HochschulpolitikBaden-Württemberg will als erstes Land Studiengebühren-Gesetz beschließen
Nachdem wir schon gestern meldeten, dass die Landesregierung von Baden-Württemberg in diesen Tagen an einer Detailkonzeption in Sachen Studiengebühren bastelt, kam heute die Bestätigung.
Wissenschaftsminister Frankenberg erklärte im Deutschlandfunk:
Grundsätzlich muss man die folgenden Details noch mit Vorsicht betrachten. In der offiziellen Presseeklärung des Ministeriums werden sie nicht vollständig genannt, es ist eine Zusammenstellung aus verschiedenen aktuellen Quellen (siehe die Linkliste am Ende des Artikels).
Die allgemeinen Studiengebühren von 500 Euro werden an allen Hochschulen und den Berufsakademien gelten, zahlbar erstmalig im Sommersemester 2007.
Von den Gebühren befreit werden Studierende, die Kinder unter sieben Jahren pflegen und erziehen, behindert oder chronisch krank sind. Desweiteren können auf Antrag Studierende befreit werden, die zwei ältere Geschwister haben, die ebenfalls kostenpflichtig studieren. Studis Online folgert also: Studieren die Geschwiester in einem Bundesland ohne allgemeine Studiengebühren, gibt es keine Befreiung!
Die Gebühren können sofort zu Beginn des Semesters gezahlt werden. Für sogenannte Langzeitstudierende ist das heute und in Zukunft so. Für (fast) alle anderen gilt, dass sie ein Kredit bei der landeseigenen L-Bank aufnehmen können. Der Zinssatz soll unter 6% liegen (heutiges Zinsniveau vorausgesetzt!).
Die Rückzahlung beginnt zwei Jahre nach Ende des Studiums in Raten von 50 bis 150 Euro (je nach Einkommen, höhere Raten oder eine Rückzahlung auf einen Schlag werden vermutlich auch möglich sein). Bei niedrigen Einkommen kann Rückzahlung ausgesetzt werden. Bei dauerhaften Zahlungsschwierigkeiten - etwa aufgrund längerer Arbeitslosigkeit - kann die Darlehensschuld auf Antrag ganz erlassen werden.
Die Rückzahlungspflicht soll im Fall einer Familie mit einem Alleinverdienenden und zwei Kindern bei einem Nettoeinkommen von 2410 € beginnen. Studis Online merkt an: Wie angenehm die Rückzahlungsbedingungen sind, wird man erst wissen, wenn die Details bekannt sind. Im Beispiel geht es um eine vierköpfige Familie!
BAföG-EmpfängerInnen wird die Darlehensschuld anteilig erlassen, sofern sie zusammen mit den BAföG-Schulden auf über 15.000 Euro Darlehenssumme kommen (Zinsen kommen beim Studiengebührenteil aber noch dazu!). Studis Online ergänzt: Da die BAföG-Schulden bei 10.000 Euro gedeckelt sind (sofern man innerhalb der Regelstudienzeit fertig wird!), greift diese Regelung also erst bei Studiengängen mit über 10 Semester Studiendauer bzw. einem Studium von einer Dauer von mehr als 10 Semestern. Sonderlich großzügig zeigt sich die Landesregierung also nicht, BAföG-EmpfängerInnen wird einfach mal 50% mehr Schulden aufgelastet (oder prozentual sogar mehr, wenn der BAföG-Darlehensanteil geringer als 10.000 Euro war).
Ein Detail, was durchaus noch zu Schwierigkeiten führen könnte: Laut Frankenberg sollen die Hochschulen selbst Geld in einen Fonds einzahlen, der die Ausfälle bei der Kreditrückzahlung deckt. Damit gibt es einen Schattenhaushalt, von dem man gerade in den ersten Jahren kaum abschätzen kann, ob das dort geparkte Geld ausreicht oder nicht.
Was die Gebührengegner sagen
Aus Sicht des Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) treibt der für die Studiengebühren aufzunehmende Kredit Studierende aus einkommensschwächeren Familien in die Schuldenfalle und hält sie so vom Studium ab.
Sascha Vogt, Geschäftsführer des ABS, erklärte: "Auch wenn sich die Darlehen auf dem Papier moderat ansehen mögen, muss deutlich sein, dass jede zusätzliche Verschuldung genau die von den Hochschulen vertreibt, deren Eltern nicht das notwendige Kleingeld im Geldbeutel haben. Durch die Höchstverschuldungsgrenze von 10.000 Euro im Rahmen der BAföG-Reform im Jahr 2001 konnte es zum ersten Mal seit Jahren gelingen, den Anteil von Studierenden aus bildungsfernen Schichten zu erhöhen. Durch die Einführung von Studiengebühren baut Herr Frankenberg Hürden auf, die gerade erst eingeschränkt wurden."
Nach Einschätzung des ABS wird es trotz alle Beteuerungen mit der Einführung von Studiengebühren zu mittelfristigen Kürzungen der öffentlichen Zuweisungen kommen. "Herr Frankenberg bestätigt dies indirekt: Auf der einen Seite sagt er, Studiengebühren seien notwendig, da die öffentlichen Haushalte begrenzt seien, auf der anderen Seite appeliert er an sein Parlament, den Hochschulen keine Mittel zu kürzen. Das ist kein Konzept, das ist Wunschdenken", so Vogt weiter.
Das ABS befürchtet: mmer höhere Gebühren werden den immer weiter fortschreitenden Rückzug des Landes ausgleichen müssen. Vogt: "Nicht nur daher glauben wir: 500 Euro sind eine Einstiegsdroge. Es geht hier nicht um eine mittelfristige Verbesserung der Lage der Hochschulen, es geht hier um eine Privatisierung von Bildungschancen."
Wissenschaftsminister Frankenberg erklärte im Deutschlandfunk:
- Wir haben heute im Kabinett die Eckwerte der Studiengebühren verabschiedet, also das Studiengebührenmodell. Es werden jetzt Gesetzentwurf und das Kreditmodell erarbeitet, wir werden am 6. September im Kabinett den Anhörungsentwurf fertig stellen, das heißt, dann geht der Gesetzentwurf in die Anhörung der Betroffenen und wir werden in der letzten Sitzung des Landtages vor Weihnachten den Gesetzentwurf verabschieden.
Grundsätzlich muss man die folgenden Details noch mit Vorsicht betrachten. In der offiziellen Presseeklärung des Ministeriums werden sie nicht vollständig genannt, es ist eine Zusammenstellung aus verschiedenen aktuellen Quellen (siehe die Linkliste am Ende des Artikels).
Die allgemeinen Studiengebühren von 500 Euro werden an allen Hochschulen und den Berufsakademien gelten, zahlbar erstmalig im Sommersemester 2007.
Von den Gebühren befreit werden Studierende, die Kinder unter sieben Jahren pflegen und erziehen, behindert oder chronisch krank sind. Desweiteren können auf Antrag Studierende befreit werden, die zwei ältere Geschwister haben, die ebenfalls kostenpflichtig studieren. Studis Online folgert also: Studieren die Geschwiester in einem Bundesland ohne allgemeine Studiengebühren, gibt es keine Befreiung!
Die Gebühren können sofort zu Beginn des Semesters gezahlt werden. Für sogenannte Langzeitstudierende ist das heute und in Zukunft so. Für (fast) alle anderen gilt, dass sie ein Kredit bei der landeseigenen L-Bank aufnehmen können. Der Zinssatz soll unter 6% liegen (heutiges Zinsniveau vorausgesetzt!).
Die Rückzahlung beginnt zwei Jahre nach Ende des Studiums in Raten von 50 bis 150 Euro (je nach Einkommen, höhere Raten oder eine Rückzahlung auf einen Schlag werden vermutlich auch möglich sein). Bei niedrigen Einkommen kann Rückzahlung ausgesetzt werden. Bei dauerhaften Zahlungsschwierigkeiten - etwa aufgrund längerer Arbeitslosigkeit - kann die Darlehensschuld auf Antrag ganz erlassen werden.
Die Rückzahlungspflicht soll im Fall einer Familie mit einem Alleinverdienenden und zwei Kindern bei einem Nettoeinkommen von 2410 € beginnen. Studis Online merkt an: Wie angenehm die Rückzahlungsbedingungen sind, wird man erst wissen, wenn die Details bekannt sind. Im Beispiel geht es um eine vierköpfige Familie!
BAföG-EmpfängerInnen wird die Darlehensschuld anteilig erlassen, sofern sie zusammen mit den BAföG-Schulden auf über 15.000 Euro Darlehenssumme kommen (Zinsen kommen beim Studiengebührenteil aber noch dazu!). Studis Online ergänzt: Da die BAföG-Schulden bei 10.000 Euro gedeckelt sind (sofern man innerhalb der Regelstudienzeit fertig wird!), greift diese Regelung also erst bei Studiengängen mit über 10 Semester Studiendauer bzw. einem Studium von einer Dauer von mehr als 10 Semestern. Sonderlich großzügig zeigt sich die Landesregierung also nicht, BAföG-EmpfängerInnen wird einfach mal 50% mehr Schulden aufgelastet (oder prozentual sogar mehr, wenn der BAföG-Darlehensanteil geringer als 10.000 Euro war).
Ein Detail, was durchaus noch zu Schwierigkeiten führen könnte: Laut Frankenberg sollen die Hochschulen selbst Geld in einen Fonds einzahlen, der die Ausfälle bei der Kreditrückzahlung deckt. Damit gibt es einen Schattenhaushalt, von dem man gerade in den ersten Jahren kaum abschätzen kann, ob das dort geparkte Geld ausreicht oder nicht.
Was die Gebührengegner sagen
Aus Sicht des Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) treibt der für die Studiengebühren aufzunehmende Kredit Studierende aus einkommensschwächeren Familien in die Schuldenfalle und hält sie so vom Studium ab.
Sascha Vogt, Geschäftsführer des ABS, erklärte: "Auch wenn sich die Darlehen auf dem Papier moderat ansehen mögen, muss deutlich sein, dass jede zusätzliche Verschuldung genau die von den Hochschulen vertreibt, deren Eltern nicht das notwendige Kleingeld im Geldbeutel haben. Durch die Höchstverschuldungsgrenze von 10.000 Euro im Rahmen der BAföG-Reform im Jahr 2001 konnte es zum ersten Mal seit Jahren gelingen, den Anteil von Studierenden aus bildungsfernen Schichten zu erhöhen. Durch die Einführung von Studiengebühren baut Herr Frankenberg Hürden auf, die gerade erst eingeschränkt wurden."
Nach Einschätzung des ABS wird es trotz alle Beteuerungen mit der Einführung von Studiengebühren zu mittelfristigen Kürzungen der öffentlichen Zuweisungen kommen. "Herr Frankenberg bestätigt dies indirekt: Auf der einen Seite sagt er, Studiengebühren seien notwendig, da die öffentlichen Haushalte begrenzt seien, auf der anderen Seite appeliert er an sein Parlament, den Hochschulen keine Mittel zu kürzen. Das ist kein Konzept, das ist Wunschdenken", so Vogt weiter.
Das ABS befürchtet: mmer höhere Gebühren werden den immer weiter fortschreitenden Rückzug des Landes ausgleichen müssen. Vogt: "Nicht nur daher glauben wir: 500 Euro sind eine Einstiegsdroge. Es geht hier nicht um eine mittelfristige Verbesserung der Lage der Hochschulen, es geht hier um eine Privatisierung von Bildungschancen."
Eure Meinung zum Thema Studiengebühren! Was sagt Ihr zu Studiengebühren? Wie fandet Ihr die bisherigen Proteste dagegen bei Euch und anderswo? In unserem Forum könnt Ihr das und andere Themen diskutieren. » Zum Forum Bildungs- und Hochschulpolitik |
- Quellen / Hintergründe
- Frankenberg: Studiengebühren für die Verbesserung der Lehre (Deutschlandfunk-Interview mit Frankenberg, 26.07.2005)
- Konzeption für Studiengebühren in Baden-Württemberg steht (Presseerklärung des Ministeriums, 26.07.2005)
- Augenwischerei in Baden-Wuerttemberg (Presseerklärung des Aktionbündnis gegen Studiengebühren BaWü, 26.07.2005)
- Unerfreuliche Post für Studenten (Heilbronner Stimme, 25.07.2005)