Interview: Wie wird man eigentlich Hauptkommissar?
Simone Gölz arbeitet als Coach und Karriereberaterin in Hamburg.
Simone Gölz: Was für eine Ausbildung haben Sie gemacht?
Robert Grefkens*: Ich habe zunächst eine dreijährige Ausbildung mit einem halbjährigen Praktikum und dann nach zwei Jahren Praxis ein dreijähriges Studium an der Fachhochschule der Polizei mit vorgeschaltetem halbjährigem Fachabitur, ebenfalls bei der Polizei, gemacht.
Wie war Ihr bisheriger Berufsweg?
Nach einem halben Jahr Bereitschaftspolizei und der Tätigkeit in einem Einsatzzug (Feuerwehr für eilige Einsätze), bin ich nach dem Studium mehrere Jahre mit Unterbrechungen Einsatzführer an mehreren Polizeikommissariaten gewesen. Daneben habe ich noch als Zugführer einen Einsatzzug geleitet und war als Mitarbeiter einige Jahre in der Einsatzabteilung eines Polizeikommissariats tätig. Hier habe ich mich unter anderem auch mit Controlling beschäftigt. Außerdem war ich zuständig für den gesamten Gefangenentransport der Hamburger Polizei und die Bewachung des Polizeipräsidiums. Jetzt arbeite ich schon seit einigen Jahren in der Grundsatzabteilung der Zentraldirektion im Polizeipräsidium. Hier bin ich in verschiedenen Gremien, unter anderem Beziehungsgewalt und Pressearbeit, vertreten und bearbeite Anfragen und Problematiken aller Art. Die Leitung muss auf Sitzungen vorbereitet werden und die Antworten auf politische Anfragen werden unter anderem von hier aus recherchiert. Kein Tag ist wie der andere und enge Terminsetzungen erzeugen doch öfter einen ziemlich hohen Arbeitsdruck.
Wie sieht der Einstieg in den Beruf aus?
Heute muss man entweder die mittlere Reife oder das Abitur haben und sich bei der Polizei bewerben. Dann beginnt man entweder eine normale Ausbildung für den mittleren Dienst oder kann je nach den Leistungen im Eignungstest auch gleich studieren. Hier bekommt man in den ersten acht Monaten aber keine Bezahlung und wird auch erst am Ende des Studiums übernommen. Vor dem Studium wird bereits festgelegt, ob man später bei der Kriminalpolizei oder bei der Schutzpolizei arbeiten wird. Bei der Schutzpolizei geht man nach der Ausbildung zunächst zur Bereitschaftspolizei und wechselt dann meist an ein Polizeikommissariat und ist dort über viele Jahre im Funkstreifendienst tätig.
Die Kollegen der Kriminalpolizei wechseln nach der Ausbildung zu einem Polizeikommissariat in den dortigen Kriminalermittlungsdienst. Hier sammeln sie einige Jahre Praxis, bevor sie die Möglichkeit haben sich beispielsweise in den verschiedenen Abteilungen des LKA zu spezialisieren.
Haben Sie Praktika absolviert?
Nicht während der Schulzeit. Ich habe aber während der ersten Ausbildung und auch während des Studiums jeweils ein halbjähriges Praktikum absolviert.
Welche Voraussetzungen sollte man mitbringen?
Man sollte über eine offene kommunikationsfreudige und zur Teamarbeit fähige Persönlichkeit verfügen und Freude und möglichst auch gute Vorkenntnisse im Umgang mit der deutschen Sprache in mündlicher und schriftlicher Form haben.
Welche Persönlichkeitsmerkmale halten Sie für wichtig?
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„Man sollte über eine offene kommunikationsfreudige und zur Teamarbeit fähige Persönlichkeit verfügen.“
Offen, teamfähig, rücksichtsvoll, ganz wichtig: Bereitschaft, „rund um die Uhr“ zu arbeiten, ganz viel auch an Wochenenden, sich in andere, besonders, wenn sie sich in Extremsituationen befinden, hineinversetzen können, dieses dann auch aushalten zu können, gefestigte Persönlichkeit.
Wie sieht ein Arbeitstag / Tagesablauf bei Ihnen aus?
Ich arbeite in der Grundsatzabteilung der Zentraldirektion, bearbeite politische Anfragen und bin in verschiedenen Arbeitsgremien, wie Beziehungsgewalt, Stalking, Öffentlichkeitsarbeit, Videoüberwachung im öffentlichen Raum etc. tätig. Ich sitze meist den ganzen Tag im Büro und vor dem Bildschirm und schreibe und schreibe und schreibe, wenn ich nicht gerade in diesen Runden sitze. Dieses ist aber für den Polizeibeamten eher untypisch. Am typischsten ist in den ersten Jahren auf jeden Fall der Dienst rund um die Uhr am Polizeikommissariat auf dem Funkstreifenwagen. Hier werden Einsätze jeglicher Art abgearbeitet.
Wie ist das mit dem Verdienst? (Von der Studis Online-Redaktion 2024 aktualisiert und ergänzt)
Ein Polizeihauptkommissar wird in der Regel nach Besoldungsgruppe A 12 bezahlt. Die genaue Höhe hängt von der Dauer der Beschäftigung ab. Dazu gibt es noch diverse Zulagen und Zuschläge, bspw. für Kinder. Auch in welchem Bundesland du beschäftigt bist, macht etwas aus, denn die Länder zahlen unterschiedlich gut. Als grobe Orientierung kann man die Bezahlung für Bundesbeamten nach A 12 angeben. Hier liegt das Grundgehalt abhängig von der Beschäftigungsdauer im Bereich von 4.334 bis 5.815 Euro im Monat.
Welche Spezialisierungen gibt es?
Z.B. Wasserwerfer, Kradfahrer, Daktyloskopie, Mordkommission, Sexualdelikte, Bürgernaher Beamter, CoP4U, Zugführer, Lehrer an der Schule, Waffenwart, Schießausbilder, Einsatztrainer.
Leben Polizisten gefährlich?
Der Beruf ist schon gefährlicher als ein normaler Bürojob. In der Regel ist das Risiko in meinen Augen jedoch überschaubar, wenn man sich nicht blindlings in Gefahr begibt, sondern sich gut vorbereitet und stets die Regeln der Eigensicherung beachtet. Ein Rest Unsicherheit wird jedoch immer bleiben.
Wer ist Ihrer Meinung nach für den Beruf ungeeignet?
Überängstliche und übermäßig zum Risiko neigende Personen. Und Menschen, die keine ausgeglichene Persönlichkeit haben. Schreibfaule.
Was würden Sie sagen, sind die typischen Klischees über den Beruf Polizist?
Rechthaberisch, überhart im Einschreiten, „harter Macker“ etc., „Schimanski, Ballauf“.
Gibt es etwas, was Sie an Ihrem Beruf nicht mögen?
Kleine Dinge immer wieder, aber im Großen und Ganzen ist alles okay.
Was mögen Sie besonders?
Die Vielfältigkeit der Aufgaben, die strukturierte Herangehensweise an die Aufgabenstellungen und die gute Zusammenarbeit mit dem überwiegenden Teil der Kollegen und ganz wichtig, dass ich mir über meinen Arbeitsplatz keine Gedanken machen brauche.
Wie realistisch finden Sie den „Tatort“?
Eher unrealistisch.
Was würden Sie angehenden Polizisten empfehlen?
Strengt Euch an, gebt stets Euer Bestes und denkt immer daran, dass der Bürger Euer Kunde ist und dass Ihr in erster Linie für ihn da seid und nicht umgekehrt. Tretet stets sicher und bestimmt auf und seid gute Teamplayer.
Welche Gründe haben Sie bewegt Polizist zu werden?
Ich habe mich mit Polizeibeamten unterhalten, mein Nachbar war einer und ich hatte keine Lust mehr auf Schule. Da habe ich mich nach der elften Klasse beworben und bin auch genommen worden.
* Polizeihauptkommissar / Name von der Redaktion geändert
Hinweis: Das Interview wurde vor der ersten Online-Veröffentlichung im Frühjahr 2010 geführt, ist aber nach wie vor inhaltlich relevant. Geführt hat das Interview Simone Gölz, die als Coach und Karriereberaterin in Hamburg gearbeitet hat.