HochschulpolitikMacht ein Unistreik gegen Studiengebühren Sinn?
Das Thema "Streik" an Hochschulen führt oft zu heißen Debatten. Was allerdings kein Wunder ist. Es wäre auch erstaunlich, wenn wirklich 100% der Studierenden gleicher Meinung wären.
Bei den aktuellen Protesten, die sich vor allem am Thema Studiengebühren entzünden, ist das besonders klar. Zwar sind sicherlich die Mehrheit der Studierenden gegen Studiengebühren. Aber es gibt eben auch eine Minderheit, die damit leben könnte oder Gebühren sogar gut finden würden.
Was heißt überhaupt "Streik" an einer Hochschule?
In der Wirtschaft bedeutet Streik, dass nicht gearbeitet wird - was den Arbeitgeber unter Druck setzen soll, denn der möchte ja Produkte (oder auch Dienstleistungen) verkaufen.
Studierenden dagegen produzieren in diesem Sinne meist noch nichts und schaden damit zunächst auch niemandem, wenn sie die Vorlesungen und sonstigen Veranstaltungen nicht besuchen.
Ein Unistreik muss also eine andere Ausrichtung haben. Die eine besteht darin, die Öffentlichkeit durch Aktionen zu erreichen. Die Aneignung von Hochschulgebäuden hat ihre Wirkung und ist darum auch nicht falsch. Sie ist aber nur ein Möglichkeit.
Wenn laut der bisher bekannt gewordenen Gebührenpläne die Hochschulen selbst die Höhe der Studiengebühren bestimmten sollen - wie in Hamburg oder Niedersachsen - dann ist die Hochschul-Verwaltung sicher besonders geeignetes Ziel von Protesten.
Der andere Aspekt eines Streiks an einer Hochschule sollte aber gerade sein, dass die TeilnehmerInnen sich selbst Gedanken machen. Also die Zeit nicht nur für Aktionen in der Öffentlichkeit nutzen, sondern auch über Alternativen zur jeweiligen (Bildungs-)Politik nachdenken. Das bedeutet, eine Art "Alternativ-Uni" zu veranstalten.
"Konstruktiver Streik"
Bei den Streiks 1997 wurde an manchen Hochschulen - durchaus mit Erfolg - von einem "konstruktivem Streik" gesprochen. Dabei beteiligten sich auch einige ProfessorInnen daran, "alternative" Vorlesungen (die also die Probleme der Hochschulen zum Thema hatten) in der Stadt (z.B. auch in einer Straßenbahn) zu machen und so die Hochschule auch aus ihrem Campus in die Stadt zu bringen.
Konsens des "konstruktiven Streiks" war es auch, dass nicht wahllos jede "offizielle" Veranstaltung gesprengt wird. Denn entscheidend ist eigentlich nur, dass genügend Leute an den Streik-Aktionen teilnehmen - dazwischen kann durchaus auch normaler Betrieb laufen. Damit werden die "Streikbrecher" zur Ruhe gebracht und auch wer streikt, kann trotzdem seine Veranstaltung mit Anwesenheitspflicht besuchen.
Wobei zumindet in einer Streik-Kernwoche versucht werden sollte, die Profs dazu zu bewegen, von sich aus möglichst viele Veranstaltungen ausfallen zu lassen, damit die "Alternativ-Uni" einen Grundstock schaffen kann. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt - weder dürfen die Streikenden "zu brav" auftreten, noch macht es Sinn, sich "total radikal" zu gebärden.
GegnerInnen eines Streiks und ihre Argumente
Die Gegner eines Streiks sagen meist: Ein Streik schadet doch nur den Studierenden selbst und ihr Streikbefürworter dürft uns Streikgegner nicht hindern, an den Hochschulveranstaltungen teilzunehmen. Ein Teil der StreikgegnerInnen mag die Ziele des Protestes sogar teilen, aber will trotzdem nicht beim normalen Unibetrieb gestört werden.
Klar ist: Wenn es zuviele StreikgegnerInnen gibt, wird es schwierig. Die mit den Zielen des Streiks überhaupt nicht übereinstimmen, wird man nicht überzeugen können - das macht aber auch nichts. Die Zweifelnden sollte man aber versuchen, zu überzeugen.
Viele haben wahrscheinlich Angst, dass durch den Streik irgendwelche Studienleistungen gefährdet werden und somit das Studium länger dauert oder es sonst zu Problemen kommen wird.
Wie im Abschnitt "Konstruktiver Streik" geschildert, kann man aber durchaus Kompromisse finden. Und schließlich kann man durchaus etwas provokant fragen, ob Leute wirklich nur mit Wissen abgefüttert werden wollen. Streik heißt nicht, nur vor den Unigebäuden herum zu hängen, sondern auch, nachzudenken und eigene Konzepte zu entwickeln. Das braucht man auch im späteren Arbeitsleben - das an die KarrieristInnen unter den Streikbrechern gerichtet ;-)
Nicht vergessen: Auch ein Streik hat ein Ende!
Wie erfolgreich auch immer ein Streik "intern" läuft - irgendwann wird die Luft raus sein. Die Angst, das eigene Studium zu sehr schleifen zu lassen, wird auch die streikbegeisterten mehr und mehr erreichen. Die Politik bewegt sich nicht oder nur sehr wenig. Der Streik langsam auslaufen.
Das sollte von vornherein verhindert werden - durch einen Streik auf bestimmte Zeit. Die Forderungen des Streiks sollten klar formuliert werden und bei Nicht-Erfüllung eine Wiederholung der Proteste im folgenden Semester angedroht werden. Man sollte auch vermeiden, zu sehr den Erfolg des Streiks daran zu messen, ob bestimmte Forderungen erfüllt werden. Politik ist nun mal ein zähes Geschäft.
Daher ist es sehr wichtig, dass einige besonders Aktive versuchen, den Kontakt zwischen den Aktivisten aufrecht zu erhalten - für ein mögliches nächste Mal. Und dass bestimmte Themen der "Alternativ-Uni" weiter verfolgt werden. Die "Hintergrund-Arbeit" muss weitergehen - mit Versorgung der Presse mit studentischen Meinungen und mit dem Einbringen dieser in die Politik. Nur die Kombination von lautem Protest und leiser Lobbyarbeit im Hintergrund düprfte wirklich erfolgreich sein.
Bei den aktuellen Protesten, die sich vor allem am Thema Studiengebühren entzünden, ist das besonders klar. Zwar sind sicherlich die Mehrheit der Studierenden gegen Studiengebühren. Aber es gibt eben auch eine Minderheit, die damit leben könnte oder Gebühren sogar gut finden würden.
Was heißt überhaupt "Streik" an einer Hochschule?
In der Wirtschaft bedeutet Streik, dass nicht gearbeitet wird - was den Arbeitgeber unter Druck setzen soll, denn der möchte ja Produkte (oder auch Dienstleistungen) verkaufen.
Studierenden dagegen produzieren in diesem Sinne meist noch nichts und schaden damit zunächst auch niemandem, wenn sie die Vorlesungen und sonstigen Veranstaltungen nicht besuchen.
Ein Unistreik muss also eine andere Ausrichtung haben. Die eine besteht darin, die Öffentlichkeit durch Aktionen zu erreichen. Die Aneignung von Hochschulgebäuden hat ihre Wirkung und ist darum auch nicht falsch. Sie ist aber nur ein Möglichkeit.
Wenn laut der bisher bekannt gewordenen Gebührenpläne die Hochschulen selbst die Höhe der Studiengebühren bestimmten sollen - wie in Hamburg oder Niedersachsen - dann ist die Hochschul-Verwaltung sicher besonders geeignetes Ziel von Protesten.
Der andere Aspekt eines Streiks an einer Hochschule sollte aber gerade sein, dass die TeilnehmerInnen sich selbst Gedanken machen. Also die Zeit nicht nur für Aktionen in der Öffentlichkeit nutzen, sondern auch über Alternativen zur jeweiligen (Bildungs-)Politik nachdenken. Das bedeutet, eine Art "Alternativ-Uni" zu veranstalten.
"Konstruktiver Streik"
Bei den Streiks 1997 wurde an manchen Hochschulen - durchaus mit Erfolg - von einem "konstruktivem Streik" gesprochen. Dabei beteiligten sich auch einige ProfessorInnen daran, "alternative" Vorlesungen (die also die Probleme der Hochschulen zum Thema hatten) in der Stadt (z.B. auch in einer Straßenbahn) zu machen und so die Hochschule auch aus ihrem Campus in die Stadt zu bringen.
Konsens des "konstruktiven Streiks" war es auch, dass nicht wahllos jede "offizielle" Veranstaltung gesprengt wird. Denn entscheidend ist eigentlich nur, dass genügend Leute an den Streik-Aktionen teilnehmen - dazwischen kann durchaus auch normaler Betrieb laufen. Damit werden die "Streikbrecher" zur Ruhe gebracht und auch wer streikt, kann trotzdem seine Veranstaltung mit Anwesenheitspflicht besuchen.
Wobei zumindet in einer Streik-Kernwoche versucht werden sollte, die Profs dazu zu bewegen, von sich aus möglichst viele Veranstaltungen ausfallen zu lassen, damit die "Alternativ-Uni" einen Grundstock schaffen kann. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt - weder dürfen die Streikenden "zu brav" auftreten, noch macht es Sinn, sich "total radikal" zu gebärden.
GegnerInnen eines Streiks und ihre Argumente
Die Gegner eines Streiks sagen meist: Ein Streik schadet doch nur den Studierenden selbst und ihr Streikbefürworter dürft uns Streikgegner nicht hindern, an den Hochschulveranstaltungen teilzunehmen. Ein Teil der StreikgegnerInnen mag die Ziele des Protestes sogar teilen, aber will trotzdem nicht beim normalen Unibetrieb gestört werden.
Klar ist: Wenn es zuviele StreikgegnerInnen gibt, wird es schwierig. Die mit den Zielen des Streiks überhaupt nicht übereinstimmen, wird man nicht überzeugen können - das macht aber auch nichts. Die Zweifelnden sollte man aber versuchen, zu überzeugen.
Viele haben wahrscheinlich Angst, dass durch den Streik irgendwelche Studienleistungen gefährdet werden und somit das Studium länger dauert oder es sonst zu Problemen kommen wird.
Wie im Abschnitt "Konstruktiver Streik" geschildert, kann man aber durchaus Kompromisse finden. Und schließlich kann man durchaus etwas provokant fragen, ob Leute wirklich nur mit Wissen abgefüttert werden wollen. Streik heißt nicht, nur vor den Unigebäuden herum zu hängen, sondern auch, nachzudenken und eigene Konzepte zu entwickeln. Das braucht man auch im späteren Arbeitsleben - das an die KarrieristInnen unter den Streikbrechern gerichtet ;-)
Nicht vergessen: Auch ein Streik hat ein Ende!
Wie erfolgreich auch immer ein Streik "intern" läuft - irgendwann wird die Luft raus sein. Die Angst, das eigene Studium zu sehr schleifen zu lassen, wird auch die streikbegeisterten mehr und mehr erreichen. Die Politik bewegt sich nicht oder nur sehr wenig. Der Streik langsam auslaufen.
Das sollte von vornherein verhindert werden - durch einen Streik auf bestimmte Zeit. Die Forderungen des Streiks sollten klar formuliert werden und bei Nicht-Erfüllung eine Wiederholung der Proteste im folgenden Semester angedroht werden. Man sollte auch vermeiden, zu sehr den Erfolg des Streiks daran zu messen, ob bestimmte Forderungen erfüllt werden. Politik ist nun mal ein zähes Geschäft.
Daher ist es sehr wichtig, dass einige besonders Aktive versuchen, den Kontakt zwischen den Aktivisten aufrecht zu erhalten - für ein mögliches nächste Mal. Und dass bestimmte Themen der "Alternativ-Uni" weiter verfolgt werden. Die "Hintergrund-Arbeit" muss weitergehen - mit Versorgung der Presse mit studentischen Meinungen und mit dem Einbringen dieser in die Politik. Nur die Kombination von lautem Protest und leiser Lobbyarbeit im Hintergrund düprfte wirklich erfolgreich sein.
Eure Meinung zum Thema Unistreik! Was sagt Ihr allgemein zu Studiengebühren? Wie fandet Ihr die bisherigen Protestformen bei Euch und anderswo? In unserem Forum könnt Ihr das und andere Themen diskutieren. » Zum Forum Studium (allgemein) |
- Diskussionsantöße von anderen zum Thema Unistreik und Proteste
- Handbuch zur studentischen Protestorganisation (ein Werk verschiedenster studentischer AktivistInnen aus ganz Deutschland)
- Werkzeugkasten für studentische Proteste (Olaf Bartz bei uebergebuehr.de)
- Reflexionen zum Weimarer Universitäts-Streik 2003/2004 (Jens Wernicke bei uebergebuehr.de)
- Eine Kritik des "konstruktiven Streiks" an der Leipziger Universität (von einer Gruppe "Wertkritische Kommunisten Leipzig")
- Mehr zum Thema Studiengebühren bei Studis Online
- Übersicht Studiengebühren in den einzelnen Bundesländern (ständig aktualisiert)
- Gute und schlechte Argumente gegen Studiengebühren (zeitlos ;-)
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- "Die Auseinandersetzung um Studiengebühren ist primär eine politische, keine juristische" (Interview mit dem früheren ABS-Geschäftsführer Klemens Himpele, 15.11.2004)