HochschulpolitikNeuwahlen? Was das für BAföG und Studiengebühren bedeuten könnte
Die SPD-Spitze hat die Ankündigung, Neuwahlen herbeizuführen, damit begründet, dass die CDU im Bundesrat immer blockieren würde und Klarheit geschaffen werden solle, ob der "Reformkurs" der Bundesregierung überhaupt noch gewollt sei.
Allerdings scheint auch eine gewisse Regierungsmüdigkeit und Konzeptlosigkeit bei rot-grün zu herrschen. Immerhin könnte man für rot-grün anführen, dass sie doch nicht so an der Macht kleben, wie manche dachten. Allerdings spricht auch einiges dafür, dass Müntefering und Schröder so verhindern wollten, dass die SPD über ihre Niederlage zu viel debattiert. Fängt gleich wieder ein Wahlkampf an - so hoffen möglicherweise die beiden - bleiben die Reihen eher geschlossen. Ob diese Strategie aufgeht - das ist eine der spannenden Fragen in den nächsten Monaten.
Nachdem Bundeskanzler Schröder am Montag auch noch verkündete, er sehe kein Anlass zu einer Umbildung des Kabinetts, denn es hätte gute Arbeit gemacht, kann man sich fragen, wie so eine Wahl gewonnen werden soll. Dass die WählerInnen mit der Arbeit von SPD (und auch Grünen) nicht zufrieden sind, haben sie indirekt in vielen Landtagswahlen gezeigt. Offenbar wollen die WählerInnen eine andere Politik - welche genau, darüber mag man streiten. Aber die Strategie "einfach weiter so" ist auch sehr gewagt.
Zur Zeit spricht daher viel dafür, dass Neuwahlen zu einem Regierungswechsel führen würden - denn rot-grün wirkt nicht, als wenn sie überhaupt nochmal gewinnen wollten. Das Argument, die CDU könne im Bundesrat doch viel blockieren, würde ja auch nach einem erneuten Sieg von rot-grün auf Bundesebene (wie unwahrscheinlich er jetzt auch scheint) gelten.
Nach diesen allgemeinen Gedanken der Blick auf die Veränderungen im Bereich Hochschulpolitik, die Neuwahlen mit einem Sieg von CDU-CSU-FDP wahrscheinlich bringen würden. Und was rot-grün in den letzten Jahren so gemacht hat (und weitermachen würde).
Studiengebühren auf Bundesebene vorschreiben?
Durch das Bundesverfassungsurteil Anfang des Jahres, das das Verbot von Studiengebühren im Hochschulrahmengesetz als verfassungswidrig erklärte, würden auch CDU und FDP auf Bundesebene dazu nichts regeln können. Genau so wenig, wie ein Verbot von Studiengebühren möglich ist, kann auch keine Erhebung von Gebühren vorgeschrieben werden.
Der Trend zu Studiengebühren wird eher dadurch bestärkt werden, dass NRW als größtes Bundesland umgefähr ein Viertel aller Studierenden Deutschlands ausbildet. Werden dort - wie von CDU und FDP angekündigt - Studiengebühren eingeführt, werden die bisher Studiengebühren abgeneigten Länder kaum noch widerstehen können, einfach "aufzugeben".
Die Auseinandersetzung um Studiengebühren wird entscheidend auch von den Studierenden in NRW beeinflusst werden. Schaffen sie es nicht, in der nächsten Zeit größere Proteste auf die Beine zu stellen, so wird es umso schneller zu Studiengebühren in praktisch allen Ländern Deutschlands kommen. Bei großen Protesten könnte dieser Trend zumindest verlangsamt werden oder sogar gedreht - da müsste allerdings einiges an glücklichen Umständen hinzukommen.
Was sich einige CDU-LandesbildungsministerInnen zum Thema Studiengebühren überlegt hatten, kann man im Artikel CDU-Studiengebühren-Eckpunkte von allen Seiten kritisiert vom 21.03.2005 nachlesen.
Studiendarlehen statt BAföG?
CDU und FDP hätten auf Bundesebene die Möglichkeit, das BAföG umzubauen oder gar abzuschaffen - in Richtung von Studiendarlehen, die dann auch die Studiengebühren mitfinanzieren. Damit würde es für die Länder einfacher, Studiengebühren einzuführen, da sie möglicherweise keine eigenen Programme zur "sozial-verträglichen Abfederung" von Studiengebühren auflegen müssten, sondern der Bund das übernehmen würde.
Diese Perspektive dürfte allerdings doch eher langfristig so sein. Vermutlich wird das BAföG zunächst einfach beibehalten, allerdings mehr oder weniger schnell ausgedünnt. Auch hier würde es von möglichen Protesten der Studierenden abhängen, ob der Abbau des BAföG schnell vollzogen wird oder ob es doch gelingt, es zu retten.
Zur Debatte ums BAföG in der CDU siehe den Artikel CDU/CSU-interner Streit über die Zukunft des BAföG vom 07.04.2005.
Rot-grün fehl(t)en offensive Visionen in der Hochschulpolitik
Rot-grün hatte sich auf Bundesebene auch im Bereich Hochschulpolitik eher durch defensive Maßnahmen ausgezeichnet. Der Versuch, ein Verbot von Studiengebühren ins Hochschulrahmengesetz zu schreiben, war zwar von vielen Studierenden begrüßt worden, wirklich überzeugt von einem Verbot schienen aber auch Teile der Bundesregierung nicht gewesen zu sein. Wahrscheinlich hätten die Länder auf andere Weise überzeugt werden müssen, dass sie auf Gebühren verzichten sollten. Ideen in diese Richtung wurden aber nicht einmal diskutiert.
Auch rot-grüne Landesregierungen hatten Langzeitstudiengebühren oder Studienkonten eingeführt - und damit allgemeine Studiengebühren mit das Tor geöffnet. Der vermeintliche Zwang, Geld zu sparen, da der Staat nicht immer mehr Schulden machen dürfe (und Steuer erhöhen auch nicht in Frage komme), führt zu einer Spirale nach unten. Hier hat auch rot-grün keine Konzepte präsentiert, wie hier wirklich eine andere Politik als von CDU und FDP vertreten, gemacht werden könnte.
Das BAföG wurde von rot-grün zwar verbessert - für eine umfassende Reform fehlte aber die Kraft. So kann schwarz-gelb die Probleme des BAföG nun leichter in den Vordergrund stellen und mit einem Umbau auch gleich das Positive am BAföG schleifen (Zuschussanteil, zinsloses Darlehen).
Wo sind fortschrittliche, soziale und gerechte Alternativen?
Müntefering (SPD-Vorsitzender) hat bisher verbal viel Wind gemacht - z.B mit der von ihm angestoßenen "Kapitalismus-Debatte". Konkreter wurde er kaum - und die Bundesregierung noch weniger oder stand gar im Widerspruch dazu.
Insofern hat rot-grün eher beigetragen, "alternative (linke?) Ideen" zu diskreditieren. Sie hat solche zwar immer vor allem nur verbal vor sich hergetragen und in der Realität anderes umgesetzt. Aber am Ende wirkt es so, als wenn so etikettiertes grundsätzlich nichts tauge.
Konsequenz dürfte - aus heutigem Blickwinkel - sein, dass schwarz-gelb die Regierungsmacht auch auf Bundesebene übernimmt - ob nun schon dieses Jahr oder erst im nächsten. Und zwar weniger, weil die Bevölkerung von den Ideen von CDU und FDP unbedingt so begeistert wäre, als vielmehr, weil sie von rot-grün enttäuscht ist. Gerade in NRW konnte man erleben, dass selbst Rüttgers als Kandidat der bisherigen CDU-Opposition sich vor klaren Aussagen gedrückt und wenig versprochen hat. Das ist weniger ein Anzeichen von Ehrlichkeit, als davon, dass auch die CDU keine klaren Vorstellungen hat.
Alternativen existieren, sind aber kaum bekannt
Dabei wären Alternativen sowohl zur bisherigen rot-grünen Hochschulpolitik als auch zu den Plänen von schwarz-gelb durchaus notwendig. Vorhanden sind sie auch - nur bisher offenbar zu wenig verbreitet. Daher hier einige Links auf Texte und Analysen speziell zum Themenbereich Hochschulpolitik - wobei durchaus auch Texte dabei sind, deren Inhalte der Autor dieses Artikels nicht unbedingt befürwortet, aber das ist ja Sinn einer Debatte:
Allerdings scheint auch eine gewisse Regierungsmüdigkeit und Konzeptlosigkeit bei rot-grün zu herrschen. Immerhin könnte man für rot-grün anführen, dass sie doch nicht so an der Macht kleben, wie manche dachten. Allerdings spricht auch einiges dafür, dass Müntefering und Schröder so verhindern wollten, dass die SPD über ihre Niederlage zu viel debattiert. Fängt gleich wieder ein Wahlkampf an - so hoffen möglicherweise die beiden - bleiben die Reihen eher geschlossen. Ob diese Strategie aufgeht - das ist eine der spannenden Fragen in den nächsten Monaten.
Nachdem Bundeskanzler Schröder am Montag auch noch verkündete, er sehe kein Anlass zu einer Umbildung des Kabinetts, denn es hätte gute Arbeit gemacht, kann man sich fragen, wie so eine Wahl gewonnen werden soll. Dass die WählerInnen mit der Arbeit von SPD (und auch Grünen) nicht zufrieden sind, haben sie indirekt in vielen Landtagswahlen gezeigt. Offenbar wollen die WählerInnen eine andere Politik - welche genau, darüber mag man streiten. Aber die Strategie "einfach weiter so" ist auch sehr gewagt.
Zur Zeit spricht daher viel dafür, dass Neuwahlen zu einem Regierungswechsel führen würden - denn rot-grün wirkt nicht, als wenn sie überhaupt nochmal gewinnen wollten. Das Argument, die CDU könne im Bundesrat doch viel blockieren, würde ja auch nach einem erneuten Sieg von rot-grün auf Bundesebene (wie unwahrscheinlich er jetzt auch scheint) gelten.
Nach diesen allgemeinen Gedanken der Blick auf die Veränderungen im Bereich Hochschulpolitik, die Neuwahlen mit einem Sieg von CDU-CSU-FDP wahrscheinlich bringen würden. Und was rot-grün in den letzten Jahren so gemacht hat (und weitermachen würde).
Studiengebühren auf Bundesebene vorschreiben?
Durch das Bundesverfassungsurteil Anfang des Jahres, das das Verbot von Studiengebühren im Hochschulrahmengesetz als verfassungswidrig erklärte, würden auch CDU und FDP auf Bundesebene dazu nichts regeln können. Genau so wenig, wie ein Verbot von Studiengebühren möglich ist, kann auch keine Erhebung von Gebühren vorgeschrieben werden.
Der Trend zu Studiengebühren wird eher dadurch bestärkt werden, dass NRW als größtes Bundesland umgefähr ein Viertel aller Studierenden Deutschlands ausbildet. Werden dort - wie von CDU und FDP angekündigt - Studiengebühren eingeführt, werden die bisher Studiengebühren abgeneigten Länder kaum noch widerstehen können, einfach "aufzugeben".
Die Auseinandersetzung um Studiengebühren wird entscheidend auch von den Studierenden in NRW beeinflusst werden. Schaffen sie es nicht, in der nächsten Zeit größere Proteste auf die Beine zu stellen, so wird es umso schneller zu Studiengebühren in praktisch allen Ländern Deutschlands kommen. Bei großen Protesten könnte dieser Trend zumindest verlangsamt werden oder sogar gedreht - da müsste allerdings einiges an glücklichen Umständen hinzukommen.
Was sich einige CDU-LandesbildungsministerInnen zum Thema Studiengebühren überlegt hatten, kann man im Artikel CDU-Studiengebühren-Eckpunkte von allen Seiten kritisiert vom 21.03.2005 nachlesen.
Studiendarlehen statt BAföG?
CDU und FDP hätten auf Bundesebene die Möglichkeit, das BAföG umzubauen oder gar abzuschaffen - in Richtung von Studiendarlehen, die dann auch die Studiengebühren mitfinanzieren. Damit würde es für die Länder einfacher, Studiengebühren einzuführen, da sie möglicherweise keine eigenen Programme zur "sozial-verträglichen Abfederung" von Studiengebühren auflegen müssten, sondern der Bund das übernehmen würde.
Diese Perspektive dürfte allerdings doch eher langfristig so sein. Vermutlich wird das BAföG zunächst einfach beibehalten, allerdings mehr oder weniger schnell ausgedünnt. Auch hier würde es von möglichen Protesten der Studierenden abhängen, ob der Abbau des BAföG schnell vollzogen wird oder ob es doch gelingt, es zu retten.
Zur Debatte ums BAföG in der CDU siehe den Artikel CDU/CSU-interner Streit über die Zukunft des BAföG vom 07.04.2005.
Rot-grün fehl(t)en offensive Visionen in der Hochschulpolitik
Rot-grün hatte sich auf Bundesebene auch im Bereich Hochschulpolitik eher durch defensive Maßnahmen ausgezeichnet. Der Versuch, ein Verbot von Studiengebühren ins Hochschulrahmengesetz zu schreiben, war zwar von vielen Studierenden begrüßt worden, wirklich überzeugt von einem Verbot schienen aber auch Teile der Bundesregierung nicht gewesen zu sein. Wahrscheinlich hätten die Länder auf andere Weise überzeugt werden müssen, dass sie auf Gebühren verzichten sollten. Ideen in diese Richtung wurden aber nicht einmal diskutiert.
Auch rot-grüne Landesregierungen hatten Langzeitstudiengebühren oder Studienkonten eingeführt - und damit allgemeine Studiengebühren mit das Tor geöffnet. Der vermeintliche Zwang, Geld zu sparen, da der Staat nicht immer mehr Schulden machen dürfe (und Steuer erhöhen auch nicht in Frage komme), führt zu einer Spirale nach unten. Hier hat auch rot-grün keine Konzepte präsentiert, wie hier wirklich eine andere Politik als von CDU und FDP vertreten, gemacht werden könnte.
Das BAföG wurde von rot-grün zwar verbessert - für eine umfassende Reform fehlte aber die Kraft. So kann schwarz-gelb die Probleme des BAföG nun leichter in den Vordergrund stellen und mit einem Umbau auch gleich das Positive am BAföG schleifen (Zuschussanteil, zinsloses Darlehen).
Wo sind fortschrittliche, soziale und gerechte Alternativen?
Müntefering (SPD-Vorsitzender) hat bisher verbal viel Wind gemacht - z.B mit der von ihm angestoßenen "Kapitalismus-Debatte". Konkreter wurde er kaum - und die Bundesregierung noch weniger oder stand gar im Widerspruch dazu.
Insofern hat rot-grün eher beigetragen, "alternative (linke?) Ideen" zu diskreditieren. Sie hat solche zwar immer vor allem nur verbal vor sich hergetragen und in der Realität anderes umgesetzt. Aber am Ende wirkt es so, als wenn so etikettiertes grundsätzlich nichts tauge.
Konsequenz dürfte - aus heutigem Blickwinkel - sein, dass schwarz-gelb die Regierungsmacht auch auf Bundesebene übernimmt - ob nun schon dieses Jahr oder erst im nächsten. Und zwar weniger, weil die Bevölkerung von den Ideen von CDU und FDP unbedingt so begeistert wäre, als vielmehr, weil sie von rot-grün enttäuscht ist. Gerade in NRW konnte man erleben, dass selbst Rüttgers als Kandidat der bisherigen CDU-Opposition sich vor klaren Aussagen gedrückt und wenig versprochen hat. Das ist weniger ein Anzeichen von Ehrlichkeit, als davon, dass auch die CDU keine klaren Vorstellungen hat.
Alternativen existieren, sind aber kaum bekannt
Dabei wären Alternativen sowohl zur bisherigen rot-grünen Hochschulpolitik als auch zu den Plänen von schwarz-gelb durchaus notwendig. Vorhanden sind sie auch - nur bisher offenbar zu wenig verbreitet. Daher hier einige Links auf Texte und Analysen speziell zum Themenbereich Hochschulpolitik - wobei durchaus auch Texte dabei sind, deren Inhalte der Autor dieses Artikels nicht unbedingt befürwortet, aber das ist ja Sinn einer Debatte:
- Texte von Mitgliedern des Bundes demokratischer WissenschaftlerInnen (BdWi)
- Texte vom freien zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs)
- Berliner Hochschuldebatten (heißt nur so, hat bundesweiten Fokus, eher grünen-nah orientiert - im guten wie im schlechten)
- Ergebnisse des studentischen Kongresses Bildung und Gesellschaft (BUG) (dieser Kongress fand am Ende der großen Hochschul-Protestwelle 1997/1998 statt - mit durchwachsenen, aber trotzdem erinnernswerten Ergebnissen)
Eure Meinung zum Thema Hochschulpolitik? Was erwartet Ihr von einer neuen Bundesregierung (welcher "Farbe" auch immer) in Sachen Hochschulen und Bildungspolitik? In unserem Forum könnt Ihr das und andere Themen diskutieren. » Zum Forum Studium (allgemein) |