Wahlprüfsteine HochschulpolitikWas die Parteien in Berlin vertreten
Ergebnisse der Abgeordnetenhauswahl 2006
An der letzten Abgeordnetenhauswahl im Jahr 2006 beteiligten sich 58 % der 2,4 Mio. Wahlberechtigten. Die Wahlbeteiligung lag somit 10 % niedriger als bei der vorherigen Wahl.
Die Stimmen- und Sitzverteilung sah wie folgt aus:
SPD 30,8 % (2001: 29,7 %)
CDU 21,3 % (2001: 23,8 %)
LINKE 13,4 % (2001: 22,6 %)
Grüne 13,1 % (2001: 9,1 %)
FDP 7,6 % (2001: 9,9 %)
(Vgl. wahlrecht.de)
Die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus ist die siebte und letzte Landtagswahl in diesem Jahr. Insgesamt treten 22 Parteien an.
Derzeit sind im Landesparlament Abgeordnete aus SPD, CDU, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vertreten. Die aktuelle Regierungskoalition wird von der SPD und der LINKEN mit Klaus Wowereit (SPD) als regierendem Bürgermeister gestellt.
Eine vollständige Auflistung der Parteien und Wählervereinigungen, die sich 2011 zur Wahl stellen, ist auf der Homepage der Landeswahlleiterin zu finden. Auch in der Wikipedia ist eine Auflistung mit weiteren Informationen zu den Parteien zu finden.
Was vertreten CDU, LINKE, FDP, Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Piratenpartei und SPD?
Den Landesverbänden der auch im Bundestag vertretenen fünf Parteien sowie der Piratenpartei als der Partei, die bei der Bundestagswahl von den nicht ins Parlament eingezogenen Parteien die meisten Stimmen erhielt, legten wir Anfang Juli insgesamt elf Fragen zu den Politikfeldern Hochschul- und Wissenschaftspolitik vor. Im Folgenden haben wir die bisher eingegangenen Antworten zu den Themen 'BAföG / Deutschlandstipendium', 'Universitäts- / Hochschulentwicklung', 'Hochschulfinanzierung', 'Drittmittel und Kooperation von Hochschulen und Unternehmen', 'Militärforschung + Zivilklausel' und 'Studienreform + Rechtsanspruch auf Master-Platz' zusammengefasst.
Wer die vollständigen Antworten der Parteien lesen möchte, findet hier eine Liste der Detail-Artikel (in Klammern ist angegeben, wann uns die Antwort erreichte – danach ist die Liste sortiert):
- Antworten der LINKEN (14.07.2011)
- Antworten der FDP (27.07.2011)
- Antworten der CDU (01.08.2011)
- Antworten der SPD (12.08.2011)
- Antworten der Grünen (22.08.2011)
- Antworten der PIRATEN (31.08.2011)
BAföG / Deutschlandstipendium
BAföG und Deutschlandstipendium sind zwar nicht Sache der Bundesländer, sondern auf Bundesebene geregelt. Änderungen an diesen Gesetzen bzw. Einrichtungen müssen jedoch vom Bundesrat gebilligt werden und es ist für die Vertretungen der Bundesländer möglich, dort Initiativen zur Änderung bestehender Gesetze einzubringen. So könnten bspw. BAföG und Unterhaltsrecht in Richtung einer vom Einkommen der Eltern unabhängigen Förderung geändert werden (ähnlich den Modellen in Skandinavien) um auf diese Weise mehr Menschen ein Studium zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang haben wir auch nach der Haltung der Parteien zu leistungsabhängigen Stipendien wie dem "Deutschlandstipendium" im Verhältnis zur Breitenförderung auf Grundlage des BAföG gefragt.
DIE LINKE spricht sich für eine grundlegende Umgestaltung des BAföG hin zu einer elternunabhängigen und bedarfsdeckenden Förderung ohne Darlehensanteil ein. Eine Studienfinanzierung über Kredite wird wegen der damit verbundenen Verschuldung abgelehnt.
Das Nationale Stipendienprogramm der Bundesregierung wird von der LINKEN nicht befürwortet, da die damit verbundenen Kosten für die öffentliche Hand in keinem Verhältnis zum Nutzen stünden. Zudem sei es inakzeptabel, dass die Stifter darüber entscheiden sollen, welche Fächer und Hochschulen das Geld erhalten.
Die Berliner FDP hält eine elternunabhängige Förderung mittel- und langfristig für ein richtiges Ziel. Kurzfristig will sie es den Hochschulen jedoch ermöglichen, nachgelagerte Studiengebühren einzuführen. Bildungskredite werden ebenfalls als Möglichkeit der individuellen Studienfinanzierung genannt.
Die Idee hinter dem "Deutschlandstipendium" – Förderung der Leistungsstarken durch eine Partnerschaft von Staat und Wirtschaft im Unterschied zur Unterstützung "sozial Schwacher" durch das BAföG – wird von der FDP befürwortet.
Die CDU Berlin hält eine Weiterentwicklung des BAföG vor dem Hintergrund des lebenslangen Lernens für neue Zielgruppen für sinnvoll. Dabei spricht sie sich für ein kreditfinanziertes Förderprogramm aus.
Das "Deutschlandstipendium" wird von der CDU Berlin als Verbesserung der Bildungsfinanzierung bewertet, da es Hilfe zum Lebensunterhalt für Studierende leiste und das Engagement der Wirtschaft im Bereich der Hochschulen fördere.
Die SPD spricht sich für eine Erhöhung der Bedarfssätze und Einkommensfreibeträge beim BAföG aus und will sich für eine Erhöhung der Altersgrenze auf 35 Jahre bzw. 40 Jahre beim Masterstudium einsetzen.
Die leistungsorientierte Förderung durch Stipendienprogramme wie dem "Deutschlandstipendium" wird von der SPD Berlin nicht generell abgelehnt, diese dürfe aber das bedarfsorientierte Förderungsmodell des BAföG nicht ersetzen.
Bündnis 90/Die Grünen halten eine grundsätzliche Reform des BAföG bei der auch elternunabhängige Elemente eine Rolle spielen sollten, für sinnvoll. Sie sprechen sich dafür aus, dass niemand aus finanziellen Gründen von der Aufnahme eines Studiums oder einer Ausbildung abgehalten werden darf und lehnen daher eine reine Kreditfinanzierung ab.
Die für das "Deutschlandstipendium" aufgewendeten Mitteln sollten nach Ansicht der Grünen besser in die Finanzierung des BAföG investiert werden, da von dem Stipendium in erster Linie diejenigen mit den ohnehin besseren Ausgangschancen profitierten.
Die PIRATEN Berlin sprechen sich für einen Ausbau der Förderung Studierender durch das BAföG aus. Sie beabsichtigen durch die Abschaffung der Regelstudienzeit so genannten leistungsbezogenen Kriterien eine deutliche Absage zu erteilen.
Staatlich subventionierte Elitenbildung wird von den PIRATEN abgelehnt. Stattdessen wird eine leistungsunabhängige staatliche Förderung für alle gefordert.
Universitäts- / Hochschulentwicklung
Die Universitäts- und Hochschulentwicklung der letzten Jahre orientierte sich in starkem Maße am Leitbild der "unternehmerischen Hochschule im weltweiten Wettbewerb", wie es vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) gegen die demokratische Gremienuniversität propagiert wird. Dieses Leitbild steht jedoch derzeit in Frage. Im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen in Baden-Württemberg wird bspw. festgehalten, dass es "noch nie zu den Hochschulen gepasst" habe.
Wir haben die Parteien zum Einen danach gefragt, an welchen Leitlinien sich die Hochschulentwicklung ihrer Meinung nach orientieren sollte und zum Anderen wie sie die derzeit bestehenden demokratischen Strukturen in den Hochschulen bewerten.
DIE LINKE spricht sich für eine gebührenfreie "offenen Hochschule" in gesellschaftlicher Verantwortung aus, die u.a. vom Humboldtschen Bildungsideal der Verbindung von Lehre und Forschung getragen sein soll. Grundlage sollen die Prinzipien Akademische Selbstverwaltung, Partizipation und Chancengleichheit sein.
Als Ziel linker Hochschul- und Wissenschaftspolitik wird die umfassende und demokratische Partizipation aller am Wissenschaftsprozess Beteiligten genannt. Dafür soll eine viertelparitätische Beteiligung in den satzungsgebenden Hochschulorganen eingeführt und von den Hochschulen eigene Modelle der akademischen Selbstverwaltung entwickelt werden.
Von der FDP wird das Leitbild einer deregulierten Hochschule, die weitgehend autonom arbeiten kann, vertreten. In den Hochschulen solle Transparenz über Aufwand, Kosten und Leistung bestehen.
Die FDP fordert die Schaffung der Möglichkeit, nach dem ersten Semester die Mitgliedschaft in der Studierendenschaft zu beenden. Die Einführung einer Viertelparität in den Hochschulgremien wird abgelehnt.
Die CDU fordert freie Hochschulen mit hoher Eigenständigkeit. Die Finanzierung der Hochschulen muss sich ihrer Ansicht nach am Forschungs- und Ausbildungsbedarf der Unternehmen orientieren.
Die bestehenden Gremienstrukturen werden von der CDU als grundsätzlich erforderlich für eine abgestimmte und zielorientierte Entwicklung der Hochschule beschrieben. Es werden keine Veränderungen in diesem Bereich gefordert.
Die SPD nennt keine expliziten Leitlinien für die Hochschulentwicklung, sie bezieht sich jedoch positiv auf die Bundes-Exzellenzinitiative und auf Wettbewerb als einen wichtigen Motor für Innovationen. Gleichzeitig spricht sie sich dagegen aus, die Hochschulen in einen rein ökonomischen Konkurrenzkampf um die vorhandenen Ressourcen zu treiben.
Die Berliner SPD bekennt sich zum Prinzip der Gruppenuniversität. Sie verweist darauf, dass aufgrund einer Entscheidung des BVerfGs HochschullehrerInnen in allen Entscheidungsgremien, die Forschung, Lehre und Berufung von HochschullehrerInnen betreffen, die Mehrheit haben müssten.
Bündnis 90/Die Grünen sprechen sich für die Orientierung an unterschiedlichen Leitlinien, je nach Hochschultyp und Ziel der Hochschule, aus. Die Hochschullandschaft solle nach ihrer Auffassung vielfältig und gesellschaftsnah, wissenschaftsnah und lebensnah und so autonom wie möglich – begleitet durch eine vernünftige akademische Selbstverwaltung, sein.
Den Trend zu immer weniger Mitbestimmung an den Hochschulen wollen die Grünen umkehren. Sie fordern, dass jede Hochschule ein satzungsgebendes Grundordnungsgremium haben müsse, das viertelparitätisch besetzt ist. Die Struktur der weiteren Gremien soll dann von den Statusgruppen der jeweiligen Hochschule ausgehandelt werden.
Die Berliner PIRATEN sprechen sich für eine Abkehr vom Leitbild der unternehmerischen Hochschule aus. Sie stehen für das Leitbild eines ungezwungenen, kritischen Studiums nach dem Vorbild des Studiums generale.
In Bezug auf die demokratischen Strukturen innerhalb der Hochschulen fordern die PIRATEN, dass sich die einzelnen Hochschulen selbst Modelle geben sollen, die maximale demokratische Beteiligung ermöglichen. Zur direkten demokratischen Entscheidung von Sachfragen wird ein Verfahren nach Prinzipien der liquiden Demokratie empfohlen. Gleichzeitig soll ein Runder Tisch aller in Berlin mit Hochschulfragen Beschäftigten als öffentliches Forum eingerichtet werden.
Hochschulfinanzierung
Der Anteil der staatlichen Grundmittel für die Finanzierung der Hochschulen ist von 1980 bis 2007 von 72,3 auf 50,1 Prozent gesunken, während im gleichen Zeitraum die (unsichere) Finanzierung über Drittmittel- und Verwaltungseinnahmen deutlich zugenommen haben. Der mangelhafte Ausbau der Ressourcen für den Bildungsbereich wird von den politisch Verantwortlichen in der Regel mit fehlenden Ressourcen begründet.
Wir haben die Parteien danach gefragt, wie sie die Haushaltspolitik im Bereich der Hochschulen gestalten wollen und ob sie die aktuelle Spar- und Kürzungs-Haushaltspolitik, Stichwort "Schuldenbremse", als alternativlos begreifen.
DIE LINKE beschreibt die rot-rote Stadtpolitik der letzten Jahre insofern als erfolgreich, als dass der Hochschuletat entgegen des Trends der neunziger Jahre von 2010 bis 2013 jährlich um 3,5 % ausgebaut und den Hochschulen durch Hochschulverträge Planungssicherheit garantiert werde.
Die aktuelle Haushaltspolitik, die u.a. mit dem Instrument der "Schuldenbremse" arbeitet, wird von der LINKEN als wachstumshemmend und krisenverschärfend kritisiert. Die wachsende Staatsverschuldung und die angespannte finanzielle Lage der Länder und Kommunen sei kein Resultat zu hoher Ausgaben, sondern zu geringer Einnahmen. Die LINKE will sich auf Bundes- und Landesebene für eine Verbesserung der Einnahmesituation einsetzen.
Die FDP will den Hochschulen die Möglichkeit geben, nachgelagerte Studiengebühren einzuführen und spricht sich für eine leistungsbasierte Hochschulfinanzierung aus. Zudem sollen vermehrt private Mittel in die Hochschulen geholt werden, z.B. durch Stiftungsprofessuren.
Die Politik der Schuldenbremse wird von der FDP Berlin nicht in Frage gestellt. Ihrer Auffassung nach könne die Situation an den Hochschulen jedoch auch ohne weitere finanzielle Mittel verbessert werden, etwa durch die Regelung, dass Lehre aus Drittmitteln von den Hochschulen nicht kapazitätsrelevant behandelt werden muss.
Die Berliner CDU unterstützt die von der Bundeskanzlerin vorgeschlagene Erhöhung des Bildungsausgaben auf 10 Prozent des BIPs. Die öffentliche Finanzierung der Hochschulen wird jedoch nicht als "Wert an sich" betrachtet.
Die Finanzierung des Bildungsbereichs wird von der CDU auch bei knappen öffentlichen Haushalten als Priorität genannt, es müsse jedoch verstärkt die Effizienz der eingesetzten Ressourcen und der Ertrag berücksichtigt werden. Ohne Beseitigung des strukturellen Defizits durch die "Schuldenbremse" sei dies nicht möglich.
Die SPD beabsichtigt, vermittelt über Hochschulverträge, eine solide Finanzierung der Berliner Hochschulen aus dem Landeshaushalt sicherzustellen und die Zahl der Studienplätze weiter zu erhöhen.
Was die Einnahmesituation der öffentlichen Haushalte betrifft, spricht sich die SPD allgemein für ihre Stärkung aus. Gleichzeitig wird die Wichtigkeit eines soliden öffentlichen Haushaltes betont und darauf verwiesen, dass eine Politik der Haushaltskonsolidierung gleichzeitig das Setzen von Schwerpunkten in Bildung und Wissenschaft erlaube.
Bündnis 90/Die Grünen wollen das Hochschulfinanzierungssystem vereinfachen und zu diesem Zweck u.a. die Pensionszahlungen wieder vom Land tragen lassen und die Grundfinanzierung der Hochschulen ausbauen um so die Abhängigkeit von Projektgebern zu verringern.
Sie sprechen sich für eine Politik der Haushaltskonsolidierung mit Augenmaß aus. Investitionen im Bereich der Hochschulen werden als wirtschaftlich lohnenswert gesehen. Bündnis 90/Die Grünen sprechen sich in diesem Zusammenhang gegen das bestehende Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in Sachen Bildung aus.
Die PIRATEN fordern, dass die öffentliche Ausfinanzierung der Hochschulen und Universitäten im Berliner Haushalt Priorität bekommen müsse. Gleichwohl werden private Zuschüsse begrüßt, so lange sie nicht die Autonomie der Hochschulen und die Freiheit wissenschaftlicher Ergebnisse gefährden. Eine Weiterentwicklung des Finanzierungssystems der Hochschulverträge wird für sinnvoll erachtet.
Die "Schuldenbremse" stellt aus Sicht der PIRATEN einen massiven Eingriff in die staatlichen Gestaltungsmöglichkeiten dar. Als eine alternative Möglichkeit des Umgangs mit knappen Ressourcen wird die Abschaffung der Regelstudienzeit genannt.
Drittmittel und Kooperation von Hochschulen und Unternehmen
Im Zuge der forcierten Einwerbung von "Drittmitteln" durch Universitäten und Hochschulen kommt es in den letzten Jahren auch verstärkt zu Kooperationen zwischen privaten Konzernen und öffentlichen Universitäten und Hochschulen. Für Aufsehen haben in der letzten Zeit der "Sponsor- und Kooperationsvertrag" zwischen Deutscher Bank und TU und HU Berlin (siehe hier) und die geheime Forschungskooperation zwischen Bayer HealthCare AG und Universität Köln (siehe hier) gesorgt.
Wir haben die Parteien danach befragt, wie Sie diese Fälle bewerten und wie Ihr wissenschaftspolitisches Programm in Bezug auf solche Kooperationen aussieht.
DIE LINKE spricht sich allgemein gegen eine Aushebelung der Autonomie der Hochschulen durch die finanzielle Abhängigkeit von privaten Sponsoren aus. Drittmittel werden zwar als wesentlicher Bestandteil der Finanzausstattung der Hochschulen, ihre ausreichende Finanzierung jedoch als öffentliche Aufgabe betrachtet.
Die FDP sieht Drittmittel als existenziell für die Forschung, spricht sich jedoch für die Verabschiedung eines Kodex aus, nach dem die Freiheit von Forschung und Lehre und die Unabhängigkeit der Hochschule von wirtschaftlichen und partikularen Interessen gewährleistet werden müssen.
Die CDU tritt klar für Drittmitteleinwerbungen und Kooperationen von Universitäten und Wirtschaft ein. Aufgabe des Staates sei es dabei, die Rahmenbedingungen so vorzugeben, dass das Prinzip des verantwortlichen Handelns bei offenen und transparenten Hochschulen gewährleistet bleibe.
Die SPD bewertet das Einwerben von Drittmitteln prinzipiell als sinnvoll, da es dazu beitrage, die Hochschulen der Gesellschaft gegenüber zu öffnen. Sie will sich für eine noch engere Verzahnung von Unternehmen und Berliner Forschungs- und Hochschuleinrichtungen einsetzen. Eine vollständige Unterordnung einzelner Universitäten oder Institute unter private Firmen wird jedoch abgelehnt.
Bündnis 90/Die Grünen sprechen sich grundsätzlich für eine Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft aus. Für die immer stärkere Ausrichtung von Hochschulen auf die Marktinteressen von Einzelunternehmen machen sie die Unterfinanzierung der Hochschulen verantwortlich.
Kooperationen zwischen Universitäten und Unternehmen werden von den PIRATEN als sinnvoll erachtet, solange sie nicht zu einer Verschlechterung der Finanzierung von Grundlagenlehre führen. Die gegenwärtige Praxis der Kooperationsverträge sollte durch eine transparente und durch die Hochschulen bestimmte Kooperationsform ersetzt werden.
Militärforschung + Zivilklausel
An immer mehr öffentlichen Universitäten und Hochschulen wird Rüstungs- oder anderweitig militärisch relevante Forschung im Auftrag des Verteidigungsministeriums oder von Unternehmen betrieben. Gegen diese Entwicklung regt sich vielerorts Widerstand – siehe aktuell die Auseinandersetzung an der Uni Bremen wo es bereits seit 1986 eine Zivilklausel gibt – und es wird die Einrichtung von Zivilklauseln gefordert, die die (Selbst-)Verpflichtung der Hochschulen, ausschließlich Forschung für zivile Zwecke zu betreiben, beinhalten. Wir haben die Parteien nach ihrer Position zu diesem Thema gefragt.
DIE LINKE unterstützt die Einrichtung solcher Zivilklauseln, sieht hierbei jedoch in erster Linie die Selbstverwaltungsgremien der Hochschulen in der Verantwortung.
Die FDP vertritt die Auffassung, dass die Einführung von Zivilklauseln gegen die Grundsatz der Forschungsfreiheit verstoßen würde und lehnt ihre Einführung daher ab.
Die CDU bezweifelt, dass es gelingen kann, die Grenze auch nur zur militärisch relevanten Forschung zu ziehen, da Forschungsergebnisse aus etlichen wissenschaftlichen Bereichen für eine militärische Nutzung interessant seien.
Die SPD Berlin hält "Zivilklauseln" nicht für einen geeigneten Weg Rüstungsforschung zu begrenzen, lehnt Rüstungsforschung mit Verweis auf die Notwendigkeit einer bestmöglichen Bewaffnung der Bundeswehr allerdings auch nicht ab.
Bündnis 90/Die Grünen vertreten die Auffassung, dass Rüstungsforschung nicht an staatlich finanzierte Hochschulen gehöre. Gleichzeitig wird die Abgrenzung von millitärisch nutzbarer und rein ziviler Forschung als schwierig bezeichnet, die Debatte darum jedoch als notwendig angesehen.
Die PIRATEN lehnen mit Verweis auf die Freiheit von Forschung und Lehre Rüstungsforschung als "unbequemes Forschungsfeld" nicht pauschal ab, fordern jedoch die allgemeine Zugänglichkeit entsprechender Forschungsergebnisse.
Studienreform + Rechtsanspruch auf Master-Platz
Die Reformierung der Studienstruktur im Zuge des Bologna-Prozesses ist weiterhin umstritten. So wird u.a. von Seiten der TU 9 (Zusammenschluss der neun größten Technischen Universitäten Deutschlands) eine Rückkehr zum Diplom gefordert und Studiengänge wie Medizin oder Jura immer noch mit den alten Abschlüssen angeboten.
Wir haben die Parteien danach gefragt, ob es nach ihrer Ansicht den Hochschulen ermöglicht werden sollte, souverän über die Struktur und die Abschlüsse ihrer Studiengänge zu entscheiden. Außerdem haben wir vor dem Hintergrund, dass es in vielen Studiengängen nicht genügend Master-Studienplätze gibt, danach gefragt, wie die Parteien zu der Forderung stehen, einen Rechtsanspruch auf einen Master-Studienplatz im eigenen oder einem verwandten Fach einzuführen.
DIE LINKE hält ein dauerhaftes Nebeneinander von gestuften BA/MA-, Diplom- und Magister-Studiengängen für nicht vereinbar mit dem Anliegen der Bolognareform. Außerdem würde es einen Wechsel des Studienorts oder des Studiengangs erschweren.
Bezüglich des Angebots von Master-Studienplätzen spricht sich die LINKE für einen bedarfsgerechten Ausbau von Master-Studienplätzen und mehr Selbstbestimmung, Flexibilität und Durchlässigkeit auch in den neuen Studiengängen aus. Eine gesetzliche Verankerung des Anspruchs auf einen Master-Studienplatz wird jedoch als kaum umsetzbar bewertet.
Die FDP ist gegen eine Abkehr vom Bologna-Prozess und vertritt die Auffassung, dass ein Wettbewerb der verschiedenen Studiengänge und Abschlüsse die Mobilität der Studierenden erschweren würde.
Von einem Rechtsanspruch auf einen Master-Studienplatz scheint die FDP Berlin nichts zu halten.
Die Berliner CDU verweist bezüglich der Frage nach den Abschlüssen auf ihr Eckpunktepapier für eine Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes aus dem Oktober 2008.
Ein gesetzlicher Anspruch auf einen Master-Platz wird von der CDU abgelehnt, da so eine sinnvolle Steuerung verhindert würde. Sie spricht sich jedoch für die Einrichtung eines nachfrageorientierten Angebots unter Berücksichtigung der mittelfristigen Beschäftigungsaussichten aus.
Die SPD lehnt es ab, den Hochschulen zu ermöglichen, souverän über Struktur und Abschluss ihrer Studiengänge zu entscheiden, da dies eine Nichtanerkennung von Studienleistungen unter den deutschen Hochschulen zur Folge hätte.
Was die Gestaltung des Übergangs vom Bachelor- zum Master-Studium betrifft, spricht sich die Berliner SPD dafür aus, bei Berufen, die einen Masterabschluss zwingend erfordern, eine Garantie auf einen Masterstudienplatz zu geben. In allen anderen Fällen sollen möglichst niedrige Hürden zwischen den Studienabschnitten bestehen.
Bündnis 90/Die Grünen halten die Ziele des Bologna-Prozesses für richtig und meinen, ein Nebeneinander der alten und neuen Studiengänge würde das Studienangebot noch undurchsichtiger machen.
Die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf einen Master-Studienplatz wird zwiespältig gesehen. Er müsste zwischen allen Bundesländern geregelt werden. Vorerst wird darauf gesetzt genügend Studienplätze im Master zu schaffen um die Nachfrage weitestgehend bedienen zu können.
Die Berliner PIRATEN sprechen sich dafür aus, dass die Hochschulen souverän über die Struktur und die Abschlüsse ihrer Studiengänge entscheiden können sollten.
Die Einführung eines Rechtsanspruchs auf einen Masterplatz wird kritisch gesehen, es sollte den Hochschulen jedoch aus Sicht der PIRATEN ermöglicht werden, den Master-Abschluss selbstständig zum Regelstudienabschluss zu erklären. Alternativ werden Bachelorstudiengänge ohne Begrenzung von Studienzeit und thematischer Breite genannt.
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