Nicht jede:r Architekturstudent:in baut eines Tages ein Gebäude wie die Australian Opera – doch das Spektrum an Möglichkeiten bis dahin ist weit. Welche Herausforderungen dich als „Architekt:in“ erwarten, welches Studienfach dafür Voraussetzung ist und wie die Verdienstmöglichkeiten aussehen, erläutern wir im Folgenden. Ein Video und ein Interview zum Beruf haben wir auch!
Wie werde ich Architekt:in?
Wenn du davon träumst Architekt:in zu werden, dann ist das Architekturstudium der erste Schritt. Die Regelstudienzeit für Bachelor- und Masterstudium beträgt acht bis zehn Semester. Danach folgen mindestens zwei Jahre Berufserfahrung, ehe du dich endlich Architekt:in nennen kannst.
Hast du dein Studium beendet, sind die ersten Arbeitgeber:innen meist Architekturbüros, die die Jungabsolvent:innen als Angestellte oder immer öfter als Selbständige auf Honorarbasis in ihren Wettbewerbsabteilungen beschäftigen. Die branchenübliche Teilnahme an Wettbewerben zahlt sich i.d.R. eher durch Renommee als in monetärer Form aus, da es oft um prestigeträchtige Bauvorhaben geht. Vergleichbar mit den Uniprojekten ist diese Arbeit das Kreativste, was der Architektenalltag zu bieten hat – auf die Dauer aber auch sehr anstrengend, da der Arbeitsaufwand immens ist und sich selten auszahlt. Im Allgemeinen ist der Berufsalltag meist viel weniger kreativ, als es das Studium noch versprach. Mit wachsender Berufserfahrung verschieben sich die Schwerpunkte in Richtung von Koordinations-, Organisations- und Abstimmungsaufgaben.
In größeren Büros überwiegt meist die professionelle Spezialisierung auf bestimmte Bereiche, wie z.B. Ausführungsplanung. Im kreativen Chaos kleiner Büros hast du eher die Möglichkeit viele Aspekte der Planung zu bearbeiten. Die klassische Bürokarriere ist aber bei weitem nicht der einzige Weg. Durch das breit gefächerte Studium sind Architekt:innen meist Generalist:innen und vielseitig einsetzbar. Für eine erfolgreiche Karriere in dieser umkämpften Branche ist eine fundierte Spezialisierung jedoch sinnvoll.
Spezialisierungen
Architekt:innen die sich auf Bauleitung spezialisiert haben, sind für die Überwachung und Organisation von Bauprojekten, einschließlich der Koordination von Arbeitskräften, Budgetierung, Zeitplanung und Qualitätssicherung verantwortlich.
Die Spezialisierung im Bausachverständigenwesen beinhaltet die Bewertung von Bauwerken, die Untersuchung von Baumängeln und Schäden sowie die Bereitstellung von Beratung und Gutachten in rechtlichen Angelegenheiten rund um das Bauwesen. Als Bausachverständige:r kannst du in verschiedenen Bereichen tätig sein, darunter Bauinspektionen, Schadensbegutachtung, Bauqualitätskontrolle und rechtliche Beratung.
Die Ausführungsplanung ist ein wichtiger Schritt im Planungsprozess eines Bauprojekts. Hier werden die Entwürfe und Konzepte aus der Entwurfsphase in detaillierte Pläne und technische Zeichnungen umgesetzt, die von den Bauunternehmen für die tatsächliche Umsetzung verwendet werden können. Als Spezialist:in für Ausführungsplanung bist du dafür verantwortlich, die technischen Details und Spezifikationen zu definieren, Baustoffe auszuwählen, Konstruktionsdetails zu erstellen und sicherzustellen, dass alle erforderlichen Standards und Vorschriften eingehalten werden.
Du kannst dich auf die Erhaltung und Restaurierung historischer Gebäude und Denkmäler spezialisieren, um ihre historische und kulturelle Bedeutung zu bewahren.
Ist der Computer jetzt schon nicht mehr aus der Baubranche wegzudenken, sind seine Fähigkeiten bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Zeitgenössische moderne Architektur mit ihren komplexen Formen ist nur mit Hilfe von Computer plan- und baubar. Virtuelle Computermodelle werden mit Informationen aus Datenbanken gespeist, Gebäude sozusagen programmiert. Das Rechnen in der Architektur übernehmen heutzutage fast ausschließlich Computer. Die Programme müssen aber vom Menschen entwickelt und gefüttert werden. Ein neues weites Feld eröffnet sich.
In Deutschland wird immer weniger neu gebaut und immer öfter stellen sich die Aufgabe im Gebäudebestand. Auch im Hinblick auf ökologische Aspekte ist der Umgang mit Vorhandenem, dem Bauen auf der „Grünen Wiese“ vorzuziehen. Das Bauen im Bestand beschreibt eine Zukunft mit historischen Wurzeln.
Ganz aktuell sind vor allem Themen rund um energieeffizientes und ressourcenschonendes Bauen. Mit der Energiewende in Deutschland, weg vom Atom- und Kohlestrom und hin zu einem höheren Anteil an regenerativen Energien, gibt es vor allem im Bausektor viele Fragen zu stellen. Ist beispielsweise ein immer stärkeres Dämmen, das vorwiegend mit Kunststoffdämmstoffen erfolgt, sinnvoll? Ist etwas nachhaltiger, wenn es sehr lange hält oder wenn es recycelbar ist?
Spannende Beiträge hierzu liefern auch die Uniwettbewerbe des Solar Decathlon oder Solar Decathlon Europe (siehe Linkliste) bei denen Teams verschiedener internationaler Hochschulen energetische Vorzeigeprojekte entwerfen und bauen. Man beachte, das deutsche Uniteams dabei regelmäßig vordere Plätze belegen.
Voraussetzungen
Kreativität
Mathematische und physikalische Kenntnisse
handwerkliches Verständnis
Belastbarkeit
Technisches Verständnis
Teamarbeit
Koordinationsvermögen
Nachhaltigkeitsbewusstsein
Rechtliches und ethisches Bewusstsein
Wo arbeitet ein:e Architekt:in?
Architektur- und Ingenieurbüros
Bauunternehmen
Behörden z.B. für Denkmalschutz
Bauämtern zur Planung und Betreuung öffentlicher Bauvorhaben
Immobilienentwicklung und -verwaltung
als Berater*innen und Gutachter*innen z.B. für Brandschutz oder Energie
Kunst, Film und Theater
Immobilienfirmen und Wohnungsbaugesellschaften
Was macht ein:e Architekt:in?
Als Architekt:in entwickelst du z.B. architektonische Entwürfe und Konzepte, die die Bedürfnisse deiner Kund:innen widerspiegeln. Das beinhaltet die Erstellung von Skizzen, Modellen und digitalen Entwürfen, um verschiedene Designoptionen zu präsentieren.
Du überwachst den Baufortschritt vor Ort, um sicherzustellen, dass die Bauarbeiten gemäß den Plänen und Spezifikationen durchgeführt werden. Dazu gehören regelmäßige Baustellenbesuche, Inspektionen und die Zusammenarbeit mit Bauunternehmen, um sicherzustellen, dass alle Anforderungen erfüllt werden.
In dem Beruf stehst du stets in engem Kontakt mit Kund:innen, Bauherren und anderen Projektbeteiligten, um sicherzustellen, dass alle Anforderungen und Erwartungen klar verstanden werden. Das beinhaltet regelmäßige Besprechungen, E-Mails und Berichte, um den Fortschritt des Projekts zu kommunizieren und eventuelle Fragen oder Bedenken zu klären.
Je nach persönlichem Schwerpunkt, integrierst du z.B. umweltfreundliche und energieeffiziente Designprinzipien in deine architektonischen Entwürfe. Das beinhaltet die Auswahl nachhaltiger Baumaterialien, die Nutzung erneuerbarer Energiequellen wie Solarenergie und Geothermie, die Implementierung von passiven Heiz- und Kühltechniken, die Förderung der natürlichen Belüftung und Beleuchtung sowie die Berücksichtigung von Recycling- und Entsorgungsmöglichkeiten während des gesamten Lebenszyklus des Gebäudes. Du arbeitest eng mit Ingenieuren und anderen Fachleuten zusammen, um innovative Lösungen zu entwickeln, die die Umweltauswirkungen deiner Projekte minimieren und zur Schaffung nachhaltiger und ressourceneffizienter Gebäude beitragen.
Du erstellst detaillierte Kostenpläne für Bauprojekte, die alle Ausgabenposten wie Materialkosten, Arbeitskosten, Gebühren und sonstige Ausgaben berücksichtigen. Dabei berücksichtigst du auch potenzielle Risiken und unvorhergesehene Kosten. Während des gesamten Bauprozesses überwachst du sorgfältig die Ausgaben und vergleichst sie regelmäßig mit dem geplanten Budget. Du identifizierst Kostenüberschreitungen oder potenzielle Einsparungsmöglichkeiten und entwickelst entsprechende Maßnahmen, um das Budget einzuhalten. Dazu gehören auch die Verhandlung von Preisen mit Lieferanten und Auftragnehmern, die Überwachung von Verträgen und Zahlungen sowie die Erstellung von regelmäßigen Kostenberichten für deine Kunden und andere Projektbeteiligte.
Dinge, die man wissen sollte
Kammerzulassung: Um als selbstständige:r Architekt:in eigenverantwortlich planen und bauen zu dürfen, benötigst du einen Eintrag bei der Bundesarchitektenkammer. Die Voraussetzung dafür ist u.a. eine Studienzeit von wenigstens acht Semestern sowie mindestens zwei Jahre Berufserfahrung. Der Studiengang sollte den inhaltlichen Standards der Kammer entsprechen, also "kammerfähig" sein. Erfüllst du die Voraussetzungen nicht, kannst du kein Mitglied der Architektenkammer werden und darfst dich nicht Architekt:in nennen. Das hat zur Folge, dass du einige wichtige Aufgaben im Beruf nicht ausführen darfst, z.B. Bauanträge stellen. Es gibt natürlich eine Menge Tätigkeitsfelder in Planungsbüros, die nicht die volle Qualifikation verlangen.
Arbeitsmarkt: Die Konkurrenz um Stellen, Aufträge und Ausschreibungen in der Branche ist hoch. Durch die Vielzahl der Abhängigkeiten ist der Bausektor wenig stabil. Der Fachkräftemangel, die Corona Pandemie, die geopolitische Entwicklung in 2022/23 sowie die anhaltend hohe Inflationsrate stellen die Branche vor erhebliche Herausforderungen. Niedrige Einstiegsgehälter im Vergleich zu anderen Ingenieursrichtungen verschärfen den Trend zusätzlich.
Arbeiten als Architekt
Tobi ist angehender Architekt in einem Büro in München. Gerade arbeitet er an seinem ersten eigenen Bauprojekt: Ein Kindergarten in Petershausen mit Gesamtbaukosten von ca. 7,5 Millionen Euro. Ziemlich viel Verantwortung für einen Berufsanfänger. In der aktuellen Bauphase ist sein Arbeitsalltag schwer zu planen. Er pendelt zwischen Büro und Baustelle, Meetings und Abnahmen. Jetzt wo die Wände und das Dach des Kindergartens stehen, muss Tobi mit der Bauherrin seine erste Bemusterung erfolgreiche meistern, also seine Ideen und Vorstellungen von Baumaterialien für den Innen- und Außenausbau präsentieren. Sollten diese nicht gut ankommen, droht eine Bauverzögerung und damit Mehrkosten.
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Das Brutto-Monatsgehalt nach einem Jahr Berufstätigkeit als abhängig beschäftigte:r Architekt:in beträgt laut Lohnspiegel € 3.240 (Frauen: € 3.160 , Männer: € 3.300).
Mit fünf Jahren Berufserfahrung sind brutto € 3.870 (Frauen: € 3.700, Männer: € 4.020) ein Durchschnittswert. Das sind plus 19,4 % im Vergleich zum Verdienst nach einem Jahr – eine übliche Steigerung.
Nach zehn Jahren Berufserfahrung können brutto € 4.360 (Frauen: € 4.130, Männer: € 4.570) als Durchschnittswert angesehen werden. Das sind für weitere fünf Jahre Erfahrung plus 12,7 % – eine übliche Steigerung.
Datenstand: REL_2-95, Auswertung Juli 2024. Datenbasis für Gehälter („Architekt/in“): 4.694 Befragte. Die Gehälter werden auf eine wöchentliche Arbeitszeit von 38 Stunden umgerechnet, Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld sind nicht enthalten.
Das Interview wurde vor der ersten Online-Veröffentlichung im Sommer 2009 geführt, ist aber nach wie vor inhaltlich relevant.
Simone Gölz: Was für eine Ausbildung/Studium haben Sie?
Andrea Weidmann* (Architektin): Ich habe an der Fachhochschule Münster Architektur studiert.
Wie war Ihr bisheriger Berufsweg?
Ich habe mich bemüht, schon während des Studiums praktische Erfahrung zu sammeln und angefangen in Architekturbüros zu arbeiten. Direkt nach meinem Diplom habe ich in einem Büro als Berufseinsteiger angefangen und seitdem bei zwei weiteren Büros gearbeitet. Momentan arbeite ich als freiberufliche Architektin, was aufgrund zeitlich begrenzter Projekte nicht unüblich ist.
Simone Gölz arbeitet als Coach und Karriereberaterin in Hamburg.
Wie sieht der Einstieg in den Beruf aus?
Nicht anders als in anderen Berufen, nach bestandenem Diplom durchläuft man das normale Bewerbungsverfahren, es sei denn, man hat sich schon einen Arbeitsplatz während des Studiums gesichert, indem man als StudentIn dort angefangen hat.
Welche Persönlichkeitsmerkmale halten Sie für wichtig?
Selbstsicherheit bzw. Selbstbewusstsein.
Wie sieht ein Arbeitstag / Tagesablauf bei Ihnen aus?
Das kommt darauf an, in welchem Bereich man arbeitet: Entwurf oder Ausführung bzw. Bauablauf. In der Entwurfs- oder Wettbewerbsabteilung und auch in der Ausführungsabteilung skizziert man seine Ideen und setzt diese dann mittels Rechner in Zeichnungen um, außerdem kommuniziert man mit Fachingenieuren und Gewerken, ausführenden Firmen und Herstellern, welche an dem Entstehungsprozess eines Entwurfes beteiligt sind. Außer der kreativen Arbeit hat man noch normale Bürotätigkeiten wie Ablage, Orga, Korrespondenz und Telefonie zu erledigen. In der Planungsabteilung setzt man sich vielmehr mit zeitlicher Planung des Bauablaufes sowie Kostenschätzung, Kostenberechnung und Kostenkontrolle auseinander. Je nach Position unterscheiden sich die Tätigkeiten bzw. Verantwortungsbereiche.
Je nach Größe des Büros können sich die Aufgabenbereiche auch unterscheiden. In einem großen Büro sind die Zuständigkeiten oft in Abteilungen strukturiert, in kleinen Büros ist man oft für alle Aufgabenbereiche zuständig.
Wie ist das mit dem Verdienst?
Das ist Verhandlungssache. Im Allgemeinen ist jedoch zu sagen, dass man als ArchitektIn unter den AkademikerInnen unterdurchschnittlich verdient, wenn man angestellt arbeitet.
Was würden Sie sagen sind die typischen Klischees über den Beruf ArchitektIn?
Zu den Klischees kann ich nicht viel sagen........ vielleicht so viel: Architekten tragen gerne schwarz! Ja das stimmt.
Gibt es etwas, was Sie an Ihrem Beruf nicht mögen?
Nicht mögen würde ich so nicht sagen, aber immer wieder erstaunlich ist, dass kreative Prozesse oft sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und man es am Ende nicht sieht. Man präsentiert in vergleichsweise kurzer Zeit das Ergebnis, dem man nicht ansieht, wie viele Überstunden und Wochenendarbeit in ihm steckt. Kreative Arbeit ist oft uneffektiv, weil Ideen eben nicht auf Knopfdruck entstehen, das kann manchmal recht zermürbend sein.
Was mögen Sie besonders?
Das die einfachste Lösung nicht immer die beste Lösung ist, aber die beste Lösung oft einfach ist!
Wie sieht das mit dem Matheanteil im Architekturstudium aus?
Mathematik begegnet einem immer wieder, z.B. in den Fächern Konstruktion, Ingenieurhochbau, Bauphysik, Baustofftechnologie, Haustechnik, Technischer Ausbau. Es zieht sich schon durch das Studium und letztendlich bildet es bei den Grundlagen im Fach Statik eine Hürde für die, die kein mathematisches Verständnis besitzen und aufgrund dessen abbrechen müssen.
Würden Sie InteressentInnen mit schlechter Mathenote von einem Architekturstudium abraten?
Das kommt darauf an, ob die schlechte Note durch Faulheit oder Unwissenheit zustande kommt. Wenn man Schwierigkeiten hat, mathematische Zusammenhänge zu begreifen und keine Ahnung von Geometrie hat, ist es nicht möglich, den Beruf des Architekten zu erlernen. Man muss kein Mathegenie sein, aber zumindest in der Lage sein die Fachmathematik zu lernen.
Was würden Sie angehenden ArchitektInnen empfehlen?
Möglichst viele Erfahrungen zu sammeln in Büros unterschiedlicher Struktur. Unabhängig von Bezahlung an für sie interessanten Projekten zu arbeiten, um die größtmögliche Motivation zu haben und dabei viel zu lernen.
Wer ist Ihrer Meinung nach für den Beruf ungeeignet?
Menschen, die kein räumliches Vorstellungsvermögen haben.
Wo kann ich als ArchitektIn arbeiten?
Überall auf der Welt. Das ist ein großer Vorteil des Berufes, man geht dorthin wo es Arbeit gibt und hat somit die Möglichkeit, die Welt kennen zu lernen.
Welche Gründe haben Sie bewegt Architektin zu werden?
Mein Interesse an Kunst und Naturwissenschaft, mein Willen, meine Kreativität nachhaltig umzusetzen und dauerhafte Lösungen zu entwickeln, die ästhetisch ansprechend und konstruktiv funktional sind.