Wahlprüfsteine HochschuleWahlen zum Landtag Brandenburg: Was BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen
Wir brauchen tragfähige bundeseinheitliche Regeln für Zulassungen und Abschlüsse an Hochschulen und eine starke Servicestelle für Hochschulzulassungen, um das bestehende Bewerbungs-und Zulassungschaos zu beheben. Darüber hinaus wollen Bündnis 90/Die Grünen in Deutschland in den kommenden fünf Jahren mindestens 500.000 zusätzliche Studienplätze schaffen und so dem Mangel an Studienplätzen entgegenwirken. Hierbei soll auch Brandenburg nicht zu kurz kommen.
2. Die gesicherte Studienfinanzierung ist ein entscheidender Punkt, um Menschen aus allen sozialen und gesellschaftlichen Schichten ein Studium zu ermöglichen. In Deutschland spielen hierfür Unterhaltsrecht und BAföG zusammen, nicht immer optimal. Welche Vorstellungen haben Sie in diesen Bereichen für eine Weiterentwicklung?
Das bisherige BAföG ist in vielfacher Hinsicht unzureichend und ungerecht. Daher braucht es einen mutigen Umbau auf Bundesebene. Unser Ziel ist es da vor allem, mehr junge Menschen aus einkommensarmen Elternhäusern für ein Studium zu gewinnen. Daher wollen wir auf der bundespolitischen Ebene die staatliche Studienfinanzierung stärken und zu einem Zwei-Säulen- Modell ausbauen. Dabei kombinieren wir einen einheitlichen Sockelbetrag (aus Kindergeld und Kinderfreibetrag) der allen Studierenden elternunabhängig zugute kommt und direkt andie Studierenden fließen soll, mit einem Zuschuss für Studierende aus einkommensarmen Elternhäusern als starke soziale Komponente. Mit diesem grünen Zwei-Säulen-Modell gewinnen wir mehr junge Menschen aus armen Haushalten und unterrepräsentierten Gruppen für ein Studium. Gleichzeitig verbessern wir die Möglichkeit aller Studierenden, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.
3. Es gibt die Idee, das Schüler-BAföG auszuweiten und insbesondere für SchülerInnen der Oberstufe auch dann eine Förderung zu ermöglichen, wenn sie noch bei ihren Eltern wohnen können. Unterstützen Sie eine solche Ausweitung oder wie sind Ihre Vorstellungen, mehr Menschen aus finanziell schlechter gestellten Familien zu einer Hochschulzugangsberechtigung zu verhelfen?
Ein elternunabhängiges Schüler-BAföG ist bisher zur Unterstützung derjenigen SchülerInnen gedacht, denen die Schulwahl oder andere Lebensumstände ein Leben unter der Versorgungspflicht der Eltern nicht ermöglichen oder diese nicht mehr besteht. Dies ist ein zu schmaler Rahmen und der Lebensrealität vieler junger Menschen nicht angemessen. Die Möglichkeit das SchülerInnen- BAföG generell elternunabhängig zu gestalten, gibt den Jugendlichen die Chance, auch gegen den Willen und finanziellen Druck aus derunmittelbaren familiären Umgebung, nach einem höheren Bildungsabschluss zu streben. Daher unterstützen BÜNDNIS 90/GRÜNEN eine sinnvolle Konzeption für ein elternunabhängiges SchülerInnen-BaföG.
4. a) In Ihrem Bundesland gibt es bisher keine allgemeinen Studiengebühren. Wollen Sie daran festhalten oder planen Sie Änderungen? Wenn Sie Studiengebühren einführen wollen: Wie genau soll die "soziale Abfederung" aussehen, wie die Zweckbindung? b) In Ihrem Bundesland gibt es Rückmeldegebühren. Das Land Bayernhat diese gerade erst wieder abgeschafft. Was haben Sie vor und warum?
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN positionieren sich seit jeher gegen die Einführung von Studiengebühren für das Erststudium bis einschließlich dem Erlangen des Masterabschlusses. Auch versteckte Studiengebühren wie Verwaltungsgebühren, Rückmeldegebühren o.ä. lehnen wir ab.
5. Ist die Trennung in Fachhochschulen und Universitäten, gerade im Hinblick darauf, dass die inzwischen eingeführten Abschlüsse Bachelor und Master unabhängig von der Hochschulart gleichwertig sein sollen, noch zweckmäßig? Wenn ja, warum; wenn nein, was planen Sie stattdessen?
Trotz zunehmender Ähnlichkeiten der Abschlüsse bei Fachhochschulen und Universitäten, bleibt die grundsätzlich unterschiedliche Ausrichtung der Institutionen bei der Lehre und Forschung bestehen. Fachhochschulen betreiben die Lehre und Forschung auf wissenschaftlicher Grundlage mit einem anwendungsorientiertem Schwerpunkt. Die Universitäten zielen auf eine wissenschaftsbezogene Berufsqualifikation ihrer Studenten. Auch wenn es durch den Bologna- Prozess Verwischungen bei der Ausrichtung der Universitäten gibt, haben die Fachhochschulen spezielle Angebote, die für die deutsche Bildungslandschaft nicht verzichtbar sind. So ermöglichen sie auch Fachabiturienten das Studium und das Erreichen höhere Bildungsabschlüsse. Oft setzt das Studienangebot Schwerpunkte auf bestimmte Themen und durch die verpflichtende Praxissemester werden die zukünftigen Absolventen noch einmal besonders auf die Berufswelt vorbereitet. Die Wandlungen in der deutschen Hochschullandschaft sind insgesamt noch lange nicht vollendet.
Wenn Handlungsbedarf zu einer solchen Weiterentwicklung in Brandenburg bestehen wird, so wäre für uns das in Nordrhein-Westfalen seit Jahren bestehende System der Gesamthochschulen, die bislang gleichermaßen Fachhochschul- und Universitätsabschlüsse anbieten, zur Auflösung der Trennung beider Institutionen ein denkbarer Weg.
6. "Autonomie" ist ein Schlagwort der Hochschulreformen der letzten Jahre. "Demokratisierung" der Hochschulen dagegen nur noch selten. Wo legen Sie Ihre Schwerpunkte bei möglichen weiteren Änderungen der Hochschulgesetze Ihres Landes?
Das 2008 novellierte Hochschulgesetz, dessen Grundlage noch unter sozialdemokratischer Federführung formuliert wurde, hat sich in der Praxis als ein Schritt zu weniger Eigenverantwortung der Hochschulen erwiesen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden im Landtag dafür eintreten, einen mit den Hochschulen abgestimmten Hochschulentwicklungsplan des Landes vorzulegen. Wie auch die Hochschulen selbst, wollen wir mehr institutionelle Autonomie für die Hochschulen verwirklichen. Dazu gehört die Verantwortung und Zuständigkeit für Studiengänge, Studieninhalte und Prüfungen, ein einheitliches Dienstrecht, die Übertragung der Personalhoheit und die Möglichkeit, Tarifverhandlungen selbst zu führen. Autonomie bedeutet auch, dass die innere Verfassung der Hochschulen die demokratische Teilhabe aller Gruppen an Entscheidungsprozessen und die studentische Selbstverwaltung sichert. Die studentische Selbstverwaltung wollen wir mit einem allgemeinpolitischen Mandat stärken. Wir Bündnisgrüne wollen in Brandenburg außerdem die Zwangsexmatrikulation umgehend wieder abschaffen, da sie die Hochschulverwaltungen unnötig belastet und jene Studierende benachteiligt, die zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes längere Studienzeiten benötigen.
7. Ohne eine ausreichende finanziellen Ausstattung der Hochschulen ist gute Lehre nicht möglich. Darüber sind sich eigentlich alle einig. Trotzdem scheint es -egal in welchem Bundesland und unter welcher Regierung -nach wie vor nicht zu einem echten Durchbruch zu kommen. Gelder werden lieber für Leuchtturmprojekte ausgegeben (von denen nur wenige profitieren), die Forschung gestärkt (für Studierende ebenfalls kaum ohne Auswirkungen) und für die Lehre bleibt am Ende vielleicht ein kleiner Preis übrig. Was wollen Sie tun, damit es wirklich zu einer nachhaltigen Verbesserung kommt, sowohl was die bauliche, aber auch personelle Ausstattung angeht? Vor allem auch unter dem Aspekt, dass die Hochschulen heute teilweise schon fast sittenwidrige Löhne zahlen (vor allem bei studentischen Hilfskräften, Honorarprofessuren und vielen wissenschaftlichen Mitarbeitern).
Wer es ernst meint mit der Bildung, muss deutlich mehr dafür ausgeben als bislang. Investitionen in die Bildung sind ein wichtiger Teil unseres "Grünen New Deal". Wir wollen den "Soli" zum Teil in einen "Bildungssoli"umwandeln, denn für ein gerechtes Bildungssystem brauchen wir eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung. Wir von BÜNDNIS 90/Die Grünen treten dafür ein, die Grundausstattung der Hochschulen derart zu sichern, dass die Betreuungsrelationen im pädagogisch erforderlichen Umfang verbessert, die hochschuldidaktische Qualifikation der Lehrenden erhöht und die fachliche Qualität der Lehre gewährleistet werden. Studienplätze sind kein Spielfeld und Studienbedingungen keine Verfügungsmasse für ministerielle Kassenwarte, sondern haben sich am Bedarf an qualifizierten jungen Menschen und an Qualitätsstandards zu orientieren. Wir wollen die Landesregierung von Brandenburg daher veranlassen, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass die arbeitsrechtlichen Bestimmungen für den Wissenschaftsbereich verändert, die Verhandlungen von Bund und Ländern mit den Gewerkschaften über eine Weiterentwicklung des Tarifrechts zu einem eigenständigen Wissenschaftstarifvertrag wieder aufgenommen und in die Neufassung auch die wissenschaftlichen Hilfskräfte einbezogen werden.