Wie werde ich Krebsforscher:in?
Krebsforschung kann man nicht planmäßig studieren. Wie unten im Interview erwähnt, gibt es verschiedene Zugänge zur Forschung in diesem Bereich – nötig sind in jedem Fall großes Durchhaltevermögen und vielleicht auch ein wenig Glück. Du solltest auch noch einen Plan B haben, falls es mit dem Weg „Forschung“ nichts wird.
Interview: Wir wird man eigentlich Krebsforscherin?
Simone Gölz: Was haben Sie studiert?
Dr. Nikola Baschuk*: Ich habe Biologie auf Diplom in Köln studiert. Meine Diplomprüfungen habe ich in Genetik, Physiologie und Pharmakologie gemacht.
Wie war Ihr bisheriger Berufsweg?
Für meine Diplomarbeit habe ich mich am Institut für Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene an der Uniklinik in Köln beworben und nicht wie die meisten meiner Kommilitonen ein biologisches Institut an der Mathemathisch-Naturwissenschaftlichen Fakultaet gewählt. Diese Entscheidung habe ich damals aufgrund der angebotenen Projekte getroffen.
Im Anschluss an mein Diplom, welches sich aus den Prüfungen und einer neunmonatigen experimentellen Diplomarbeit zusammensetzt, habe ich mich entschlossen weiterhin in der Forschung zu bleiben und zu promovieren. Die Diplomarbeit war die erste Gelegenheit länger als ein paar Wochen einen normalen Arbeitsalltag im Labor zu erleben.
[Hinweis: Inzwischen wäre der Weg ein Bachelor in einem einschlägigen Fach und anschließend ein passender Master.]
Für meine Doktorarbeit habe ich mir unterschiedliche Institute mit unterschiedlichen Forschungsschwerpunken angesehen und teilweise auch ein Praktikum absolviert. Am Ende habe ich mich allerdings entschlossen weiterhin in Köln an der MIBI (Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene) zu bleiben.
Meine Doktorarbeit hat insgesamt 4 ½ Jahre in Anspruch genommen, dieser Zeitraum ist völlig nomal. In diesem Fall sind die Grenzen zwischen Ausbildung und Beruf eher fließend. Während der Doktorarbeit verdient man schon etwas Geld, doch ich finde, dass diese Zeit zum Großteil noch zur Ausbildung gehört.
Nach meiner Promotion bin ich für ein weiteres Jahr als Postdoc in der Arbeitsgruppe geblieben um möglichst meine Projekte zu beenden und mich auf dem internationalen Arbeitsmarkt zu orientieren. Mein wissenschaftliches und auch mein persöhnliches Interesse haben mich nach Melbourne, Australien geführt, wo ich jetzt seit 9 Monaten am Peter MacCallum Cancer Center als Postdoc arbeite.
Muss man studieren?
Ja, ein Studium der Biologie oder Medizin oder auch Chemie ist nötig, um wissenschaftliche, medizinische Forschung zu betreiben.
Außer man wird biologisch oder medizinisch technische Assistent/in (BTA/MTA). Das geht im Zuge einer Ausbildung.
Haben Sie Praktika absolviert?
Ja, für meine Diplomarbeit und auch für die Doktorarbeit.
In diesem Bereich dienen Praktika vor allem dazu sich gegenseitig kennen zu lernen und festzustellen ob man wissenschaftlich zusammen passt oder nicht.
Welche Quellen (z.B. Jobbörsen) haben Sie während der Praktikums- bzw. Jobsuche genutzt?
Ich habe hauptsächlich im Internet gesucht. Für eine Diplom- oder Doktorarbeit und auch später für eine Postdoc Stelle kann man sich aber nicht auf ausgeschriebene Stellen verlassen. Ich habe mich bei Arbeitsgruppen, die mich interessiert haben einfach immer initiativ beworben.
Welche Voraussetzungen und Persönlichkeitsmerkmale sollte man mitbringen?
Vor allem Neugierde!
Ich habe gelernt geduldig und hartnäckig zu sein.
Eine hohe Frustrationsgrenze und ein dickes Fell sind von Vorteil, da es oftmals mehr Misserfolge und Kritik als Erfolge gibt.
Wie sieht der Einstieg in den Beruf aus?
Am Anfang kann man noch nicht viel im Labor arbeiten und man wird meistens von einer erfahrenen Person praktisch angeleitet. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich nach meinem Studium „praktisch“ nicht optimal auf die Arbeit im Labor vorbereitet war. Viele essentielle Dinge, mein Handwerk, habe ich erst während der Diplomarbeit gelernt und dieser Prozess wird auch kein Ende nehmen. Hier fängt schon die Spezialisierung an. Je nachdem welche Methoden standartmässig in einem Labor verwendet werden, entwickelt man sich fachlich schon in eine bestimmte Richtung.
Am Anfang muss man viel lesen um einen Überblick über den Stand der Forschung in seinem Bereich zu kriegen und natürlich auch um Ergebnisse beurteilen zu können und zu verstehen. Oft ist es am Anfang der Fall, dass man sich noch nicht viel zutraut, vielleicht sich auch nicht nochmal nachzufragen traut, wenn man etwas nicht verstanden hat.
Es ist sehr wichtig immer Fragen zu stellen, auch später. Es gibt keine dummen Fragen.
Wie sieht ein Arbeitstag bei Ihnen aus?
Das ist sehr unterschiedlich und fast kein Tag ist wie der andere. Wenn ich ein Experiment geplant habe, stehe ich meistens den ganzen Tag im Labor. Das heißt pippetieren, inkubieren, berechnen usw. Ein wissenschaftliches Experiment erfordert eine gute Planug und Dokumentation. Zwischendurch müssen Seminare besucht werden und es wird regelmäßig an Besprechungen teilgenommen um seine Ergebnisse zu diskutieren.
Es gibt aber auch Tage an denen ich nur am Schreibtisch sitze und z.B einen Vortrag vorbereite. Grundsätzlich gibt es für mich keine absolut festen Arbeitszeiten. Es kann passieren, dass man bis spät in der Nacht an einem Versuch arbeitet oder auch am Wochenende kommen muss. Je nachdem was gerade passiert. Es gibt aber auch mal Tage und Zeiten die weniger vollgepackt sind.
Was sind die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?
Eigentlich das Beantworten und das Stellen von Fragen. In der Regel möchte man etwas Unbekanntes herausfinden, wie kann ich z.B dem Immunsystem helfen Krebszellen zu erkennen und zu töten, ohne dass eigene gesunde Körperzellen angegriffen werden. Um das zu erreichen muss man die richtigen Fragen stellen und Experimente kreieren, die helfen diese Vorgänge zu verstehen. Am Ende steht immer die Veröffentlichung einer Arbeit, in einem guten Fach-Journal zu publizieren und seine Ergebnisse zu teilen ist das Ziel.
Wo kann man arbeiten?
An allen möglichen wissenschaftlichen Instituten und auch in der Industrie.
Wie ist das mit dem Verdienst?
Man wird nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) bezahlt.
Was mögen Sie besonders an Ihrem Beruf?
Mein Beruf kann sehr spannend und aufregend sein. Da man vieles zum ersten mal tut, weiß man oft nicht wohin das führt, und ob man den richtigen Weg gewählt hat.
Ich glaube etwas sehr Sinnvolles zu tun. Durch diese Art von Arbeit ist es möglich geworden z.B Krankheiten besser verstehen zu können und somit auch Therapie-Ansätze zu finden. Es ist ein tolles Gefühl eine Idee zu haben und dann tatsächlich rauszufinden wie etwas funktioniert, das kann auch ein sehr kleiner Vorgang oder ein kleines Detail sein.
Außerdem ist dieser Job nicht an ein Land gebunden, wenn man möchte gibt es die Möglichkeit überall auf der Welt zu arbeiten.
Was mögen Sie nicht an Ihrem Beruf?
Es gibt Zeiten in denen das Projekt nicht gut vorran geht. Das kann viele Gründe haben. Oft zweifelt man in solchen Momenten an sich selbst und seinen Ideen und kann auch über längere Zeit keine Lösung finden. Solche „Durststrecken“ machen diesen Job nicht sehr bequem und man verliert die Motivation.
Auch herrscht ein großer Konkurrenzdruck oder auch Leistungsdruck, es fällt mir nicht leicht immer gut damit umzugehen.
Was sind die typischen Klischees über Krebsforscher / Wissenschaftler?
Stimmen Sie?
Als Wissenschaftler ist man der Nerd oder der Freak.
Viele Leute denken wir gehen nicht aus, können nur über unsere Arbeit reden und sind irgendwie komisch.
Es gibt garantiert einige Wissenschaftler die so sind, ehrlich gesagt habe ich aber noch nicht so viele von der Sorte kennengelernt.
Welche Gründe haben Sie bewegt Krebsforscherin zu werden?
Ich habe das ehrlich gesagt nicht geplant. Im Laufe meiner Doktorarbeit hat sich durch einen Zufall die Arbeit an einem Projekt über Krebs-Immunologie ergeben. Diese Arbeit hat mich fasziniert und mir Spass gemacht, ich habe angefangen mehr als sonst mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Auch wenn wir meistens an Modellen arbeiten, gab es hier für mich einen direkten Sinn und einen Bezug wofür meine Arbeit gut ist. Mein Entschluss Biologie zu studieren und Forschung zu betreiben ist einfach aus Neugier und der Begeisterung für die komplexen Vorgänge, die Leben ausmachen entstanden.
* Krebsforscherin, z.Zt. des Interviews an einer australischen Universität
Hinweis: Das Interview wurde vor der ersten Online-Veröffentlichung im Frühjahr 2011 geführt, ist aber nach wie vor inhaltlich relevant. Andere Inhalte (u.a. Links) wurden zuletzt am 11. März 2024 aktualisiert.
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