mindestens bis zu deinem 25. Geburtstag; dein Einkommen aus deiner Selbstständigkeit wird nicht darauf angerechnet. Bei einer Zweitausbildung werden Einkünfte nur dann nicht angerechnet, wenn die wöchentliche Arbeitszeit bei höchstens 20 Stunden liegt. Ferienjobs bleiben steuerlich unschädlich (§ 32 Abs. 4 EStG).
5. BAföG: Klare Grenzen für Selbständige
Wer BAföG bekommt, hat es deutlicher schwieriger mit den Nebeneinkünften. Studierende, die selbstständig jobben, dürfen im gesamten Bewilligungszeitraum (12 Monate) maximal 5.050 Euro Gewinn vor Steuern machen, ohne dass die BAföG-Leistungen gekürzt werden (seit Wintersemester 2022/2023). Den Gewinn musst du – in Form einer Bilanz oder als einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung – für die Steuererklärung ohnehin ermitteln. (Ein kleiner Hinweis: Werbungskosten gibt es für Selbstständige nicht, etwaige Kosten, die für das Gewerbe entstehen, sind als Betriebsausgaben geltend zu machen und vom Gewinn abzuziehen.) Erschwert wird das Ganze nur dadurch, dass der Bewilligungszeitraum fürs BAföG meist nicht dem Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) entspricht.
Die Berechnung der Einnahmen, die auf deinen BAföG-Bedarf angerechnet werden, falls du die gerade genannte Schwelle übersteigst, ist nicht ganz einfach. Von deinem Gewinn kannst du jedenfalls 21,6 Prozent als Sozialversicherungspauschale abziehen. Auch die tatsächlich gezahlten Steuern – Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und vielleicht auch Kirchensteuer – mindern deine Einnahmen im Sinne des BAföG. Außerdem gilt für Studierende an Hochschulen ein monatlicher Freibetrag von 330 Euro (Single ohne Kind; seit Wintersemester 2022/2023). Je nach Ausbildungsart und familiärer Situation kannst du eventuell weitere Freibeträge von deinem Einkommen abziehen. Liegen deine monatlichen durchschnittlichen Einkünfte im Bewilligungszeitraum über den Freibeträgen, wird dein BAföG-Förderbetrag entsprechend gekürzt.
Wenn sich während des BAföG-Bezugs abzeichnet, dass dein Gewinn voraussichtlich höher liegt als ursprünglich angegeben, dann solltest du dies dem BAföG-Amt umgehend melden. Am Ende des Bewilligungszeitraums wird ermittelt, wie hoch dein selbstständiges Einkommen tatsächlich gewesen ist; wer pessimistisch geschätzt hat, muss BAföG-Leistungen zurückzahlen.
6. Gründerstipendium und andere Geldquellen
Wer kein Geld hat, aber welches braucht, muss sich Finanzierungsmöglichkeiten für sein Gründungsvorhaben suchen – zum Beispiel private Bankdarlehen, Zuschüsse von der Agentur für Arbeit oder Fördermittel der KfW-Bank.
Interessant ist vielleicht auch das EXIST-Gründerstipendium für Studierende, die ein eigenes Unternehmen aufbauen wollen. Das Stipendium sichert ein Jahr lang den persönlichen Lebensunterhalt, derzeit gibt es 1.000 Euro pro Monat (für Studierende; Hochschul-AbsolventInnen können 2.500 Euro bekommen).
Dazu kann es Zuschüsse für Sachausgaben (bis zu 10.000 Euro für Einzelgründungen; Teams max. 30.000 Euro) und Coaching (bis 5.000 Euro) geben.
Für alle Finanzierungen gilt: Man braucht mindestens einen ordentlichen Businessplan.
7. Hauptsache, gut versichert: Versicherungsschutz für den Start in die Selbständigkeit
Wer nicht unnötig Geld unter die Leute bringen will, sollte nach dem Grundsatz verfahren: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Konzentriere dich jedenfalls auf Schadensfälle, die deine berufliche Existenz gefährden oder beenden können. Für alle anderen Schäden solltest du selbst aufkommen. Einige betriebliche Versicherungen sind auch für selbstständige Studierende empfehlenswert. Welche das sind, hängt natürlich von deinem Vorhaben ab. Es lohnt sich in jedem Fall, Vergleichsangebote (Werbung-Affiliate-Link!) einzuholen, denn Leistungen und Konditionen der einzelnen Anbieter unterscheiden sich stark.
a) Betriebshaftpflichtversicherung
Als SelbstständigeR haftest du für alle Schäden, die durch dein Unternehmen und deine Mitarbeiter vorsätzlich oder fahrlässig verursacht werden – und zwar in unbegrenzter Höhe! Deshalb ist die Betriebshaftpflichtversicherung eine der wichtigsten betrieblichen Versicherungen für nahezu alle Selbstständigen. Diese Versicherung deckt Personen- und Sachschäden ab; außerdem kommt sie für Vermögensschäden auf, die aus einem Personen- oder Sachschaden entstehen (sogenannte unechte Vermögensschäden). Beispiel: Ein Kunde stolpert in deinem Büro über ein Kabel, stürzt und bricht sich das Bein. Er kann eine Woche lang nicht arbeiten (Verdienstausfall!). Die Betriebshaftpflichtversicherung bezahlt die Behandlung deines Kunden und den Verdienstausfall (als Vermögensschaden, der eine Folge des Personenschadens ist).
b) Vermögensschadenhaftpflichtversicherung
Wenn du freiberuflich oder selbstständig in einem beratungsintensiven Beruf arbeitest, kannst du hohe Schäden am Vermögen deiner Kunden oder Geschäftspartner verursachen. Das können etwa finanzielle Nachteile, ein entgangener Gewinn oder Ersatzansprüche sein. Auch wer fremdes Vermögen verwaltet, Gutachten erstellt oder geistiges Eigentum (Urheber-, Marken- oder Patentrechte) verletzen kann, fügt bei einem Versehen anderen einen Vermögensschaden zu.
Wenn du dich als Unternehmensberaterin, Werber, Grafiker oder als IT-Expertin selbstständig machst, dann kannst du durch falsche Beratung, das Versäumen von Fristen oder die Verletzung von Urheber- und Markenrechten großen Schaden anrichten. Ein Beispiel: Du entwirfst als Grafikerin ein Messeplakat für einen Kunden, das nicht rechtzeitig zur Messe fertig wird; dein Kunde hat dadurch finanzielle Einbußen, für die er dich haftbar macht. Für manche Berufe (z. B. Rechts- und Wirtschaftsberatung) ist die Absicherung gegen Vermögensschäden gesetzlich vorgeschrieben.
c) Berufshaftpflichtversicherung
Für bestimmte Berufe, die besondere Verantwortung tragen und dadurch besonderen Risiken ausgesetzt sind, ist eine Berufshaftpflichtversicherung vorgeschrieben. Diese Police kombiniert die Leistungen der Betriebshaftpflichtversicherung (Personen-, Sach- und unechte Vermögensschäden) mit einer Deckung für die besonderen Schadenpotenziale dieser Berufe, meist reine Vermögensschäden. Für Rechtsanwälte, Notarinnen, Architekten und Ingenieurinnen, Treuhänder, Ärztinnen und Übersetzer gibt es diese Police, aber auch für Beamtinnen und Angestellte im öffentlichen Dienst, IT-Dienstleistungsunternehmen, Internetdienstleisterinnen und andere Unternehmen.
d) Berufsunfähigkeitsversicherung
Wenn du deinen Beruf nicht mehr ausüben kannst, bezahlt die Berufsunfähigkeitsversicherung dir eine monatliche Rente. Sie ist wichtiger als eine Unfallversicherung, weil Krankheiten viel häufiger zur Berufsunfähigkeit führen als Unfälle. Achte bei einem Vergleich verschiedener Anbieter darauf, inwieweit der Versicherer dich bei Berufsunfähigkeit an andere Berufe verweisen kann. Manche Policen verzichten ausdrücklich auf eine solche Verweisung; sie sind meist etwas teurer.
e) Weitere Versicherungen: je nachdem, was du vorhast
Wenn du ein größeres Handelsgeschäft aufziehst oder Mitarbeiter beschäftigst, eigene Geschäftsräume hast, regelmäßig Kundenbesuch empfängst oder mit Produkten umgehst, die Schaden verursachen können (z. B. Lebensmittel), dann sind auch deine betrieblichen Risiken größer. Je komplexer und umfangreicher deine Arbeit, desto größer ist der Versicherungsbedarf. Vielleicht ist für dich eine Produkthaftpflichtversicherung, eine Betriebsinhaltsversicherung oder eine Betriebsunterbrechungsversicherung sinnvoll. Welche Versicherungen dir wirklich nützen, kann dir ein unabhängiger Versicherungsberater sagen. Beim Bundesverband der Versicherungsberater findest du einen Ansprechpartner in deiner Nähe. Versicherungsberater arbeiten unabhängig von der Versicherungswirtschaft auf Honorarbasis, ohne selbst Verträge zu verkaufen oder zu vermitteln.
Zu guter Letzt: Unternehmerisch handeln
Die gute Nachricht zum Schluss: Du musst nicht alles können! Und du brauchst auch keine umfassenden BWL-Kenntnisse, um dich selbstständig zu machen – vor allem in der Anfangszeit. Baue dir gezielt ein berufliches Netzwerk auf mit Menschen, die in anderen Dingen Experten sind. Die Mühe, die es vielleicht kostet, bis die Selbstständigkeit richtig läuft, ist gut investiert: Viele Selbstständige arbeiten schon neben ihrem Studium erfolgreich in der Branche, in der sie später hauptberuflich ihr Geld verdienen.
Hinweis: Dieser Artikel wurde von Ann Yacobi geschrieben und am 5. Juni 2013 erstmals veröffentlicht. Damals als ein Artikel mit zwei Seiten; inzwischen wurde er in zwei extra Artikel aufgespalten. Die Änderungen, die sich später ergeben haben, wurden von Oliver Iost zuletzt am oben angegeben Datum eingepflegt.