Zwischenbilanz(Miss-)Erfolg der Studiengebühren in Baden-Württemberg
Der aktuelle Bericht ist der erste des Beirats. Die Einführung der allgemeinen Studiengebühren in Baden-Württemberg erfolgte im Sommersemester 2007. Einige interessante Daten (z.B. zur sozialen Zusammensetzung der Studierendenschaft) liegen nur für Zeiträume vor Einführung der Gebühren vor. Insofern kann der Bericht zwangsläufig zu diesen Fragen nur vorsichtige Aussagen machen.
Unschöne Tendenzen
Immerhin stellt der Bericht fest, dass aus den vorliegenden Daten hervorgeht, dass zwischen 2004 und 2006 in Baden-Württemberg die Studierqoute gesunken ist. Während Kinder von AkademikerInnen in fast gleicher Höhe ein Studium aufnehmen (im Jahr 2006 74% nach 76% 2004), ist die Quote bei Kindern aus Nicht-Akademikerhaushalten deutlich gesunken: Von 62% auf 50%. Im Bericht heißt es dazu: "Dies ist ein erster Hinweis auf eine sozialgruppenspezifische Selektion, die durch die unmittelbar bevorstehende Einführung von Studiengebühren verstärkt worden ist."
Für eine vom Land selbst eingesetzte Kommission sind das recht deutliche Worte. In Bezug darauf war die einige Tage vor Veröffentlichung des Berichts lancierte Presseerklärung der Landes-ASten-Konferenz zum Punkt Aussagen zur Sozialverträglichkeit zu harsch formuliert. Wahrscheinlich hatte die LAK befürchtet, der Bericht würde diese Probleme beschönigen. Wissenschaftsminister Frankenberg überging solche Stellen im Bericht jedoch erwartungsgemäß. Er äußerte stattdessen: "Ich werte die Empfehlungen des Beirates als positives Signal dafür, dass die Einführung der Studiengebühren im Land sozial verträglich angelaufen ist".
Verwendung der Gebühren je nach Hochschule mit Merkwüdigkeiten
Merkwürdig blass bleibt der Bericht des Beirats bei den Aussagen zur Verwendung der Geldmittel aus den eingenommenen Studiengebühren. Hier werden nur einige prozentuale Aussagen dazu gemacht, für welche Zwecke das Geld verwendet wurde und empfohlen, mehr davon "für Lehrpersonal bis hin zur Schaffung neuer Professuren [einzusetzen]".
Kein Wort fällt jedoch zu den bekannt gewordenen Fällen, bei denen Studiengebühren-Gelder für offensichtlich fragwürdige Dinge eingesetzt oder gar nicht ausgegeben wurden. Die LandesAstenKonferenz (LAK) zählt hier als Beispiele auf, dass an der Uni Konstanz "Designer-Mülleimer" und neue Segelboote für den Allgemeinen Hochschulsport angeschafft wurden. An der Hochschule für Musik in Karlsruhe dagegen wurden demnach ein Dritter der Studiengebühren bisher nicht ausgegeben. "Die Zinsen daraus fließen übrigens nicht an die Hochschule, sondern direkt in den Landeshaushalt." heißt es dazu in der Pressemitteilung der LAK.
Landesbanker rät selbst von Kredit ab
Selbst der Vorstandsvorsitzenden der L-Bank, Christian Brand, rät in einem Interview mit den Stuttgarter Nachrichten von der Aufnahme von Krediten zur Finanzierung eines Studiums ab. Wenn also schon der Chef der Bank, die die Studienbeitragsdarlehen vergibt (und damit vermutlich Gewinne macht), von Krediten abrät, dann stellt sich wirklich die Frage, wie die Politik weiter von "Sozialverträglichkeit" der Studiengebühren mittels der Zurverfügungstellung von Krediten reden kann.
Auch im Bericht des Beirats heißt es: "Der Zinssatz stellt trotz der kürzlich erfolgten Senkung der Verwaltungsmarge ein Problem dar" (Hervorhebung durch Studis Online). Und in der Tat: Auch 5,5% Zinsen liegen weit über der Inflationsrate.
Änderungen in Sachen Studiengebühren sind in Baden-Württemberg trotz allem fürs Erste nicht zu erreichen. Und Wahlen gibt es (planmäßig) erst 2011 wieder.
Quellen und Hintergründe
- Stand der Dinge und Geschichte der Studiengebühren in Baden-Württemberg (ständig aktualisierte Übersicht von Studis Online)
- Zwischenbericht des Beirats für das Studiengebühren-Monitoring nichts wert (Pressemitteilung der LandesAStenKonferenz Baden-Württemberg, 23.05.2008, PDF-Datei)
- Lassen Sie uns Bilanz ziehen, Herr Frankenberg! (Pressemitteilung des Aktionsbündnis gegen Studiengebühren, 26.05.2008)
- Beirat zum Studiengebühren-Monitoring übergibt Zwischenbericht (Pressemitteilung des Wissenschaftsministeriums Baden-Württemberg, 26.05.2008)
- Zwischenbereicht des Beirats (PDF-Datei, 511 kB)
- Landesbanker rät von Studienkrediten ab (LHG Baden-Württemberg dokumentiert Aussage des Vorstandsvorsitzenden der L-Bank in den Stuttgarter Nachrichten vom 28.04.2008)