Lehrerarbeitsmarkt 2007Wie ist die Job-Lage für angehende Lehrerinnen und Lehrer?
In der Pressemitteilung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zur Vorstellung der neuen Studie wird vor allem vor zunehmendem Unterrichtsausfall, größeren Klassen und einer steigenden Belastung der Lehrerinnen und Lehrer gewarnt.
"Die Länder müssen bei ihrer Ausbildungs- und Einstellungspolitik endlich konsequent umsteuern: Die Untersuchung belegt, dass wir vor der paradoxen Situation der Gleichzeitigkeit von Lehrer-Mangel und –Arbeitslosigkeit stehen", sagte der GEW-Vorsitzende Thöne. "Für Mathe und Physik, an beruflichen und Hauptschulen sowie in manchen Regionen werden händeringend junge Lehrkräfte gesucht. Trotzdem haben 2007 rund 30.000 Bewerber keine Stelle erhalten!" Dies sei Folge des Diktats der angeblich leeren Kassen und eines ausufernden Bildungsföderalismus’.
Besonders in den westlichen Bundesländern klaffe die Schere zwischen Prognose und realer Einstellungspolitik auseinander: Statt 24.000 Lehrkräften seien lediglich knapp 19.700 eingestellt worden. Die östlichen Länder hätten ihr Soll dagegen übererfüllt – allerdings auf äußerst niedrigem Niveau: Hier seien 1.530 statt der avisierten 1.400 Pädagogen eingestellt worden.
Was es übrigens mit der KMK-Prognose [2] genau auf sich hat, kann im Lehrerarbeitsmarkt 2005-Artikel nachgelesen werden.
KMK (Prognose) | KMK (Daten) | AG bfp1 | |
2003 | 30.000 | 26.572 | 26.425 |
2004 | 31.000 | 23.597 | 22.739 |
2005 | 27.000 | 23.757 | 22.400 |
2006 | 26.000 | 26.452 | 24.646 |
2007 | 25.000 | 21.207 |
1Mit dem altersbedingten Ausscheiden von Prof. Dr. Klaus Klemm zum 1. August 2007 wurde die Arbeitsgruppe Bildungsforschung/Bildungsplanung an der Universität Duisburg-Essen aufgelöst.
Arbeitslosigkeit von Lehrkräften
Genaue Zahlen liegen dazu nicht vor. Die ForscherInnen versuchen auf Grund von Erfahrungswerten die Zahl der abgelehnten BewerberInnen zu schätzen. Schwierig ist das deswegen, weil nur die Gesamtzahl an Bewerbungen bekannt ist, nicht aber, wie viele verschiedene Personen dahinter stecken, wie viele sich also auf mehrere Stellen bewerben.
Insgesamt gab es in 10 Bundesländern (die ca. 58% der Bevölkerung in Deutschland stellen) 42.874 Bewerbungen und 12.203 Einstellungen. Schätzungsweise 30% der Bewerbungen sind Doppelbewerbungen. Somit verbleiben etwa 30.000 BewerberInnen, von denen folglich an die 17.800 ohne Stelle verbleiben. Hochgerechnet auf alle Bundesländer könnten somit ca. 30.700 ausgebildete Lehrkräfte ohne Job verblieben sein.
Zwar gibt es bei allen Schulformen einen Überhang an Bewerbungen. Besonders groß ist der Überhang bei Grundschulen und Gymnasien. Dazu kommt aber auch noch ein fachspezifischer Überhang. Traditionell sind aber Fächer wie Informatik oder Naturwissenschaften stärker gesucht (d.h. hier hat man teilweise sogar an Gymnasien gute Chancen, eine Stelle zu bekommen), als bspw. Kunst oder Deutsch (hier ist der Überhang besonders groß, die Einstellungschancen gering).
Bewerbungen und Einstellungen 2007
Nach Bundesland und teilweise Schulart aufgeschlüsselt
In der Regel nennen wir die BewerberInnenzahl für den Schuljahresbeginn 2007/2008, die Gesamteinstellungen beziehen sich auf Einstellungen zum 1. Februar und zum Schuljahresbeginn. Grob kann man wohl davon ausgehen, dass die Bewerbungen zum 1. Februar eher "Dopplungen" sind und eher die (größere) Bewerberzahl zum Schuljahresbeginn relevant ist.
Wir nennen in der Regel die Schularten, an denen die Chance auf eine Stelle besonders schlecht war und stellen die Schulart gegenüber, bei der es noch am ehesten Chancen gab. Die nicht explizit genannten bewegen sich dazwischen.
Baden-Württemberg
3370 volle Stellen wurden neu besetzt, Bewerbungen gab es 8300. Besonders ungünstig war das Verhältnis zwischen Bewerbungen und Einstellungen bei Grund+Hauptschulen (2565 zu 530) und Realschulen (1520 zu 370). Wiss. Lehrer an Beruflichen Schulen dagegen hatten recht gute Chancen: Eingestellt wurden 700, beworben hatten sich 820.
Bayern
3562 Einstellungen standen 5199 Bewerbungen gegenüber. GrundschullehrerInnen hatten relativ schlechte Karten: Von 1441 BewerberInnen konnten 779 berücksichtigt werden. An Förderschulen gab es mit 754 sogar mehr als doppelt so viele Bewerbungen, wie schließlich Einstellungen (321) vogenommen wurden. An Hauptschulen dagegen wurden 317 Stellen eingerichtet, beworben hatten sich 320.
Berlin
Für Berlin liegt in Bezug auf die Bewerbungen nur deren Gesamtzahl vor: 2200. Eingestellt wurden gerade einmal 459.
Brandenburg
Hier gab es keine Angaben zu den Bewerbungen, nur zu den Einstellungen: 223 Stellen, davon 135 an Grundschulen.
Bremen
Als Stadt offenbar besonders beliebt, gab es in Bremen auf 2198 Bewerbungen gerade einmal 208 Einstellungen. 762 Bewerbungen gab es allein für Grundschulen, Einstellungen 48. An Beruflichen Schulen gab es 190 Bewerbungen und 40 Einstellungen.
Hamburg
In Hamburg gibt es zum 1. Februar mehr Bewerbungen (diesmal 2140), Einstellungen dagegen eher zum Schuljahresbeginn (412), wo sich nur noch 1103 BewerberInnen fanden. Insgesamt wurden 559 Stellen an allen Schularten geschaffen.
Hessen
Zur Zahl der Bewerbungen liegen keine Angaben vor, Einstellungen gab es insgesamt 1746.
Mecklenburg-Vorpommern
Auch hier gibt es nur Angaben zu den Einstellungen, insgesamt waren es 123, davon 31 Seiteneinsteiger (vor allem an beruflichen Schulen).
Niedersachsen
Bewerbungen gab es 5958, Einstellungen 2976 (2764 volle Stellen). Besonders schlecht das Verhältnis an Berufsbildenden Schulen: 853 Bewerbungen, nur 260 Einstellungen. Auch an Grund- und Hauptschulen war die Chance auf eine Stelle nicht so gut: 2923 Bewerbungen, 1139 Einstellungen. An Gymnasien sah es noch am besten aus: 1576 Bewerbungen, 1269 neue Stellen.
Nordrhein-Westfalen
Für das größte Bundesland konnten leider keine Zahlen der BewerberInnen ermittelt werden. Volle Stellen wurden insgesamt 4932 geschaffen (davon 1179 an Grundschulen, 1108 an Gymnasien und 982 an Gesamtschulen).
Rheinland-Pfalz
Hier standen 3036 Bewerbungen 1341 Gesamteinstellungen gegenüber. Am ungünstigsten sah es an Grundschulen aus: 1175 Bewerbungen, 225 Einstellungen.An Gymnasien dagegen konnten von 780 Bewerbungen immerhin 500 berücksichtigt werden.
Saarland
Das Saarland konnte von 1090 BewerberInnen immerhin 311 mit einer Stelle versorgen. Am schlechtesten sah es an Gesamtschulen aus: 242 Bewerbungen standen gerade 23 Einstellungen gegenüber. An Grundschulen gab es immerhin 57 Einstellungen bei 220 Bewerbungen. An beruflichen Schulen dagegen scheinen so gut wie alle Bewerber eine Stelle bekommen zu haben.
Sachsen
Hier gab es 475 Einstellungen, die Zahl der bekannten Bewerbungen bezieht sich nur auf die Absolventinnen und Absolventen der sächsischen Lehrerbildungseinrichtungen, kann also nicht wirklich gegenüber gestellt werden (es fehlen alle BewerberInnen aus anderen Bundesländern und solche, die schon im Vorjahr das Referendariat abgeschlossen hatten).
Sachsen-Anhalt
408 Bewerbungen standen hier 86 zu besetzende Stellen gegenüber. An Gymnasien wurden bei 52 Bewerbungen gerade 5 Stellen eingerichtet. An Förderschulen wurden von 66 BewerberInnen immerhin 20 mit einer Stelle versorgt.
Schleswig-Holstein
Hier ist nur bekannt, dass es insgesamt 2671 Bewerbungen gab und 672 Einstellungen. Die Verteilung auf die Schularten liegt nicht vor.
Thüringen
Zu der Zahl der Bewerbungen ist nichts bekannt, Einstellungen gab es 164.
Quellen und Hintergründe
- [1] Teilarbeitsmarkt Schule - Arbeitsmarktbericht für das Jahr 2007, Dr. Kathrin Dedering und Dr. Frank Meetz, November 2007 (PDF)
- [2] Lehrereinstellungsbedarf- und Lehrereinstellungsangebot in der Bundesrepublik Deutschland - Modellrechnung 2002 – 2015, Kultusministerkonferenz (KMK), Bonn 2003 (PDF)
- GEW: "Trotz PISA und Co.: Länder stellen viel zu wenige Lehrkräfte ein" (Pressemitteilung der GEW, 23.11.2007)
- Schüler, Klassen, Lehrer und Absolventen der Schulen 1994 bis 2003 (viele Statistiken zu diesen Jahren, z.B. Schüler-Lehrer-Relation etc., PDF von der KMK)
- Lehrerarbeitsmarkt 2006 (Artikel bei Studis Online)
- Lehrerarbeitsmarkt 2005 (Artikel bei Studis Online)