Wahlprüfsteine HochschulpolitikAntworten der CDU Rheinland-Pfalz
Für die CDU Rheinland-Pfalz steht die Familie unter einem besonderen gesellschaftlichen Schutz. Sie bildet eine nicht zu ersetzende gesellschaftliche Säule, die die wechselseitige Sorge, Pflege und Unterstützung garantiert. Im Sinne der Leistungsgerechtigkeit sind es in erster Linie die Eltern, die die Verantwortung für die Ausbildungsfinanzierung ihrer Kinder tragen. Bezüglich des BAföG ist zu betonen, dass es die CDU-geführte Bundesregierung war, die gerade erst die BAföG-Sätze rückwirkend zum 1. Oktober 2010 erhöht hat.
2. Die Bundesregierung hat die bundesweite Einführung eines "Deutschlandstipendiums" beschlossen, das den "Leistungsstärksten" pro Monat 300 Euro - je zur Hälfte finanziert durch den Bund und private Sponsoren - einbringen soll. Unterstützen Sie diesen Plan? Wie ist Ihre grundsätzliche Einstellung zu leistungsabhängigen Stipendien im Verhältnis zum BAföG?
Für die CDU Rheinland-Pfalz ist das Verhältnis von Stipendien und BAföG kein Gegensatz, sondern eine Ergänzung. Beide Säulen der Studienfinanzierung müssen langfristig gesichert und ausgebaut werden. Insbesondere im Bereich der Stipendien sehen wir jedoch einen immensen Nachholbedarf. Unabhängig von der sozialen Herkunft ist es ein Ansporn für die Betroffenen, wenn ihre außergewöhnlichen Anstrengungen und Erfolge besonders honoriert werden. Wir sind nicht der häufig geäußerten Ansicht, dass Studierende aus bildungsfernen Elternhäusern nicht in der Lage wären, leistungsabhängige Stipendien zu erhalten. Wir trauen diesen Studierenden aufgrund ihres Aufstiegswillens Spitzenleistungen zu.
3. Studiengebühren sind seit ihrer Einführung stark umstritten. In sieben Bundesländern wurden allgemeine Studiengebühren eingeführt, zwei (Hessen und Saarland) haben sie mittlerweile wieder abgeschafft, in Nordrhein-Westfalen ist die Abschaffung geplant. Bayern dagegen hat Pläne, bei berufsbegleitenden Bachelor-Studiengängen sogar höhere Studiengebühren von zunächst bis zu 2000 Euro zuzulassen. Welche Pläne haben Sie für Rheinland-Pfalz?
Die CDU Rheinland-Pfalz spricht sich seit Jahren gegen die Einführung von Studiengebühren aus.
4. Was halten Sie von den sozialen Bewegungen, die Demokratie nicht mehr nur als System, bei dem man alle vier Jahre seine Stimme abgibt, verstehen wollen (bspw. das Bildungsstreik-Bündnis, die Proteste gegen Stuttgart 21)? Ist Ihres Erachtens mehr Mitsprache und Mitbestimmung "von unten" nötig und möglich? Sind Ihrer Auffassung nach in diesem Sinne auch an den Hochschulen Veränderungen notwendig?
Nach Auffassung der CDU Rheinland-Pfalz ist das demokratische System in Deutschland noch nie auf die Stimmabgabe alle vier bis fünf Jahre hin konzipiert gewesen. Ganz im Gegenteil bietet unser politisches System auch zwischen den Wahltagen eine Vielzahl an Beteiligungsmöglichkeiten wie zum Beispiel das Einspruchswesen, öffentliche Anhörungen, die Mitgliedschaft in Parteien und Verbänden, die mediale Kommunikation sowie das Demonstrationsrecht. Deshalb erachtet die CDU Rheinland-Pfalz Bürgerbündnisse, soweit sie sich auf der Grundlage unseres Grundgesetzes konstituieren, als einen vitalen Beweis für die Lebendigkeit unserer repräsentativen Demokratie. Wir sind der festen Überzeugung, dass durch den gesellschaftlichen und medialen Wandel Entscheidungen von grundsätzlicher Tragweite transparenter kommuniziert und Partizipationsmöglichkeiten dementsprechend angepasst werden müssen. Die CDU spricht sich in ihrem Wahlprogramm zudem für eine bessere Beteiligung von Bürgern bei Großprojekten aus. In der Verfassung wollen wir die Beteiligungsmöglichkeiten erleichtern.
5. Brandenburg hat ein Landes-Schüler-BAföG für diejenigen Schülerinnen und Schüler eingeführt, die bisher kein BAföG bekommen können (insbesondere für Schüler an gymnasialen Oberstufen, die noch bei ihren Eltern wohnen). Was halten Sie von diesem Ansatz bzw. was für Pläne verfolgen sie, um mehr Menschen aus finanziell schlechter gestellten Familien zu einer Hochschulzugangsberechtigung zu verhelfen?
Angesichts der dramatischen Rekordverschuldung in Rheinland-Pfalz ist die Einführung eines Landesschüler-BAföGs in Rheinland-Pfalz in den kommenden Jahren kaum möglich. Im Sinne einer nachhaltigen Generationengerechtigkeit müssen wir in den kommenden Jahren einen klaren Konsolidierungs- und Sparkurs einschlagen. Die CDU Rheinland-Pfalz setzt sich dem hingegen dafür ein, die Wege neben dem Gymnasium, die zur Hochschulzugangsberechtigung führen, deutlich zu stärken. Wir wollen die Durchlässigkeit unseres Schulsystems stärken und vor allem Schülern aus bildungsfernen Schichten den Zugang zur Hochschulzugangsberechtigung ermöglichen.
6. Der Anteil der staatlichen Grundmittel für die Finanzierung der Hochschulen ist von 1980 bis 2007 von 72,3 auf 50,1 Prozent gesunken, während im gleichen Zeitraum die Finanzierung über Drittmittel- und Verwaltungseinnahmen in den letzten Jahrzehnten massiv zugenommen haben. Wie stehen Sie dazu, dass die öffentliche Finanzierung der Hochschulen in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr zurückgefahren wurde?
Die Ausgangslage in Rheinland-Pfalz ist dramatisch: Bei den laufenden Grundmitteln je Studierendem liegt unser Land mit 5200 Euro auf dem vorletzten Platz in Deutschland. Den steigenden Anteil von Drittmittel an der Hochschulfinanzierung bewertet die CDU Rheinland-Pfalz daher nicht negativ, sondern sieht darin einen enger werdenden Dialog zwischen den Hochschulen und den gesellschaftlichen und ökonomischen Akteuren. Wissenschaftliche Arbeit folgt einem Selbstzweck, darf jedoch den Kontakt zur Gesellschaft nicht kappen. Deshalb begrüßen wir Kooperationen in diesem Bereich ausdrücklich. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir das Abschmelzen der Grundmittel befürworten. Es muss stets klar sein, dass das Land strukturelle Grundaufgaben der Hochschulen stets auskömmlich zu finanzieren hat. Leider nimmt Rheinland-Pfalz im Bundesgleich einen Spitzenplatz in der Abschmelzung der Grundfinanzierung ein. Parallel dazu lässt das Land Sondertöpfe und -vermögen zur Projektfinanzierung der Hochschulen immer stärken anwachsen. Dies führt zu einer zunehmenden und der wissenschaftlichen Arbeit abträgliche Fixierung auf Projektzeiträume von drei Jahren, die jedoch nicht zu einer befruchtenden Diskussion mit wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Institutionen führen. Die CDU Rheinland-Pfalz spricht sich deshalb klar dafür aus, mittelfristig die Grundfinanzierung wieder an den Bedürfnissen der Hochschulen zu orientieren.
7. Was halten Sie von der so genannten "Schuldenbremse", die nach Ihrem Einzug ins Grundgesetz nun aktuell auch in immer mehr Landesverfassungen aufgenommen wird? Die rheinland-pfälzische "Schuldenbremse" wird - so ist zu hören - dazu führen, dass jährlich etwa 500 Stellen im Öffentlichen Dienst gestrichen werden müssen. Wie soll das gehen, ohne auch die Lebensqualität im Land und die Qualität des Bildungssystems zu verschlechtern? Die Bildungsgewerkschaft GEW vertritt hier sehr pointiert die Auffassung, dass diese "Bremse" vor allem zu Sozialabbau führe und daher nichts anderes als eine "Bildungsbremse" sei. Wie stehen Sie dazu?
Unsere Lebensqualität wird in Zukunft leiden, wenn wir jetzt nicht kräftig bei den Schulden auf die Bremse treten. Das gilt für alle Bereiche – außer für die Bildungspolitik. Die CDU Rheinland-Pfalz steht nachhaltig zur Schuldenbremse in Rheinland-Pfalz. Angesichts des demografischen Wandels, der dazu führen wird, dass die Einwohnerzahl in Rheinland-Pfalz signifikant sinken wird und einen Landeshaushalt, der in beispielloser Weise durch Schulden finanziert ist, kann die Haushaltspolitik nicht in der vorgegebenen Art und Weise weitergeführt werden. Verantwortliche Politik muss über eine Legislaturperiode hinausreichen. Wenn wir auch 2050 in Rheinland-Pfalz noch handlungsfähig sein und trotz Bevölkerungsrückgang eine effiziente und bürgernahe Struktur ermöglichen wollen, müssen wir schon heute damit anfangen, die Schulden zu begrenzen und die Bürokratie schrittweise auf die veränderten Rahmenbedingungen einzustellen.
8. Eine vor kurzem veröffentlichte Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) hat ergeben, dass "bis 2020 bis zu einer Million mehr Studienplätze erforderlich [sind]. Unter Berücksichtigung des Hochschulpakts besteht somit ein Finanzierungsbedarf für weitere 700.000 Plätze. Dieser Bedarf an Studienplätzen ergibt sich daraus, dass bis 2020 jedes Jahr mindestens 400.000 Studienanfänger an die Hochschulen drängen." Stimmen Sie dieser Analyse zu? Wenn ja, wie wollen Sie die Vergrößerung des Studienplatzangebots realisieren?
Projektionen in dieser Größenordnung sind stets mit Vorsicht zu genießen. Die CDU Rheinland-Pfalz wird sich nicht an hysterischen Diskussionen beteiligen, sondern den bedarfsorientierten Ausbau des Studienangebots betreiben. Zudem stehen wir einer Fokussierung der Debatte auf quantitative Aspekte kritisch gegenüber. Wir wollen ein stärkeres Augenmerk auf die qualitative Weiterentwicklung der rheinland-pfälzischen Studienplätze legen. Wir haben einen massiven Nachholbedarf in der Betreuungsrelation sowie in der Öffnung wissenschaftlicher Karrieren. In beiden Bereichen sind wir bundesweit Schlusslicht.
9. Aktuell wird der Bachelor-Abschluss für immer mehr Studierende zur Sackgasse, da es nicht genug Master-Studienplätze gibt. Wie stehen Sie zu der Umsetzung des Konzepts der Bachelor-Master-Studiengänge in Deutschland - i.d.R. sechssemestriges Bachelor-Studium, Übergangsquoten in Höhe von ca. 30 – 70%, Neubewerbung für ein Master-Studium? Welchen Entwicklungsbedarf sehen Sie auf diesem Gebiet?
Die Bologna-Reform wird nicht durch immer neue Reglementierungen besser, sondern durch die Rückgabe von Vertrauen und Verantwortung an die Hochschulen vor Ort. Deshalb wollen wir die Konzeption der Studiengänge hinsichtlich des Übergangs von Bachelor auf Master sowie die Studienzeiten in Verantwortung der Fachbereiche vor Ort legen, orientiert an den wissenschaftlich inhaltlichen Standards und Notwendigkeiten.
10. Viele Studienfächer sind inzwischen zulassungsbeschränkt. Studieninteressierte sind daher gezwungen, sich an einer größeren Zahl von Hochschulen zu bewerben und Bewerbungen wieder zurückzuziehen, falls doch ein Platz an einer bevorzugten Hochschulen frei wird. Nun gibt es offenbar bereits Streit um die Kostenverteilung bei der ab kommenden Wintersemester geplanten zentralen (wenn auch freiwilligen) Koordinierung durch die Stiftung für Hochschulzulassung / hochschulSTART.de. Wollen Sie sich in diese Auseinandersetzung einmischen und die Hochschulen ihres Landes zu einer einheitlichen Linie drängen bzw. durch finanzielle Zusagen des Landes eine Teilnahme aller Hochschulen des Landes ermöglichen?
Im Sinne einer eigenverantwortlichen Hochschule setzen wir ein hohes Maß an Vertrauen in die Kompetenz und Leitungsfähigkeit unserer Hochschulen. Deshalb werden wir uns nicht in diese Diskussion einmischen und Hochschulen zu einer Entscheidung drängen.