Hochschulpolitik im VergleichLandtagswahlen in Bayern
Aktuelle Umfragen deuten an, dass erstmals seit langer Zeit die CSU ihre absolute Mehrheit verlieren könnte. Davon abgesehen haben neben den bisher im Landtag vertretenen drei Parteien (CSU, SPD, Grüne) noch zwei bis drei weitere eine gute Chance auf den Einzug in den Landtag: die FDP, die Freien Wähler und eventuell die LINKE.
Acht weitere Parteien sind zu den Wahlen zugelassen, haben aber in den bisherigen Umfragen nur sehr geringe Stimmanteile. Eine Liste inklusive der nicht-zugelassenen Parteien ist hier oder hier zu finden.
Soweit zu den Hintergründen der Wahl. Wir wenden uns dem Bereich Hochschule, Bildung und Forschung zu. Was sagen die sechs aussichtsreichsten Parteien dazu, was wollen sie erreichen?
Die großen hochschulpolitischen Themen
Die Studiengebühren fallen dazu sicherlich vielen Studentinnen und Studenten zuerst ein. Die CSU will an den eingeführten Studienbeiträgen, wie sie dort genannt werden, festhalten. Sie fordert dazu eine »sinnvolle Mitbestimmung der Studierenden« und die Einrichtung von Stipendien. Die FDP spricht sich für nachgelagerte Studiengebühren aus, und geht in ihrem Wahlprogramm ausführlicher auf Forderungen dazu ein: Transparenz, studentische Mitbestimmung in den Gremien zu mindestens 50%, Ausschöpfung der Marge von 300-500€ »im momentanen Gebührensystem«, Schaffung eines Stipendiensystems und Wegfall der zusätzlichen Verwaltungsgebühr. Die Grünen fordern in ihrem Programm die Abschaffung der Studiengebühren und der Verwaltungsgebühr, ebenso fordern die freien Wähler, die SPD und die LINKE die Abschaffung der Studiengebühren.
Zum Ausbau der Hochschulen hat die CSU die beschlossenen 38.000 zusätzlichen Studienplätze angeführt und die Zusage aufgenommen, bis 2013 235 Millionen Euro in Baumaßnahmen für Lehre und Forschung zu investieren. Leider ist nicht aufgeführt, wie das Geld zwischen den dringend nötigen Investitionen in die Hörsäle und Seminarräume und prestigeträchtigen Forschungsvorhaben aufgeteilt wird, genauso wie die bewilligten Stellen nur wirklich neue Studienplätze schaffen und bisher überlastete Bereiche weiterhin überlastet bleiben. Die anderen Parteien gehen leider gar nicht so weit, konkrete Ziele zu formulieren. Die einzige kleine Ausnahme ist noch die FDP, die eine Verdopplung der Studienkapazitäten und höhere Investitionen in die Hochschulen mit einer Planungssicherheit bis 2020 fordert. Die Grünen fordern einen »deutlichen und nachhaltigen Ausbau der Hochschulen«, die SPD »eine Erhöhung der Sachmittel, des Lehrpersonals und die Verbesserung der Situation der Hochschulbibliotheken «, die Freien Wähler fordern »bessere Studienbedingungen« und befürworten die 38.000 zusätzlichen Studienplätze, wobei strukturschwache Regionen beim Ausbau der Hochschulen bevorzugt werden sollen. Die LINKE fordert einen »Ausbau der Gesellschafts- und Geisteswissenschaften als Grundlage für eine demokratische Zivilgesellschaft«.
Die Studierendenvertretungen sind in Bayern im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht rechtsfähig und nur eingeschränkt handlungsfähig, da sie keine verfasste Körperschaft bilden. Die Grünen und die SPD haben die Einführung einer verfassten Studierendenschaft in ihr Programm aufgenommen.
Weitere Schwerpunkte der Parteien im Bereich Hochschulpolitik
Umgekehrte Sortierung auf Grundlage der GMS-Umfrage vom 09.09.2008
Die LINKE spricht sich gegen eine Privatisierung der Hochschulen (z.B.auch durch Drittmitteleinwerbung) aus. Sie fordert die Abschaffung der staatlichen Finanzierung für die Ausbildung von Geistlichen und die Abschaffung der Mitsprache der Kirche bei Lehrstuhlbesetzungen aufgrund des Konkordats (Vertrag der Kirche mit dem Staat). Die LINKE will die Einführung eines elternunabhängigen BAföG, wobei anzumerken ist, dass diese Entscheidung auf Bundesebene getroffen werden muss und nicht bei der Landespolitik liegt. Ebenso ist die Rücknahme der Bachelor- und Masterstudiengänge im Programm aufgeführt, aber zur Umsetzung dieser Forderung entgegen internationalem Recht schweigt sich das Programm aus.
Die Freien Wähler befürworten eine Beteiligung der Wirtschaft bei der Finanzierung der Hochschulen, fordern aber die Sicherstellung deren Unabhängigkeit. Weitere Positionen oder Forderungen sind dem Programm leider nicht zu entnehmen.
Die FDP »setzt sich für mehr Wettbewerb und Eigenverantwortung der Hochschulen in der Forschung ein. Die Hochschulen sollten unternehmerischer denken und handeln.« Insgesamt spricht sich die FDP für eine sehr weitreichende Autonomie der Hochschulen aus (Personal, Finanzen, Schwerpunktsetzung, Organisation). Die FDP befürwortet die Schaffung von Lehrprofessuren und die Neugründung von Fachhochschulen in ländlichen Regionen.
Die Grünen haben die Gleichstellung von FHs und Universitäten in ihrem Programm sowie die Öffnung der Hochschulen für Studierende ohne Abitur und internationale Studierende. Sie fordern eine stärkere familienfreundliche Gestaltung der Hochschulen und die Verwirklichung von Gender Mainstreaming in allen Bereichen der Hochschule. Dazu wollen die Grünen auch Geschlechterquoten für den wissenschaftlichen Nachwuchs einführen.
Die SPD lehnt die privatisierte und marktwirtschaftlich ausgerichtete Hochschule ab, stimmt aber eine Profilbildung der einzelnen Hochschulen zu. Sie spricht sich für einen höheren Stellenwert der Lehre an den Hochschulen aus und fordert die Umsetzung des Gender Mainstreamings an den Hochschulen sowie die Schaffung von Kinderbetreuungsangeboten. Die SPD fordert eine stärkere Kooperation von Universitäten und Fachhochschulen und die Verleihung des Promotionsrechtes an die Fachhochschulen. Im Wahlprogramm der SPD wird ebenso die Verbesserung des Hochschulzugangs ohne ein Abitur als Forderung aufgeführt.
Die CSU will sich auch für einen verbesserten Hochschulzugang mit einer betrieblichen Ausbildung einsetzen, die Fachhochschulen stärken und die Förderung von Frauen an den Hochschulen verbessern. Die CSU spricht sich für eine gezielte Förderung von Leistungs- und Verantwortungseliten aus. Bei der Verteilung der Fördermittel aus dem »BayernFIT-Programm« sollen explizit Einrichtungen außerhalb der Ballungsräume berücksichtigt werden.
In der kurzen Zusammenfassung kann man erkennen, dass neben einigen widersprüchlichen Thesen auch Positionen zu finden sind, die bei fast allen Parteien gleich sind. Ob dies nun alles ernst gemeinte Forderungen waren, wird aber erst die Zeit nach der Wahl zeigen. Wer sich bis zur Wahl eingehender mit den Programmen und Positionen beschäftigen möchte, auf der Homepage des »Centrums für angewandte Politikforschung« der Ludwig-Maximilians-Universität München sind die kompletten Wahlprogramme der Parteien verlinkt. Dort finden sich auch interessante unparteiische Artikel und wissenschaftliche Analysen zur Wahl, zum Wahlkampf und den Parteien.
Ein paar Hinweise zum Wahlrecht
Das Wahlrecht sieht in Bayern als einzigem Bundesland eine regionalisierte Wahl vor, das heißt es ist nur die Wahl lokaler Kandidatinnen oder Kandidaten möglich. Dazu ist Bayern in sieben Wahlkreise unterteilt (äquivalent zu den Regierungsbezirken). Jeder Wahlkreis ist dann wiederum in mehrere Stimmkreise unterteilt, die sich meist (aber nicht zwangsläufig) an den Landkreisen orientieren.
Zur Landtagswahl bekommt man 2 Stimmzettel, eine Erststimme und eine Zweitstimme (da zeitgleich die Wahlen zum Bezirkstag stattfinden erhält man dafür auch noch Stimmzettel). Mit der Erststimme kann man einen Kandidaten/eine Kandidatin in einem Stimmkreis wählen, mit der Zweitstimme wird ein Bewerber oder eine Bewerberin im übergeordneten Wahlkreis gewählt. Im Gegensatz zur Bundestagswahl sind beide Stimmen gleich wichtig. Weitere Informationen zum Wahlrecht siehe hier oder hier.
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