Studierende weiter dagegenAblehnung von Studiengebühren gestiegen
Die Studie "Gebührenkompass 2008" wird vom Lehrstuhl für Marketing an der Uni Hohenheim mit Untersrützung der GfK und der LBBW-Stiftung durchgeführt. Der Lehrstuhl-Inhaber Prof. Voeth ist selbst klar für Studiengebühren und sieht vor allem das Problem, die Verwendung der Studiengebühren sei nicht transparent genug.
Die Ergebnisse der Studie sind für Gebührenbefürworter alarmierend: Die Ablehnung von Studiengebühren ist trotz steigender Bemühungen um Transparenz (und seien es Aufkleber "Finanziert durch Studiengebühren") gestiegen. 63% der Studierenden erklärten dieses Jahr, gegen Studiengebühren zu sein, letztes Jahr waren es 3% weniger. Dabei ist noch zu beachten, dass nur Studierende an Hochschulen mit Gebühren befragt wurden. Würden alle Studierende (auch an Hochschulen ohne Gebühren befragt), dürfte die Ablehnung noch höher sein.
Beste Gesamtnote: 3,75
Wie gering die Zufriedenheit mit der Verwendung der Studiengebühren ist, zeigt der Durchschnittswert: 4,55 (vergeben werden konnten Schulnoten zwischen 1 und 6). Selbst an der "besten" Hochschule, der Universität Bayreuth, wird nur eine "gute vier" erreicht: 3,75. Die schlechtesten Werte einzelner Hochschulen gehen bis 5,37.
Bei der Unzufriedenheit gibt es ein leichtes Nord-Süd-Gefälle. In Bayern erreichen die Hochschulen im Schnitt die Note 4,27, in Baden-Württemberg 4,43, also jeweils noch eine Vier. In den Bundesländern weiter im Norden werden noch schlechtere Noten vergeben, am Ende liegen Hamburg und Nordrhein-Westfalen mit jeweils 4,76.
Studierende für Abschaffung der Studiengebühren
Da selbst die nicht explizit gegen Studiengebühren eingestellten Studierenden offenbar nur wenig positive Auswirkungen der Gebühren sehen, ist die Forderung nach Abschaffung der Studiengebühren noch höher: 70% der befragten Studierenden unterstützen diese Ansicht. In Hessen sind es sogar 84,8% – und diese wurde vom aktuellen Landtag ja auch erhört (vgl. Studiengebühren in Hessen nun wirklich abgeschafft).
Ein weiterer Faktor für diese deutliche Forderung dürfte auch darin liegen, dass nur 15,1% glauben, dass die Bundesländer ihre Basisfinanzierung für die Hochschulen auf gleicher Höhe halten werden. Will sagen, die Studierenden glauben mit überwältigender Mehrheit, dass sie mit den Studiengebühren den Ländern die Möglichkeit geben, sich etwas aus der Hochschulfinanzierung zurück zu ziehen.
Nicht weiter verwunderlich ist daher, dass der – traditionell gegen Studiengebühren eingestellte – studentische Dachverband fzs in einer Presseerklärung äußert: "Studiengebühren sind endgültig gescheitert!" Und damit die Forderung nach Abschaffung der Studiengebühren verbindet. "Studiengebühren sind nicht nur sozial selektiv. Auch das von den Ländern intendierte Ziel der Verbesserung der Lehre konnte nicht erreicht werden", kommentiert Imke Buß vom Vorstand des fzs. "Die Länder müssen das Votum der Studierenden ernst nehmen. Eine gescheiterte Politik darf nicht weitergeführt werden", ergänzt Florian Hillebrand, ebenfalls Mitglied im Vorstand des fzs.
Kommentar
Die Gebührenbefürworter werden vermutlich weiter versuchen, die Studiengebühren als Allheilmittel für die Verbesserung der Studiensituation zu verkaufen. Oder umgekehrt den Teufel an die Wand zu malen, wenn es keine Gebühren mehr geben würde.
Bei all den Diskussionen um die Transparenz und Effizienz der Verwendung der Einnahmen aus Studiengebühren sollte man jedoch nicht vergessen, dass es hier nur um einen kleinen Teil des Geldes geht, das Hochschulen zur Verfügung steht. Wenn nur dieser "gut" verwendet wird, der Rest aber nicht, hat man nichts gewonnen. Insofern kann man sich auch fragen, warum die Studierenden denn nur beim Geld aus Studiengebühren Mitspracherechte (und die dann meist auch nur sehr begrenzt) haben sollen.
Schließlich sollten Studierende – jedenfalls bezogen auf die Lehre – ganz allgemein ein Gefühl dafür haben, wo es hängt. Und das dafür verwendete Steuergeld sollte doch ebenso sinnvoll ausgegeben werden. Kurz: Wichtiger wäre mehr Mitsprache bei der Mittelvergabe insgesamt. Wobei dieses Mitsprache-Recht dann auch ernsthaft genutzt werden müsste. Aktuell haben Studierende da wenig zu melden (und nutzen manchmal selbst ihre geringen Möglichkeiten nicht aus).
Stattdessen werden aktuell fast in allen Bundesländern unter dem Stichwort "Autonomie der Hochschulen" den Hochschulleitungen mehr und mehr Kompetenzen gegeben. Demokratische Mitsprache von Studierenden (die bisher immer stark begrenzt war) und selbst ProfessorInnen (die in den entscheidenden Gremien immer die Mehrheit hatten) wird dagegen zunehmend eingeschränkt. Leitbild dabei ist, dass Hochschulen wie Unternehmen zu führen seien. Bildung als Ware eben ... man darf wohl daran zweifeln, ob das der richtige Weg ist.
Von den Effekten ganz abgesehen, die Studiengebühren in Bezug auf die soziale Zusammensetzung der Studierendenschaften hat: Gebühren schrecken nun mal diejenigen mehr ab, die aus dem Elternhaus wenig oder gar keine finanzielle Unterstützung erhalten. Selbst bei Kreditmodellen wie dem in Hamburg geplanten (Gebühren sind erst nach dem Studium zu zahlen, Zinsen fallen nur in geringem Maße an, da diese bis zu Beginn der Rückzahlung vom Land getragen werden) bleiben Schulden. Und mit Schulden ist der Start in den Beruf ein anderer, als ohne Schulden.
Trotzdem wird es trotz der Abschaffung der Studiengebühren in Hessen in nächster Zeit vermutlich keine Veränderung in der Studiengebühren-Landschaft Deutschlands geben.
Quelle und weiteres Material zum Thema