Wohin mit dem Kreuzchen?Uni-Wahlcheck zur Bundestagswahl
Wo das Kreuzchen machen?
In eineinhalb Wochen ist Bundestagswahl. Sicher ist schon jetzt: Mit Schul-, Hochschul- und Wissenschaftspolitik wird der Urnengang nicht entschieden. Andere Themen stehen dieser Tage höher im Kurs: Der Klimawandel, die Flutkatastrophe vom Sommer, die Geschehnisse in Afghanistan, die Performance der ins Kanzleramt strebenden Kandidaten. Über Bildung wird dagegen kaum bis gar nicht geredet – und wenn doch, dann praktisch nur unter dem Aspekt der Digitalisierung. Davon allerdings haben Schüler und Studierende fürs erste genug. Monatelange Schulschließungen und drei Semester im Homeoffice haben ihnen die Freude am virtuellen Lehren und Lernen gehörig verhagelt. Wie überhaupt die Menschen im Land die Pandemie ziemlich dicke haben. Wohl auch deshalb wird Corona im Wahlkampf ziemlich tief gehangen. Bloß nicht die Wählerinnen und Wähler verschrecken. Und für noch mehr Aufregung wird das Virus ja bestimmt wieder im Herbst und Winter sorgen. Wie es dann mit ihnen weitergeht, dürfte vor allem die Studierenden interessieren. Für sie hat der im Frühjahr 2020 verordnete Lockdown praktisch bis heute nicht geendet. Immerhin zeichnet sich für das kommende Wintersemester eine weitgehende Rückkehr zum Präsenzbetrieb in den Hochschulen ab, wobei nicht unbedingt für alle. Aufgrund der wohl flächendeckend geltenden 3G-Regel werden freiwillig Ungeimpfte den Campus nur bei regelmäßiger Vorlage eines negativen Antigentests betreten dürfen. Die bislang noch kostenlosen Tests werden aber demnächst kostenpflichtig und die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat klargestellt, dass Studierende künftig selbst dafür aufkommen müssen. Wie aber stellen sich die Parteien die Rückkehr zur Normalität an Deutschlands höchste Bildungsanstalten vor? Und was wollen sie unternehmen, um die vielen anderen Baustellen im Lehr- und Lernbetrieb zu beheben? Dazu zählen: Überfüllte Hörsäle (vor Corona) im Zeichen eines bis zuletzt anhaltenden Runs auf die Hochschulen, zu wenige Professorenstellen und ungünstige Betreuungsrelationen, zuhauf prekäre Beschäftigte im akademischen Mittelbau, Probleme der „Studierbarkeit“ übermäßig verschulter Studiengänge mit einem Overload an Leistungsanforderungen (Bologna-Tretmühle), dadurch kaum oder keine Luft für Auslandssemester und nicht zuletzt ein Bundesausbildungsförderungsförderungsgesetz (BAföG), dass angesichts eines historischen Tiefstandes an Förderungen (unter elf Prozent der Studierenden) dringend einer Runderneuerung bedarf. Entsprechende Fragen hat Studis Online den Bundespressestellen der sechs Parteien gestellt, die nach den Prognosen der Demoskopen gute Aussichten haben, in den nächsten Bundestag einzuziehen. Das sind: CDU/CSU, SPD, Bündnis90/DIE GRÜNEN, FDP, AfD und Die Linke. Ergänzend haben wir die jeweiligen Wahlprogramme auf die fraglichen Positionen abgeklopft. Im Fall der Grünen-Partei sowie der Union beschränkt sich der Blick auf die Programmatik, weil beide Pressestäbe von einer gesonderten Stellungnahme zu unseren Fragen abgesehen haben. Wir geben die Positionen mit der gebotenen Distanz wieder und überlassen die Bewertung dir, auf dass du dir dein eigenes Bild machen kannst und dir die Informationen bei deiner Wahlentscheidung helfen mögen. Bei der Reihenfolge der Parteien orientieren wir uns an dem Kräfteverhältnis, wie es derzeit (Stand 15.9.) die Wahlumfragen im Schnitt nahelegen, wohl wissend, dass am Wahlabend auch ganz andere Ergebnisse eintreten können. Und noch etwas: Bei künftiger Nichtumsetzung der mitunter wohlklingenden Wahlkampfversprechen kann Studis Online nicht in Haftung genommen werden. Insofern sind alle Angaben ohne Gewähr!Zurück zum Präsenzbetrieb
Union und Grüne antworten nicht individuell
(rw)
Wahlcheck: Hochschulpolitische Positionen der Parteien zur Bundestagswahl 2021
SPD – Sozialdemokratische Partei Deutschlands
Ziele und Absichten der SPD zu Bildung & Forschung, Hochschule & Uni sowie BAföG für die Bundestagswahl 2021
Die SPD verfolge eine Bildungspolitik, „die allen Kindern und Jugendlichen die gleichen Chancen eröffnet, ihr individuelles Potential bestmöglich zu entfalten“, schrieb die Bundespressestelle der Sozialdemokraten auf unsere Anfrage. Man wolle, dass Bund und Länder „kooperativ zusammenarbeiten“, was auch „eine verstärkte Unterstützung bei der Digitalisierung der Schulen, Berufsschulen und Hochschulen ebenso wie eine umfassende Reform des BAföG und eine Neufassung des Wissenschaftszeitvertragsgesetz zu einem Gesetz für gute Arbeit in der Wissenschaft“ einschließe.
Im Programm der Sozialdemokraten werden die Hochschulen auf lediglich einer Seite unter der Überschrift „Wie wir Wissenschaft und Forschung innovativ und zukunftsfähig halten“ behandelt. Auch hier überwiegen die Einlassungen zu forschungspolitischen Zielstellungen wie zum Ausbau von „Quantentechnik, Künstlicher Intelligenz, Alternativverfahren und Wasserstoff“ sowie dazu, die „Digitalisierung voranzutreiben“. SPD-Pressesprecherin Ingrid Herden brachte dafür die Einführung einer „Digitalisierungspauschale für die Hochschulen“ ins Spiel. Zudem werde man die sogenannte Exzellenzstrategie (Bund-Länder-Programm zur Förderung von Spitzenforschung) weiterentwickeln und um die „Unterstützung regionaler Kooperationen von Hochschulen und Forschungseinrichtungen“ ergänzen. Ausdrücklich wird bei all dem auf die Förderung der „geistes-, sozial-, und kulturwissenschaftliche Forschung“ hingewiesen.
Der Aspekt Verbesserung der Studienbedingungen gerät auch im SPD-Programm ziemlich knapp, was dem Motiv geschuldet sein könnte, den Lesern ein zu großes Detailreichtum zu ersparen. Entsprechend kurz mit nur 66 Seiten fällt dann auch Gesamtwerk aus. (Das andere Extrem bildet die Grünen-Partei mit 272 Seiten.) Während Sprecherin Herden in ihrer Replik auf den „Zukunftsvertrag Studium und Lehre“ (ehemals Hochschulpakt) sowie die „Stiftung Innovationen in der Hochschullehre“ abhebt, die man ausbauen wolle, sind beide Projekte im Wahlprogramm nicht namentlich aufgeführt.
Dafür gibt es eigens einen Abschnitt zur Beschäftigungssituation an den Hochschulen, wo die große Mehrheit der Dozenten und wissenschaftlichen Mitarbeiter unter prekären Bedingungen tätig ist. Unter dem Stichwort „Gute Wissenschaft braucht gute Arbeitsbedingungen“ kündigt die SPD an, sich für „verlässliche Karrierewege und weniger Befristungen in der Wissenschaft“ einzusetzen, dafür „dass Promovierende für ihre tatsächliche Arbeitszeit bezahlt werden“, für eine „deutlich bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ und „neue, dauerhafte Beschäftigungsmöglichkeiten unterhalb der Professur“ (Tenure-Track).
Das BAföG wolle man „umfassend reformieren“, die Zahl der Geförderten „deutlich erhöhen und perspektivisch zum Vollzuschuss zurückkehren, damit niemand Angst vor Verschuldung haben muss“, erklärte Herden. Die Altersgrenzen werde man dazu „in einem ersten Schritt aufheben“ und mit dem „Neustart-BAföG“ berufliche Wege auch im Erwachsenenalter öffnen, erfährt man aus dem Programm. Koppeln will die SPD dieses Vorhaben an ihr Konzept einer „Kindergrundsicherung“. Im Zentrum steht dabei ein „neues Kindergeld“ bis zum 25. Lebensjahr mit einem monatlichen Basisbetrag von „zirka 250 Euro“ und Aufschlägen – vom Elterneinkommen abhängig – in mindestens derselben Höhe zur Deckung des „sächlichen Existenzminimums inklusive Wohnkostenpauschale sowie Bildungs- und Teilhabekosten“. Das BAföG soll es dann noch „mit einem zusätzlichen, auskömmlichen Fördersatz (...) obendrauf“ geben.
Zur Frage, wie es an den Unis im Zeichen von Corona weitergehen soll, bemerkte Herden: „Hochschulen brauchen Hygienekonzepte, die eine verlässliche Präsenzlehre ermöglichen. Dazu gehören Testmöglichkeiten ebenso wie klare Regeln für die Nutzungen der Hochschuleinrichtungen. Der beste Weg aus der Pandemie ist immer noch eine hohe Impfquote. Deswegen befürwortet die SPD alle Angebote für Impfwillige, auch auf dem Campus.“
CDU/CSU – Christlich Demokratische Union Deutschlands (alle Bundesländer außer Bayern) / Christlich-Soziale Union in Bayern
Ziele und Absichten von CDU/CSU zu Bildung & Forschung, Hochschule & Uni sowie BAföG für die Bundestagswahl 2021
Die Hochschulen werden im Programm der Schwesterparteien nicht gesondert behandelt, sondern tauchen in verschiedenen Zusammenhängen auf, etwa unter der Überschrift „Europäische Forschung und Bildung stärken“. Man wolle einen „gemeinsamen Rechtsrahmen für bestehende sowie künftige europäische Hochschulen schaffen“, um die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen und den Wissenschaftsaustausch zu verbessern, heißt es da. Ferner wolle man das Rahmenprogramm „Horizont Europa“ zusammen mit dem öffentlichen und privaten Sektor so umsetzen, „dass die weltweit besten und innovativsten Forschenden ihre Projekte in Europa verwirklichen können“.
Überhaupt setzen CDU/CSU den Fokus auf ein möglichst weitgehendes Zusammenwirken von Hochschul- und Forschungseinrichtungen mit der freien Wirtschaft. Zum Beispiel will man mit einem „Innovationsfreiheitsgesetz“ Studierende bei Unternehmensgründungen fördern, Forschungsverbünde finanziell unterstützen und Exzellenz stärken. Das gelte insbesondere für Schnittstellen für den Wissenstransfer aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen. „Ausgründungen und Scale-ups wollen wir gezielt finanziell und rechtlich erleichtern.“
Zu den Punkten Hochschulfinanzierung, Beschäftigung von Nachwuchswissenschaftlern und Verbesserung der Studienbedingungen finden sich im Programm keine Aussagen. Allein mit Blick auf die Humanmedizin setzt man sich zum Ziel, „5.000 zusätzliche Studienplätze“ zu schaffen und die Landarztquote bei der Studienplatzvergabe über die geltende Grenze von zehn Prozent hinaus zu erhöhen.
Dagegen ist dem BAföG immerhin eine halbe Seite gewidmet. Dieses wolle man „flexibilisieren und zu einem Instrument der individuellen Förderung des Lebensunterhalts von Bildung und Weiterbildung im Lebenslauf weiterentwickeln“. Plädiert wird für eine Förderung („nach einer elternunabhängigen Einkommens- und Vermögensprüfung“) über das 35. Lebensjahr hinaus, wenn man nach dem Bachelor-Abschluss und nachfolgender Berufstätigkeit später ein Master-Studium anschließt, sowie dafür, bestehende Altersgrenzen durch „Höchstgrenzen“ zu ersetzen. Auch wolle man das „Aufstiegs-BAföG fortentwickeln“, damit „sich Arbeitnehmer und Selbständige auch während ihres Berufs weiterqualifizieren können“.
Auf Konkretisierungen mit Blick auf eine von Kritikern als überfällig erachtete BAföG-Novelle nach der Bundestagswahl wird im Programm verzichtet, auch dazu, ob und wie man eine Trendumkehr bei der Förderquote erreichen will. So bleibt es vorerst auch das Geheimnis der Union, ob, wann und in welcher Höhe man gewillt ist, die Bedarfssätze und Freibeträge anzupassen.
Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Ziele und Absichten der Fraktion Bündnis90/Die Grünen zu Bildung & Forschung, Hochschule & Uni sowie BAföG zur Bundestagswahl 2021
Das Programm der Grünen-Partei enthält eigens ein Kapital zu „Bildung und Forschung ermöglichen“, das sich über 18 Seiten erstreckt, wovon allein sechs Seiten dem Bereich Wissenschaft gewidmet sind. „Wir wollen an Hochschulen eine nachhaltige, klimagerechte und barrierefreie Modernisierung ermöglichen, die auch digitale Infrastruktur und die IT-Sicherheit mit einschließt“, heißt es. Sie sollten „als Reallabore für Klimaneutralität Ideen praktisch erproben“ können und mittels einer „Digitalisierungspauschale“ (wie bei der SPD) gestärkt werden, unter anderem zum Zweck „digitaler Beratungs- und Betreuungsangebote“. Zu einer zukunftsfesten Infrastruktur gehörten „moderne Bibliotheken, Lehr- und Lernräume, die klimafreundliche Sanierung von in die Jahre gekommenen Hochschulbauten sowie Nachhaltigkeit und Klimaschutz für Neubauten in der Wissenschaft“.
Bis 2025 sollten der Staat und die freie Wirtschaft „insgesamt mindestens 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung in Forschung und Entwicklung investieren und perspektivisch die Investitionen weiter ausbauen“. Dabei solle insbesondere eine „auskömmliche Grundfinanzierung“ herbeigeführt werden, „um die Abhängigkeit von den in den letzten Jahren stark gestiegenen Drittmitteln wieder einzudämmen“. International sichtbare universitäre Spitzenforschung solle „auch vermehrt den Studierenden zugutekommen“, wofür die Exzellenzstrategie „kooperativ“ weiterzuentwickeln und der „Zukunftsvertrag Studium und Lehre“ sowie der „Pakt für Forschung und Innovation“ verstetigt und qualitativ voranzubringen wären.
Um gute Lehre für alle Studierenden sicherzustellen, wollen die Grünen die „Betreuungsrelationen verbessern“ und die „Stiftung Innovationen in der Hochschullehre“ stärken. Ferner wolle man gemeinsam mit den Ländern darauf hinwirken, „dass Studierende Zugang zu guten Beratungsdienstleistungen haben“. Außerdem solle das Wissenschaftszeitvertragsgesetz weiterentwickelt werden, um den „Anteil der unbefristeten Mitarbeiter*innen-Stellen, insbesondere im Mittelbau“, substanziell zu erhöhen. Weiterhin setzt die Partei auf mehr „gesellschaftliche Vielfalt“ auf dem Campus durch „Förderformate für Diversitäts- und Antidiskriminierungspolitik, chancengerechte Zugänge, gleichberechtigte Integration und Inklusion.
Ins Auge fällt die Betonung der „Gleichwertigkeit“ und „Chancengleichheit“ von beruflicher und akademischer Bildung, wofür man das BAföG „neu aufsetzen“ und zu einer „Grundsicherung für alle Studierenden und Auszubildenden“ umbauen möchte. Dem SPD-Rezept ähnlich soll diese aus einem „Garantiebetrag“ und einem „Bedarfszuschuss“ bestehen, „der den Gesamtbetrag im Vergleich zum heutigen BAföG substanziell erhöht“. Perspektivisch soll die Sozialleistung elternunabhängig gestaltet sein. Im Sinne einer stärker altersunabhängigen Finanzierung streben die Grünen außerdem ein „Weiterbildungs-BAföG“ an. Solange die Regelstudienzeit relevant für die Studienfinanzierung sei, solle Engagement von Studierenden durch verbesserte Anrechnungsmöglichkeiten von ehrenamtlicher Arbeit gefördert werden.
Interessant: Zwecks einer stärkeren Wahrnehmbarkeit der Belange von Studierenden und mehr Mitsprachemöglichkeiten in hochschul- und wissenschaftspolitischen Fragen will die Grünen-Partei „auf Bundesebene den Weg bereiten, eine Vertretung aller Studierenden einzuführen“. Diese solle von Studierenden „vollständig selbst verwaltet werden und unabhängig von anderen Institutionen agieren“. Ferner kündigen die Grünen eine Offensive für studentisches Wohnen an.
FDP – Freie Demokratische Partei
Ziele und Absichten der FDP zu Bildung & Forschung, Hochschule & Uni sowie BAföG zur Bundestagswahl 2021
„Bei der Bildung müssen wir einen Aufholprozess starten“, erklärte FDP-Pressesprecherin Bettina Lauer auf unsere Anfrage. Die Freidemokraten wollen dafür ein Prozent der Mehrwertsteuereinnahmen zusätzlich in Kitas, Schulen, Berufs- und Hochschulen investieren. Auf diesem Wege sollten 2,5 Milliarden Euro extra in die Förderung des schulischen MINT-Bereichs (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik), die Ergänzung der Lehrerbildung um digitale Inhalte sowie die frühkindliche Bildung mit festen Betreuungsschlüsseln und bundesweiten Standards fließen.
Im Gegenzug solle das Verhältnis zwischen Bund und Ländern bei der Bildungshoheit neu verhandelt werden und an die Stelle eines (noch über weite Strecken wirksamen) Kooperationsverbots ein „Kooperationsgebot im Bildungsföderalismus“ treten, um einheitliche Standards zu entwickeln und Abschlüsse und Bildungsinhalte vergleichbar zu machen. Vor allem solle die Zusammenarbeit beim Thema Digitalisierung gestärkt werden, um diese in allen Sektoren des Bildungswesens voranzutreiben. Dabei müssten auch die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz (KI) ausgeschöpft werden, etwa um algorithmusgesteuerte „moderne Lernmethoden“ zu fördern („learning analytics“).
In diesem Zusammenhang fordert die Partei auch die Gründung einer „European Digital University“ (EDU). In vorrangig digitalen Lehrformaten solle „diese Dachorganisation in europäischer Trägerschaft Menschen in ganz Europa einen ortsunabhängigen Zugang zu den besten Lehrangeboten ermöglichen“. Bei der Forschung und Grundlagenforschung brauche es „mehr Wettbewerb unter den Hochschulen“, äußerte Lauer. Dazu gehöre, „dass wir den Hochschulen mehr Autonomie bei Personalentscheidungen zugestehen und Forschungsförderung unbürokratischer als bisher zur Verfügung stellen“. Mehr Freiheiten sollen die Hochschulen auch bei der Auswahl ihrer Studierenden bekommen. In ihrem Programm plädiert die FDP dafür, das „starre Kapazitätsrecht“, das die Zahl der bereitgestellten Studienplätze regelt, „grundlegend zu reformieren“. Davon versprechen sich die Liberalen höhere „Investitionen in digitale Lehrangebote, bessere Betreuungsquoten sowie berufs- und lebensbegleitende Studienmodule“.
Studien- und Beschäftigungsbedingungen verbessere man, „indem wir die Hochschulen mit mehr Mitteln ausstatten“, so Lauer, die auf die Neuregelungen des „Zukunftsvertrags Studium und Lehre stärken“ verwies. Dabei müsse jedoch „zukünftig noch stärker Qualität statt Quantität als Kriterium“ gelten und eine „Verstetigung und weitere Dynamisierung der Mittel“ erreicht werden.
Einer Reform bedürfe das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, da ein zu hoher Anteil befristeter Stellen in der Wissenschaft speziell junge Forscher belaste, so Lauer. Eine Expertenkommission solle „ausgehend vom Zielkonflikt zwischen planbaren Karrieren, Generationengerechtigkeit sowie der notwendigen Flexibilität der Wissenschaftseinrichtungen praktikable Lösungen entwickeln“. Promotionen müssten von Beginn an über ihre gesamte erwartbare Laufzeit abgesichert sein und Vertragslaufzeiten an Projektlaufzeiten geknüpft werden.
Eine „grundlegende Überarbeitung“ sei ebenso bei der Ausbildungsförderung angezeigt, befand Lauer, wobei der Bezug elternunabhängig werden müsse. Die FDP wirbt hier mit ihrem Modell „Baukasten-BAföG“: Studierende sollen analog zum bisherigen Kindergeld beziehungsweise Kinderfreibetrag der Eltern einen monatlichen Sockelbetrag von 200 Euro erhalten. Weitere 200 Euro sollen bei ehrenamtlichem Engagement oder Nebentätigkeiten als Zuschuss gewährt werden. Daneben soll ein monatlich anpassbares, zinsfreies und erst bei höherem Einkommen rückzahlbares Darlehen die „notwendige finanzielle Flexibilität sichern“. Die Förderhöchstdauer soll künftig die Regelstudienzeit plus zwei Semester umfassen. Studienfachwechsel sollen keinen Einfluss auf die Gesamtförderdauer haben, Höchstaltersgrenzen aufgehoben werden.
Zur Frage, wie es an den Unis im Zeichen von Corona weitergehen soll, erklärte Lauer: „Durch die steigenden Impfquoten auch unter jungen Menschen und deren geringere Wahrscheinlichkeit, schwer zu erkranken, muss sich die Politik für das anstehende Semester zum Ziel setzen, ähnlich wie an den Schulen zum flächendeckenden Präsenzunterricht zurückzukehren. Bei allen Maßnahmen wird es aber wichtig sein, dass wir in der Gesellschaft generell, aber auch unter den Studenten, keine Einteilung vornehmen und zu weiteren gesellschaftlichen Spaltungen beitragen. Auch wer sich nicht impfen lässt, muss die Möglichkeit haben, Zugang zu Bildung zu erhalten.“
AfD – Alternative für Deutschland
Ziele und Absichten der AFD zu Bildung & Forschung, Hochschule & Uni sowie BAföG zur Bundestagswahl 2021
„Deutschland muss wieder ein Land der Spitzenforschung werden“, erklärte Pressereferent Frank Horns auf unsere Anfrage. Das zehnseitige Kapitel „Bildung, Wissenschaft & Forschung“ im Programm der AfD legt mit „Mut zur Leistung statt Akademisierungswahn“ los. Verwiesen wird auf eine „immer weiter“ steigende Abiturientenquote, während Auszubildenden und Studienanfängern „grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten“ fehlten. Seit dem „PISA-Schock“ jage „eine Reform die andere, mit ständiger weiterer Absenkung des Niveaus“, heißt es. Als Gegenrezepte werden der Erhalt des mehrgliedrigen Schulsystems sowie die Stärkung der beruflichen Bildung empfohlen, Motto: „Meister statt Master.“
Die Hochschulen sollten das Recht besitzen, Bewerber durch Aufnahmeprüfungen auszuwählen, ergänzte Horns. „Der durch politische Zielvorgaben zu Studentenzahlen, Studienerfolg und anderen Quoten erzeugte Zwang zur Nivellierung ist zu beenden.“ Dazu sei auch der „Einfluss von Lobbygruppen auf unser Bildungswesen“ (z. B. OECD, PISA-Konsortium) zu reduzieren. Zugleich wolle man eine höhere Grundfinanzierung der Hochschulen, um ihre Abhängigkeit von Drittmitteln zu verringern. Die EU-weite Harmonisierung von Studiengängen (Bologna-Prozess) hält die AfD für „gescheitert“. Das Studium sei verschult, die akademische Freiheit beschnitten und Studienplatzwechsel erschwert worden. In der Konsequenz brauche es eine Abkehr von der „Modularisierung und Kompetenz-Orientierung“ und eine Wiedereinführung der „bewährten Diplom- und Magisterstudiengänge“.
„Massiv bedroht“ sieht die AfD die Wissenschaftsfreiheit an den Hochschulen. „Genderwahn, Cancel Culture, Critical Race Theory und andere totalitäre linke Strömungen führen zu Denkverboten, Ausgrenzung und Forschungstabus“, äußerte Parteisprecher Horns. „Alle Fördermittel für die auf der Gender-Ideologie beruhende Lehre und Forschung sind zu streichen“, liest man dazu im Programm und weiter: „Gleichstellungsbeauftragte sind abzuschaffen.“ Ebenso gehöre die Beschäftigungspraxis an den Hochschulen „auf den Prüfstand“, befand er. „Jahrelange prekäre Arbeitsverhältnisse für angehende akademische Spitzenkräfte sind weder gerecht und fair, noch tun sie Deutschland als Hochschulstandort gut.“
In puncto BAföG plädiert die AfD laut Horns für eine nicht rückzahlungspflichtige, vom Einkommen der Eltern abhängige Ausbildungsbeihilfe von bis zu 485 Euro. Für Studenten mit Nachwuchs solle die Regelstudienzeit auf Antrag um bis zu sechs Semester verlängert werden. Zudem sollten Studenten in Eigenverantwortung ein Studiendarlehen in Anspruch nehmen können. Beenden sie das Studium in der Regelstudienzeit „mit guten beziehungsweise sehr guten Leistungen“, werde ihnen das Darlehen ganz oder teilweise erlassen, erläuterte der Pressereferent. Überdies soll BAföG-Empfängern bei einer Geburt während der Ausbildung oder des Studiums die Rückzahlung der Fördermittel „erlassen“ werden.
Zur Frage, wie es an den Unis im Zeichen von Corona weitergehen soll, äußerste Horns: „Da die Risikogruppen mittlerweile geschützt sind und junge Menschen zum Glück nur in seltenen Fällen von schweren Krankheitsverläufen durch Corona betroffen sind, ist es dringend geboten, endlich zum normalen Hochschulbetrieb zurückzukehren. Hunderttausenden jungen Menschen darf der weitere Lebensweg nicht durch ein ‚zweitklassiges Corona-Studium‘ verbaut werden. Jedem Studenten steht es dabei frei, sich per Impfung zu schützen.“
Die Linke
Ziele und Absichten der Linken zu Bildung & Forschung, Hochschule & Uni sowie BAföG zur Bundestagswahl 2021
Die Beantwortung unserer Fragen übernahm für die Linkspartei deren hochschulpolitische Sprecherin im Bundestag, Nicole Gohlke. „Mit einem Programm für mehr Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit schließen wir die soziale Schere an den Hochschulen“, erklärte sie. Ein Studium solle generell „auch mit einem Fachabitur oder einer abgeschlossenen Berufsausbildung möglich werden“, der Masterstudiengang müsse nach dem Bachelor „garantiert“ sein und „langfristig gehören Zugangsbeschränkungen abgeschafft“.
In ihrem Wahlprogramm zieht die Partei eine düstere Bilanz: Unter den Vorzeichen der „unternehmerischen Hochschule“ seien Wissen, Bildung und Forschung „wirtschaftlich verwertbar“ gemacht worden, durch die chronische Unterfinanzierung bleibe der Raum für unabhängige und gesellschaftskritische Forschung und Lehre auf der Strecke. „Forschung ohne Drittmittel ist kaum noch möglich.“
Dem setzt Die Linke ihr Konzept von „Hochschulen in gesellschaftlicher Verantwortung“ mit „kritischer Wissenschaft und Lehre“ entgegen, „die im Sinne einer sozial gerechten, ökologisch nachhaltigen und friedlichen Welt eingreift“. Dazu gehöre, dass „statt für Krieg und Rüstungsindustrie“ für Frieden geforscht werde. Dafür sollten entsprechende Zivilklauseln „an allen Hochschulen und allen wissenschaftlichen Einrichtungen“ verankert und die Friedensforschung gezielt gefördert werden.
Anstelle von zeitlich begrenzten Hochschulpakten, Zukunftsverträgen und Drittelmittelprojekten müssten Lehre und Forschung durch den Bund dauerhaft mitfinanziert werden. „Die Mittel der Exzellenzstrategie wollen wir für eine Breitenförderung der Wissenschaft einsetzen“, so Gohlke, auch sollten die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau wieder im Grundgesetz verankert und im Rahmen eines „Hochschulsozialpaktes“ ein „Sonderprogramm für den Neubau von Wohnheimplätzen“ gestartet werden. Mehr Geld müsse auch dem Ausbau von Mensen und der Studierendenwerke zugutekommen.
Weiter warb die Linke-Politikerin für ein Anreizsystem des Bundes, mit dem 100.000 unbefristete Stellen an den Hochschulen geschaffen würden. Dauerstellen mit einer beruflichen Perspektive „sollen die Norm und Zeitverträge die Ausnahme sein“. Das komme auch der Studien- und Forschungsqualität zugute. „Studentische Beschäftigte unterstützen wir in ihrem Kampf um einen eigenen Tarifvertrag. Mittelfristig müssen sie in den Tarifvertrag der Länder aufgenommen werden.“
Mit Blick auf die Studienfinanzierung setzt Die Linke auf ein „rückzahlungsfreies, elternunabhängiges und bedarfsgerechtes BAföG (...), das alle erreicht, die es brauchen“, das „armutsfest“ sein müsse und „für exorbitant steigende Mieten und Lebenshaltungskosten“ ausreiche. Auf kurze Sicht müssten dazu die Einkommensfreibeträge der Eltern „um mindestens zehn Prozent angehoben und die Wohnkostenpauschale entlang der örtlichen Realmieten flexibilisiert und regelmäßig angepasst werden“, führte Gohlke aus. Automatische Erhöhungsrunden entsprechend der Preis- und Lohnentwicklung fordert ihre Partei auch bei den Bedarfsätzen. Ferner solle die Förderung auf einen Vollzuschuss umgestellt werden.
Zur Frage, wie es an den Unis im Zeichen von Corona weitergehen soll, befand Gohlke: „Wir drängen auf flächendeckende und aufsuchende Impfungen vor Ort, um größtmögliche Normalität zu schaffen. Business as usal wäre aber verfrüht. Beim Übergang in den Präsenzbetrieb müssen die Belastungen und Prüfungsrückstände der letzten Monate berücksichtigt werden und ausreichend Angebote zur Aufarbeitung geschaffen werden. Das bedeutet auch, das kommende Wintersemester nicht auf die Regelstudienzeit anzurechnen und jede Form von Studiengebühren auszusetzen, solange sie nicht abgeschafft sind. Insbesondere die psychosozialen Beratungsstellen brauchen dringend mehr Kapazitäten.“