HochschulpolitikBayerisches Kabinett beschließt Studiengebühren-Gesetzentwurf
Wie in Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen auch geplant, soll es die Möglichkeit geben, die Studiengebühren erst nach dem Studium zurückzuzahlen. Das Darlehen dafür soll offenbar von der LfA Förderbank Bayern und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) kommen.
Für die sich ergebenden Rückzahlungsausfälle sollen 10% der Gebühren in einen Sicherungsfonds gehen - was aber auch heißt, dass dieses Geld nicht den Hochschulen zur Verfügung steht. Auch der zusätzliche Verwaltungsaufwand für die Hochschulen lässt den real nutzbaren Anteil der Einnahmen weiter sinken.
Noch-Ministerpräsident Stoiber (der ja nur noch darauf wartet, als Super-Minister nach Berlin zu gehen) behauptet trotz der erhöhten Lasten für zukünftige Studierende: "Das Hochschulstudium wird auch in Zukunft nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Dafür sorgt die soziale Ausgestaltung der Studienbeiträge."
Dagegen meint das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren, "dass Studiengebühren auch in den ausgefeiltesten Formen für potenzielle Studierende abschreckend wirken. Bereits jetzt gibt es im Bildungssystem eine Verbindung zwischen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und dem Bildungserfolg. Studiengebühren werden diesen Zustand weiter verschärfen."
Tatsache ist jedenfalls, dass durch Studiengebühren die Studierenden aus sozial schwächeren Familien entweder mehr während ihres Studiums arbeiten müssen (wenn sie gleich zahlen wollen) oder mit Schulden ins Berufsleben starten. Schulden wirken aber für Menschen, die sowieso schon aus nicht besonders begüterten Familien kommen, besonders abschreckend, wie diverse Studien zeigen.
Gebührenbefreiung für besondere Leistungen ...
Die Hochschulen sollen die Gebühren bis zu 10% ihrer Studierenden erlassen können - für besondere Leistungen. Als ein Beispiel wird die Übernahme von Tutorien genannt - was ja eher ein Witz ist. Denn als Tutor muss man von seiner Hochschule bezahlt werden. Ob nun dieses Einkommen für die Bezahlung der Studiengebühren benutzt wird oder man nichts bekommt, dafür aber auch keine Studiengebühren zahlen muss, ist ja am Ende dasselbe.
Wenn ansonsten auch noch Studierende von den Gebühren befreit werden können, die hervorragende Prüfungsleistungen zeigen, dann zeigt das eher, wie in Bayern alles unterhalb von Spitzenleistungen nichts wert ist. Schon das Abitur machen in Bayern so wenige wie in keinem anderen Bundesland. Das könnte sich irgendwann noch rächen.
Dass die Befreiung von den Gebühren im Bericht aus der Kabinettssitzung als "Stipendien" bezeichnet wird, ist ebenfalls eher dreist. Stipendien sind normalerweise besondere Förderungen. Wenn nun aber Studiengebühren eingeführt werden sollen und einige von ihnen ausgenommen werden, so werden eher die anderen behindert, als die Ausnahmen gefördert.
... und wenige Härtefälle
Von den Gebühren befreit werden sollen dann noch u.a. Studierende mit Kinder unter 10 und Studierende, deren Eltern "für drei oder mehr Kinder Kindergeld erhalten".
Schließlich soll es noch eine allgemeine Härtefallklausel geben - die den Hochschulen als Institution, die die Gebühren erheben muss, sicher noch viel Freude machen wird. Das Land dagegen sichert sich so gegen grundsätzliche Klagen gegen das Gesetz ab. Prinzipielle Bedenken gegen Studiengebühren haben die Gerichte in Deutschland ja offenbar nicht mehr und für den Einzelfall gibt's dann die Klausel, die eine Befreiung möglich macht - aber eben erst, wenn die Betroffenen auch klagen.
Erste Proteste geplant
Neben der Einführung von allgemeinen Studiengebühren plant die bayerische Regierung auch ein neues Hochschulgesetz. Dabei kommt es - aus Sicht der Landes-ASten-Konferenz - zu "Demokratieabbau und Ausrichtung der Hochschulorganisation nach Management- und Unternehmensstrukturen". Auch das Grund für Proteste - wenn man denn der Meinung ist, dass Bildung keine Ware und nicht nur nach kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen ausgerichtet sein soll.
In Nürnberg ruft der AK Bildungsklau zusammen mit einigen unterstützenden ASten und der LAK zu einer Demo gegen Sozialabbau und Bildungsklau am 29.10.2005 um 13:00 Uhr ab Lorenzkirche auf - näheres siehe hier.
In München plant der AStA der Uni München (LMU/GSU) eine Demo/Kundgebung am 17.11.2005 um 13 Uhr, Details stehen offenbar noch nicht fest, erkundigt Euch hier.
- Quellen und mehr zum Thema
- Bericht aus der Kabinettssitzung (25.10.2005)
- Stoiber plant zum Abschied allgemeine Studiengebühren (Pressemitteilung des ABS, 25.10.2005)
- Landes-ASten-Konferenz Bayern (Homepage mit aktuellen Statements)
- Studiengebühren in Bayern (ständig aktualisiert, mit Rückblick auf die letzten Jahre)