Noch ist nichts sicher18 Mrd. Euro für die Hochschulen – vielleicht
Dass sich die Wissenschaftsminister der Länder einigen konnten, ist zwar schon ein wichtiger Schritt, der auch nicht selbstverständlich war. Trotzdem wäre jede Vorfreude darüber, dass den Hochschulen nun für einige Jahre ein gewisser Finanzrahmen zur Verfügung stehen würde, verfehlt. Und zwar aus mehreren Gründen.
So steht alles noch unter dem Vorbehalt der Finanzminister der Länder und des Bundes und muss schließlich von den Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin endgültig durchgewunken werden. Auf Grund der unsicheren Einnahmelage von Bund und Länder in der näheren Zukunft (Stichwort Finanzkrise) mehren sich schon die Stimmen, es solle nicht so viel Geld ausgegeben werden. Es könnte also erneut dazu kommen, dass in Sonntagsreden die Wichtigkeit von guter Bildung betont wird, unter der Woche aber doch wieder kein Geld zur Verfügung gestellt wird.
Eitel Sonnenschein?
Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK)
Teilnehmer sind alle Bundesländer und der Bund. In der GWK müssen Beschlüsse einstimmig gefasst werden. Schon ein einziges Land kann Beschlüsse blockieren. Womit auch immer gerne gedroht wird, um spezielle Bedingungen für das eigene Land herauszuholen. Selbst wenn der Bund Geld "verschenken" will, geht das nicht einfach so: Alle Länder müssen mit dem Verteilungsschlüssel und was sonst zu regeln wäre, einverstanden sein. Ein Grund, warum mehr Bundeskompetenzen in Sachen Bildung sinnvoll sein könnten. Seit der letzten Förderalismusreform sind jedoch praktisch auch die letzten Reste gestrichen worden, daher kann der Bund nur noch im Konsenz mit den Ländern handeln.
Selbst wenn es am Geld nicht scheitert und der Beschluss der GWK umgesetzt wird, ist das Geld noch lange nicht bei den Hochschulen angekommen und noch viel weniger bei den Lernenden. Für viele Teile müssen sich die Hochschulen bewerben, insbesondere natürlich für die Exzellenz-Initiative. Nur wenige bekommen davon wirklich Geld ab, ein Großteil geht in die Forschung.
Auch die versprochenen Gelder je Studienplatz müssen von den Hochschulen erst einmal beim eigenen Bundesland abgerufen werden. Von verschiedener Seite wurde bereits Kritik daran laut, dass je Studienplatz nicht sonderlich viel Geld zur Verfügung steht.
Anja Gadow vom studentischen Dachverband fzs äußerte dazu: "Die für die neuen Studienplätze angesetzten Beträge werden die zusätzlich anfallenden Kosten an Hochschulen nicht vollständig decken können. Wir gehen davon aus, dass die Hochschulen entsprechend verstärkt schlecht bezahlte Lehraufträge vergeben sowie neue Stellen mit extrem hohem Lehrdeputat ausstatten werden. Diese Prekarisierung von Beschäftigung an Hochschulen ist ein fortwährendes Problem - Gute Lehre an Hochschulen geht anders!"
Die Bildungsgewerkschaft GEW spart ebenfalls nicht an Kritik: Die vom Hochschulpakt zur Verfügung gestellten 26.000 Euro pro Studienplatz reichten nicht aus, um ein komplettes Bachelor- und Master-Studium zu finanzieren. Auch die Zahl der angedachten zusätzlichen Studienplätze (es ist die Rede von 275.000) reiche nicht aus. "Wenn wir aber die im internationalen Vergleich sehr niedrige Studienanfängerquote von derzeit unter 40 Prozent deutlich steigern wollen, brauchen wir mindestens 370.000 zusätzliche Studienplätze. Dem 'Hochschulpakt II' muss daher schleunigst ein 'Hochschulpakt III' folgen, der einen bedarfsgerechten Ausbau der Hochschulen sicherstellt", forderte daher Andreas Keller, GEW-Vorstandsmitglied.
Verteilungsschlüssel
Der Punkt, an dem schon die Einigung der Wissenschaftsminister zu drohen scheiterte, war der Verteilungsschlüssel der Gelder für den Hochschulpakt. Die nun gefundene Lösung ist von einem echten Ausgleich zwischen den Ländern zwar weit entfernt, federt aber einige Extrema ab.
Für die neuen Länder ist eine Sonderfinanzierung von 180 Millionen vorgesehen, die der Bund tragen soll; zusätzlich geben die Flächenländer des Westens 5% der eigentlich für sie vorgesehenen Mittel des Bundes den neuen Ländern ab.
Den Stadtstaaten werden schon ein Teil der sowieso schon zur Verfügung stehenden Studienplätze bezahlt als Ausgleich dafür, dass sie relativ mehr Studienplätze anbieten, als es ihrer Einwohner- und insbesondere Abiturientenzahl entspricht. Bremen werden so 7% der 2005 bereits bestehenden Studienplätze angerechnet, Hamburg und Berlin je 5%.
Sich dazu durchzuringen, zwischen allen Ländern an Hand der Zahlen von AbiturientInnen, Studierenden und studierten Berufstätigen einen Ausgleich zu schaffen, das konnten die Länder erwartungsgemäß nicht. Gründe dafür gibt es genug (siehe auch den Artikel Reiche Bundesländer als Trittbrettfahrer?), wobei genau diejenigen, die dann weniger Geld bekommen würden, sich natürlich dagegen sträuben.
Hoffen und Bangen
Obwohl also schon die Einigung der Wissenschaftsminister nicht wirklich zufrieden stellen kann – trotzdem muss man hoffen, dass wenigstens das durch geht. Die Finanzminister und Ministerpräsidenten sollten sich daran erinnern, dass Sparen an Bildung und Forschung immer ein Fehler ist und sich großzügig zeigen.
Quellen und Hintergründe
- Hochschulpakt 2 - ein kleiner Schritt für mehr Studienplätze (Pressemitteilung des studentischen Dachverbandes fzs, 22.04.2009)
- GEW: »Dem "Hochschulpakt II" muss schleunigst ein "Hochschulpakt III" folgen« (Pressemitteilung, 23.04.2009)
- GWK verabschiedet ihren Vorschlag für die Weiterführung von Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und Pakt für Forschung und Innovation (Pressemitteilung, 22.04.2009; PDF-Datei)
- Kein Geld für den Ausbau der Hochschulen, kein nationales Stipendiensystem (Bericht bei Studis Online - als alles noch schlechter aussah, 31.03.2009)
- Reiche Bundesländer als Trittbrettfahrer? (Studis Online, 06.03.2009)