Im zweiten AnlaufStudiengebühren in Hessen nun wirklich abgeschafft
Der ursprüngliche Gesetzentwurf von SPD und Grünen von Anfang April war noch im entscheidenden Punkt korrekt gewesen. Im Laufe der Beratungen wurden diverse Änderungen im Detail vorgenommen und dabei war durch einen "Kopierfehler" der entscheidende Passus verloren gegangen. Nämlich die Stelle, die den Zeitpunkt der Abschaffung der Studiengebühren regelt (und damit auch die Abschaffung überhaupt).
Obwohl die geschäftsführende Regierung unter Koch davon offenbar schon früher Kenntnis hatte, äußerte Koch erst zwei Tage nach dem Beschluss dieses fehlerhaften Gesetzes, dass es so nicht von ihm unterschrieben werden kann. Um den Fehler zu beheben, wurde so die Sondersitzung des Landtages am heutigen Tage notwendig. Hätte Koch früher Einspruch erhoben und so die Korrektur rechtzeitig ermöglicht (oder noch besser: wäre der Fehler gar nicht passiert), wäre Geld gespart worden. Denn eigentlich wäre der Landtag sonst schon in "Ferien" gewesen.
Studiengebühren dürften in Hessen weiter Thema bleiben
Die Mehrheit von SPD, Grünen und Linken steht zwar bei einigen Themen. Trotzdem konnten sie sich bisher aus verschiedenen Gründen nicht zu einer formellen Koalition einigen oder zumindest eine Ministerpräsidentin und Regierung wählen. Es bleibt offen, wie lange so weiter gemacht werden kann. Möglich ist das (außerhalb Deutschlands auch gar nicht ungewöhnlich), es könnte irgendwann aber doch zu Neuwahlen vor dem planmäßigen Termin in knapp fünf Jahren kommen.
Zumindest die FDP hat angekündigt, bei einem möglichen Wahlsieg (also einer Koalition mit der CDU) die Studiengebühren wieder einführen zu wollen. Da der Staatsgerichtshof vor einigen Tagen die Studiengebühren nicht als verfassungswidrig angesehen hat, bliebe das möglich. Die Mehrheit der Gerichts war die denkbar knappste: sechs Richter hatten nichts gegen Gebühren, die anderen fünf dagegen sehr.
Die Minderheit der Richter erläuterte, dass "Der Unterricht ist unentgeltlich" in der hessischen Verfassung aus ihrer Sicht "Es kostet nichts" und nicht "Du kannst es später abzahlen" bedeute. Sie führten weiter an, dass das Ziel alle BAföG-berechtigten Studierenden von der Verpflichtung zur Zinszahlung freizustellen, nicht erreicht werde. Denn eine Befreiung gebe es nur, wenn tatsächlich BAföG bezogen wird, nicht aber, wenn auf den Bezug verzichtet wird, um Schulden zu vermeiden.
Inzwischen gibt es wohl den Versuch, gegen die Entscheidung des hessischen Staatsgerichtshofes vor dem Bundesverfassungsgericht vorzugehen. Ob dieses sich allerdings in die Interpretation einer Landesverfassung einmischen wird, ist noch offen. Grundsätzlich hat das Bundesverfassungsgericht keine Einwände gegen Studiengebühren (jedenfalls, solange es ein Darlehensangebot gibt und die Gebühr an sich nicht zu hoch ist).
Das Thema bleibt also umkämpft – nicht nur in Hessen.
Quellen und weitere Materialien zum Thema
- Änderungsantrag 17/345 von SPD und Grünen, um das bereits beschlossene Gesetz nun wirklich formal korrekt zu machen (PDF-Datei)
- Staatsgerichtshof hat keine Einwände: Studiengebühren in Hessen bleiben möglich (11.06.2008)
- Zu früh gefreut? Koch will Gesetz zur Abschaffung der Studiengebühren nicht unterzeichnen (05.06.2008)
- Historischer Moment: Studiengebühren in Hessen abgeschafft (03.06.2008)