Hochschulpolitik13.12.: Zehntausende demonstrieren für bessere Bildung und gegen Sozialabbau
Die Planung der Demos nahm ihren Ausgang auf einem vom fzs initiierten Koordinierungstreffen (siehe hier). Der fzs sieht in den Großdemonstrationen nicht den Abschluss der Protestbewegung. "Die Demonstrationen bilden erst den Auftakt für eine breit angelegte Debatte über die derzeitige Bildungspolitik in Deutschland", so fzs-Vorstandsmitglied Nele Hirsch. Der fzs plant daher noch in diesem Semester im Rahmen einer bundesweiten Veranstaltung, die während der Proteste angestoßenen Debatten aufzugreifen. "Wir als Studierende werden uns auch in Zukunft konstruktiv an Reformdiskussionen im Bildungsbereich beteiligen", kündigt Hirsch an (siehe fzs-Webseite)
Laut fzs hatten die Demonstrationen ca. 60.000 TeilnehmerInnen, davon 30.000 in Berlin. Die Presseagenturen meldeten zunächst deutlich niedrigere Zahlen (15.000 in Berlin, "einige Tausend" in Leipzig, 1.000 in Frankfurt) - so z.B. bei n-tv zu lesen -, diese Zahlen wurden aber später nach oben korrigiert. Viele Zeitungen sprechen am Montag nach den Demos von 50.000 Teilnehmenden.
Die Demo in Berlin war die größte am 13.12. und auch die größte im Rahmen der Streiks in Berlin dieses Wintersemester. Die Berliner Zeitung schreibt dazu: "Es war [...] wieder eine Demo, die Spaß machte, und dennoch war zu spüren, dass die Studenten es sehr ernst meinen, dass sie nicht vorhaben, aufzugeben, so lange die Berliner Politiker die Kürzungspläne nicht zurücknehmen oder zumindest zu Zugeständnissen bereit sind. Und es war eine Demo, die zeigte, dass die Studenten etwas ausgelöst haben könnten: Nicht nur an den Rednern zeigte sich, dass sich der Protest nicht mehr nur gegen die Hochschulpolitik richtet, sondern auch gegen die Bundesregierung. Sozialabbau und Bildungskürzung seien zwei Seiten der gleichen Medaille sagte Dieter Scholz, Landeschef des Deutschen Gewerkschaftssbundes, auf der Zwischenkundgebung am Potsdamer Platz. Der Druck auf Arbeitslose und das Einfrieren der Renten sei alles andere als sozial." Impressionen der Demo in Leipzig kann man z.B. bei sz-online nachlesen: "Geist ist geil", hieß eine der Hauptbotschaften. Und der solle nicht von "Politikern im Rotstiftwahn" kaputtgespart werden – das wäre definitiv "Falschgeiz". "Mit Kürzungen bei der Bildung können die Schuldenberge für unsere Generation nicht abgebaut werden", betonte André Schlecht-Plesse, Sprecher der Konferenz der Studentenschaften Sachsen-Anhalts, bei der Abschlusskundegebung vor dem Leipziger Reichsgericht. "Die Schulden werden bleiben, aber uns fehlt es dann an Qualifikation, aus der Krise zu finden". Deshalb, ergänzte Benjamin Schulz, Studentenrats-Sprecher der Leipziger Uni, gelte das Motto "Fight for your right to study" auch nach der Weihnachtspause weiter.
Relativ am enttäuschendsten (betrachtet man die nackten Zahlen) war offenbar die Demo in Frankfurt. Trotz andauernder Streiks in Hessen scheint dort die Hoffnung darauf, dass weitere Aktionen noch etwas bringen, bei vielen nicht mehr so hoch zu sein. Aus Sicht eines Heidelberger Teilnehmers war die Stimmung dennoch positiv. Und auch die Teilnehmerzahlen kann man anders betrachten: "Es ist in der Tat so beruhigend, wenn Polizei wie große Medien dieses Mal die Zahlen wieder eher nach unten korrigieren, wie es beim "Lucky Streik" von 1997 beunruhigend war, dass sie die Zahlen nach oben frisierten. Erheblich entscheidender als die nackten Zahlen ist jedoch, dass die Stimmung auf der Frankfurter Demo ausgesprochen positiv war und nicht nach Protestmüdigkeit roch." Mehr dazu bei der Online-Studierendenzeitung UNiMUT aktuell.
Die taz dagegen (der Autor des Artikels befürwortet durch die Blume seit längerem Studiengebühren und scheint daher alle Proteste dagegen eher schlecht machen zu wollen) nörgelt herum: "Aber warum waren nur so wenig da? Knapp 60.000 von inzwischen zwei Millionen deutschen Studierenden?". Verglichen mit den bundesweiten Demos während des sogenannten "Lucky Streiks" 1997, der bundesweit stattfand und von den Medien regelrecht gehypet wurde, sind die Zahlen nicht schlechter. Und damals galt das als Erfolg.
SPIEGEL ONLINE schrieb schon vor den Demos, dass diese möglicherweise den Befürwortern von Studiengebühren in die Hände spielen: "Mit den vielen Aktionen lenken die Studenten den Blick auf die oft katastrophalen Studienbedingungen an den Hochschulen, die sich durch die Sparmaßnahmen noch verschlimmern werden. Einigen Politikern liefern sie damit eine Steilvorlage für eine Gebührendiskussion mit verständnisvollem Unterton, nach dem Motto: Wenn die Studienbedingungen doch so schlecht sind, würden Gebühren sicher weiterhelfen."
Als Beleg dafür, dass selbst die Studierenden inzwischen mehrheitlich für Gebühren seien, wurde in den letzten Tagen in verschiedenen Medien eine Umfrage im Auftrag des Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) angeführt. Allerdings war die gestellte Frage eher suggestiv: Studiengebühren nur, wenn die Bedingungen an den Hochschulen besser werden, weil das eingenommene Geld an die Hochschulen fließt. Dass dies (mehr Geld für die Hochschulen) allerdings wirklich passieren wird, ist mehr als fraglich. Und ein grundsätzliches Argument gegen Gebühren wird dadurch nicht aufgehoben: Bildung sollte nicht als mit Geld aufwiegbares Gut gesehen werden. Von den bei allen Gebührenmodellen auftretenden sozialen Schieflagen ganz abgesehen (was zwar von den Gebührenfans zunehmend bestritten wird und durch immer ausgefeiltere Modelle vermieden werden soll, letztlich aber nicht aufgelöst werden kann). Ebenso bleibt die Frage offen, inwiefern Bildung (und ebenso Sozialausgaben) in einer an sich reichen Gesellschaft finanziert werden soll. Die aktuell diskutierten "Lösungen" bieten da genug offene Fragen, die erstmal diskutiert werden sollten - ohne angebliche Sachzwänge, die gar nichts anderes als diese Lösungen zulassen.
Laut fzs hatten die Demonstrationen ca. 60.000 TeilnehmerInnen, davon 30.000 in Berlin. Die Presseagenturen meldeten zunächst deutlich niedrigere Zahlen (15.000 in Berlin, "einige Tausend" in Leipzig, 1.000 in Frankfurt) - so z.B. bei n-tv zu lesen -, diese Zahlen wurden aber später nach oben korrigiert. Viele Zeitungen sprechen am Montag nach den Demos von 50.000 Teilnehmenden.
Die Demo in Berlin war die größte am 13.12. und auch die größte im Rahmen der Streiks in Berlin dieses Wintersemester. Die Berliner Zeitung schreibt dazu: "Es war [...] wieder eine Demo, die Spaß machte, und dennoch war zu spüren, dass die Studenten es sehr ernst meinen, dass sie nicht vorhaben, aufzugeben, so lange die Berliner Politiker die Kürzungspläne nicht zurücknehmen oder zumindest zu Zugeständnissen bereit sind. Und es war eine Demo, die zeigte, dass die Studenten etwas ausgelöst haben könnten: Nicht nur an den Rednern zeigte sich, dass sich der Protest nicht mehr nur gegen die Hochschulpolitik richtet, sondern auch gegen die Bundesregierung. Sozialabbau und Bildungskürzung seien zwei Seiten der gleichen Medaille sagte Dieter Scholz, Landeschef des Deutschen Gewerkschaftssbundes, auf der Zwischenkundgebung am Potsdamer Platz. Der Druck auf Arbeitslose und das Einfrieren der Renten sei alles andere als sozial." Impressionen der Demo in Leipzig kann man z.B. bei sz-online nachlesen: "Geist ist geil", hieß eine der Hauptbotschaften. Und der solle nicht von "Politikern im Rotstiftwahn" kaputtgespart werden – das wäre definitiv "Falschgeiz". "Mit Kürzungen bei der Bildung können die Schuldenberge für unsere Generation nicht abgebaut werden", betonte André Schlecht-Plesse, Sprecher der Konferenz der Studentenschaften Sachsen-Anhalts, bei der Abschlusskundegebung vor dem Leipziger Reichsgericht. "Die Schulden werden bleiben, aber uns fehlt es dann an Qualifikation, aus der Krise zu finden". Deshalb, ergänzte Benjamin Schulz, Studentenrats-Sprecher der Leipziger Uni, gelte das Motto "Fight for your right to study" auch nach der Weihnachtspause weiter.
Relativ am enttäuschendsten (betrachtet man die nackten Zahlen) war offenbar die Demo in Frankfurt. Trotz andauernder Streiks in Hessen scheint dort die Hoffnung darauf, dass weitere Aktionen noch etwas bringen, bei vielen nicht mehr so hoch zu sein. Aus Sicht eines Heidelberger Teilnehmers war die Stimmung dennoch positiv. Und auch die Teilnehmerzahlen kann man anders betrachten: "Es ist in der Tat so beruhigend, wenn Polizei wie große Medien dieses Mal die Zahlen wieder eher nach unten korrigieren, wie es beim "Lucky Streik" von 1997 beunruhigend war, dass sie die Zahlen nach oben frisierten. Erheblich entscheidender als die nackten Zahlen ist jedoch, dass die Stimmung auf der Frankfurter Demo ausgesprochen positiv war und nicht nach Protestmüdigkeit roch." Mehr dazu bei der Online-Studierendenzeitung UNiMUT aktuell.
Die taz dagegen (der Autor des Artikels befürwortet durch die Blume seit längerem Studiengebühren und scheint daher alle Proteste dagegen eher schlecht machen zu wollen) nörgelt herum: "Aber warum waren nur so wenig da? Knapp 60.000 von inzwischen zwei Millionen deutschen Studierenden?". Verglichen mit den bundesweiten Demos während des sogenannten "Lucky Streiks" 1997, der bundesweit stattfand und von den Medien regelrecht gehypet wurde, sind die Zahlen nicht schlechter. Und damals galt das als Erfolg.
SPIEGEL ONLINE schrieb schon vor den Demos, dass diese möglicherweise den Befürwortern von Studiengebühren in die Hände spielen: "Mit den vielen Aktionen lenken die Studenten den Blick auf die oft katastrophalen Studienbedingungen an den Hochschulen, die sich durch die Sparmaßnahmen noch verschlimmern werden. Einigen Politikern liefern sie damit eine Steilvorlage für eine Gebührendiskussion mit verständnisvollem Unterton, nach dem Motto: Wenn die Studienbedingungen doch so schlecht sind, würden Gebühren sicher weiterhelfen."
Als Beleg dafür, dass selbst die Studierenden inzwischen mehrheitlich für Gebühren seien, wurde in den letzten Tagen in verschiedenen Medien eine Umfrage im Auftrag des Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) angeführt. Allerdings war die gestellte Frage eher suggestiv: Studiengebühren nur, wenn die Bedingungen an den Hochschulen besser werden, weil das eingenommene Geld an die Hochschulen fließt. Dass dies (mehr Geld für die Hochschulen) allerdings wirklich passieren wird, ist mehr als fraglich. Und ein grundsätzliches Argument gegen Gebühren wird dadurch nicht aufgehoben: Bildung sollte nicht als mit Geld aufwiegbares Gut gesehen werden. Von den bei allen Gebührenmodellen auftretenden sozialen Schieflagen ganz abgesehen (was zwar von den Gebührenfans zunehmend bestritten wird und durch immer ausgefeiltere Modelle vermieden werden soll, letztlich aber nicht aufgelöst werden kann). Ebenso bleibt die Frage offen, inwiefern Bildung (und ebenso Sozialausgaben) in einer an sich reichen Gesellschaft finanziert werden soll. Die aktuell diskutierten "Lösungen" bieten da genug offene Fragen, die erstmal diskutiert werden sollten - ohne angebliche Sachzwänge, die gar nichts anderes als diese Lösungen zulassen.