HochschulpolitikWahlprüfsteine - Die Antwort der FDP
1. Bildungspolitik ist größtenteils Ländersache - wie soll die Verteilung der Kompetenzen in Zukunft aussehen? Bleibt es beim Status Quo oder soll der Bund oder die Länder mehr Entscheidungen fällen können? Wie sehen Sie den Einfluss europäischer Institutionen und den Bologna-Prozess?
Der föderale Wettbewerb zwischen den Ländern existiert nur sehr eingeschränkt. Einige Länder sind überhaupt nicht wettbewerbsfähig, da sie zu klein sind und/oder im Haushaltsnotstand leben. Daher müssen bei einer Wiederaufnahme der Föderalismuskommission die Themen Länderneugliederung und Länderfinanzausgleich in die Reform einbezogen werden, sonst ist sie von vorneherein zum Scheitern verurteilt.
Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat es seit Jahren nicht vermocht, das Bildungswesen zu modernisieren und wettbewerbsfähig zu machen. Ihre Strukturen, Entscheidungsprozesse und Gremien sind überbürokratisch, zu langsam und ineffizient. Die vorhandenen Reformbemühungen reichen nicht aus. Deshalb ist die KMK zusammen mit der Bund-Länder-Kommission in ein neues Gremium zu überführen, dessen Hauptaufgabe die Koordination bei Fragen länderübergreifender Bedeutung zur Sicherung von Mobilität und Qualität ist. In der Berufsausbildung plädieren wir Liberalen dafür, die Kompetenzverteilung in seiner jetzigen Form zu erhalten, da sie sich auch im internationalen Vergleich bewährt hat.
Das Hochschulrahmengesetz (HRG) ist auf Kernbereiche zu konzentrieren. Die FDP tritt für einen vollen Wettbewerb in der bundesrepublikanischen Hochschullandschaft ein. Die Hochschulen sollen sich ihre Studentinnen und Studenten selbst aussuchen. Die ZVS wird nach den Vorstellungen der FDP abgeschafft, die Finanz- und Personalautonomie der Hochschulen wird sichergestellt. Das Hochschulrahmengesetz wird deshalb auf Kernbereiche, wie die Zulassung zum Studium, die Studiengänge, die Prüfungen, die Hochschulgrade und ein Mindestmaß von hochschulrechtlichen Regelungen hinsichtlich des Personals beschränkt bleiben, die mit Öffnungsklauseln für die Länder versehen werden.
Die FDP hat den Bologna-Prozess immer unterstützt. Voraussetzung für die Einführung der neuen Studienstrukturen ist jedoch ein Festhalten an hohen Qualitätsmaßstäben. Heute sind gerade mal 26 Prozent aller Studiengänge auf Bachelor-und Masterabschlüsse umgestellt. Bis 2010 ein flächendeckendes Netz zu erreichen, erfordert ein deutlich höheres Tempo. Die Akzeptanz der neuen Studiengänge ist in vielen Fachbereichen noch zu gering, insbesondere bei den technischen und ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen. Oftmals ist unklar, welche beruflichen Perspektiven die zukünftigen Bachelor-Absolventen haben. Hier sind verstärkte Anstrengungen der Wirtschaft und ihrer Verbände erforderlich. Für die nicht unerheblichen Kosten der Einführung und Evaluation der neuen Studiengänge benötigen die Hochschulen die entsprechenden Mittel. Völlig kontraproduktiv wäre eine Quotierung der Bachelor- und Masterstudiengänge. Hierdurch würde das Profil der Hochschulen eingeschränkt und die gewollte Bildung von akademischen Eliten erschwert.
2. Wie soll die Studienfinanzierung in Zukunft aussehen? Bleibt das BAföG, welche Verbesserungen können Sie sich dabei vorstellen bzw. welche Alternative schwebt Ihrer Partei vor? Oder sehen die Zukunft eher in so genannten Studienkrediten?
Die Antwort wurde zusammen mit der Antwort zur folgenden Frage gegeben.
3. Studiengebühren sind zwar laut Bundesverfassungsurteil erst einmal Ländersache. Trotzdem kann auf Bundesebene für oder gegen Studiengebühren gearbeitet werden - z.B. durch Bereitstellung einer Studienfinanzierung, die auch Studiengebühren umfasst. Werden Studiengebühren befürwortet oder abgelehnt und aus welchen Gründen?
Für die FDP ist selbstverständlich:
Das Bürgerrecht auf Bildung erfordert die optimale Förderung jeder Begabung in allen Lebensabschnitten. Jedem dafür geeigneten jungen Menschen muss daher der Weg zu einem Hochschulstudium offen stehen.
Die Grundsicherung des Lebensunterhalts für Studierende darf aus diesem Grunde nicht in Frage gestellt werden. Das BAFöG muss solange erhalten bleiben, bis die Grundsicherung durch das Liberale Bürgergeld gesichert ist. Im Bürgergeld werden steuerfinanzierte Sozialleistungen zu einer einzigen zusammengefasst. Anstelle von Grundsicherung, Sozialhilfe (ohne Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen),Wohngeld, Arbeitslosengeld II oder eben auch BAföG erhält der Bedürftige das Bürgergeld als "negative Einkommensteuer" vom Finanzamt. Die Berechnung des Bürgergeldes umfasst nicht nur die Pauschalen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, Unterkunft und Heizung, sondern auch Pauschalen für den Nachteilsausgleich z.B. bei Schwangerschaft und Ausbildung. Durch das Zusammenfassen aller sozialen Leistungen in ein System würde ein erheblicher Beitrag zum Bürokratieabbau, aber auch zum Datenschutz geleistet. Studienkredite können ein solches System sinnvoll ergänzen, aber nicht ersetzen.
Die Hochschulen müssen die Freiheit haben, Studienentgelte zu erheben, um ihr Lehrangebot zu verbessern. Wenn Studierende für Bildung zahlen, können sie auch eine gute Leistung verlangen. Wir wollen die Zentrale Vergabestelle für Studienplätze (ZVS) völlig abschaffen, damit sich die Studierenden ihre Hochschule selbst aussuchen können und so wirkliche Nachfragemacht bekommen. Haben auch die Hochschulen das Recht, ihre Studierenden selbst auszuwählen und wird es finanziell honoriert, wenn eine Hochschule viele Studierende hat, kommt im Hochschulbereich endlich ein Wettbewerb in Gang und die Qualität der Lehre steigt. Dabei ist für uns selbstverständlich, dass niemand aus finanziellen Gründen an einem Studium gehindert sein darf. Für Studierende muss die Möglichkeit bestehen, die Studienentgelte "nachlaufend" – nach dem Studienabschluss und abhängig von den eigenen wirtschaftlichen Möglichkeiten – zu bezahlen, unabhängig vom Einkommen der Eltern. Darüber hinaus müssen verstärkte Anstrengungen zur Entwicklung eines Stipendiensystems entwickelt werden.
4. Hochschulen sind heute i.a. Körperschaften öffentlichen Rechts. Sehen Sie hier Änderungsbedarf? Wie sollen die Leitungsstrukturen aussehen, welche Mitsprache soll den Studierenden zustehen (sofern der Bund hier überhaupt Einfluss nehmen soll)?
Deutschlands Hochschulen benötigen erheblich mehr Autonomie. Sie muss sich beziehen auf Personalentscheidungen, Organisationsstrukturen und die Budgets für Lehre und Forschung, die Umsetzung guter Ideen in wettbewerbsfähige Produkte eingeschlossen. Zur Autonomie gehört auch das Eigentum mit dem völligen Verfügungsrecht an den Liegenschaften. Die Rechtsform der Stiftung ist dafür geeigneter als die der Körperschaft.
Wir wollen, dass die Hochschulen in einen Wettbewerb um die Studierenden eintreten. Dies wird durch die von uns gewünschte Bindung eines erheblichen Teils der Finanzzuweisungen an die Studierendenzahlen erreicht. Die innere Verfassung und das Mitbestimmungsrecht der Studierenden werden dabei zu einem Wettbewerbs- und Qualitätsfaktor. So können die Hochschulen ihr eigenständiges Profil nicht nur in Forschung und Lehre, sondern auch bei den inneren Organisationsformen und den Mitbestimmungsmöglichkeiten der Studierenden herausbilden, um attraktive Angebote zu machen. Hochschulen in freier Trägerschaft haben hier schon einiges vorgemacht. Der Staat sollte sich dabei keinesfalls einmischen - weder in Gestalt des Bundes noch in Gestalt der Länder.
5. Hochschulfinanzierung ist von Bundesseite vor allem der Hochschulbau und die Finanzierung von Forschung. Wollen Sie dies so belassen und wieviel Gelder planen Sie dafür (oder auch für neue Aufgaben) ein im Vergleich zur Vergangenheit?
Unsere Hochschulen sehen sich in den kommenden Jahren einem dramatischen Anstieg der studentischen Nachfrage gegenüber. Bis 2011 ist mit einem Anstieg der der Schulabsolventen mit Studienberechtigung von 370.000 auf 446.000 zu rechnen. Die Studierendenzahl wird von knapp 2 Mio. in 2004 auf ca. 2,5 Mio. in 2012 ansteigen. Hinzu kommt die Spitzenbelastung der Hochschulen durch die in vielen Ländern nun wirksam werdende Schulzeitverkürzung. Viele Bundesländer werden die erforderliche Kraftanstrengung ohne den Bund nicht leisten können. Hoffnungen auf eine deutliche Veränderung des Länderfinanzausgleichs halten wir für wenig berechtigt.
Eine Mitfinanzierung des Hochschulbaus durch den Bund bleibt daher nach Ansicht der FDP zumindest für größere Vorhaben notwendig. Die Forschungsfinanzierung muss in jedem Fall weiterhin gemeinschaftlich erfolgen und aufgestockt werden. Deutschland gibt im internationalen Vergleich zu wenig für Forschung und Entwicklung (FuE) aus. Bis 2010 sollen 3 % des Bruttoinlandsproduktes in FuE investiert werden. Heute sind es erst 2,5 %; viele Milliarden fehlen also. Die FDP hat in den vergangenen Jahren stets konkrete Vorschläge zur Aufstockung der Hochschulbau- und Forschungsfinanzierung im Bundestag unterbereitet, die mit Gegenfinanzierungen in anderen Bereichen verbunden waren, aber von Rot-Grün abgelehnt wurden.
6. Im internationalen Vergleich studieren in Deutschland verhältnismäßig wenig Menschen. Der Frauenanteil ist schon unter Studierenden geringer als in vielen europäischen Ländern, im wissenschaftlichen Mittelbau und bei C3- (und noch mehr bei C4-) Professuren ist der geringe Frauenanteil sowieso offensichtlich. Sind aus Ihrer Sicht hier (Studierendenanteil unter der Bevölkerung allgemein, Frauenanteil im Hochschulbereich)Maßnahmen erforderlich, wenn ja, welche?
Wir haben schon auf den erfreulicherweise steigenden Anteil der Studierendenzahlen hingewiesen. Wir sind ein Land, in dem die große Mehrzahl der Menschen durch Wissen und Können das Geld verdienen muss, wenn das erreichte Wohlstands- und soziale Sicherungsniveau nicht dramatisch abnehmen soll. Kluge Köpfe sind die wichtigste Ressource unseres Landes. Durch die von der FDP geforderte erhebliche Verbesserung besonders der vorschulischen Bildung, aber auch der Schulen wird sich das Bildungsniveau insgesamt heben. Wie schon vorher ausgeführt, rechnen wir daher mit weiter steigenden Studierendenzahlen.
Der Frauenanteil bei den Erstsemestern betrug zum Wintersemester 2004/2005 48,8 %. Er erreichte mit 47,9% bei der Gesamtzahl aller Studierenden einen neuen Höchstwert. Bei den Schulabgängern mit Abitur liegt der Frauenanteil schon deutlich über 50% - beim Abiturjahrgang 2004 lag er bei 52,6%, so dass die Studierendenquote bei den Frauen vermutlich bald auch ohne äußere Eingriffe die 50%-Marke übersteigen wird. Auch der Anteil der Frauen bei den Professorenstellen steigt deutlich an, wenn auch von sehr niedrigem Niveau aus: Von 1994 bis 2004 stieg er von 8% auf 14%. Dies deutet darauf hin, dass die durch die Länder und die Hochschulen selbst eingeleiteten Frauenförderungsmaßnahmen greifen. Eine Beschleunigung dieser Entwicklung wird von uns begrüßt, sie muss im Rahmen der Autonomie der Hochschulen stattfinden.
Diskussionsbedarf?
Wer die Antworten der FDP oder überhaupt rund um die Bundestagswahl diskutieren möchte, kann dies in unserem Forum "Bildungs- und Hochschulpolitik" in dem ein extra Thread zum Thema Bundestagswahl eingerichtet ist.
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Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat es seit Jahren nicht vermocht, das Bildungswesen zu modernisieren und wettbewerbsfähig zu machen. Ihre Strukturen, Entscheidungsprozesse und Gremien sind überbürokratisch, zu langsam und ineffizient. Die vorhandenen Reformbemühungen reichen nicht aus. Deshalb ist die KMK zusammen mit der Bund-Länder-Kommission in ein neues Gremium zu überführen, dessen Hauptaufgabe die Koordination bei Fragen länderübergreifender Bedeutung zur Sicherung von Mobilität und Qualität ist. In der Berufsausbildung plädieren wir Liberalen dafür, die Kompetenzverteilung in seiner jetzigen Form zu erhalten, da sie sich auch im internationalen Vergleich bewährt hat.
Das Hochschulrahmengesetz (HRG) ist auf Kernbereiche zu konzentrieren. Die FDP tritt für einen vollen Wettbewerb in der bundesrepublikanischen Hochschullandschaft ein. Die Hochschulen sollen sich ihre Studentinnen und Studenten selbst aussuchen. Die ZVS wird nach den Vorstellungen der FDP abgeschafft, die Finanz- und Personalautonomie der Hochschulen wird sichergestellt. Das Hochschulrahmengesetz wird deshalb auf Kernbereiche, wie die Zulassung zum Studium, die Studiengänge, die Prüfungen, die Hochschulgrade und ein Mindestmaß von hochschulrechtlichen Regelungen hinsichtlich des Personals beschränkt bleiben, die mit Öffnungsklauseln für die Länder versehen werden.
Die FDP hat den Bologna-Prozess immer unterstützt. Voraussetzung für die Einführung der neuen Studienstrukturen ist jedoch ein Festhalten an hohen Qualitätsmaßstäben. Heute sind gerade mal 26 Prozent aller Studiengänge auf Bachelor-und Masterabschlüsse umgestellt. Bis 2010 ein flächendeckendes Netz zu erreichen, erfordert ein deutlich höheres Tempo. Die Akzeptanz der neuen Studiengänge ist in vielen Fachbereichen noch zu gering, insbesondere bei den technischen und ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen. Oftmals ist unklar, welche beruflichen Perspektiven die zukünftigen Bachelor-Absolventen haben. Hier sind verstärkte Anstrengungen der Wirtschaft und ihrer Verbände erforderlich. Für die nicht unerheblichen Kosten der Einführung und Evaluation der neuen Studiengänge benötigen die Hochschulen die entsprechenden Mittel. Völlig kontraproduktiv wäre eine Quotierung der Bachelor- und Masterstudiengänge. Hierdurch würde das Profil der Hochschulen eingeschränkt und die gewollte Bildung von akademischen Eliten erschwert.
2. Wie soll die Studienfinanzierung in Zukunft aussehen? Bleibt das BAföG, welche Verbesserungen können Sie sich dabei vorstellen bzw. welche Alternative schwebt Ihrer Partei vor? Oder sehen die Zukunft eher in so genannten Studienkrediten?
Die Antwort wurde zusammen mit der Antwort zur folgenden Frage gegeben.
3. Studiengebühren sind zwar laut Bundesverfassungsurteil erst einmal Ländersache. Trotzdem kann auf Bundesebene für oder gegen Studiengebühren gearbeitet werden - z.B. durch Bereitstellung einer Studienfinanzierung, die auch Studiengebühren umfasst. Werden Studiengebühren befürwortet oder abgelehnt und aus welchen Gründen?
Für die FDP ist selbstverständlich:
Das Bürgerrecht auf Bildung erfordert die optimale Förderung jeder Begabung in allen Lebensabschnitten. Jedem dafür geeigneten jungen Menschen muss daher der Weg zu einem Hochschulstudium offen stehen.
Die Grundsicherung des Lebensunterhalts für Studierende darf aus diesem Grunde nicht in Frage gestellt werden. Das BAFöG muss solange erhalten bleiben, bis die Grundsicherung durch das Liberale Bürgergeld gesichert ist. Im Bürgergeld werden steuerfinanzierte Sozialleistungen zu einer einzigen zusammengefasst. Anstelle von Grundsicherung, Sozialhilfe (ohne Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen),Wohngeld, Arbeitslosengeld II oder eben auch BAföG erhält der Bedürftige das Bürgergeld als "negative Einkommensteuer" vom Finanzamt. Die Berechnung des Bürgergeldes umfasst nicht nur die Pauschalen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, Unterkunft und Heizung, sondern auch Pauschalen für den Nachteilsausgleich z.B. bei Schwangerschaft und Ausbildung. Durch das Zusammenfassen aller sozialen Leistungen in ein System würde ein erheblicher Beitrag zum Bürokratieabbau, aber auch zum Datenschutz geleistet. Studienkredite können ein solches System sinnvoll ergänzen, aber nicht ersetzen.
Die Hochschulen müssen die Freiheit haben, Studienentgelte zu erheben, um ihr Lehrangebot zu verbessern. Wenn Studierende für Bildung zahlen, können sie auch eine gute Leistung verlangen. Wir wollen die Zentrale Vergabestelle für Studienplätze (ZVS) völlig abschaffen, damit sich die Studierenden ihre Hochschule selbst aussuchen können und so wirkliche Nachfragemacht bekommen. Haben auch die Hochschulen das Recht, ihre Studierenden selbst auszuwählen und wird es finanziell honoriert, wenn eine Hochschule viele Studierende hat, kommt im Hochschulbereich endlich ein Wettbewerb in Gang und die Qualität der Lehre steigt. Dabei ist für uns selbstverständlich, dass niemand aus finanziellen Gründen an einem Studium gehindert sein darf. Für Studierende muss die Möglichkeit bestehen, die Studienentgelte "nachlaufend" – nach dem Studienabschluss und abhängig von den eigenen wirtschaftlichen Möglichkeiten – zu bezahlen, unabhängig vom Einkommen der Eltern. Darüber hinaus müssen verstärkte Anstrengungen zur Entwicklung eines Stipendiensystems entwickelt werden.
4. Hochschulen sind heute i.a. Körperschaften öffentlichen Rechts. Sehen Sie hier Änderungsbedarf? Wie sollen die Leitungsstrukturen aussehen, welche Mitsprache soll den Studierenden zustehen (sofern der Bund hier überhaupt Einfluss nehmen soll)?
Deutschlands Hochschulen benötigen erheblich mehr Autonomie. Sie muss sich beziehen auf Personalentscheidungen, Organisationsstrukturen und die Budgets für Lehre und Forschung, die Umsetzung guter Ideen in wettbewerbsfähige Produkte eingeschlossen. Zur Autonomie gehört auch das Eigentum mit dem völligen Verfügungsrecht an den Liegenschaften. Die Rechtsform der Stiftung ist dafür geeigneter als die der Körperschaft.
Wir wollen, dass die Hochschulen in einen Wettbewerb um die Studierenden eintreten. Dies wird durch die von uns gewünschte Bindung eines erheblichen Teils der Finanzzuweisungen an die Studierendenzahlen erreicht. Die innere Verfassung und das Mitbestimmungsrecht der Studierenden werden dabei zu einem Wettbewerbs- und Qualitätsfaktor. So können die Hochschulen ihr eigenständiges Profil nicht nur in Forschung und Lehre, sondern auch bei den inneren Organisationsformen und den Mitbestimmungsmöglichkeiten der Studierenden herausbilden, um attraktive Angebote zu machen. Hochschulen in freier Trägerschaft haben hier schon einiges vorgemacht. Der Staat sollte sich dabei keinesfalls einmischen - weder in Gestalt des Bundes noch in Gestalt der Länder.
5. Hochschulfinanzierung ist von Bundesseite vor allem der Hochschulbau und die Finanzierung von Forschung. Wollen Sie dies so belassen und wieviel Gelder planen Sie dafür (oder auch für neue Aufgaben) ein im Vergleich zur Vergangenheit?
Unsere Hochschulen sehen sich in den kommenden Jahren einem dramatischen Anstieg der studentischen Nachfrage gegenüber. Bis 2011 ist mit einem Anstieg der der Schulabsolventen mit Studienberechtigung von 370.000 auf 446.000 zu rechnen. Die Studierendenzahl wird von knapp 2 Mio. in 2004 auf ca. 2,5 Mio. in 2012 ansteigen. Hinzu kommt die Spitzenbelastung der Hochschulen durch die in vielen Ländern nun wirksam werdende Schulzeitverkürzung. Viele Bundesländer werden die erforderliche Kraftanstrengung ohne den Bund nicht leisten können. Hoffnungen auf eine deutliche Veränderung des Länderfinanzausgleichs halten wir für wenig berechtigt.
Eine Mitfinanzierung des Hochschulbaus durch den Bund bleibt daher nach Ansicht der FDP zumindest für größere Vorhaben notwendig. Die Forschungsfinanzierung muss in jedem Fall weiterhin gemeinschaftlich erfolgen und aufgestockt werden. Deutschland gibt im internationalen Vergleich zu wenig für Forschung und Entwicklung (FuE) aus. Bis 2010 sollen 3 % des Bruttoinlandsproduktes in FuE investiert werden. Heute sind es erst 2,5 %; viele Milliarden fehlen also. Die FDP hat in den vergangenen Jahren stets konkrete Vorschläge zur Aufstockung der Hochschulbau- und Forschungsfinanzierung im Bundestag unterbereitet, die mit Gegenfinanzierungen in anderen Bereichen verbunden waren, aber von Rot-Grün abgelehnt wurden.
6. Im internationalen Vergleich studieren in Deutschland verhältnismäßig wenig Menschen. Der Frauenanteil ist schon unter Studierenden geringer als in vielen europäischen Ländern, im wissenschaftlichen Mittelbau und bei C3- (und noch mehr bei C4-) Professuren ist der geringe Frauenanteil sowieso offensichtlich. Sind aus Ihrer Sicht hier (Studierendenanteil unter der Bevölkerung allgemein, Frauenanteil im Hochschulbereich)Maßnahmen erforderlich, wenn ja, welche?
Wir haben schon auf den erfreulicherweise steigenden Anteil der Studierendenzahlen hingewiesen. Wir sind ein Land, in dem die große Mehrzahl der Menschen durch Wissen und Können das Geld verdienen muss, wenn das erreichte Wohlstands- und soziale Sicherungsniveau nicht dramatisch abnehmen soll. Kluge Köpfe sind die wichtigste Ressource unseres Landes. Durch die von der FDP geforderte erhebliche Verbesserung besonders der vorschulischen Bildung, aber auch der Schulen wird sich das Bildungsniveau insgesamt heben. Wie schon vorher ausgeführt, rechnen wir daher mit weiter steigenden Studierendenzahlen.
Der Frauenanteil bei den Erstsemestern betrug zum Wintersemester 2004/2005 48,8 %. Er erreichte mit 47,9% bei der Gesamtzahl aller Studierenden einen neuen Höchstwert. Bei den Schulabgängern mit Abitur liegt der Frauenanteil schon deutlich über 50% - beim Abiturjahrgang 2004 lag er bei 52,6%, so dass die Studierendenquote bei den Frauen vermutlich bald auch ohne äußere Eingriffe die 50%-Marke übersteigen wird. Auch der Anteil der Frauen bei den Professorenstellen steigt deutlich an, wenn auch von sehr niedrigem Niveau aus: Von 1994 bis 2004 stieg er von 8% auf 14%. Dies deutet darauf hin, dass die durch die Länder und die Hochschulen selbst eingeleiteten Frauenförderungsmaßnahmen greifen. Eine Beschleunigung dieser Entwicklung wird von uns begrüßt, sie muss im Rahmen der Autonomie der Hochschulen stattfinden.
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Wer die Antworten der FDP oder überhaupt rund um die Bundestagswahl diskutieren möchte, kann dies in unserem Forum "Bildungs- und Hochschulpolitik" in dem ein extra Thread zum Thema Bundestagswahl eingerichtet ist.
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