Ganz auf Augenhöhe?Faire Wettbewerbsbedingungen für Fachhochschulen
Dieser Artikel erschien zuerst in Erziehung und Wissenschaft (Heft 10/2007), der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Wir danken der Redaktion und dem Autor für die Genehmigung, den Artikel auch bei Studis Online publizieren zu dürfen. |
Aber Fehlanzeige. Es werden wohl auch weiterhin weniger Marktmechanismen als handfeste Zugangsbeschränkungen den Ausschlag geben. Natürlich können Fachhochschulen Masterstudiengänge anbieten. Deren Absolventen sollen jedoch nur dann die Zulassung für den höheren Dienst erhalten, wenn ein Studiengang zuvor in entsprechender Weise akkreditiert und zugleich von der jeweilig zuständigen obersten Dienstbehörde als geeignet anerkannt worden ist.
Und selbst dort, wo der Bologna-Prozess nicht nur die Märkte der Fachhochschulen für die Universitäten, sondern auch die der Universitäten für die FHs öffnet, kann von Chancengleichheit keine Rede sein. Die Disparitäten beginnen schon mit der stiefmütterlichen Behandlung bei der Vergabe staatlicher Forschungsmittel. Deutlich geworden ist dies zuletzt bei der Exzellenzinitiative, die im großen Stil Geld ins Hochschulsystem pumpt und die Fachhochschulen schlicht "links" liegen lässt. Dabei gilt natürlich auch für sie, dass eine hochwertige Lehre ohne Forschungsaktivitäten unmöglich ist.
Die zentrale Ursache für die gravierenden Wettbewerbsnachteile liegt aber auf der strukturellen Ebene. Während Universitätsprofessoren Lehrveranstaltungen im Umfang von acht Stunden pro Woche halten, beträgt das Deputat an den Fachhochschulen 18 Stunden. Und während Universitäten einen akademischen Mittelbau zur Entlastung der Hochschullehrer unterhalten, müssen ihre FH-Kollegen auf diese Unterstützung zumeist verzichten. Nur so erklärt sich, dass ein Studienplatz an FHs nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes für 4300 Euro jährlich zu haben ist, während der Durchschnittswert für die Universitäten (ohne medizinische Einrichtungen) bei 7000 Euro liegt.
Die Unterschiede sind so groß, dass es mit den Fachhochschulen von dem Augenblick an steil bergab gehen könnte, in dem die Universitäten beginnen, sich stärker als bisher für die Lehre, insbesondere die Bachelorausbildung zu begeistern.
Der für die neuen Studiengänge erforderliche Lehr- und Verwaltungsaufwand liegt deutlich über dem bisherigen Niveau, ohne dass auf der personellen Ebene ein Ausgleich vorgesehen ist. Dass die Hochschulpolitik die Einführung der zweistufigen Studienstruktur nutzen will, um den Leistungsdruck in den Hochschulen zu erhöhen, ist offensichtlich. Wenn sie dabei aber außer acht lässt, dass viele FHs bereits heute an ihren Leistungsgrenzen angelangt sind, muss diesen über kurz oder lang die Luft ausgehen. In dem Maße, wie die Professoren durch eine ausufernde Lehrbelastung und eine überbordende Bürokratie als Wissenschaftler neutralisiert werden, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass von den Fachhochschulen, wie man sie heute kennt, nur wenig übrig bleiben wird. Sie könnten sich vielleicht zu Akademien entwickeln, die an den Universitäten generiertes Wissen mit zeitlicher Verzögerung an die Studierenden weitergeben, die aus unerfindlichen Gründen die Kopie dem Original vorziehen.
Gäbe man den FHs dagegen eine faire Chance, die ihnen formal zugewiesenen neuen Spielräume tatsächlich zu nutzen, könnten sie sich als tragende Säule der Wissensgesellschaft konsolidieren. Und nicht zuletzt damit auch einen zentralen Beitrag zur Bewältigung des Studentenbergs leisten.
Olaf Winkel, Professor für Public Management an der Fachhochschule für Verwaltung und Recht Berlin