Landeskinderregelung kommt vors BundesverfassungsgerichtBremische Studiengebühren verfassungswidrig?
Damit bleibt das Gericht bei seiner schon in der Eilentscheidung durchgeklungenen Ansicht, dass die gesetzliche Regelung aus seiner Sicht verfassungswidrig sein könnte. Da darüber abschließend aber nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden kann, hat es das Verfahren ausgesetzt. Die Entscheidung trifft somit das Bundesverfassungsgericht, dass nun das Bremische Studienkontengesetz durchleuchten muss.
Im Studienkontengesetz werden Studierende aus Bremen und solche, die ihren Wohnsitz außerhalb des Bundeslandes haben unterschiedlich behandelt. Wer in Bremen wohnt, bekommt ein "Studienguthaben" von 14 Semestern eingeräumt und muss erst danach Gebühren zahlen. Studierende, die ihren Wohnsitz nicht in Bremen haben, müssen dagegen schon nach Ablauf von zwei Semestern (die ihnen wohl noch zum Umziehen nach Bremen eingeräumt wurden ...) Gebühren zahlen.
Das Verwaltungsgericht sieht – wie es in einer Pressemitteilung zur heutigen Entscheidung heißt – "in der gebührenrechtlichen Ungleichbehandlung einen rechtswidrigen Eingriff in die durch Artikel 11 Grundgesetz gewährleistete Freizügigkeit der auswärtigen Studierenden. Außerdem sei die ungleiche Behandlung nicht durch hinreichend sachgerechte Gründe gerechtfertigt, wie es die Ausbildungsfreiheit (Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz) in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz) verlange."
An den Gebühren an sich hat das Gericht übrigens nichts zu bemängeln gehabt. Es geht dem Gericht nur darum, dass die Tatsache, wo jemand seinen Wohnsitz hat, nicht zu einer Ungleichbehandlung führen darf.
Für den AStA der Uni Bremen, der die Klagen unterstützte, sagte Michael Markus: "Politisch sind wir in Bremen ab jetzt ein Schritt weiter. Ein Jein zu Studiengebühren ist nicht mehr möglich. Die politischen Parteien werden nun endlich klar artikulieren müssen, ob sie für oder gegen Gebühren sind." Die Position der Studierenden ist in dieser Frage unumstößlich, stellt Markus fest: "Studiengebühren jeglicher Art sind unsozial und schließen Kinder ohne reiche Eltern von den Unis aus. Wir werden SPD und Grüne daher stets an ihre Wahlkampfversprechen erinnern, keine allgemeinen Studiengebühren in Bremen einzuführen."
Auswirkungen auch auf andere Bundesländer möglich
In Rheinland-Pfalz gibt es ebenfalls eine Studiengebührenregelung, die Landeskinder und solche mit Wohnsitz außerhalb unterschiedlich behandelt. Diese Regelung wurde vom Landtag beschlossen, wurde aber bisher nicht in Kraft gesetzt (vgl. Artikel dazu). Angeblich, weil durch den Hochschulpakt zunächst einmal abgewendet worden sei, dass Rheinland-Pfalz zu wenig Geld für Studienplätze erhält (Rheinland-Pfalz bietet mehr Studienplätze an, als es für "seine" Bevölkerung nötig wäre).
Ein anderer Grund, die Regelung erst einmal nicht zur Anwendung zu bringen, dürfte aber auch gewesen sein, dass sie juristisch eben sehr umstritten ist. Und man sich eine mögliche Blamage ersparen wollte. So kann man nun in Ruhe abwarten, was das Bundesverfassungsgericht entscheidet und im Falle einer Ablehnung das Gesetz still und leise "vergessen".
Auch in Berlin gab es gelegentlich "Überlegungen" in Richtung einer Landeskinderregelung – um so mehr, seit der dortige Wissenschaftssenator der ehemalige Wissenschaftsminister aus Rheinland-Pfalz ist.
Sollte das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit von Gebühren für Externe nun mehr oder weniger endgültig verbauen, bestünde ein wenig die Gefahr, dass mit der Begründung, dass sonst zu viele Studierende in die gebührenfreie Länder kämen, diese doch Gebühren für alle einführen (denn nur für "Externe" wäre dann definitiv nicht mehr möglich). Alternativ könnten aber auch einfach die Zulassungsbeschränkungen (z.B. NC) noch restriktiver werden.
Vielleicht kommt aber auch alles anders ...
- Quelle und Geschichte (ältere Artikel zum Thema bei Studis Online
- AStA Uni Bremen: Bremer Verwaltungsgericht auf Seite der Studierenden (17.09.2007)
- Verwaltungsgericht sieht Studiengebühren für Externe als rechtswidrig an (17.08.2006)
- Pressemitteilung des VG Bremen vom 17.08.2006
- Bremen beschließt "Studiengebührenbefreiungsgesetz" (14.10.2006, Bericht zum Beschluss des aktuellen Gebührengesetzes)