Wahlprüfsteine HochschuleWahlen zum Landtag Brandenburg: Was die SPD will
Die Situation für Studienbewerber/innen ist in der Tat ärgerlich. Genauso ärgerlich ist, dass der längst beschlossene Umbau der ZVS zu einer Serviceeinrichtung für Studienbewerber/innen und Hochschulen noch nicht realisiert ist. So lange es Zulassungsbeschränkungen gibt, benötigen wir eine zentrale Organisation, die einerseits die Studienbewerber/innen umfassend informiert und andererseits die Studienortwünsche der Bewerber/innen mit dem Angebot der Hochschulen koordiniert. Eine bundesgesetzliche Regelung ist dazu nicht erforderlich.
2. Die gesicherte Studienfinanzierung ist ein entscheidender Punkt, um Menschen aus allen sozialen und gesellschaftlichen Schichten ein Studium zu ermöglichen. In Deutschland spielen hierfür Unterhaltsrecht und BAföG zusammen, nicht immer optimal. Welche Vorstellungen haben Sie in diesen Bereichen für eine Weiterentwicklung?
Trotz mancher berechtigter Kritik im Einzelfall: Wenn die BAföG-Fördersätze und Freibeträge regelmäßig dem Bedarf angepasst werden, dann ist BAföG auch die gerechteste Form der staatlichen Studienfinanzierung. Natürlich haben wir nichts dagegen, wenn die Wirtschaft zusätzlich ein Stipendiensystem einführt. Dies muss aber bundesweit geschehen, damit die Studierenden in einem ärmeren Bundesland wie Brandenburg nicht benachteiligt werden. Rückzahlungsfreie und elternunabhängige Studienhonorare sind realistischer Weise in den kommenden Jahren nicht zu erwarten.
3. Es gibt die Idee, das Schüler-BAföG auszuweiten und insbesondere für SchülerInnen der Oberstufe auch dann eine Förderung zu ermöglichen, wenn sie noch bei ihren Eltern wohnen können. Unterstützen Sie eine solche Ausweitung oder wie sind Ihre Vorstellungen, mehr Menschen aus finanziell schlechter gestellten Familien zu einer Hochschulzugangsberechtigung zu verhelfen?
Die Brandenburger SPD setzt sich seit langem für ein bundesweites Schüler-BAföG ein, das auch Schülerinnen und Schüler in der Oberstufe erhalten können, wenn sie bei ihren Eltern wohnen. Die SPD-Landtagsfraktion hat dazu auch bereits einen Gesetzentwurf erarbeitet (siehe unter http://www.spd-fraktion.brandenburg.de). Wir wollen, dass mehr junge Menschen aus sogenannten bildungsfernen und finanziell schlechter gestellten Familien Abitur machen und anschließend Studieren. Wer Schüler-BAföG erhält, kann sicher sein, später auch Studierenden-BAföG zu bekommen. Da wir befürchten, dass es auf Bundesebene nicht zu einer Ausweitung des Schüler-BAföG kommen wird, planen wir eine Landesregelung. Dabei wollen wir pauschal 100 Euro monatlich an Schülerinnen und Schüler aus einkommensschwachen Familien zahlen, die die Oberstufe besuchen. Damit auch Hartz IV-Empfänger davon profitieren, ist das Geld zweckgebunden für bestimmte Ausbildungskosten einzusetzen.
4. a) In Ihrem Bundesland gibt es bisher keine allgemeinen Studiengebühren. Wollen Sie daran festhalten oder planen Sie Änderungen? Wenn Sie Studiengebühren einführen wollen: Wie genau soll die "soziale Abfederung" aussehen, wie die Zweckbindung?
b) In Ihrem Bundesland gibt es Rückmeldegebühren. Das Land Bayern hat diese gerade erst wieder abgeschafft. Was haben Sie vor und warum?
Mit der SPD wird es in Brandenburg keine Studiengebühren bis zum ersten Bachelor- und Masterabschluss geben, auch keine Langzeitstudiengebühren. Dies ist im Hochschulgesetz eindeutig geregelt und wird auch so bleiben.
Die gegenwärtigen Rückmelde- und Immatrikulationsgebühren in Höhe von 51 Euro liegen für die SPD am Limit des Zumutbaren. Gleichwohl ist zu beachten, dass die Studierenden für diese Gebühren auch eine serviceorientierte Dienstleistung erhalten.
5. Ist die Trennung in Fachhochschulen und Universitäten, gerade im Hinblick darauf, dass die inzwischen eingeführten Abschlüsse Bachelor und Master unabhängig von der Hochschulart gleichwertig sein sollen, noch zweckmäßig? Wenn ja, warum; wenn nein, was planen Sie stattdessen?
Bachelor- und Masterabschlüsse an Fachhochschulen und Universitäten sind gleichwertig. Mit dem Bachelorabschluss einer Fachhochschule ist ein Masterstudium an einer Universität möglich – oder umgekehrt. Selbst promovieren kann man an Fachhochschulen, wenn diese dafür eine Kooperation mit einer Universität vereinbaren. Dennoch sollten sich Studienbewerber/innen genau überlegen, an welchem Hochschultyp sie ein Studium beginnen. Nicht jedes Studienfach wird an jeder Hochschule angeboten. Fachhochschulen sind in der Regel eher anwendungsorientiert und nennen sich gerne University of Applied Sciences, an Universitäten findet auch Grundlagenforschung statt. Die Ausrichtung bei der Forschung hat selbstverständlich auch Auswirkung auf die Lehre und das Seminarangebot. Für die SPD ist nicht der Namen der Hochschule wichtig, sondern dass die Studiengänge durchlässig sind.
6. "Autonomie" ist ein Schlagwort der Hochschulreformen der letzten Jahre. "Demokratisierung" der Hochschulen dagegen nur noch selten. Wo legen Sie Ihre Schwerpunkte bei möglichen weiteren Änderungen der Hochschulgesetze Ihres Landes?
Autonomie und Demokratie schließen sich nicht aus. Nur in autonomen Hochschulen kann sich Kreativität entfalten und nur in demokratisch verfassten Hochschulen, in denen alle Hochschulmitglieder in transparente Entscheidungsprozesse eingebunden sind, werden die Interessen unterschiedlicher Hochschulgruppen berücksichtigt. Von diesem Gedanken haben wir uns bei der Novellierung des Hochschulgesetzes leiten lassen.
7. Ohne eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Hochschulen ist gute Lehre nicht möglich. Darüber sind sich eigentlich alle einig. Trotzdem scheint es - egal in welchem Bundesland und unter welcher Regierung - nach wie vor nicht zu einem echten Durchbruch zu kommen. Gelder werden lieber für Leuchtturmprojekte ausgegeben (von denen nur wenige profitieren), die Forschung gestärkt (für Studierende ebenfalls kaum Auswirkungen) und für die Lehre bleibt am Ende vielleicht ein kleiner Preis übrig. Was wollen Sie tun, damit es wirklich zu einer nachhaltigen Verbesserung kommt, sowohl was die bauliche, aber auch personelle Ausstattung angeht? Vor allem auch unter dem Aspekt, dass die Hochschulen heute teilweise schon fast sittenwidrige Löhne zahlen (vor allem bei studentischen Hilfskräften, Honorarprofessuren und vielen wissenschaftlichen Mitarbeitern).
Wenn alle geplanten Hochschulbaumaßnahmen fristgerecht realisiert werden, wird sich die räumliche Situation merklich entspannen. Für die SPD hat für die kommenden Jahre die Verbesserung der Qualität der Lehre Priorität. Die Evaluation der Lehre unter studentischer Beteiligung ist gesetzlich vorgeschrieben. Nur bei einer guten Betreuung und Beratung der Studierenden sowie bei einer qualitativ hochwertigen Lehre kann erfolgreich studiert werden. Allerdings brauch man auch "Leuchttürme". Leuchttürme reflektieren das internationale Renommee einer Hochschule und locken gute Wissenschaftler/innen an, die dann auch ihr Potenzial bei der Lehre einbringen können. Auch viele in- und ausländische Studienanfänger/innen orientieren sich bei der Wahl des Studienortes an der international anerkannten Forschungskompetenz einer Hochschule. Um die Lehre zu stärken, wird es künftig an Brandenburger Hochschulen auch Lehrprofessuren geben, darüber hinaus soll das kostenlose Weiterbildungsangebot für Lehrende ausgeweitet werden. Die SPD spricht sich für einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte aus und für eine hochschulübergreifende Mindestvergütung der Lehrbeauftragten analog der Berliner Regelung.