Ausblick aufs Wintersemester 2004/2005Studiengebühren oder auch nicht, Hochschul-Fusionen, Bachelor und Master
Weiter auf der Agenda bleibt die Diskussion um allgemeine Studiengebühren. Gerade im Sommerloch hatte insbesondere Hamburgs Wissenschaftssenator Dräger das Thema mehrfach in die Runde geworfen, zuletzt in einem FOCUS-Artikel Anfang September. Noch einen drauf gesetzt hat die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), deren Chef Dieter Hundt Ende September ein eigenes Modell vorstellte.
Wie schon bei Dräger rechnet auch der BDA sein Modell mit Bachelor-Studiengängen schön, wer einen Master machen will (was heute in Form des "alten" Diploms ja noch fast alle tun), steht schlecht da. Aber warum sollte man das auch erwähnen?
Richtig spannend wird die Sache aber erst, wenn das Bundesverfassungsgericht das Verbot von allgemeinen Studiengebühren im Hochschulrahmengesetz tatsächlich kippen sollte. Der erste Verhandlungstag ist für den 9. November anberaumt - rund um diesen Termin wird das Thema sicher aufkochen. Die eigentliche Entscheidung fällt aber erst Anfang 2005, zur Zeit wird mit Januar oder Februar gerechnet.
- Rückblick zum Thema
- Es wird langsam spannend: Verfassungsgericht verhandelt Studiengebührenverbot am 9. November (29.09.2004)
- CDU: BAföG streichen, Studiengebühren einführen (12.09.2004)
- Studiengebühren-Sommertheater geht weiter (09.08.2004) - Bulmahn jetzt für Studienkonten (also Langzeitstudiengebühren) und allgemeinen Studiengebühren für Ausländer
- Studiengebühren im Sommerloch (04.08.2004)
- In unionsregierten Ländern ab 2006 allgemeine Studiengebühren? (01.08.2004)
- Übersicht Studiengebühren in Deutschland (ständig aktualisiert)
Fusionitis ...
... in München
In Bayern will man klotzen - jedenfalls einige. Für PolitikerInnen mit großen (vielleicht zu großen?) Visionen hört sich "University of Munich" natürlich noch besser an, als Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und Technische Universität (TU). Und diese "neue" Hochschule ist dann natürlich automatisch Weltspitze.
Bayerns Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) will zum Thema auf jeden Fall weiter diskutieren, keptisch zeigte er sich noch zu dem vorgeschlagenen Namen "University of Munich": "Mir wäre auch lieber, wir hätten was Bayerisches."
Interessanterweise ist die TU eher für, die LMU eher gegen eine Fusion. Jedenfalls, wenn man die beiden "Chefs" zum Maßstab macht. Der Präsidenten der TU außerte, eine echte inhaltliche Neugründung müsse "mit einer Standortbereinigung einhergehen". Bernd Huber, Rektor der Ludwig-Maximilians-Universität, lehnt dagegen die Zusammenlegung ab. "Wir halten eine Fusion für den falschen Weg, damit entstünde ein Koloss auf tönernen Füßen", sagte er.
... in Hamburg
Die Universität in Hamburg soll eher schrumpfen, jedenfalls sieht das Wissenschaftssenator Dräger so. Und hatte dafür auch passende Konzepte und Vorschläge präsentiert bzw. präsentieren lassen. Fusionieren soll die Uni jedoch mit der Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP). Gegen den Widerstand vor allem der HWP, die befürchtet, ihre besonderen Angebote im Rahmen der Uni nicht mehr machen zu können. Die HWP hat tradtionell auch Menschen ohne Abitur aufgenommen - wenn sie eine Einstufungsprüfung schaffen. Daneben galt sie lange als "Kaderschmiede" für Gewerkschafts- und Parteifunktionäre. Letzteres mag mit ein Grund sein, warum Dräger (parteilos und sicher kein Freund von Gewerkschaften) so besonders auf die Zerschlagung der HWP drängt.
Auf der anderen Seite jedoch soll es eine neue Uni geben bzw. eine "Akademie" - für Architektur. Die wiederum soll sich die Studierenden der Architektur, des Bauingenieurwesen und der Stadtplanung aus der TU Harburg, der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) und der Hochschule für bildende Künste (HfbK) einverleiben (also auch eine Art Fusion) - auch diese drei Hochschulen würden also schrumpfen.
Warum Wissenschaftssentor Dräger so auf Architektur steht, dass er dafür Geld locker machen will (Neubau etc.) und alle anderen Hochschulen darben - das bleibt ein Rätsel. Oder steht da das große Senats-Ziel "wachsende Stadt" (bis 2020 soll Hamburg um über 200000 Menschen wachsen ...) dahinter, für das man spektakuläre Neubauten vorweisen will, am besten in der sogenannten HafenCity?
... in Berlin
In Berlin gab es immer wieder die Überlegung, ob drei Universitäten nicht zu viel sind. Gerade durch die Münchener Überlegungen habe die Befürworter dieser Idee wieder Oberwasser. Die Berliner Universitäten müssten ihre Kräfte bündeln, um national und international wettbewerbsfähig zu bleiben - so nennt man das heute. Da das Land Berlin finanziell besonders schlecht steht, könnte eine solche Idee - wenn sie denn wirklich kostensparend gestaltet wird - durchaus mehr Anhänger finden.
... in Lüneburg
In Lüneburg wird nicht mehr diskutiert, wie in den großen Städten. Der niedersächsische Landtag hat vor kurzem einstimmig die Fusion von FH Nordostniedersachsen und Uni Lüneburg beschlossen. Trotz diverser Konflikte im Laufe der Vorbereitungen zur Fusion scheint es also kaum mehr Kritik zu geben, die Fusion wird formal am 1.Januar 2005 stattfinden. Streit gab es z.B. im Zusammenhang mit dem Standort Buxtehude der FH, der nun als private FH ausgegliedert werden soll, was offenbar niemanden mehr stört.
Lüneburg soll als "Modelluniversität" im Rahmen des Bologna-Prozesser die Umstellung auf Bachelor/Master besonders schnell umsetzen. Ob das dann wirklich die Qualität steigert, sei dahingestellt. Das Land erhofft sich jedenfalls Einsparungen, die aber nicht auf Kosten der Lehre stattfinden sollen. Man darf gespannt sein.
Insgesamt ist Dimension aber noch harmlos: Die neue Modelluniversität hat gerade mal 10.000 Studierende, davon ca. 3000 von der früheren FH.
- Quellen
- Vor der Fusion: Hamburgs Wissenschaftssenator Dräger setzt neue Bauhochschule durch (DLF-CampusRadio)
- Lüneburg-Fusion aus Sicht des Niedersächsischen Wissenschaftsministeriums
- Bayerische Fusionspläne (SPIEGEL ONLINE)
Bachelor und Master weiter auf dem Vormarsch
Der Bologna-Prozess läuft weiter und das Ziel ist klar: Bis 2010 sollen Magister und Diplom komplett durch Bachelor/Master-Studiengänge ersetzt sein. Die Hochschulen werden also trotz aller Kritik (vgl. unsere Artikel unten) fleißig weiter umstellen.
Es könnte allerdings auch noch etwas wundersames geschehen: Gerade bei den Ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen geht die Umstellung schleppend voran. Denn eigentlich war das Diplom da ziemlich anerkannt. Es könnte daher sein, dass doch noch Bewegung in die Sache kommt.
Was nämlich gern vergessen wird: Nicht nur die Hochschulen müssten sich umstellen, nein, auch die Arbeitgeber sind gefragt, sich auf die neue Studiengänge einzustellen, was viele noch nicht getan haben. Dabei könnten diese erkennen, dass sie mit einem Bachelor-Absolventen eigentlich nicht viel mehr als einen Lehrling mit Abitur bekommen, der aber noch nicht mal die eigene Firma kennt - also noch ein Trainee-Programm braucht. Das kostet. So selbständig wie ein Diplomand ist ein Bachelor-Absolvent im Allgemeinen wohl auch nicht. Ist vielleicht doch nicht so toll - hmm ...
Am Ende wird es aber irgendwie dabei bleiben: Bachelor und Master statt Diplom (und Magister) - aber ob wirklich so viele mit dem Bachelor abgehen, dass wird vielleicht doch anders ausgehen, als so macheR dachte.