HochschulpolitikWarum Deutschland sich Studiengebühren nicht leisten kann
Wir dokumentieren die unserer Meinung nach ziemlich gelungene Pressemeldung des Deutschen Studentenwerkes vom 16.5.03:
Derzeit wird wieder in Berlin und anderen Bundesländern über die Einführung von Studiengebühren für das Erststudium diskutiert. Dabei gerät in der Diskussion häufig aus dem Blickfeld, dass das Studium im geltenden Hochschulrahmengesetz bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss frei von Studiengebühren ist. "Ich sehe bei den Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag jedoch keinerlei Bereitschaft, dieses Thema neu aufzugreifen", sagte der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks (DSW), Dieter Schäferbarthold.
Der Regierende Bürgermeister Berlins, Klaus Wowereit, erklärte in den vergangenen Tagen, die Studierenden müssten begreifen, dass auch sie einen Beitrag für ihr Studium leisten müssten. Diese Formulierung könnte den Schluss zulassen, als würden die Studierenden zur Zeit keinen eigenen Beitrag für ihr Studium leisten. "Dem ist aber nicht so", erklärte Schäferbarthold. Schon jetzt zahlten die Eltern von dem Budget eines so genannten Normalstudierenden (nicht bei den Eltern wohnend und im Erststudium) 49 %. Dies sind ca. 2/3 der Studierenden. Der Studierende steuert durch eigene Erwerbstätigkeit 30,5 % bei. Das BAföG habe vor der Reform im April 2001 knapp 11 % ausgemacht. Dennoch erwarte das DSW hier keine wesentlichen Änderungen. "Dies bedeutet, dass die Einführung von Studiengebühren mit ziemlicher Sicherheit zu einer höheren Erwerbstätigkeit führen wird. Ein Stipendiensystem, auf das gerne verwiesen wird, ist weit und breit nicht zu sehen", betonte der Generalsekretär. Auch ein Darlehenssystem mit Rückzahlungsmöglichkeiten nach dem Studium, dass immer wieder in der Diskussion ist, lehne das DSW ab. "Wir haben die jetzige jungen Generation bereits wissen lassen, dass bei ihrer Pensionierung ein funktionierendes Rentensystem nicht mehr bestehen wird. Das bedeutet, dass sie selbst für ihre Rente vorsorgen müssen und zwar durch erhebliche Eigenanteile", unterstrich Schäferbarthold. Man erwarte von dieser Generation, dass sie die jetzige Generation von Rentnern weiterhin mit entsprechenden finanziellen Mitteln ausstattet. "Und nun kommen wir und verlangen von dieser Generation, die jetzt schon doppelt belastet ist, auch noch, dass sie ihre eigene Ausbildung selbst finanziert? Dies scheint kein gerechter Generationenvertrag zu sein", so Schäferbarthold.
Die Diskussion um die Studiengebühren führe zudem dazu, dass die Motivation bildungsfernerer und einkommensschwächerer Schichten zu einem Studium noch weiter abnehme. "In Berlin liegt dieser Anteil mit 10 % sogar noch unter dem Bundesdurchschnitt von 13 %", sagte Schäferbarthold. Nach PISA und den jüngsten OECD-Studien habe die rot-grüne Bundesregierung erklärt, dass in Deutschland nicht weniger, sondern mehr qualifiziert ausgebildete junge Leute benötigt werden. Das Ziel liege bei 40 % eines Altersjahrgangs, der die Hochschulen besucht. Derzeit liege dieser Anteil bei gut 30 %. "Dieses zusätzliche Potenzial sehen wir bei Analyse unserer Sozialerhebung nur in den einkommensschwächeren und bildungsferneren Schichten. Doch in dieser Gruppe wirkt die Diskussion um Studiengebühren abschreckend und demotivierend", so Schäferbarthold. Hinzu komme, dass nur 8 von 100 Kindern aus Familien dieser Gruppe ein Hochschulstudium aufnehmen. Bei Kindern aus der hohen Herkunftsgruppe seien es 72 von 100 Kindern.
In den USA gibt es bereits weitreichende negative Erfahrungen mit Studiengebühren. Laut Bericht "Losing Ground" des "National Center for Public and Higher Education" ist durch den Anstieg der Studiengebühren in den USA ein Hochschulstudium für die meisten amerikanischen Familien weniger erschwinglich geworden. Finanzielle Zuschüsse auf nationaler und staatlicher Ebene haben zudem mit den Erhöhungen der Studiengebühren nicht Schritt gehalten. Ferner wurden während den wirtschaftlich schwierigsten Zeiten die Studiengebühren bei öffentlichen Hochschulen am stärksten erhöht. Fazit der Studie: "Die Amerikaner verlieren an Boden".
"Wir wollen nicht, dass dies auch in Deutschland eintritt und fordern daher alle Politiker auf, die Studiengebührenfrage eingehend zu analysieren und auf die Einführung von Studiengebühren zu verzichten", sagte Schäferbarthold.
Das Interview bei SPIEGEL ONLINE (UniSPIEGEL) lest selbst direkt dort: Interview: Warum Deutschland sich Studiengebühren nicht leisten kann
Derzeit wird wieder in Berlin und anderen Bundesländern über die Einführung von Studiengebühren für das Erststudium diskutiert. Dabei gerät in der Diskussion häufig aus dem Blickfeld, dass das Studium im geltenden Hochschulrahmengesetz bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss frei von Studiengebühren ist. "Ich sehe bei den Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag jedoch keinerlei Bereitschaft, dieses Thema neu aufzugreifen", sagte der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks (DSW), Dieter Schäferbarthold.
Der Regierende Bürgermeister Berlins, Klaus Wowereit, erklärte in den vergangenen Tagen, die Studierenden müssten begreifen, dass auch sie einen Beitrag für ihr Studium leisten müssten. Diese Formulierung könnte den Schluss zulassen, als würden die Studierenden zur Zeit keinen eigenen Beitrag für ihr Studium leisten. "Dem ist aber nicht so", erklärte Schäferbarthold. Schon jetzt zahlten die Eltern von dem Budget eines so genannten Normalstudierenden (nicht bei den Eltern wohnend und im Erststudium) 49 %. Dies sind ca. 2/3 der Studierenden. Der Studierende steuert durch eigene Erwerbstätigkeit 30,5 % bei. Das BAföG habe vor der Reform im April 2001 knapp 11 % ausgemacht. Dennoch erwarte das DSW hier keine wesentlichen Änderungen. "Dies bedeutet, dass die Einführung von Studiengebühren mit ziemlicher Sicherheit zu einer höheren Erwerbstätigkeit führen wird. Ein Stipendiensystem, auf das gerne verwiesen wird, ist weit und breit nicht zu sehen", betonte der Generalsekretär. Auch ein Darlehenssystem mit Rückzahlungsmöglichkeiten nach dem Studium, dass immer wieder in der Diskussion ist, lehne das DSW ab. "Wir haben die jetzige jungen Generation bereits wissen lassen, dass bei ihrer Pensionierung ein funktionierendes Rentensystem nicht mehr bestehen wird. Das bedeutet, dass sie selbst für ihre Rente vorsorgen müssen und zwar durch erhebliche Eigenanteile", unterstrich Schäferbarthold. Man erwarte von dieser Generation, dass sie die jetzige Generation von Rentnern weiterhin mit entsprechenden finanziellen Mitteln ausstattet. "Und nun kommen wir und verlangen von dieser Generation, die jetzt schon doppelt belastet ist, auch noch, dass sie ihre eigene Ausbildung selbst finanziert? Dies scheint kein gerechter Generationenvertrag zu sein", so Schäferbarthold.
Die Diskussion um die Studiengebühren führe zudem dazu, dass die Motivation bildungsfernerer und einkommensschwächerer Schichten zu einem Studium noch weiter abnehme. "In Berlin liegt dieser Anteil mit 10 % sogar noch unter dem Bundesdurchschnitt von 13 %", sagte Schäferbarthold. Nach PISA und den jüngsten OECD-Studien habe die rot-grüne Bundesregierung erklärt, dass in Deutschland nicht weniger, sondern mehr qualifiziert ausgebildete junge Leute benötigt werden. Das Ziel liege bei 40 % eines Altersjahrgangs, der die Hochschulen besucht. Derzeit liege dieser Anteil bei gut 30 %. "Dieses zusätzliche Potenzial sehen wir bei Analyse unserer Sozialerhebung nur in den einkommensschwächeren und bildungsferneren Schichten. Doch in dieser Gruppe wirkt die Diskussion um Studiengebühren abschreckend und demotivierend", so Schäferbarthold. Hinzu komme, dass nur 8 von 100 Kindern aus Familien dieser Gruppe ein Hochschulstudium aufnehmen. Bei Kindern aus der hohen Herkunftsgruppe seien es 72 von 100 Kindern.
In den USA gibt es bereits weitreichende negative Erfahrungen mit Studiengebühren. Laut Bericht "Losing Ground" des "National Center for Public and Higher Education" ist durch den Anstieg der Studiengebühren in den USA ein Hochschulstudium für die meisten amerikanischen Familien weniger erschwinglich geworden. Finanzielle Zuschüsse auf nationaler und staatlicher Ebene haben zudem mit den Erhöhungen der Studiengebühren nicht Schritt gehalten. Ferner wurden während den wirtschaftlich schwierigsten Zeiten die Studiengebühren bei öffentlichen Hochschulen am stärksten erhöht. Fazit der Studie: "Die Amerikaner verlieren an Boden".
"Wir wollen nicht, dass dies auch in Deutschland eintritt und fordern daher alle Politiker auf, die Studiengebührenfrage eingehend zu analysieren und auf die Einführung von Studiengebühren zu verzichten", sagte Schäferbarthold.
Das Interview bei SPIEGEL ONLINE (UniSPIEGEL) lest selbst direkt dort: Interview: Warum Deutschland sich Studiengebühren nicht leisten kann