Corporate Design bei HochschulenMehr Schein als Sein?
(Hoch-)Schulen haben ihren Namen auch früher gelegentlich einmal geändert. Meist ergaben sich die Namensänderungen aus Zwängen von außen, sei es dass die Politik die Fusion von Hochschulen beschloss oder dass der Status der Einrichtung sich änderte. Anfang der 1970er z.B. kam es zur Einrichtung vieler Fachhochschulen, die meist aus schon bestehenden "Ingenieurschulen" hervorgingen und in diesem Zuge neue Namen erhielten.
In den letzten Jahren jedoch nehmen die Umbenennungen zu, die von den Hochschulen selbst ausgehen. Die Hoffnung scheint dabei zu sein, durch den neuen Namen das eigene Image zu verbessern (oder ein vermeintlich schon vorhandenes mehr zu betonen). Gleiches dürfte das Ziel von neuen Logos und durchgestylten Layouts (sei es auf der hochschuleigenen Webseite oder bezüglich aller Publikationen) sein.
Hochschulen statt Fachhochschulen
Der auffälligste Trend ist der, dass Fachhochschulen sich nicht mehr als Fachhochschule sondern als Hochschule bezeichnen.
In den letzten acht Jahren haben über 30 Fachhochschulen ihren Namen dementsprechend "gekürzt". Ihr hochschulrechtlicher Status hat sich aber keineswegs geändert, sie gelten weiterhin als FHs. Einige wenige drücken das immerhin noch durch ein FH in Klammern aus oder haben in ihrer Langform auch Fachhochschule im Namen. In der Kurzform ist aber immer nur von Hochschule die Rede.
Manchmal ist an der Webadresse (noch) die "Herkunft" zu erkennen. So hat es die Hochschule Biberach offenbar versäumt, sich rechtzeitig das dafür naheliegende hs-biberach.de zu sichern. Die Seiten laufen immer noch unter fh-biberach.de. Immerhin führt auch hochschule-biberach.de zum Ziel.
Alles Universitäten oder wie?
Neben der Änderung des Namensbestandteils Fachhochschule in Hochschule ist ein weiterer Trend, die englischsprachige Bezeichnung für die jeweilige Hochschule hinzuzufügen.
Fachhochschulen sind englisch nun "Universities of Applied Sciences", Berufsakademien "Universities of Cooperative Education". Voilà, schon hört es sich nach Universität an, obwohl es weiterhin nach deutschem Recht eben keine ist, die englische Übersetzung so aber korrekt ist. Die Fachhochschule Albstadt-Sigmaringen spart sich sogar den Zusatz "of Applied Sciences" und bezeichnet sich englischsprachig als "Albstadt-Sigmaringen University". Auch die Fachhochschule Reutlingen macht es nicht anders und nennt sich "Hochschule Reulingen – University Reutlingen", als Webadresse wird man immer auf university-reutlingen.de geleitet.
Es gibt andererseits aber mindestens eine Hochschule in Deutschland, die Universitätsstatus hat, diesen aber gar nicht im Namen zum Ausdruck kommen lässt. Die Rede ist von der Hochschule Vechta, die allerdings inzwischen als Ergänzung "University of Vechta" und ihre Internetseiten unter uni-vechta.de führt.
Es liegt uns übrigens fern, Fachhochschulen als weniger gute Hochschulen darstellen zu wollen. Im Gegenteil finden wir die Aufteilung in Fachhochschulen und Universitäten wenig sinnvoll. Allerdings hat sich bisher kein Bundesland entschlossen, sie den Universitäten gleichzustellen und gibt Fachhochschulen in vielen Dingen weniger Möglichkeiten. Das Recht, Doktortitel und Professorenwürden zu verleihen, haben daher weiterhin nur Universitäten (und einige fachlich spezialisierte Hochschulen in ihrem Bereich: Kunst-, Musik- und Pädagogische Hochschulen). Ebenso haben ProfessorInnen an Universitäten deutlich mehr Zeit für Forschung, insbesondere da sie weniger Lehrveranstaltungen durchführen müssen als ProfessorInnen an Fachhochschulen.
.edu rules
Die Namensänderungen werden natürlich auch im Web nachvollzogen, so dass nun viele Fachhochschulen auch mit hs-"Stadtname".de bzw. hochschule-"Stadtname".de erreichbar sind. Aber es geht natürlich auch hier noch besser:
Neues Logo der Hochschule München
Die heutige "Hochschule München" (in der Langform "Hochschule für angewandte Wissenschaften – FH München" kommt das FH immerhin noch vor) hat diesen Namen seit Mitte 2007. Im Rahmen der Umbenennung wurde auch ein vollständig neues Logo entwickelt und für den Webauftritt eine neue Adresse gesichert. Die Hochschule präsentiert sich nun unter www.hm.edu. Das soll wohl Internationalität und Modernität ausstrahlen.
Eine weitere deutsche Hochschule mit .edu-Domain ist übrigens noch die private WHU Otto Beisheim Schol of Management, die man unter www.whu.edu finden kann.
Mehr Image im Namen
Auch Universitäten sind Namensänderungen nicht fremd. Und auch hier sind die Gründe für die Änderung in der letzten Zeit vor allem in der Hoffnung zu suchen, so das Image zu verbessern.
Ein Beispiel ist die "Namenserweiterung" der Uni Karlsruhe. Seit 2005 (siehe ihre Pressemeldung) führt sie nicht mehr einfach den Namen "Universität Karlsruhe (TH)" sondern es heißt nun "Universität Karlsruhe (TH), Forschungsuniversität - gegründet 1825". Diese "Wort-Bild-Marke" (wenn Name und schon länger gebräuchliches Logo zusammen gezeigt werden, gibt es dafür genaue Vorgaben, wie das aussehen soll) soll offenbar betonen, dass die Hochschule auf eine längere Tradition zurückblickt. Und ihren Schwerpunkt im Forschen sieht.
Nur: Geforscht wird an allen Universitäten, dass ist ein Teil des Universitätsstatus. Aber manchmal ist es auch ein kluger Schachzug, selbstverständliches zu erwähnen und damit den Eindruck zu erwecken, es sei etwas besonderes.
Neues Logo der TU Dortmund: "Die elegante serifenlose Schrift drückt Klarheit und den technischen Aspekt aus"
Die frühere Universität Dortmund heißt seit November 2007 Technische Universität. Damit betont sie ihren Schwerpunkt auf technische Fächer – der Trend geht ja dahin, dass Hochschulen "Profil zeigen sollen". Ob das allerdings wirklich allen gefällt ...
Seit kurzem hat die TU auch ein neues Logo. Dieses soll eine "Brücke zwischen technisch und musisch-künstlerisch ausgerichteten Fakultäten (...) schlagen". Ob allerdings für diesen Brückenschlag "das frische und natürliche Apfelgrün" (so Detlev Grimm von grimm.design, die das Logo entwickelten) ausreicht?
Übersicht: Beispiele für Namensänderungen
Hochschule Albstadt-Sigmaringen – Albstadt-Sigmaringen University
bis 2005: Fachhochschule Albstadt-SigmaringenHochschule für angewandte Wissenschaften - Fachhochschule Coburg (Kurzform: Hochschule Coburg)
bis 2007: Fachhochschule CoburgHochschule Darmstadt - University of Applied Sciences (Kurzform: h_da)
bis 2006: Fachhochschule DarmstadtTechnische Universität Dortmund
bis 2007: Universität DortmundHochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg - Hamburg University of Applied Sciences
bis 2001: Fachhochschule HamburgGottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
bis 2006: Universität Hannover (vor Herbst 1978 Technische Universität Hannover)Hochschule für angewandte Wissenschaften – FH München (Kurzform: Hochschule München, Webseite: www.hm.edu)
bis 2007: Fachhochschule MünchenHochschule Karlsruhe - Technik und Wirtschaft – University of Applied Sciences
bis 2005: Fachhochschule Karlsruhe – Hochschule für Technik und WirtschaftUniversität Karlsruhe (TH) – Forschungsuniversität * gegründet 1825
bis 2005: Universität Karlsruhe (TH)Leuphana Universität Lüneburg
bis 2007: Universität Lüneburg; 2005 wurde die FH Nordostniedersachsen eingegliedertHochschule Neubrandenburg – University of Applied Sciences
bis 2005: Fachhochschule NeubrandenburgHochschule Niederrhein – Niederrhein University of Applied Sciences
bis 2001: Fachhochschule NiederrheinHochschule Pforzheim – Gestaltung, Technik, Wirtschaft und Recht
bis 2006(?): Fachhochschule Pforzheim - Hochschule für Gestaltung, Technik und WirtschaftHochschule Reutlingen – Reutlingen University
bis 2004: Fachhochschule für Technik und Wirtschaft ReutlingenHochschule Ulm
bis 2005: Fachhochschule UlmHochschule Wismar – University of Technology, Business and Design
bis 2003: Hochschule Wismar, Fachhochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung
Insgesamt sind uns an die dreißig Umbenennungen in den Jahren seit der Jahrtausendwende bekannt.
Ein kleines Fazit
Eindruck wollen eben alle Universities (ob "echt", auf Technik spezialisiert oder "of Applied Sciences") machen. JedeR möge selbst beurteilen, was mehr Schein als Sein ist. Jedenfalls sollte man sich von Namen, Namenszusätzen oder schönen Logos nicht zu sehr blenden lassen. Sonst gewinnt am Ende die Hochschule mit der besten PR- und Design-Abteilung statt die mit dem jeweils individuell besten Angebot ...