Jahresausblick 2006Was in Sachen Studiengebühren zu erwarten ist
Wo Studiengebühren konkret kommen sollen
Niedersachsen und Baden-Württemberg haben ihre Gesetze bezüglich allgemeiner Studiengebühren bereits beschlossen. Zahlungspflicht besteht aber erst ab dem Wintersemester 2006/2007 (Niedersachsen, Erstsemester) bzw. dem Sommersemester 2007 (alle). In Baden-Württemberg sind davor noch Landtagswahlen - bei einem Regierungswechsel könnte die Diskussion um Gebühren nochmals aufkommen und die Gebühren zurückgenommen werden.
In Bayern, Hamburg und Nordrhein-Westfalen sollen ebenfalls spätestens zum Sommersemester 2007 erstmals allgemeine Studiengebühren erhoben werden. In beiden Ländern liegen die Gesetzentwürfe vor und gehen nun noch den Gang durch das Parlament (Ausschuss, Lesungen). Bis Mitte des Jahres dürften die Gesetze jedoch beschlossen werden.
Grundsätzlich wird in diesen Ländern (aber auch in denen, die in den nächsten Punkten genannt werden) fast allen Studierenden die Möglichkeit geboten, einen relativ zinsgünstigen Kredit für die Studiengebühren zu erhalten, damit die Gebühren erst nach dem Studium gezahlt werden müssen. Langzeitstudierende sind vom Kredit aber ebenso ausgenommen wie manche AusländerInnen und jedes Land wird leicht unterschiedliche Detailregelungen haben - für Verwirrung ist also gesorgt.
Was die Studiengebühren noch aufhalten könnte
Da jedes Land sein eigenes Süppchen kocht, ist ein Ansatzpunkt der Gegner, Schwachpunkte der jeweiligen Gesetze aufs Korn zu nehmen und dagegen zu klagen. Ob die Unterschiede der Gesetze ausreichen, dass man argumentieren könnte, dass der Bund per Rahmengesetzgebung doch wieder eingreifen müsste, ist umstritten.
Allerdings könnte es sein, dass die Studiengebühren gegen das Völkerrecht verstoßen. Insbesondere Studiengebühren-GegnerInnen hatten schon mehrfach (z.B. das ABS in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf in NRW) darauf hingewiesen, dass der von Deutschland ratifizierte Internationale Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte Studiengebühren nicht gutheißt. Auch Studis Online hat bspw. im Artikel zu Studiengebühren und sozialer Gerechtigkeit auf die Existenz dieses Paktes hingewiesen.
Selbst die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat diesen Thema am 29.12.2005 aufgegriffen (siehe ihr Artikel Verstoßen Studiengebühren gegen das Völkerrecht?. Auch wenn die Frage offenbleibt, ob durch solch einen Pakt einklagbare Rechte entstehen, scheint der Autor der FAZ durchaus zu der Ansicht zu tendieren, die geplanten Studiengebühren seien völkerrechtswidrig. Die Einschränkungen im Pakt (die also evt. doch Gebühren zulassen könnten) kommentiert er jedenfalls so: "Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob auf dieser Grundlage vertragliche Ziele geradezu in ihr Gegenteil verkehrt werden dürfen."
Es bleibt also spannend.
Weitere Studiengebühren-Pläne
Unbeeindruckt von den Gründen, die gegen Gebühren sprechen könnten (und sie vielleicht auch juristisch zu Fall bringen werden - was aber abzuwarten ist), dürfte jedoch als nächstes das Saarland seine Pläne konkretisieren und vielleicht noch dieser Jahr ein entsprechendes Gesetz beschließen. Zu zahlen dürften die Gebühren jedoch frühestens zum Wintersemester 2007/2008 sein.
In einigen Bundesländern finden dieses Jahr Landtagswahlen statt. Auch das kann - wie schon für Baden-Württemberg erwähnt - Auswirkungen darauf haben, wie es weitergeht. In Berlin bspw. ist wohl bei einer anderen als der bisherigen rot-roten Koalition ziemlich sicher mit Studiengebühren zu rechnen. Und selbst wenn es bei rot-rot bleibt, ist die Studiengebühren-Freiheit nicht gesichert. Es könnte sein, dass Berlin dann zwar das "freundlichste" Studiengebühren-Modell präsentiert und bspw. BAföG-EmpfängerInnen komplett ausnimmt - aber deswegen sind es trotzdem Studiengebühren.
In Sachsen-Anhalt (Wahlen am 26.03.) sind Voraussagen schwierig - die Debatte wird sicher kommen, aber mit welchem Ergebnis, ist noch offen. In Mecklenburg-Vorpommern finden im Herbst 2006 Landtagswahlen statt, sollte es zu anderen Konstellationen als der jetzigen kommen, dürften Studiengebühren nicht unwahrscheinlich sein, auch wenn schon durch die harten Sparmaßnahmen (und Fächerstreichungen) die Studierendenzahlen stark zurückgegangen sind. Auch wenn es bei rot-rot bleibt, sind Gebühren nicht völlig auszuschließen, aber zumindest weniger wahrscheinlich.
In einigen Ländern ist erstmal keine Gefahr
In Rheinland-Pfalz ist trotz der Wahlen selbst bei einem Regierungswechsel nicht mit allgemeinen Studiengebühren zu rechnen. Denn die dortige CDU ist - das war jedenfalls der letzte Stand - gegen allgemeine Studiengebühren.
Auch keine Gefahr besteht in Thüringen, jedenfalls bis zu den Wahlen 2009. Der Ministerpräsident hat dies so oft wiederholt, dass ein Wortbruch politisch nicht zu verkraften wäre.
Sachsen und Schleswig-Holstein mit ihren großen Koalitionen dürften sich zwar dauernd darum streiten, ob es allgemeine Studiengebühren geben soll, wahrscheinlich aber - solange die SPD da nicht umfällt - keine einführen, sondern höchstens Langzeitstudiengebühren einführen (vielleicht nicht einmal das).
- Weitere Infos
- Jahresausblick 2006 (Teil 2): BAföG, Studienkredite, Kindergeld und sonstige Geldquellen
- Übersicht Studiengebühren in Deutschland