Verwaltungs- und Studiengebührenboykotte im SommerBilanz mager – HfBK Hamburg boykottiert aber weiter
Zur Idee des Gebührenboykotts an sich kann man mehr im ersten Artikel zu den Gebührenboykotten 2007 lesen.
Direkt zur Tabelle mit den Hochschulen
Thüringen: Ein Boykott von Gebühren für das Wintersemester lief, ist aber inzwischen vorbei
In Thüringen war ein Boykott bereits richtig am Laufen. Es ging in Thüringen zwar "nur" um die Einführung eines Verwaltungskostenbeitrags von 50 Euro im Semester – aber wie die Erfahrungen zeigen, ist das ein gern gemachter Zwischenschritt hin zu allgemeinen Studiengebühren.
An der TU Illmenau hat der StuRa am 13. August berichtet, dass die TeilnehmerInnenzahl am Boykott unter die notwendige Schwelle von 20% gefallen ist. Auch wenn der Boykott vor einem politischen Erfolg (Einstellung der Verwaltungsgebühren) abgebrochen werden musste, bezeichneten Studierendenvertreter den Boykottversuch als Erfolg. Er habe mit dazu beigetragen, dass Ministerpräsident Dieter Althaus Studiengebühren nun auch über 2009 hinaus ausschließen will.
Selbst an der Bauhaus Universität Weimar wurde es leider nichts: Bei einer Urabstimmung mit 20,05% Wahlbeteiligung waren zwar 93,36% der gültigen Stimmen für einen Boykott. Wenn alle UrabstimmungsteilnehmerInnen, die für den Boykott gestimmt haben, mitgemacht hätten, dann wäre es spannend geworden. Leider war dem aber nicht so, es kam kein Boykott zustande.
An der Uni Jena gab es einigen Ärger, weil der Rektor dem Studierendenrat (StuRa) verbieten will, zum Boykott aufzurufen. Vgl. z.B. hier. Der StuRa hat angekündigt, gegen das Verbot vorzugehen und mit einer Protestaktion "Girlkott statt Boykott" das Verbot nach eigener Aussage "in in die lächerliche Ecke gestellt, in das es gehört". Das Treuhandkonto lief davon unbeeindruckt weiter, am Ende war die Beteiligung aber nicht ausreichend.
An der FH Erfurt hat es ebenfalls nicht gereicht, auf der Webseite des StuRa heißt es jedenfalls "Boykott-Ende".
Auch an den weiteren Hochschulen in Thüringen wurde es nichts mit dem Boykott (siehe die Tabelle weiter unten). Offenbar waren dort nicht ausreichend Aktive dabei, um den Boykott zu organisieren oder Strukturen innerhalb der Studierenden hemmten den Boykott – je nach Studienfächern ist eben auch der Widerstandsgeist von Hochschule zu Hochschule unterschiedlich. An der FH Nordhausen bspw. hat der offenbar RCDS-dominierte Studentenrat sich gegen den Boykott ausgesprochen.
Keine Studiengebühren in Thüringen auch nach 2009
Auch wenn der Boykott von der Politik weiter bekämpft wird und es bisher keine Anzeichen dafür gibt, dass die Rückmeldegebühr zurückgenommen wird (dazu müsste der Druck wohl noch weiter anwachsen), hat Ministerpräsident Althaus (CDU) sich jedoch zu allgemeinen Studiengebühren geäußert. Diese seien seiner Ansicht nach auch nach 2009 in Thüringen nicht zu erwarten. Man mag das auch als Versuch werten, dem Widerstand gegen die Rückmeldegebühr Wind aus den Segeln zu nehmen. Denn wirklich gebunden ist er an seine Aussage natürlich nicht. Trotzdem kann man dieses "Versprechen" als kleinen Erfolg des Boykotts ansehen.
Hessen: Für Boykott doch nicht genug Teilnehmende
In Hessen waren im letzten Jahr die Proteste gegen die Einführung allgemeiner Studiengebühren mit am lautesten. Insofern war es durchaus folgerichtig, wenn die hessischen Studierenden auch die Möglichkeit eines Gebührenboykotts nutzen wollten, nachdem das Protestieren die Gebühren nicht verhindern konnte und die verfassungsrechtliche Auseinandersetzung noch aussteht (und – zwangsläufig – deren Ausgang nicht sicher ist). Unterstützt wurde der Boykott u.a. von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen.
An der Uni Giessen wurden die Pläne der boykott-willigen Studierenden durch die Unileitung durchkreuzt. Zitat aus der Erklärung des AStAs zum Abbruch des Boykotts:
Unmöglich gemacht wurde der Boykott durch die jetzt öffentlich gewordenen verschiedenen Zahlungsfristen. Bis vor kurzem ging die Studierendenvertretung von einer einheitlichen Zahlungsfrist aus. Die Hochschulleitung erklärte nun, sie werde mehrere Verschickungen der Gebührenbescheide und damit auch mehrere Zahlungsfristen festsetzen. Dies bedeutet, dass ein Quorum zu einem bestimmten Datum, wie es die Vollversammlung der Studierenden beschlossen hatte, nicht zu Stande kommen kann. "Durch die unterschiedlichen Zahlungsfristen kann nicht mehr gewährleistet werden, dass Einzelne bei Erreichen des Quorums nicht einzeln exmatrikuliert werden. Die Schutzfunktion des Quorums wird damit unterlaufen" sagt Erkan Ertan.
Ganz "normal" gescheitert ist der Boykott an der Hochschule Darmstadt: Es beteiligten sich 572 Studierenden, benötigt waren jedoch 2000. Der AStA der Hochschule Darmstadt wertet dieses Ergebnis trotzdem als Erfolg. "Es freut uns, dass viele KommilitonInnen trotz der erschwerten Bedingungen sich beteiligt und mitgewirkt haben. Das unterstreicht die prekäre Situation, in der sich viele Studierende aufgrund der Studiengebühren befinden. Der Boykott ist ein weiterer Beweis, dass Solidarität ein adäquates Mittel ist und Engagement sich lohnt", erklärt Andreas Schaeffer, Referent für Hochschulpolitik.
Auch an der Uni Marburg konnten nicht genügende Studierende für eine Beteiligung am Treuhandkonto gewonnen werden. Nach Angaben des AStAs haben bisher aber noch nicht einmal die Hälfte der Studierenden sich zurückgemeldet hat und davon ca. 2000 keine Studiengebühren gezahlt haben. Zitat: "Das heißt, dass mindestens eineinhalb mal so viele Studierende nicht in der Lage waren, die Studiengebühren bis zu diesem Zeitpunkt aufzutreiben, wie Überweisungen auf das Treuhandkonto eingegangen sind. Auch die große Zahl der nicht erfolgten Rückmeldungen lässt vermuten, dass sich darunter eine weitere Gruppe Studierender befindet, die das Geld nicht bis zum Ende der Rückmeldefrist zahlen kann."
An der FH Frankfurt zahlten 135 Studierende auf das Boykottkonto, 1709 wären erforderlich gewesen, damit ein Boykott zustande kommt. Der AStA wollte die Hochschulleitung dazu bringen, Überweisungsträger für das Boykott-Konto zu verschicken, das Verwaltungsgericht Frankfurt bezeichnete in einer Entscheidung den Boykott jedoch als rechtswidrig, sodass die Hochschulleitung (die daran sowieso kein Interesse hatte) diesem Wunsch nicht nachkam. Gleichzeitig hat diese Gerichts-Entscheidung vermutlich viele Studierende wegen der Aussage, ein Boykott sei rechtswidrig, verunsichert.
Auch den weiteren Unis und Hochschulen, an denen ein Boykott versucht wurde, ist es schließlich nichts geworden – die erwünschten Quoren wurden überall mehr oder weniger weit verfehlt.
Hamburg: Boykott an der HfBK (siehe auch extra Artikel)
In Hamburg liefen die Boykottversuche der Studiengebühren für das Sommersemester 2007 erst im Juni – weil in Hamburg die Gebühren erst mitten im Semester fällig werden. Die Studierenden an den großen Hochschulen schafften die selbst gesteckten Ziele nicht (wobei es an der HAW Hamburg recht knapp war – dort wurde immerhin fast 90% des Quorums erreicht). An der HfBK Hamburg wurde das Quorum deutlich übertroffen – und die BoykotteurInnen sind trotz Exmatrikulation noch am protestieren – Ausgang immer noch offen.
Und sonst: Weiterer Boykott kommt nicht zustande
An den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen, wo Studiengebühren an den meisten Hochschulen schon zum letzten Wintersemester für Erstsemester eingeführt wurden (einige wenige verlangen aber weiterhin nichts), waren die Boykottversuche, deren Stichtag schon abgelaufen ist, nicht erfolgreich. Lediglich die Protesthochburg Münster (wo die Gebühren "nur" 275 Euro statt der sonst üblichen 500 Euro betragen) erreichte immerhin über ein Drittel der benötigten TeilnehmerInnen.
Aus Bayern - auch bedingt durch den "Gewöhnungseffekt" (die Gebühren wurden schon zum Sommersemester erstmals erhoben, der Boykott aber erst zum zweiten gebührenpflichtigen Semester versucht) und die Tatsache, dass die dortigen studentischen Zusammenhänge kaum über finanzielle Ressourcen verfügen (keine Verfasste Studierendenschaft) - sind nur sehr bescheidene Ergebnisse auf den Treuhandkonten zu vermelden, an einen echten Boykott war nicht zu denken.
In Baden-Württemberg war im Frühjahr der groß angelegte Versuch eines Boykotts nicht zustande gekommen. Zwar hatten drei kleine Hochschulen in Karlsruhe ihr Quorum jeweils erreicht, den Studierenden dort wurde die Sache aber doch zu gefährlich, sie hätten nur weiter gemacht, wenn auch wenigstens eine große Hochschule dabei gewesen wäre. Dass nun bei einem zweiten Versuch nicht viele mitmachen, ist wohl nicht unerwartet.
Wo, wie, wann (Stand 18.09., zuletzt: HBK Saar, Uni Frankfurt)
In der folgenden Tabelle - gruppiert nach Bundesländern, darunter nach Stadtnamen sortiert - zeigen wir, wo Boykotte vorbereitet werden. Soweit möglich, verlinkt der Hochschulname auf eine Webseite der jeweiligen Studierendenvertretung oder der Organisation, die den Boykott organisiert.
Eine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden. Korrekturen und Ergänzungen gerne per Mail-Formular).
Auf was genau sich die Quote bezieht, ist von Boykott zu Boykott unterschiedlich. Meist wird die Prozentzahl auf alle Studierenden bezogen. Sofern uns bekannt ist, dass die Quote anders gemeint ist, steht dies im Tooltip (wenn man mit der Maus über die jeweilige Prozentangabe fährt). Diese Zahl muss am Stichtag erreicht sein, damit ein Boykott wirklich zustande kommt. Sobald das Ergebnis am Stichtag vorliegt, wird die Tabelle entsprechend ergänzt.
Hochschule | Quote | Stichtag/ |
Baden-Württemberg (Boykott der allgemeinen Studiengebühren) | ||
Uni Heidelberg | 4000 (ca. 15%) | 24 |
Filmakademie Ludwigsburg | 160 (ca. 40%) | 108 |
Bayern (Boykott der allgemeinen Studiengebühren) | ||
Uni Augsburg | 2000 (ca. 15%) | 425 |
Uni München | 10000 | 163 |
FH Nürnberg | 2200 (ca. 30%) | zu wenige |
Uni Regensburg | 3000 | 60 |
Hessen (Boykott der allgemeinen Studiengebühren) | ||
Hochschule Darmstadt | 2000 (ca. 20%) | 572 |
Uni Frankfurt | 6000 (ca. 20%) | 1021 |
FH Frankfurt | 1709 (ca. 20%) | 135 |
Uni Gießen | 5000 | abgebrochen (siehe Artikel) |
FH Gießen-Friedberg | 2.286 (25%) | "knapp 300" |
Uni Kassel | 22% (ca. 3500) | 790 |
Uni Marburg | 4000 (ca. 22%) | "Etwas über 800" |
FH Wiesbaden | 2158 (25%) | 66 |
Nordrhein-Westfalen (Boykott der allgemeinen Studiengebühren) | ||
Uni Köln | 10000 (fast 25%) | 178 |
Uni Münster | 9600 (ca. 25%) | 3587 |
Uni Paderborn | 4000 (ca. 30%) | 113 |
Saarland (Boykott der allgemeinen Studiengebühren). | ||
HBK Saar | 33% | ? |
HfM Saar | 100 (ca. 30%) | 25% |
Thüringen (Boykott des Verwaltungskostenbeitrags). | ||
Uni Erfurt | 20% | ca. 13% |
FH Erfurt | 20% | 372 |
TU Ilmenau | 20% | <20%, zwischendurch bis 24,3% |
Uni Jena | 20% | ca. 8,3% (1616) |
FH Jena | 20% | ca. 9% |
FH Nordhausen | 20% | ca. 7% |
Uni Weimar | 20% | 225+X |
HfM Weimar | 20% | ca. 12% |
Alle Angaben ohne Gewähr! Korrekturen+Ergänzungen gerne per Mail-Formular.
Wie sah / sieht es anderswo aus?
- Gebührenboykott in Hamburg (Stichtag 15.06. - HfBK boykottiert!)
- Boykottversuche in Baden-Württemberg, Bayern, NRW und Niedersachsen (Stichtage bis März 2007 - 3 Hochschulen schafften Quorum, aber ohne weitere Wirkung)
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