Hamburger KoalitionsverhandlungenAuch nachgelagerte Studiengebühren sind Studiengebühren
Wie allerdings bild.de auf die Schlagzeile "Studiengebühren werden wieder abgeschafft" kommt oder focus.de auf Schwarz-Grün will Uni-Gebühren abschaffen, bleibt rätselhaft. Denn auch wenn die Gebührenpflicht erst nach dem Studium eintritt, bleiben es Gebühren (jedenfalls im allgemeinen Sprachgebrauch, juristisch handelte es sich auch vorher schon um "Beiträge" und nicht Gebühren). Im Gegensatz zu heute werden zwar keine Exmatrikulation während des Studiums bei Nichtzahlung möglich sein, welche Folgen aber die spätere Nichtzahlung hätte, ist eine der wohl noch offenen Fragen.
Auch ob und wie viel an Zinsen auf die nach dem Studium zu zahlenden Gebühren zu entrichten sind, wurde bisher nicht bekannt. So oder so: Auch heute musste – bis auf einige Ausnahmen – kaum jemand sofort zahlen. Die Möglichkeit des Studienbeitragsdarlehens (dies auf jeden Fall mit Zinsen) gab es und macht den "Kompromiss" genau genommen zu Studiengebühren mit Darlehenszwang.
Etwas weniger pro Semester, aber das von allen Studierenden...
Lediglich in der Höhe werden die Gebühren tragbarer: 375 Euro statt bisher 500 Euro pro Semester. Die Rückzahlung soll ab einem Einkommen von 30.000 Euro im Jahr greifen, gemeint dürfte wohl das Bruttoeinkommen sein. Beim bisherigen Studienbeitragsdarlehen musste ab 1060 Euro netto gezahlt werden. Unbekannt ist bisher, welche monatliche oder vierteljährliche Ratenhöhe vorgesehen ist.
Es gibt auch Verschlechterungen: Es wird davon gesprochen, dass die neue Lösung "bürokratiefreier" sein soll. Damit verbunden ist aber auch, dass es offenbar keine Befreiungen von den Gebühren mehr geben soll. Damit werden zukünftig mehr (ehemalige) Studierende als bisher zahlen müssen. Denn irgendwie muss ja vermutlich ausgeglichen werden, dass pro Semester und Studierenden 125 Euro weniger erhoben werden.
Grüne sind Anti-Studiengebührenpartei?
Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag hatte am Donnerstag in einem Interview mit dem Deutschlandfunk noch getönt, die Grünen seien die "Anti-Studiengebühren-Partei". Nach dem nun bekannt gewordenen Plänen von GAL und CDU sollte er diese Aussage wohl besser zurückziehen. Denn der bekannt gewordene "Kompromiss" ist wohl nicht als "große[r] Schritt hin zur Abschaffung der Studiengebühren" zu bezeichnen. Und den hatte Gehring sich von den Koalitionsverhandlungen erhofft.
Jedenfalls ist die Glaubwürdigkeit der Grünen in Sachen Abschaffung von Studiengebühren durch diese Verhandlungen deutlich gesunken. Vor allem hätte es ja auch Alternativen gegeben. Zusammen mit SPD und Linken hätte es in der Bürgerschaft eine Mehrheit gegen Studiengebühren gegeben. Nur der vermeintliche Zwang, man müsse eine formale Koalition bilden (was zwischen SPD, Linken und GAL offenbar nicht in Frage kam; bei GAL und CDU nun aber klappen soll), hat verhindert, dass diese Mehrheit genutzt wurde.
AStA der Uni zeigt sich zufrieden, Aktionsbündnis gegen Studiengebühren enttäuscht
Der in Sachen Studiengebühren-Abschaffung eher auf Gespräche als auf Proteste setzende AStA der Uni Hamburg bezeichnet die geplante Regelung als "akzeptabel". In einer Pressemitteilung sagt der AStA-Vorsitzende Torsten Hönisch: "Natürlich hätten wir uns aus studentischer Sicht gewünscht, dass Studiengebühren ganz abgeschafft werden. Die Finanzierung von Bildung ist und bleibt eine staatliche Aufgabe. Hier bleibt die GAL deutlich hinter ihren Wahlversprechen zurück. Trotzdem sind wir erleichtert, dass das bisherige unsoziale Modell abgeschafft wird. Der finanzielle Druck auf uns Studierende wird deutlich reduziert."
Das bundesweite Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) zeigte sich dagegen schon im Vorfeld enttäuscht über die Haltung der GAL. Kritisiert wurde vor allem, dass die GAL die vorhandene Mehrheit (so denn die GAL mitgestimmt hätte) gegen Studiengebühren in der Bürgerschaft nicht genutzt wurde.