Wahlprüfsteine HochschulpolitikAntworten der SPD Hamburg
Sinn und Zweck des BAföG ist es, junge Menschen in ihrer Ausbildung zu fördern, sofern das Einkommen der Eltern nicht ausreicht. Darüber hinaus gilt zu Recht das Primat, dass Eltern ihren Kindern eine erste Ausbildung finanzieren müssen, sofern sie dazu finanziell in der Lage sind. Wir planen hier keine Änderung.
2. Die Bundesregierung hat die bundesweite Einführung eines "Deutschlandstipendiums" beschlossen, das den "Leistungsstärksten" pro Monat 300 Euro - je zur Hälfte finanziert durch den Bund und private Sponsoren - einbringen soll. Unterstützen Sie diesen Plan? Wie ist Ihre grundsätzliche Einstellung zu leistungsabhängigen Stipendien im Verhältnis zum BAföG?
Wir lehnen diesen Plan ab und wollen vielmehr höhere Einkommensgrenzen und eine weitere Anhebung der Altersgrenze beim BAföG, um noch mehr Studierende durch BAföG-Leistungen fördern zu können. Das BAföG ist für uns das richtige Instrument zur Studierendenförderung, weil es vor allem Studierenden aus Familien mit kleinen und mittleren Einkommen zu Gute kommt und insofern einen wichtigen Beitrag zur Chancengleichheit im Bildungswesen darstellt.
3. Studiengebühren sind seit ihrer Einführung ein stark umstrittenes Thema. In sieben Bundesländern wurden allgemeine Studiengebühren eingeführt (darunter auch Hamburg), zwei (Hessen und Saarland) haben sie mittlerweile wieder abgeschafft, in Nordrhein-Westfalen ist die Abschaffung geplant. Bayern dagegen hat Pläne, bei berufsbegleitenden Bachelor-Studiengängen sogar höhere Studiengebühren von zunächst bis zu 2000 Euro zuzulassen. Welche Pläne haben Sie für Hamburg? Wenn sie die Gebühren abschaffen wollen, wie wollen sie mit den Einnahmeausfällen der Hochschulen umgehen?
Unser Ziel ist es, einen offenen Zugang zum Studium ohne finanzielle Barrieren zu ermöglichen. Vor allem die Zahl der Studierenden aus sogenannten bildungsfernen Schichten muss deutlich erhöht werden. Studiengebühren schaffen zusätzliche soziale Barrieren, auch darum lehnen wir sie ab.
Deshalb werden wir die Studiengebühren in der nächsten Legislaturperiode wieder abschaffen. Wir werden diese Zusage in verantwortungsvoller Weise umsetzen und dabei im Rahmen einer Gesamtüberarbeitung des städtischen Haushalts eine Kompensation für die Hochschulen vornehmen. Für uns ist es wichtig, die Studienbedingungen und die Betreuungssituation an den Hamburger Hochschulen zu verbessern, wie es zum Teil mithilfe der Studiengebühren geschehen ist.
4. "Autonomie" ist ein wichtiges Schlagwort der Hochschulreformen der letzten Jahre. Von einer "Demokratisierung" der Hochschulen hört man hingegen nur selten etwas. Welche Schwerpunkte legen Sie bei möglichen Änderungen des Hamburger Hochschulgesetzes? (Dies auch im Hinblick auf das vor kurzem ergangene Urteil des Bundesverfassungsgericht, das die §§ 90 und 91 des Hamburgischen Hochschulgesetzes für teilweise verfassungswidrig erklärt hat.)
Durch die Änderungen des Hochschulgesetzes während der CDU-Regierungszeit besteht ein deutliches Demokratiedefizit in Folge der faktischen Abschaffung der akademischen Selbstverwaltung. Wir werden die Selbstverwaltung der Hochschulen wieder stärken. Die Hochschulgremien erhalten wieder die Entscheidungskompetenz über grundlegende Fragen wie die Wahl der Hochschulpräsidenten und Kanzler der Hochschulen.
5. Der Anteil der staatlichen Grundmittel der Hochschulen ist von 1980 bis 2007 von 72,3 auf 50,1 Prozent gesunken, während im gleichen Zeitraum die Drittmittel- und Verwaltungseinnahmen der Hochschulen massiv zugenommen haben. Wie stehen Sie dazu, dass der Staat sich mehr und mehr aus der Hochschulfinanzierung zurückzieht?
Wir halten an dem Primat der staatlichen Hochschulfinanzierung fest. Insofern ist anzustreben, mehr Geld aus den öffentlichen Haushalten für Lehre und Forschung einzusetzen. Drittmitteleinnahmen halten wir für eine notwendige Ergänzungen zur staatlichen Hochschulfinanzierung.
6. Eine vor kurzem veröffentlichte Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) hat ergeben, dass "bis 2020 bis zu einer Million mehr Studienplätze erforderlich [sind]. Unter Berücksichtigung des Hochschulpakts besteht somit ein Finanzierungsbedarf für weitere 700.000 Plätze. Dieser Bedarf an Studienplätzen ergibt sich daraus, dass bis 2020 jedes Jahr mindestens 400.000 Studienanfänger an die Hochschulen drängen." Stimmen Sie dieser Analyse zu? Wenn ja, wie wollen Sie die Vergrößerung des Studienplatzangebots realisieren?
Wir teilen die Einschätzung, dass in den kommenden Jahren mehr Studienplätze erforderlich sein werden. Und wir brauchen auch mehr junge Menschen mit einem Hochschulabschluss. Deswegen werden wir Planungssicherheit für die Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen herstellen, geknüpft an gemeinsam erarbeiteten Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Hamburgs staatliche Hochschulen sollen solide finanziert sein und sehr gute Studienbedingungen und ausreichende Studienplätze bieten.
7. Aktuell wird der Bachelor-Abschluss für immer mehr Studierende zur Sackgasse, da es nicht genug Master-Studienplätze gibt. Wie stehen Sie zu der Umsetzung des Konzepts der Bachelor-Master-Studiengänge in Deutschland - i.d.R. sechssemesteriges Bachelor-Studium, Übergangsquoten in Höhe von ca. 30 – 70%, Neubewerbung für ein Master-Studium? Welchen Entwicklungsbedarf sehen Sie auf diesem Gebiet?
Bei der Umsetzung der Bologna-Reform wurden Fehler gemacht, die es zu beseitigen gilt. Die Studiengänge müssen studierbar sein und jedem Bachelor-Absolventen muss der Weg zu einem Master-Studiengang offen stehen. Darüber hinaus wollen wir eine Abkehr von der starren Festlegung einer Regelstudienzeit, sie sollte künftig den inhaltlichen Anforderungen des Studienfachs flexibel angepasst werden. Denn das Missverhältnis zwischen der Zahl der Bachelorabsolventen und der Zahl der Masterstudienplätze hat zur Folge, dass das Potenzial vieler junger Menschen brach liegt. Exzellente Lehre soll als Qualitätskriterium eine zentrale Rolle in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen spielen.
8. Was halten Sie von den sozialen Bewegungen, die Demokratie nicht mehr nur als System, bei dem man alle vier Jahre seine Stimme abgibt, verstehen wollen (bspw. das Bildungsstreik-Bündnis, die Proteste gegen Stuttgart 21)? Ist Ihres Erachtens mehr Mitsprache und Mitbestimmung "von unten" nötig und möglich? Sind Ihrer Auffassung nach in diesem Sinne auch an den Hochschulen Veränderungen notwendig?
Unsere Demokratie bietet viele Möglichkeiten der Mitwirkung und politischer Gestaltung. Viele Menschen engagieren sich und tragen so zu einem guten Gemeinwesen bei. Durch die Volksgesetzgebung ist die Möglichkeit geschaffen worden, unabhängig von Wahlen zu Sachfragen mit zu entscheiden und auch sogar durch Volksentscheide Gesetze zu beschließen. Das begrüßen wir als gute Ergänzung zu unserer repräsentativen Demokratie. Dass Hamburgs Bürgerinnen und Bürger Gesetze beschließen oder andere Initiativen starten können, soll unangetastet bleiben. Dafür haben wir uns eingesetzt. Der laufende Reformprozess für die bezirklichen Bürgerbegehren soll weitergeführt werden. Die demokratischen akademischen Selbstverwaltungsmöglichkeiten wollen wir wieder stärken.
9. Was halten Sie von der so genannten "Schuldenbremse", die nach Ihrem Einzug ins Grundgesetz nun aktuell auch in immer mehr Landesverfassungen aufgenommen wird? Die Bildungsgewerkschaft GEW vertritt hier sehr pointiert die Auffassung, dass diese "Bremse" vor allem zu Sozialabbau führe und daher nichts anderes als eine "Bildungsbremse" sei. Wie stehen Sie dazu?
In Deutschland ist über viele Jahre zu viel Geld ausgegeben worden. Deshalb befürworteten wir die Schuldenbremse, denn das ist ein politischer Weg, den Staat im Rahmen einer Selbstverpflichtung zum Sparen anzuhalten. Dies bedeutet allerdings nicht, dass damit ein Sozialabbau verbunden ist. Politik heißt für uns, auch bei knappen Kassen Prioritäten zu setzen. Bildung, Soziales und Gerechtigkeit sind auch zukünftig klare politische Schwerpunkte der SPD. Eine ungehemmte Schuldenpolitik ist gegenüber den nachfolgenden Generationen ungerecht.
10. Die Universität Hamburg braucht mehr Platz und neue Gebäude. Der Plan eines Umzugs der Uni in die Hafen City ist mittlerweile vom Tisch. Wie stehen sie zu den aktuellen Plänen, dies vor allem durch Verdichtung auf und rund um das bestehende Uniareal in Eimsbüttel zu lösen?
Die SPD hat von Anfang an für einen Verbleib der Universität an ihrem jetzigen Standort gestritten und die unausgegorenen sowie nicht finanzierbaren Verlagerungspläne der Wissenschaftssenatorin auf den Kleinen Grasbrook abgelehnt. Leider ist durch die fruchtlose Verlagerungsdebatte weitere 2 Jahre Stillstand bei den dringend notwendigen baulichen Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen eingetreten. Es besteht erkennbar dringender Handlungsbedarf und wir werden die erforderlichen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen. Ob der zusätzliche Raumbedarf der Universität tatsächlich 100.000 Quadratmeter beträgt, wie es der bisherige Senat stets betonte, sei dahingestellt. Gleichwohl gibt es zusätzliche Raumbedarfe, die nach der Standortentscheidung pro Eimsbüttel auch dort bereit gestellt werden müssen. Das geht nur mit einer baulichen Verdichtung, wobei es wesentlich ist, alle Betroffenen, d.h. vor allem auch die Anwohnerinnen und Anwohner, frühzeitig und umfassend an den Planungen zu beteiligen und deren Bedenken und Anregungen so weitgehend wie möglich zu berücksichtigen.