HochschulpolitikSummer of Resistance in Hamburg, Köln und anderswo
Hamburger Bildungsdemo für freie Bildung
Aufgerufen hatten zur Hamburger Bildungsdemo eine ganze Reihe von Gruppen, von den Kindertagesstätten, über SchülerInnen, LehrerInnen und Elternverbänden auch Gewerkschaften und der AStA der Uni Hamburg. Dementsprechend lang war auch die Liste der RednerInnen, was aber immer wieder durch musikalische Einlagen unterbrochen wurde.
So konnte ein Rapper mit zwei Songs zur kämpferischen Stimmung beitragen. Der Refrain des einen Songs ging ungefähr so:
- "Ich hab' gehört, das sei das Land der Dichter und Denker
doch wer studieren darf, bestimmen Richter und Banker"
SchülerInnen der Ida Ehre Gesamtschule in Hamburg fordern kostenlose Bildung für alle - das Motto der Demo |
Wie empfindlich die Politik reagiert bzw. die Polizei im vorauseilenden Gehorsam versucht, Leute zu verunsichern, zeigt eine Begebenheit am Rande der Demo in Hamburg. Ein Redner hatte den Hamburger Senat hart angegriffen und dabei scherzhaft das Aussehen des Ersten Bürgermeister Ole von Beust in Zusammenhang mit einer Wurst gebracht. Das nahm die Polizei zum Anlass, von diesem Redner die Personalien aufzunehmen, denn die Äußerung könne als Beleidigung Anlass zu einem Verfahren sein. Wahrscheinlich wird es dazu nie kommen, aber offenbar kann die Polizei in Hamburg keine Demonstration gegen den Senat mehr ohne Versuche vorbeigehen lassen, die TeilnehmerInnen zu kriminalisieren.
Uni Köln streikt
An der Uni Köln wird währenddessen seit Anfang der Woche gestreikt. Vorreiter waren der Fachbereiche Biologie und die Philosophischen Fakultät, die am Montag den 2002 ausgesetzten Streik unbefristet wieder aufgenommen haben. 2002 war der Anlass die Einführung von Rückmeldegebühren (die dann erstmal nicht kamen) und Studienkonten. Letztlich damals nur ein Schritt in dieselbe Richtung wie heute, insofern ist die Bezugnahme und Wiederaufnahme des Streiks durchaus folgerichtig.
Am Montag und Dienstag Nachmittag gab es spontane Demos durch die Stadt, am Dienstag schlossen sich Erziehungswissenschaftliche sowie die Heilpädagogische Fakultät dem Streik an.
Am Mittwoch gab es dann eine uniweite Vollversammlung, auf der sich auch der Rektor der Universität, Prof. Freimuth, zu Studiengebühren äußerte. Den Ruf, die Studiengebühren an der Universität Köln nicht umzusetzen, wollte er nicht folgen, stattdessen argumentierte er für ein sozialverträgliches Gebührenmodell aus, welches in Rücksicht auf soziale Umstände der Betroffenen gestaltet werden sollte. Ferner betonte er die finanzielle Abhängigkeit der Universität von den Entscheidungen der Landesregierung.
Dem von der Fachhochschule Dortmund eingeschlagenen Kurs, die Gebühreneinziehung zu verweigern (vgl. den Artikel Hochschulen könnten Studiengebühren verhindern, wollte sich Freimuth nicht anschließen. Er unterbreitete jedoch den Vorschlag zu einer paritätischen Arbeitsgruppe zwischen Rektorat und den Studierenden.
Laut einem taz-Bericht äußerte Prorektor Norbert Finzsch immerhin Verständnis für die Proteste. Er persönlich sei auch gegen Studiengebühren. Die Hauptgefahr sehe er aber vielmehr in der Einführung der "Bachelor"- und "Master"-Studiengänge, die keinerlei Zeit ließen, nebenher arbeiten zu gehen und so ein Studium für viele unmöglich machen könnten. Um in seiner Funktion als Dozent die Streiks zu unterstützen, kündigte er an, seine Lehrveranstaltungen in einer S-Bahn abzuhalten, "um den Protest der Studierenden auch rauszutragen in die Lebenswelt anderer Menschen."
Infos aus Sicht der Streikkampagne der Philosophische Fakultät an der Uni Köln können unter www.radiocat.de aufgerufen werden.
Eure Meinung zum Thema Studiengebühren? Was sagt Ihr allgemein zu Studiengebühren? Wie fandet Ihr die bisherigen Protestformen bei Euch und anderswo? In unserem Forum könnt Ihr das und andere Themen diskutieren. » Zum Forum Bildungs- und Hochschulpolitik |
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