AuslandsstudiumStudieren in den Niederlanden
Von Sebastian Horndasch
1. Oft gestellte Fragen
In den Niederlanden gibt es im Gegensatz zu Deutschland an staatlichen Hochschulen Studiengebühren, allerdings gibt es gute finanzielle staatliche Förderungen. Dazu begegnen sich Studierende und Dozent*innen in den Niederlanden auf Augenhöhe und haben keine klaren Hierarchien.
In den Niederlanden sind die Grenzen zwischen Universitäten und Fachhochschulen deutlicher erkennbar als in Deutschland. Dabei sind Universitäten stark auf den theoretischen Teil bedacht, während Fachhochschulen praxisnaher sind und besser für spezielle Berufe vorbereiten.
Die Studiengebühren an staatlichen Hochschulen in den Niederlande belaufen sich 2023 / 24 auf 2.314 € pro Jahr..
Für viele Studiengänge kann ein Aufenthalt in den Niederlanden sinnvoll sein – sei es zur Verbesserung deiner Sprachskills oder um die Kultur vor Ort zu erleben. Passende Studienfächer sind z. B.: Niederländische Philologie und Niederlande-Deutschland Studien.
2. Warum die Niederlande?
Jedes Jahr zieht es mehr Deutsche zum Studium in die Niederlande. Ein Grund: Während in Deutschland vielfach ein harter Kampf um Studienplätze herrscht, finden sich in den Niederlanden fast paradiesische Zustände. Für die meisten Fächer gibt es keine Zugangsbeschränkung und selbst in Medizin oder Psychologie ist die Aufnahmewahrscheinlichkeit weitaus höher als bei uns.
Aber Achtung: Nachdem angehende Studierende bereits 2022 gebeten wurden von der geplanten Einreise abzusehen, sofern sie vor Semesterbeginn noch keine Unterkunft im Land gefunden hätten, spitzt sich die Debatte über den Zustrom ausländischer Studierender in den Niederladen auch 2024 weiter zu. Wohnungsmangel und überfüllte Hörsäle seien die negativen Konsequenzen der Internationalisierung, die lange bewusst forciert wurde – und auch weiterhin gewünscht ist, aber eben nur in einem gewissen Maß. Insbesondere in den niederländischen Grenzregionen seien ausländische Studierende jedoch weiterhin wichtig und gern gesehen.
Nach dem der Bildungsminister Robbert Dijkgraaf die staatlichen Universitäten des Landes im letzten Jahr aufgefordert hatte, einen Plan zur besseren Steuerbarkeit des Zustroms auszuarbeiten, haben diese sich laut SPIEGEL ONLINE nun auf entsprechende Maßnahmen geeinigt. Unter anderem soll die Anzahl der englischsprachigen Bachelorstudienangebote zukünftig deutlich reduziert werden. Da die Auslastung aber regional durchaus unterschiedlich stark ausgeprägt sei, werde es auch Ausnahmen geben. Masterstudienangebote seien außerdem nicht von der Maßnahme betroffen. Des Weiteren sei ein Gesetzesentwurf in Planung, der die Zulassungsbedingungen für englischsprachige Studiengangsstränge z.B. durch einen Numerus Fixus oder einen Aufnahmetest zusätzlich erschwere. Voraussichtlich werden die geplanten Maßnahmen 2025 umgesetzt werden. Ob und wie der Gesetzesentwurf letztendlich zustande kommt, ist noch unklar.
Nadia Hagen hat in Nimwegen Betriebskommunikation mit Spanisch studiert und arbeitete in der Abteilung Marketing und Kommunikation der Universität Maastricht. In ihren Augen spricht vieles für die Niederlande: „In den Niederlanden stehen die Studierenden im Mittelpunkt. Das Studienjahr ist übersichtlich geplant, die Betreuung eng und die Türen zu den Lehrenden stehen meist offen. Außerdem gibt es sehr viele Programme auf Englisch.“
Du möchtest in Deutschland die Niederländische Sprache studieren?
Passende Studiengänge findest du hier.
In der Tat gibt es kein kontinentaleuropäisches Land, das über eine solch große Zahl an englischsprachigen Studiengängen verfügt. In Maastricht sind es weit mehr als die Hälfte aller verfügbaren Programme.
2023 studierten fast 25.000 Deutsche in den Niederlanden – nur Österreich übertrifft Holland damit in seiner Beliebtheit (siehe unseren Artikel zu den beliebtesten Ländern für das Auslandsstudium).
Gut ist ebenfalls die Ausstattung der niederländischen Universitäten – denn kaum ein Land steckt so viel Geld in seine Hochschulen. Das zeigt sich in den Services, den Bibliotheken, in der Betreuung – und in der Gebäudequalität. „Bei uns bröckelt nichts“, so Nadia Hagen, „alles ist perfekt erhalten.“
Ein Grund für die hohe Qualität niederländischer Hochschulen ist die sehr gute finanzielle Ausstattung. Diese liegt einerseits am hohen Finanzierungsaufwand von Seiten der Regierung und andererseits an Studiengebühren.
Im ersten Studienjahr sind die Studiengebühren seit 2018 halbiert. So soll es mehr Studierenden möglich sein, ein Studium zu beginnen.
Diese sollten dich allerdings nicht schrecken: Man kann relativ leicht staatliche Stipendien und Kredite erhalten.
3. Passende Studienfächer
Für bestimmte Studienfächer kann ein Auslandsaufenthalt in den Niederlanden besonders sinnvoll sein, in erster Linie natürlich für Niederländische Philologie. Wo ließen sich Sprache, Literatur und Kultur eines Landes leichter kennen lernen als direkt vor Ort?
Auch andere Studienfächer profitieren von einem Aufenthalt im Land der Tulpen 🌷. Bei einer ausgiebigen Radtour entlang von Amsterdams malerischen Grachten kannst du die Kultur und die Geschichte des Landes wirklich erleben, anders als anhand von Fachliteratur oder Bildmaterial. Nicht ohne Grund sind Auslandsaufenthalte für einige Studiengänge obligatorisch.
Aufgrund der Vielzahl an englischsprachigen Studienangeboten, kann ein Auslandssemester in den Niederlanden auch lohnenswert sein, wenn du einen englischsprachigen Studiengang oder ein Studium mit internationalem Schwerpunkt studierst. Beachte hier, dass die Anzahl der englischsprachigen Bachelorstudiengänge vor dem Hintergrund der anhaltenden "Auslastungsdebatte" in den Niederlanden zukünftig reduziert werden soll, um den Zustrom ausländischer Studierender einzudämmen. Voraussichtlich gelten die Maßnahmen ab 2025.
Für folgende Studienfächer kann ein Auslandsaufenthalt in den Niederlanden besonders sinnvoll sein:
4. Das niederländische Hochschulsystem
In den Niederlanden gibt es zwei Hochschultypen: 14 Universiteiten sowie über hundert Hogescholen, die in etwa den deutschen Fachhochschulen entsprechen. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Hochschularten: Universitäten sind forschungsorientiert, Fachhochschulen praktisch ausgerichtet. Dabei ist der Unterschied in Holland sehr viel ausgeprägter als in Deutschland: Während bei uns auch an FHs Forschungsmethoden unterrichtet werden, liegt an niederländischen Hogescholen der Fokus klar auf der Vorbereitung zum Beruf.
Das Studium gliedert sich in den Niederlanden mit Bachelor und Master wie bei uns in zwei Stufen. Dabei gibt es allerdings einige Besonderheiten: Während der Universitätsbachelor nur drei Jahre dauert, sind es an der Fachhochschule meist vier Jahre. Der Master dauert dagegen in der Regel nur ein Jahr, bei sogenannten „Research Mastern“ allerdings zwei.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, kann man das Bachelorstudium in den Niederlanden nur im Herbst beginnen.
Gute Stimmung, gute Lehre
Anders als in Deutschland gibt es in den Niederlanden keine Lehrstühle. Stattdessen arbeiten Professor*innen und Lehrbeauftragte gemeinsam an Instituten. Dieser Unterschied ist nicht unwichtig, denn dadurch wird die Zusammenarbeit zwischen den Lehrenden gestärkt. Auch können sich Professor*innen auf ihre Stärken konzentrieren – einige lehren mehr, andere forschen mehr.
Florens Flues hat in Maastricht einen Bachelor in Economics gemacht. Er wusste insbesondere die Lehre in Maastricht zu schätzen: „In den Niederlanden wird gute Lehre gewürdigt. Es herrscht ein bewusster Umgang mit Pädagogik. Zum Beispiel gibt es in Maastricht Preise für die beste Lehre. Dozent*innen erhalten vielerorts umfangreiche pädagogische Unterstützung.“
Mit dem Hogeschool-Bachelor in den Master?
Niederländische FHs bieten kaum Masterprogramme an und wenn doch sind sie mit hohen Gebühren belegt. Wer also einen Master machen möchte, muss sich an eine Universität wenden. Der Haken: Da an der Hogeschool kaum Theorie gelehrt wird, müssen Studierende an der Uni einen so genannten Pre-Master belegen, der meist zwischen 6 und 12 Monaten dauert und den Teilnehmenden wissenschaftliche Grundlagen nahe bringt.
Der Wechsel in einen deutschen Master ist mit einem Hogeschool-Bachelor durchaus möglich. Eva-Maria Holzgreve studierte European Studies an der Haagse Hogeschool in Den Haag und macht jetzt einen Master in Soziokulturellen Studien an der Viadrina Universität in Frankfurt (Oder). Sie war bei ihrer Mastersuche in Deutschland auf Probleme gestoßen: „Es fehlten mir Credits im theoretischen Bereich. Damit erfüllte ich bei vielen interessanten Masterprogrammen nicht die Voraussetzungen. In Frage kam nur ein interdisziplinär aufgestellter Master, der weniger harte Voraussetzungen hatte. Das war ärgerlich für mich, da ich mich im Master eigentlich spezialisieren wollte.“
Die Universiteit
Die 14 staatlichen Universitäten in den Niederlanden gelten qualitativ durchweg als hervorragend. Die Inhalte sind wie an deutschen Universitäten forschungs- und theorielastig. Der Hauptunterschied zu Deutschland besteht in der oftmals weitaus besseren Lehre sowie dem höheren Verschulungsgrad: Man hat gerade am Anfang kaum Wahlfreiheit.
Die Qualität der niederländischen Universitäten spiegelt sich auch in Rankings wieder. Außer der (im Ranking wahrscheinlich gar nicht betrachteten) Fernuniversität gehören 11 von 13 staatlichen Universitäten laut dem Times Higher Education Ranking 2024 zu den 200 besten der Welt – sechs davon sind sogar unter den besten 100. Zum Vergleich: Deutschland ist mit 21 Einrichtungen vertreten, hat aber über 100 Universitäten. Dabei sei angemerkt, dass Rankings methodologisch durchaus ihre Tücken haben – mehr dazu hier auf Studis Online.
Die Hogeschool
An niederländischen Fachhochschulen studierst du vier Jahre lang, wobei viel Wert auf praktische Projekte sowie ganze Praxis- und Auslandssemester gelegt wird. Anders als an der deutschen FH wird an der Hogeschool kaum Theorie behandelt.
Michael Lülf hat an der Saxion Hogeschool Small Business and Retail Management studiert und ist Gründer der Agentur Border Concept, die unter anderem Marketing für holländische Hochschulen betreibt. Er würde sich wieder dafür entscheiden: „Ich würde das FH-Studium in den Niederlanden in jedem Fall empfehlen, denn die Vorbereitung auf das Berufsleben ist ausgezeichnet. Die Arbeitsbefähigung der Absolvent*innen ist hier besonders groß, dank hohem Praxisbezug des Studiums.“
Einige Berufe, die in Deutschland lange ausschließlich als Ausbildungsberufe gelehrt wurden, werden in den Niederlanden an Fachhochschulen gelehrt, zum Beispiel Krankenpflege, Physiotherapie oder Logopädie. „In der Grenzregion zu den Niederlanden haben beispielsweise sehr viele Physiotherapeuten in den Niederlanden studiert. Die Ausbildung ist dort einfach besser“, so Michael Lülf.
Mittlerweile gibt es jedoch auch in Deutschland manche Fachhochschule, die bspw. Physiotherapie als Fachhochschulstudium anbieten.
5. Das Studium
Das Studienjahr – und damit auch der Unterricht – beginnt in den Niederlanden in der Regel am 1. September. Die Semesterferien sind in den Niederlanden anders verteilt: Es gibt keine Wintersemesterferien, sondern nur kürzere Pausen im Herbst, zu Weihnachten, Ostern und Karneval. Im Sommer erhalten Studierende je nach Hochschule sechs bis acht Wochen Ferien. Immerhin: In diesen müssen dann anders als in Deutschland auch keine Klausuren oder Hausarbeiten geschrieben werden.
Das Studium in den Niederlanden ist weitaus verschulter als bei uns. Gerade im ersten Studienjahr hat man in der Regel keine Wahlmöglichkeiten. Nadia Hagen: „In den Niederlanden wird darauf geachtet, dass alle eine gute Basis haben. Später im Studium hat man dann mehr Wahlfreiheit.“
Innovative Pädagogik: Problem-Based-Learning
Als 1976 die Universität Maastricht gegründet wurde, sollte sie sich von anderen Hochschulen durch ein besonderes pädagogisches Konzept unterscheiden: Das Problem-Based-Learning (PBL). Bei diesem Format werde Studierenden vor ein bestimmtes Problem gestellt und müssen sich die Lösung sowie die notwendige Theorie in einer kleinen Gruppe von 12-15 Leuten selbständig erarbeiten. Die Lehrenden spielen eher eine Rolle als Richtungsweisende und Ratgeber*innen.
PBL gilt als großer Erfolg, da sich das selbst erarbeitete Wissen besser festsetzt. Viele andere Hochschulen in den Niederlanden und im Ausland wenden die Methode inzwischen ebenfalls an. Besonders skandinavische Hochschulen haben den Ansatz vielfach übernommen. In Deutschland gibt es dagegen nur wenige Hochschulen, die PBL anwenden. Hauptgrund ist der weitaus größere Bedarf an Räumen und Personal sowie der mit der Umstellung verbundene Aufwand.
Das FH-Studium: Viele Projekte, wenig Theorie
Amsterdamse Hogeschule voor de Kunsten - Amsterdam School of the Arts
Das FH-Studium in den Niederlanden ist sehr projektorientiert, wie Eva-Maria Holzgreve bemerkt. Im ersten Semester musste sie gleich ein Event mit einer Diskussionsrunde, einer Ausstellung sowie einer Kunstperformance organisieren. „Wir mussten alles selbst machen, von der Sponsorensuche bis zum Layout der Namensschilder. Das war schwierig, wir konnten ja alle noch kein holländisch und hatten kein Netzwerk. Für die Diskussion konnten wir dann unter anderem den ehemaligen Präsidenten von Aruba gewinnen. Das war eine tolle Erfahrung.“
Auch die interkulturelle Zusammenarbeit spielt eine große Rolle. „Es wurde von der Hochschule stark darauf geachtet, dass bei Projekten die Teams multikulturell waren. Das war mitunter sehr stressig, denn die Zusammenarbeit mit Leuten aus anderen Kulturen ist auch immer eine Herausforderung an die eigene Identität. Am Ende bereichert einen das aber ungemein.“
Theoretische Konzepte wurden bei Holzgreve dagegen nur am Rande behandelt: „Der Bachelor hat mir eine gewisse Ablehnung von Theorie anerzogen“.
6. Bewerbung und Zulassung
Wie in anderen Ländern gibt es auch in den Niederlanden drei Möglichkeiten für ein Studium: Einen kompletten Bachelor, einen kompletten Master oder ein Gaststudium.
Der Bachelor
In den Niederlanden gibt es eine zentrale Stelle für Hochschulzulassung, Studielink. Die recht übersichtlich gestalte Webseite ermöglicht auch eine Bewerbung komplett auf Deutsch. Du musst deine gesamten Daten angeben und kannst dich dann auf deine Wunschstudiengänge bewerben. Eine abgegebene Bewerbung kann auf Wunsch auch wieder gestrichen werden, über Studielink hast du eine gute Übersicht.
Die Deadlines sind bei zulassungsbeschränkten Studiengängen unterschiedlich, zwischen Januar und Mai. Für zulassungsfreie Studiengänge kannst du dich mitunter noch im August einschreiben – dies können die Hochschulen allerdings individuell entscheiden, meist endet die Bewerbungsfrist für zulassungsfreie Studiengänge mittlerweile allerdings am 1. Juli.
Studielink hat jedoch eine Schwachstelle: Bisher nehmen nicht alle Hochschulen an dem Verfahren teil. Manche vergeben ihre Studienplätze auf zwei Arten: Teils durch Studielink, teils aufgrund individueller Bewerbungen mit Motivationsschreiben (eine Anleitung zum Motivationsschreiben fürs Studium findest du hier). Falls dies der Fall ist, werden Bewerber*innen allerdings ausdrücklich auf der Studielink-Webseite darauf hingewiesen.
Möchtest du auf Niederländisch studieren, musst du ein entsprechendes Sprachdiplom vorweisen können. Hochschulen bieten dafür vier- bis sechswöchige Intensivkurse an, in denen du dir über den Sommer die notwendigen Sprachfähigkeiten aneignen kannst. „Holländisch ist dem Deutschen sehr nahe“, so Nadia Hagen, „das ist schaffbar.“
Im Falle von englischsprachigen Studiengängen werden einschlägige Sprachnachweise wie der TOEFL oder der IELTS-Test verlangt.
Kompliziert: Der Numerus Fixus
Während der deutsche Numerus Clausus sich pur nach der Abiturnote richtet (siehe den Artikel „NC erklärt“), spielt diese im Numerus Fixus keine Rolle. Dieser bedeutet lediglich, dass der Studiengang nur eine begrenzte Anzahl Studienplätze besitzt. Bei diesen Studiengängen durchlaufen die Bewerber*innen erst ein Auswahlverfahren. Dies wird von jeder Fakultät individuell erstellt und besteht oft aus einer Kombination von mehreren Aufgaben. Unter anderem können das Auswahltests, Motivationsschreiben oder Online-Fragebögen sein.
Im Falle von Medizin sind für Deutsche die Aufnahmechancen nach Einschätzung von Nadia Hagen bei etwa 50%. Der Haken: Wer in den Niederlanden Medizin studieren möchte, muss im Abitur alle drei Naturwissenschaften belegt haben – eine Voraussetzung, die kaum ein*e deutsche*r Bewerber*in erfüllt. Viele Deutsche machen daher einen entsprechenden Kurs bei einem externen Institut, was wiederum Geld und Zeit kostet.
Der Master
Die Bewerbung für den holländischen Master findet wie für den Bachelor in der Regel über Studielink statt. Wie bei Bachelorbewerbungen wirst du oftmals zusätzliches Material an die jeweiligen Hochschulen schicken müssen. Die Fristen enden zu unterschiedlichen Zeitpunkten, meist aber zwischen Mai und Juli. Es empfiehlt sich aber, die Bewerbung deutlich vorher abzuschicken: Manche Hochschulen haben „rollende“ Aufnahmeverfahren, bei denen frühe Bewerbungen größere Chancen haben.
Ein niederländischer Master dauert im Prinzip ein Jahr, sogenannte Research Master dauern zwei Jahre.
Das Gaststudium
Ein Gaststudium kann auf zwei Wegen organisiert werden: Als Erasmus-Austausch oder als selbst organisierter Auslandsaufenthalt. Im ersten Fall findet die Bewerbung über deine eigene Hochschule statt – über die genauen Abläufe und Fristen musst du dich selbst informieren.
Anders als in anderen Ländern ist ein Gaststudium ohne formelle Kooperation zwischen der niederländischen Hochschule und deiner Uni nur selten möglich. Es kann aber nicht schaden, dich über deine Möglichkeiten zu informieren.
Die drei Studientypen im Überblick
Typ | Dauer | Zulassung / Deadlines | Kosten |
---|---|---|---|
Gast | 1 – 2 Semester | Erasmus: Über Heimathochschule Selbst organisiert: Über die Zielhochschule, meist aber nicht möglich / Hochschulabhängig | Erasmus: Keine Kosten Selbst organisiert: Bis zu 2.314 € pro Jahr |
Bachelor | Uni: 3 Jahre FH: 4 Jahre | Über Studielink / Zulassungsbeschränkt: 15. Januar Zulassungsfrei: Teilweise bis 1. Mai, aber auch hochschulabhängig bis Ende August | 2.314 € pro Jahr (das erste Studienjahr kostet ggf. nur die Hälfte – mehr Infos hier.) |
Master | Geistes- und Sozialwissenschaften: 1 Jahr Naturwissenschaften und Technik: 2 Jahre | Über Studielink / Hochschulabhängig, meist Mai bis Juni | 2.209 € pro Jahr |
7. Leben in den Niederlanden
In den Niederlanden wird viel Rad gefahren, natürlich auch von Studierenden
Das Studierendenleben in den Niederlanden unterscheidet sich nicht grundsätzlich von dem in Deutschland. Im Grunde bestehen die Hauptunterschiede in zwei Dingen: In der sehr informellen Kultur der Niederlande sowie im Mangel an studentischem Wohnraum.
Holländisches Student*innenleben: Bier trinken mit den Profs
Die Niederlande haben eine sehr unhierarchische Kultur, Menschen sind es gewohnt, einander auf Augenhöhe zu begegnen. Die Hochschulen organisieren zahlreiche Feiern, auf denen gemeinsam getrunken und gegessen wird. Florens Flues: „Man duzt die Professoren in Holland. Es kommt auch vor, dass Professoren mit ihren Studenten etwas trinken gehen. Dadurch gibt es einen viel informelleren Austausch.“
Die Offenheit der Niederländer zeigt sich auch in der Art der Gespräche. Eva-Maria Holzgreve war anfangs manchmal unangenehm berührt: „In Holland spricht man rundheraus über alle Themen. So kann es leicht sein, dass man im Freundeskreis offen über Sexstellungen diskutiert oder über sein Einkommen – beides Dinge, bei denen man sich als Deutscher leicht befremdlich fühlt.“
Holländische Studierendenwohnungen: Viele Mäuse, wenig Platz
In vielen Städten Hollands herrscht ein großer Mangel an studentischem Wohnraum. Die Konsequenz: Hohe Preise und schlechte Ausstattung. Eva-Maria Holzgreve kann ein Lied davon singen: „Ich hatte in Den Haag eine kleine Wohnung ohne eigenes Badezimmer und musste 400 Euro zahlen. Die Bausubstanz war nicht gut und die Dusche in der Küche.“ Das schlimmste für sie: „Sowohl ich als auch viele meiner Freunde hatten Mäuse in der Wohnung. Das ist schon sehr unangenehm.“ Florens Flues hatte es in Maastricht besser getroffen: „Bei uns war der Markt entspannter. Aber das ist wohl eher die Ausnahme.“
Immerhin: Die Hochschulen helfen bei der Wohnungssuche. „An der Universität Maastricht gab es ein gut organisiertes Vermittlungsbüro mit vielen Angeboten“, so Flues. Manche Studierendenstädte haben spezielle Studierendenwohnheime, die in den letzten Jahren stets erweitert und ausgebaut wurden, um der Nachfrage gerecht werden zu können.
8. Kosten und Finanzierung
Das Studium in den Niederlanden ist teurer als in Deutschland – dafür gibt es aber auch großzügige staatliche Zuschüsse.
Was du zahlen musst
In den Niederlanden werden anders als in Deutschland allgemeine Studiengebühren erhoben. Diese werden jährlich angepasst und liegen 2023 / 24 bei 2.314 € im Jahr. Seit einigen Jahren gilt das für alle Studierende aus der EU.
Neu seit 2018 ist, dass für das erste Studienjahr die staatlichen Studiengebühren halbiert werden. Dies gilt jedoch nur für ein Erststudium an einer Hochschule, die die staatlich festgelegten Studiengebühren verlangt.
Die Lebenshaltungskosten sind in den Niederlanden etwas höher als in Deutschland, was vor allem an höheren Mieten liegt – ein WG-Zimmer oder ein Wohnheim sind im Vergleich zur eigenen Wohnung natürlich günstiger. Besonders teuer sind beliebte Städte wie Amsterdam, Rotterdam und Utrecht.
Die Utrecht University gibt zum Beispiel folgende Wohnkosten auf dem privaten Markt an: Ein Zimmer in einer WG oder einem Wohnheim mit geteilter Küche und Badezimmer kostet um die 500 - 800 Euro im Monat. Ein Studio mit eigenem Bad und Kochnische ist mit 700 bis 1.200 Euro natürlich teurer.
Zudem gibt es einen aktuellen Warnhinweis, dass die Energiekrise seit 2022 natürlich auch in den Niederlanden die Wohnkosten stark in die Höhe treibt.
Viele niederländische Hochschulen können Internationals Unterkünfte vermitteln – das Angebot ist jedoch stark begrenzt. Wer sich in Amsterdam ein Zimmer teilt, beginnt mit einer Miete von 300 Euro – während ein Studio 875 Euro kosten kann. Hier kommen dann noch Gebühren, Kaution und womöglich noch Steuern hinzu. In Maastricht kostet ein 8,5 qm großes Einzelzimmer im Wohnheim auch mal schnell 600 Euro – mit geteiltem Bad und Küche. Dafür immerhin mit allen Nebenkosten!
Eine Info-Anlaufstelle für internationale Studierende sollte natürlich immer die Hochschule oder das Studierendenwerk, welche Tipps geben können.
Unter gewissen Umständen können ausländische Studierende eine Mietbeihilfe (nl.: huurtoeslag) vom niederländischen Staat beantragen. Weitere Informationen auf Englisch findest du hier.
Tipps zur Unterkunftssuche in den Niederlanden
Wer als internationale*r Studi im Internet eine Unterkunft sucht, findet mit dem Begriff „housing“ gute Treffer – insbesondere bei den Unis und Hochschulen.
Staatliche Wohnheim sind leider Mangelware – dafür bieten viele Hochschulen selbst eine Wohnraum-Vermittlung an, für welche eine kleine Gebühr anfällt. Die Mietkonditionen sind etwas unflexibel: Die Zeiträume sind in der Regel nicht verlänger- oder verkürzbar. Grösster Nachteil: Das Kontingent ist sehr knapp.
Die Niederlande haben in der Regel ein gutes ÖPNV und gute Radwege – erweitere deinen Such-Radius!
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https://youtu.be/xl-cfiWKHhU
Online-Plattformen
Abhängig von Ort und Lebensstil solltest du mit 800 bis 1.000 Euro an monatlichen Kosten rechnen, mancherorts sogar mit bis zu 1.500 Euro.
Wie unterscheiden sich die Preise in den Niederlanden zu denen in Deutschland? | |
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Quelle: Statistisches Bundesamt, Stand: August 2024. Die Tabelle zeigt den Unterschied der Preise in den Niederlanden im Vergleich zu Deutschland. Nicht im Vergleich enthalten sind die Mieten. | |
Gesamt | +10 % |
Lebensmittel & Getränke | -8 % |
Brot, Reis, Müsli, Nudeln, Backwaren | -20 % |
Obst, Gemüse & Kartoffeln | -10 % |
Milchprodukte & Eier | -8 % |
Fleisch | -9 % |
Fisch | -27 % |
Alkoholische Getränke | +12 % |
Anderes | |
Kleidung & Schuhe | -3 % |
Energie | +19 % |
Bus, Bahn, Schiff & Flugzeug | +12 % |
Telefon, Internet & Post | +3 % |
Freizeit, Zeitungen & Bücher | +1 % |
Restaurants & Hotels | +22 % |
Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke: Brot und Nährmittel, Fleisch, Fisch, Milchprodukte und Eier, Öle und Fette, Früchte und Gemüse, Kartoffeln, andere Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke.
Brot und Nährmittel: Reis, Müsli, Mehl, Brot, andere Backwaren, Nudeln
Fleisch: Rind- und Kalbfleisch, Lamm, Geflügel, Wurstwaren
Fisch: Frischfisch, gefrorener Fisch und Meeresfrüchte, verarbeitete Fisch- und Meeresfrüchte
Milchprodukte und Eier: Frischmilch, haltbare Milch, andere Milchprodukte, Käse, Eier
Obst, Gemüse und Kartoffeln: frisches, gefrorenes und konserviertes Obst bzw. Gemüse und Kartoffeln
Alkoholische Getränke: Wein, Bier, Spirituosen
Bekleidung und Schuhe: ohne Dienstleistungen wie Reinigung
Energie: Strom, Gas und andere Brennstoffe
Transportdienstleistungen: Personenbeförderung im Schienenverkehr, Straßenverkehr, Schiff und Luftverkehr
Kommunikation: Postdienstleistungen, Telefone und Dienstleistungen Telekommunikation
Freizeit, Unterhaltung und Kultur: Audiovisuelle, fotografische und Informationsverarbeitende Geräte, Dienstleistungen für Erholung und Kultur, Garten- und Tierbedarf, Zeitungen und Bücher
Restaurants und Hotels: Restaurants, Cafés, Pubs, Bars, Kantinen, Hotels, Jugendherbergen usw.
Wie du dich finanzieren könntest
Wie in allen EU-Ländern kannst du auch in den Niederlanden Auslands-BAföG empfangen. Doch es gibt noch mehr Möglichkeiten, deutsche wie niederländische.
Niederländische Finanzierungsoptionen
Seit dem Studienjahr 2015 / 2016 besteht die niederländische Studienfinanzierung aus bis zu vier Teilen. Zugänglich ist sie nur, wenn im Monat mind. 56 Stunden neben dem Studium gearbeitet wird, Höchstalter bei Studienbeginn: 29. Weiterhin brauchst du ein Bankkonto in den Niederlanden und musst eine Sofi-/BSN-Nummer („Bürgerservicenummer“) beantragen. Diese bekommst du, sobald du in den Niederlanden wohnst.
Das Darlehen beträgt nach Wunsch von Januar bis August 2024 bis zu 1,410.79 € / Monat – und ist verzinst zurück zu zahlen. Der Zinssatz war 2023 mit 0,46% sehr günstig ist – von 2018 bis 2022 lag dieser konstant sogar bei 0%.
Am attraktivsten ist die „Aanvullende beurs“, wörtlich übersetzt „Aufstockungsbörse“ – bekommst du sie, kannst du entsprechend weniger Darlehen erhalten. Die „Aanvullende beurs“ ist in dem oben beschriebenen Darlehen bereits beinhaltet, wobei die Aufstockungsbörse ähnlich wie das BAföG vom Einkommen der Eltern abhängig ist und somit nicht jede*r Studierenden zugänglich ist. Sie beträgt 2024 bis zu 457,60 €. Die Aufstockungsbörse muss nicht zurück gezahlt werden, wenn du das Studium innerhalb von zehn Jahren beendest.
Die Studiengebühren können ebenfalls mit dem Darlehen finanziert werden. Schließlich gibt es noch für den öffentlichen Nahverkehr eine vergünstigte Chipkarte für Studis, die vor dem Studium beantragt werden sollte.
Auch diese Kosten müssen nicht zurückgezahlt werden, wenn das Studium innerhalb von zehn Jahren erfolgreich abgeschlossen wird.
Wenn du dich für die niederländische Finanzierung entscheidest, ist eine Kombination mit dem Auslands-BAföG weder ratsam noch sinnvoll, da die niederländischen Leistungen auf das BAföG angerechnet würden (und somit das BAföG um genau den Betrag sinkt, den du von den Niederlanden erhältst) und – was viel entscheidender ist – nach niederländischem Recht darfst du neben den niederländischen Förderungen nichts in Anspruch nehmen.
Darüber hinausgehende Stipendien sind eher selten. Diejenigen, die es gibt, gelten vor allem für die Master- und Promotionsphase. Ein guter Ausgangspunkt deiner Suche ist die Webseite www.studyinholland.nl (ehemals grantfinder.nl), mithilfe derer du passende Stipendien finden kannst.
Deutsche Finanzierungsmöglichkeiten
Die bekannteste Finanzierungsmöglichkeit ist klar das Auslands-BAföG, zu dem du hier auf Studis Online umfangreiche Informationen findest – sogar speziell zum Auslands-BAföG für die Niederlande! Doch es gibt noch mehr Möglichkeiten:
Das verbreitetste Programm für Auslandsaufenthalte ist Erasmus+. Aufenthalte mit Erasmus+ sind auch in den Niederlanden möglich. Allerdings ist die Zeit auf maximal 12 Monate am Stück begrenzt. Bei Aufenthalten mit Erasmus+ zahlen Studentinnen und Studenten keine Studiengebühren und bekommen außerdem eine finanzielle Unterstützung, die aber allein nicht ausreicht und deshalb noch mit anderen Finanzierungsoptionen ergänzt werden muss.
Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) vergibt außerdem eine Reihe von Stipendien für das Studium im Ausland. Das bekannteste ist das Jahresstipendium für Ergänzungs-, Vertiefungs- und Aufbaustudien, das die kompletten Kosten eines Masterstudiums im Ausland tragen soll. Die Bewerbungsfristen für Studierende auf DAAD-Stipendien endet Mitte November, also fast zehn Monate vor Studienbeginn.
Du kannst dich auch als Student*in im Ausland bei den deutschen Studienförderwerken bewerben – mehr zu den Studienförderwerken hier auf Studis Online. Von diesen erhältst du unter anderem 300 Euro Büchergeld. Allerdings sehen manche Stiftungen ein Studium im Ausland kritisch, da so eine Teilnahme an lokalen Stipendiat*innengruppen kaum möglich ist. Informiere dich dazu direkt bei den Stiftungen.
Weitere Informationen
- nuffic ist das niederländische Äquivalent zum DAAD. Viele gute Informationen zum Thema, enthält unter anderem eine Suchmaschine zu allen Studiengängen im Land.
https://www.nuffic.nl - Eine von nuffic betriebene Suchmaschine für niederländische Stipendien (ehemals Grantfinder.nl aber weiterhin von nuffic betrieben)
https://www.studyinnl.org/finances - Zentrale Bewerbungsplattform für Bachelor- und Masterstudiengänge.
https://www.Studielink.nl - Der Deutsche Akademische Austauschdienst liefert Infos zum Studium in den Niederlanden sowie zur entsprechenden Finanzierung
https://www.daad.de/de/
Auf Studis Online zum Thema Auslandsstudium
Hinweis: Dieser Artikel wurde ursprünglich am 23.11.2011 veröffentlicht. Das Datum oberhalb des Artikels gibt an, wann er zuletzt aktualisiert wurde (bspw. in Sachen Studiengebühren, Links etc.).
Der Autor dieses Artikels
Sebastian Horndasch studierte VWL und Politik in Erfurt, Madrid, Nottingham und Paris. Er schrieb die beiden Studienführer Bachelor nach Plan und Master nach Plan. Nach vielen Jahren als freier Journalist und Studienberater arbeitet Sebastian heute für den Stifterverband beim Hochschulforum Digitalisierung. In seinem Blog www.horndasch.net schreibt er über Bildungsthemen.