Nichts als ÄrgerZulassungsverfahren und ihre Tücken
Dass sich der Ärger um die Zulassungsverfahren gerade in diesem Jahr weiter zugespitzt hat, liegt vor allem daran, dass es wahrscheinlich noch nie so viele zulassungsbeschränkte Studiengänge wie im kommenden Wintersemester gegeben hat. Hinzu kommt, dass inzwischen die Politik die Hochschulen dazu gedrängt hat, weniger auf zentrale Verfahren (wie über die ZVS) zu setzen, sondern einen Großteil des Plätze über hochschuleigene Verfahren vergeben soll. Die Hoffnung dieses Vorgehens war, dass so vermeintlich "geeignetere" Studierende ausgewählt würden, als wenn "nur" die Abiturnote ausschlaggebend ist.
Ob diese Hoffnung überhaupt erfüllt wird, kann seriös nicht beurteilt werden. Denn zeitnah mit der Einführung von immer mehr Zulassungsbeschränkungen und hochschuleigenen Auswahlverfahren wurden die Studiengänge auf Bachelor/Master-Abschlüsse umgestellt. Dabei wurde optimalerweise (was aber sicher nicht überall geschehen ist) das Studienfach von altem Balast befreit und die Studierbarkeit verbessert. Was nun welche Auswirkung hatte – von möglichen weiteren Einflüssen abgesehen – ist schwer gegeneinander abzugrenzen.
Einfache Auswahlverfahren in der Mehrheit
Je komplexer ein Auswahlvefahren, desto länger zieht sich in der Regel die Auswertung hin. Werden BewerberInnen sogar eingeladen, ist der Aufwand (an Zeit und Geld) am höchsten. Geld ist an den staatlichen Hochschulen bekanntermaßen nicht im Überfluss vorhanden. Dass deswegen "einfachen" Auswahlverfahren in der Regel der Vorzug gegeben wird, leuchtet ein.
Zu einfach dürfen sie aber auch nicht sein, denn zumindest der Anschein muss gewahrt bleiben, dass das einzelne Studienfach seine "Besonderheiten" betont – und sei es dadurch, dass die Note eines bestimmten Abiturfaches stärker gewichtet wird.
Zu langwieriger Auswahlverfahren können den Hochschulen übrigens noch ein anderes Problem bereiten: Da sich viele Studierende an mehreren Hochschulen bewerben, haben sie von anderen Hochschulen mit schnellen Verfahren früher Rückmeldung und nehmen diese Plätze vielleicht schon an und lassen sich nicht mehr drauf ein, den Platz zugunsten der späteren Zusage wieder zurückzugeben. Späte Zusagen haben z.B. auch den Nachteil, dass oft nur noch schwer eine geeignete Wohnung / WG-Zimmer zu finden ist – wenn überhaupt.
Auswahlverfahren können sich lange hinziehen
Da die BewerberInnen nicht sicher sein können, an welcher Hochschule sie genommen werden (wenn überhaupt), sind Bewerbungen bei mehreren und teilweise sogar dutzenden Hochschulen nicht ungewöhnlich. Diejenigen, die sich nicht sicher sind, welches Studienfach sie wirklich studieren wollen, bewerben sich auf unterschiedliche Studienfächer.
Kein Wunder also, dass die Hochschulen mit vielen Absagen konfrontiert werden, wenn sie schließlich die Studienplätze vergeben. Ist die Zahl der Absagen bekanntermaßen hoch, sind die Hochschulen schon zu "Überbuchungen" übergegangen. Sie versenden also mehr Zusagen, als sie Studienplätze zur Verfügung haben, da ein Teil sowieso ablehnen wird. Dumm nur, wenn es mehr Zusagen gibt, als Studienplätze vorgesehen sind. Überfüllte Hörsääle, Seminare und Tutorien sind die Folge, denn Zusagen zurückziehen, dürfen die Hochschulen nicht (wobei es selbst so etwas schon gegeben haben soll ...). Also wird in der Regel nicht zu stark überbucht, damit keinesfalls zu viele Studierende einen Platz annehmen.
Durch die hohe Zahl der Mehrfachbewerbungen kommt es inzwischen auch öfter dazu, dass Plätze zwar zunächst angenommen werden, später aber doch davon zurückgetreten wird (selbst wenn dabei Gebühren verloren gehen). Weil die "Traumuni" sich leider erst später gemeldet hat, man aber nicht leer ausgehen wollte, falls diese keinen Platz zuweist.
Beides bedeutet, dass fast immer Plätze übrig bleiben. Würden diese gar nicht mehr vergeben, wäre das ein erfolgversprechender Ansatz für eine Studienplatzklage. Erfolgreiche Klagen beruhen meist darauf, dass – warum auch immer – tatsächlich offiziell vorhandene Studienplätze frei geblieben sind. Um also solche nervenaufreibenden Klagen weitestgehend zu vermeiden, gehen die Hochschulen in eine zweite Runde und melden sich bei den "Nachrückern". Auch diese wollen nicht immer den Platz, es kann zu einer dritten Runde kommen usw.
Und bei alldem kann es natürlich noch zu technischen Pannen zwischendurch kommen. So verschickte die Uni Hamburg dieses Jahr offenbar per Email "Sofortzulassungen", um diese später wieder zu widerrufen (vgl. Forums-Thread "Sofortzulassung BWL"). Wobei laut heise online eine Sprecherin der Uni erklärte, wer eine Sofortzulassung bekommen habe, der werde auch zugelassen. Man solle sich mit der Hochschule in Verbindung setzen.
Zentrale Stelle als Ausweg aus dem Bewerbungschaos?
Die ZVS, die seit Jahrzehnten die Vergabe einiges besonders begehrter Studienfächer abwickelt, war noch nie sonderlich beliebt. Obwohl viele über die ZVS relativ einfach zu ihrem Studienplatz gekommen sind, war der Unmut derjenigen, die entweder ganz leer ausgingen oder aber nicht den Wunschort zugeteilt bekamen, immer lauter.
Dass aber ein zentrales Verfahren seine Vorteile haben kann, dürfte inzwischen immer deutlicher werden. Denn dann erspart man den Studierenden Doppelbewerbungen (sie können stattdessen eine Rangfolge der gewünschten Studienorte angeben) und kann schneller alle Studienplätze vergeben.
In diese Richtung soll es denn in Zukunft auch gehen. Die ZVS soll demnach in eine "Stiftung für Hochschulzulassung" umgewandelt werden und ihre Dienste allen Hochschulen gegen Gebühr anbieten können. Offen ist allerdings, wie viele Hochschulen sich daran beteiligen werden. Denn verpflichtend ist die Teilnahme nicht. Sicher ist nur, dass die bisher schon von der ZVS bundesweit vergebenen Medizin- und Pharmazie-Studienplätze auch von ihrem Nachfolger vergeben werden.
Auch ZVS patzte dieses Jahr
Dass alle Erfahrung mit Vergabeverfahren nichts nutzt, wenn man neuartige Services einführt, zeigte dieses Jahr übrigens genau die ZVS: Erstmalig konnte man die vermeintlichen Bescheide schon vor Zusendung per Post online einsehen. Was die BewerberInnen sehen konnten, waren jedoch in den ersten Stunden die Daten aus einem Testlauf, der zu einem Zeitpunkt lief, als noch lange nicht alle Bewerbungen bei der ZVS eingegangen waren. In einer Mail entschuldigte sich die ZVS zwar zeitnah und korrigierte die Bescheide ("die Zentralstelle möchte sich bei Ihnen für ein Versehen entschuldigen. Leider waren am 12. 08. 2008 bis ca. 10:00 Uhr unter DaISy falsche Bescheidtexte eingestellt. Hierbei handelte es sich um die Ergebnisse von Testläufen. Nunmehr sind jedoch die korrekten Bescheidtexte eingestellt.").
Trotzdem: Ein zentrales Verfahren wäre vermutlich für alle Beteiligten besser. Dass die ZVS gut arbeitet, zeigt übrigens auch die Tatsache, dass Studienplatzklagen, die gegen das Verfahren der ZVS gerichtet waren, seit Jahren praktisch immer scheitern. Anders sieht es dagegen bei Klagen direkt gegen Hochschulen aus: Dort kommt so manche Klage durch (wenn natürlich auch eher eine Minderheit) und der/die KlägerIn kann sich schließlich doch auf einen Studienplatz freuen.
Bleibt zu hoffen, dass die Hochschulen und die Politik ein Einsehen haben und möglichst einfache Zulassungsverfahren über die ZVS-Nachfolgestelle zur Regel werden. Solange jedenfalls eine Beschränkung überhaupt notwendig ist ...
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