Wahlprüfsteine HochschulpolitikAntworten der Grünen Schleswig-Holstein
Bisher werden in Schleswig Holstein keine Studiengebühren oder Rückmeldegebühren erhoben. Wollen Sie daran festhalten oder planen Sie Änderungen auf diesem Gebiet?
Die Krise um die Uni Lübeck und die Überlegungen hinsichtlich der Schließung des Medizinstudienganges, zeigten bereits, dass Defizite in der Hochschulfinanzierung vorhanden sind. Welche Haltung nehmen Sie hierzu ein und welchen Entwicklungsbedarf sehen Sie in Bezug auf eine verbesserte Hochschulfinanzierung? Soll der Bund sich zukünftig wieder stärker in die Finanzierung einbringen; sollte dazu evt. auch das Kooperationsverbot gestrichen werden?
Es war unsere Landtagsinitiative zur Aufhebung des Kooperationsverbots, die einstimmig im Parlament verabschiedet wurde. Jetzt kämpfen wir für die Aufhebung auf Bundesebene. Das allein reicht aber nicht aus. Wir wollen, dass der Bund unsere Außeruniversitären Forschungseinrichtungen übernimmt. Das dadurch "gesparte" Geld wollen wir direkt in unsere Hochschulen stecken. Außer Bundesgelder wollen wir vor allem viele nicht genutzte Regionalmittel der EU nutzen, Efre oder ESF Mittel können dafür gut verwendet werden.
Die Landesregierung gibt 1,6 Mio. Euro als Wirtschaftsförderung für Würstchenproduktionshallen aus. Gleichzeitig streicht Sie 1,7 Mio. an der Uni Flensburg. Es geht also auch darum Prioritäten anders zu setzen!
Die Studienbereitschaft der Schleswig-Holsteinischen Schülerinnen und Schüler liegt unter dem Bundesschnitt, der wiederum ebenfalls unter dem Schnitt der EU-Staaten liegt. Welche Lösungsvorschläge haben Sie um wieder mehr Abiturienten in Ihrem Land zum Studium zu führen?
Zum einen brauchen wir mehr AbiturientInnen, denn auch bei der Anzahl der AbiturientInnen ist unser Bundesland unterdurchschnittlich. Wer aber sein Abi macht, wird oft erleben, keinen Studienplatz mehr zu bekommen. Wir müssen deshalb in den nächsten 7 Jahren 16.000 neue Studienplätze schaffen. Es geht darum, ob man jungen Menschen eine Zukunft geben will und ob das Land in 10 Jahren mehr sein will als Wellness-Oase für die Generation über 60. Die Landesregierung bekennt sich bisher nur zu 10.000. Dies wird ein Kraftakt, den SH alleine nicht schaffen kann. Aber wir werden dafür kämpfen.
Haben Sie bereits konkrete Pläne, die Sie verfolgen um mehr Menschen aus finanziell schlechter gestellten Familien zu einer Hochschulzugangsberechtigung zu verhelfen?
Wir wollen die Durchlässigkeit an den Hochschulen durch Gesetzesänderungen und Programme verbessern. Es muss auch ohne Abitur als QuereinsteigerIn möglich sein studieren zu dürfen. Wir wollen das Bafög auf Bundesebene zu einem Bildungseinkommen ausbauen. Ein Bildungseinkommen bekommt bspw. in Dänemark jede/r die/der sich durch ein Studium oder eine Ausbildung im Bildungssystem befindet. Dadurch hängen Bildungschancen viel weniger vom Einkommen der Eltern ab.
Aktuell wird der Bachelor-Abschluss für immer mehr Studierende zur Sackgasse, da es nicht genug Master-Studienplätze gibt. Wie stehen Sie zu der Umsetzung des Konzeptes der Bachelor-Master-Studiengänge in Deutschland? Welchen Entwicklungsbedarf sehen Sie auf diesem Gebiet?
Es ist richtig. Mit einem BA-Abschluss muss man in Zukunft mehr anfangen können als zur Zeit. Gleichzeitig wollen wir erreichen, dass jede/r BA AbsolventIn einen MA Studienplatz erhalten kann, wenn sie oder er es will. Besonders schwierig ist dies in der LehrerInnenbildung, hier muss für BA-AbsolventInnen erstmal ein Berufsfeld geschaffen werden. Durch pädagogische Stellen an den Schulen wird dies aber möglich sein. Für andere Studiengänge gilt Ähnliches.
Was für eine Rolle soll Demokratie an der Hochschule nach Auffassung Ihrer Partei spielen? Haben Sie Konzepte für eine stärkere Demokratisierung der Hochschulen und wenn ja, welche? Wie soll insbesondere die Partizipation der Studierenden aussehen?
Dank uns gibt es ein Dialogforum in dem sich alle 2-3 Monate Studierende, Hochschulleitungen, Verbände und Landespolitik über aktuelle Fragen austauschen. Für eine kleine Oppositionspartei war das schon ein Erfolg. Wir wollen auch weiterhin dafür kämpfen, dass Studierende, wissenschaftlicher Nachwuchs und nicht wissenschaftliche MitarbeiterInnen paritätische Mitbestimmung in den Hochschulgremien bekommen. Aber es geht nicht nur um Gesetzesänderungen, sondern auch darum warum Beteiligung an den Hochschulen bisher nur von kleinen Gruppen gelebt wird. Wir wollen deshalb im Dialog online- wie offline Mitbestimmung an den Hochschulen als Thema aufwerten. Die Grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer ist für uns mit ihrer Onlinediskussion ein Vorbild (http://www.wir-wollen-deinen-kopf.de/)
Gibt es Vorhaben zur Weiterentwicklung der bestehenden rechtlichen Grundlagen zum BAföG und des Unterhaltsrechtes? Sollte Ihrer Meinung nach das BAföG und Unterhaltsrecht in Richtung einer vom Einkommen der Eltern unabhängigen Förderung geändert werden?
Ja, absolut. Unsere Idee eines bedingungslosen Bildungseinkommens (siehe Antwort auf Frage 4) würde genau diesen Punkt implizieren. Dies würde Verwaltungshürden abbauen und gleichzeitig allen Studis viel direkter helfen. Ganz nebenbei bemerkt wäre ein elternunabhängiges Bafög auch gesellschaftspolitisch begrüßenswert. Es geht darum jungen Menschen ein eigenes Leben zu ermöglichen, um nicht vom Goodwill der Eltern abhängig zu sein.
Wie ist Ihre grundsätzliche Einstellung zu leistungsabhängigen Stipendien im Verhältnis zum BAföG?
Ein Bildungseinkommen ist der bessere Weg. Gegen Stipendien spricht natürlich nichts, orientiert sollten sie aber an sozialen Kriterien sein. Das Nationale Stipendienprogramm von Frau Schavan lehnen wir ab. Es ist bürokratisch aufwendig, sozial unausgewogen und bevorzugt Hochschulen die durch private Gönner eh schon auf der Gewinnerseite stehen.