PlakatwettbewerbDas Recht auf Bildung
Im (inzwischen) symbolträchtigen Jahr 1968 hatte die Bundesrepublik den "Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte" (kurz UN-Sozialpakt) unterzeichnet, nach Ratifzierung und Zustimmung aller Bundesländer ist er 1976 in Kraft getreten. Somit hat er den Rang eines formellen Bundesgesetzes. An dieser Stelle interessiert uns vor allem das Recht auf Bildung.
Recht auf Bildung = keine Studiengebühren?
Im Artikel 13 des UN-Sozialpaktes geht es konkret darum. Zum "Hochschulunterricht" heißt es, er sei "auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich [zu machen]".
Der studentische Dachverband fzs und das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS), aber auch viele andere, interpretieren den Passus so, dass das Ziel ein Studium ohne Studiengebühren sei (wenn es noch Studiengebühren gibt) bzw. dass die Studiengebührenfreiheit erhalten bleibt (wenn sie schon erreicht ist). In diesem Sinne wäre die Einführung von Studiengebühren ein Bruch des Paktes.
Der fzs hat daher Klage vor dem UN-Sozialausschuss eingelegt. Es wird allerdings bestenfalls ein symbolischer Erfolg zu erzielen sein – Sanktionsmöglichkeiten gegen Deutschland hat der Ausschuss nicht. Der Pakt wurde von sehr vielen Ländern unterzeichnet, die Studiengebühren haben, ohne dass sie sie inzwischen abgeschafft hätten – im Gegenteil: oft wurden die Gebühren immer wieder erhöht.
Bundesverfassungsgericht hat Studiengebühren erst möglich gemacht
In Deutschland selbst scheinen die meisten RichterInnen das Recht auf Bildung in jedem Fall weniger weit zu fassen und Studiengebühren nicht als Problem zu sehen. Zwar wurden mancherorts in erster Instanz Erfolge gegen Studiengebühren erzielt. In höheren Instanzen sah es bisher immer anders aus: Dort hat sich unter den RichterInnen offenbar die Ansicht durchgesetzt, es müsse lediglich ein Darlehensangebot für (fast) alle geben, dann seien Studiengebühren kein Problem. Auch der Pakt würde dem nicht entgegensprechen.
Letztlich hat ja das Bundesverfassungsgericht selbst erst den Weg zu Studiengebühren frei gemacht. Zwar ging es bei seiner Entscheidung Anfang 2005 "nur" darum, ob von Seiten des Bundes den Bundesländern Vorschriften in Sachen Studiengebühren gemacht werden können. Dies verneinte das Gericht und gab nebenbei auch Hinweise dazu, in welcher Form Studiengebühren aus seiner Sicht verfassungsgemäß sein könnten. Denn es war klar, dass einige Länder (wie dann in Folge geschehen) das Urteil dazu nutzen werden, allgemeine Studiengebühren einzuführen.
Im Kern scheint sich inzwischen herauszukristallisieren, dass die Richterschaft mehrheitlich kein Problem mit Studiengebühren hat und lediglich das Angebot von Studienbeitragsdarlehen als notwendig ansieht. Dass die dadurch aufzuhäufenden Schulden gerade Menschen aus finanzschwachen Familien von Studium abhalten, stört dabei offenbar nicht.
Plakatives zum Recht auf Bildung
Neben der Frage der Studiengebühren führen fzs und ABS auch Diskriminierung aufgrund der sozialen und nationalen Herkunft, des Vermögens und der Geburt als weiterhin existierende Verletzungen des UN-Sozialpaktes an. Und in der Tat ist in Deutschland der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und höchstem Bildungsabschluss sehr stark.
Mit dem Plakatwettbewerb wollen fzs und ABS daher erneut auf diese Zusammenhänge hinweisen und für das Recht auf Bildung im weitgefassten Sinne werben. Für die Jury konnten Inge Wettig-Danielmeier (früher u.a. Schatzmeisterin der SPD) und Prof. Lex Drewinski (Fachhochschule Potsdam, Bereich Design) gewonnen werden, ergänzt von Imke Buß (Vorstand des fzs) und André Schnepper (ABS-Geschäftsführer). Die vier Entwürfe, die mit Preisen honriert wurden, haben wir diesem Artikel als Illustrationen beigefügt.
"Es freut mich, dass der Plakatwettbewerb auf eine so große Resonanz unter den Studierenden gestoßen ist", so Inge Wettig-Danielmeier, Mitglied der Jury, im Vorfeld der Preisverleihung und fügt hinzu: "Diskriminierung aufgrund der sozialen und nationalen Herkunft, des Vermögens und der Geburt ist leider in Deutschland noch immer an der Tagesordnung. Aus Sicht der Gleichstellung von Frauen und Männern sind vor allem Bildungsgebühren in jedweder Form eindeutig abzulehnen. Aus diesem Grund unterstütze ich die Initiative ausdrücklich."
Platz 4: "Todesanzeige des Rechtes auf Bildung" (leicht veränderter Ausschnitt) von Martin Denker (Original siehe Großbild)
André Schnepper, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren ergänzt: "Das Recht auf Bildung wird leider allzu oft verletzt, Bildung wird immer wieder anderen Interessen untergeordnet. Dies kann nicht länger hingenommen werden", erklärt Schnepper und macht deutlich: "Gerade Studiengebühren stellen einen eindeutigen Verstoß gegen die im UN-Sozialpakt garantierten Rechte dar. Die Abschaffung der Gebühren in Hessen trägt somit nur der international festgelegten Unentgeltlichkeit des Studiums Rechnung."
Hintergründe und weitere Artikel zum Thema
- Plakatwettbewerb von fzs und ABS erfolgreich abgeschlossen - vier herausragende Plakate prämiert (Pressemitteilung des fzs, 24.07.2008)
- Klage auf Einhaltung des UN-Sozialpakts (mit vielen Informationen rund um den UN-Sozialpakt, bereitgestellt vom fzs)
- Studiengebühren und soziale Gerechtigkeit (Artikel bei Studis Online vom 01.11.2004, u.a. wird auch der UN-Sozialpakt erwähnt)
- UN-Sozialpakt nicht anwendbar? Oberverwaltungsgericht Münster hat keine Bedenken gegen Studiengebühren(Artikel bei Studis Online vom 09.10.2007)