EU-gefördertes HochschulrankingU-Multirank Ausgabe 2016/17
Von Oliver Iost
Im Gegensatz zu anderen Unirankings gibt es bei U-Multirank keinen absoluten Sieger – es werden viele verschiedene Aspekte bewertet, jeder kann sich daraus sein eigenes Ranking erstellen – und viele zusammen Gewinner sein …
Aus Deutschland sind 84 Universitäten und Hochschulen bei U-Multirank erfasst, das sind nicht einmal ein Fünftel aller über 480 staatlicher bzw. staatlich anerkannter Hochschulen, die es in Deutschland aktuell gibt (dazu kommen in unser Datenbank noch einige Einrichtungen, die das Studienangebot in Kooperation mit einer anerkannten Hochschule anbieten, selbst aber keine Hochschule sind). Selbst die Universitäten (inzwischen gibt es in Deutschland 107 staatliche, private oder kirchliche) sind nicht vollständig vertreten, stattdessen wurden offenbar 66 Universitäten und 18 (Fach-)Hochschulen aus Deutschland ausgewählt, darunter neun private und zwei kirchliche Hochschulen bzw. Universitäten.
Weltweit werden an die 1.300 Hochschulen erfasst, mehr als die Hälfte davon aus Europa.
Überblick über den Artikel
1. Kurz zum Hintergrund von (weltweiten) Hochschulrankings
Rankings sind von Anfang an umstritten. Das CHE als eine der federführenden Institutionen, die U-Multirank konzipiert haben und durchführen, ist eine Gründung von Bertelsmannstiftung und Hochschulrektorenkonferenz. In der Vergangenheit hatte sich das CHE gerne für Studiengebühren und die „unternehmerische Hochschule“ eingesetzt, deren Leitung wie das Managament einer Firma agieren können soll.
In den weltweiten Rankings (die bekanntesten dürften die der TIMES, das sogenannte Shanghai-Ranking und das von QS sein) schneiden die europäischen Hochschulen (mit Ausnahme der britischen) meist nicht ganz so gut ab. Teilweise liegt das auch daran, dass bei Zitationen englischsprachige Publikationen von Vorteil sind, zumindest in einigen Fachbereichen zwangsläufig die Landessprache doch weiterhin im Vordergrund steht. In den USA und Großbritannien sind Rankings wohl auch früher in größerem Umfang veröffentlicht worden, so dass die Hochschulen sich damit arrangiert haben. Inzwischen ziehen die deutschen Hochschulen da nach – vgl. bspw. unseren Artikel zum TIMES Ranking 2015-2016: Deutsche Unis immer besser?
Das CHE hat sein (inzwischen fast ausschließlich auf Deutschland spezialisiertes) Hochschulranking – und das gilt größtenteils auch für U-Multirank – immer als besonders differenziertes Ranking gepriesen, dass einzelne Studiengänge und Fachbereiche betrachtet. Auch die anderen Rankings ziehen inzwischen nacht und veröffentlichen spezifischere Rankings, wenn bisher auch nur parallel zu ihren klassischen. Rankings ganzer Hochschulen sind aber wohl auch deshalb nach wie vor beliebt, weil das plakativer ist (sowohl für die JournalistInnen, die darüber schreiben sollen, als auch für die LeserInnen).
Beim U-Multirank versuchen sich die Anbieter nun in einer Art Spagat zwischen allem: Auf der Webseite lassen sich individuelle Rankings zusammenstellen, bei denen man auswählt, was von den Daten gewichtet werden soll, ob bestimmte Filter (regional, nach Abschluss) greifen sollen und ob Fachbereiche oder ganze Hochschulen bewertet werden sollen. Trotzdem gibt es natürlich auch eine vorgegebene Ranking-Zusammenstellung, zur Zeit genau eines (auf Dauer werden wohl noch weitere Daten-Kombinationen angeboten).
Wird das CHE-Hochschulranking vor allem als Hilfe für die Studienwahl angepriesen (und betrachtet vor allem die Bachelor-Studiengänge), so werden bei U-Multirank auch Studierende angesprochen, allerdings vor allem solche, die ins Ausland wechseln wollen (vor allem für Master und Doktorat; eingeschränkt auch für ein Auslandsjahr im Bachelor).
Gleichzeitig platziert sich das Ranking als (vermeintliche) Hilfe für die Hochschulen, die darüber ihre Stärken und Schwächen analysieren könnten. In gewissen Grenzen mag das sogar funktionieren, allerdings besteht auch bei U-Multirank die Gefahr, dass die Hochschulen vor allem auf das Ranking optimieren (oder gar „tricksen“), nicht danach, was wirklich sinnvoll ist.
2. Wie die Hochschulen aus Deutschland und Europa im Vergleich abschneiden
Wie schon erläutert, sind Rankings mit Vorsicht zu genießen. Daher möchten wir gar nicht Rankings im Detail wiedergeben, sondern schauen ein wenig, wie denn nun bei möglichen Rankings die Hochschulen aus Deutschland und Europa so abschneiden.
Nimmt man das zur Zeit einzige als Beispiel voreingestellte Ranking (Menüpunkt „Readymade“, dort gibt es zur Zeit nur das „Research und Research Linkages Ranking“, welches sieben Kriterien in den Blick nimmt: vier aus dem Bereich Forschung sowie je eins aus dem Bereich Wissenstransfer, internationale Orientierung und regionales Engagement), so gibt es 17 Hochschulen, die jeweils bis auf einem Punkt (dort dann ein B) nur As bekommen. Dabei handelt es sich um je fünf Hochschulen aus den Niederlanden und Großbritannien, vier aus Frankreich, zwei aus Belgien und lediglich eine aus den USA. Die Mission, Europa sichtbarer zu machen, erfüllt das Ranking also ;)
Die Unis aus Cambridge und Oxford (die ja sonst meist in den Top Ten der Weltrankings zu finden sind), folgen im genannten Ranking erst in der dritten Gruppe: Sie haben überall ein A, beim Punkt „Regional Engagement“ jedoch jeweils nur ein D. In der vierten Gruppe (nach den 21 Hochschulen der ersten drei Gruppen) mit fünf As und zwei Bs folgen dann die ersten Unis aus Deutschland: Die Uni Heidelberg, die Uni München und die TU München. Unter den ersten 100 Hochschulen im genannten Ranking tauchen dann noch das Karlsruher Institut für Technologie und die Uni Würzburg auf (jeweils fünf As, ein B, ein D), sowie die private Jacobs Universität Bremen (fünf As, ein C, ein D).
Die deutschen Unis kommen insgesamt nicht besser weg als in den anderen Welt-Rankings.
Aber wie ja angedeutet: Da bei U-Multirank beliebige Zusammenstellung der insgesamt 31 Kriterien möglich sind, finden sich für fast jede Hochschule auch einige gute oder sehr gute Werte.
3. Bei welchen Kriterien einige deutsche Hochschulen auffällig gut sind
Rankt man nach einem Kriterium (Klick auf die Pfeile oben/unten) unterhalb des konkreten Kriteriums, so werden die Ergebnisse nach dem genauen Ergebnis sortiert (sonst geht es ja nur nach den Noten, alle Hochschulen mit gleich vielen gleich guten Noten werden untereinander alphabetisch sortiert). Wir haben geschaut, wo deutsche Hochschulen beim Ranking eines einzelnen Kriteriums (für die Hochschule als Ganzes) weit überdurchschnittlich und sogar zu mehreren auftreten. Vielleicht zeigt das doch Schwerpunkte.
Was bereits in einem Artikel der ZEIT aufgegriffen wurde (und die Hochschule Reutlingen auch zu einer Pressemitteilung veranlasste): deutsche Fachhochschulen sind laut U-Multirank vor dabei, was Publikationen zusammen mit Industriepartnern betrifft. Bei der Spalte „Co-publications with industrial partners“ sind sogar gleich drei deutsche Fachhochschulen an der Spitze: Die Hochschule Reutlingen, die TH Nürnberg und die Hochschule München. Hier können sie offenbar ausspielen, was typisch für Fachhochschulen ist: Verzahnung mit der regionalen Wirtschaft und Industrie.
Bei der internationalen Orientierung sind einige deutsche Privathochschulen (namentlich die Jacobs University, die EBS, WHU und MBS) jeweils bei einem Punkt weit oben dabei (unter den ersten 20), sie bieten besonders viele englischsprachige Studienprogramme an oder haben viele ausländische Studierende und viele Studierende, die ins Ausland gehen.
Der Punkt „Masters graduation rate“ gibt an, wieviel Prozent derer, die einen Master beginnen, ihn auch erfolgreich abschließen. Hier sind einige deutsche Hochschulen weit vorn dabei. Laut U-Multirank schaffen es bei der WHU und der Zeppelin Uni 100% und auch die Uni Bayreuth ist mit 99,29% weit überdurchschnittlich. Hinweis: es ist zu vermuten, dass sie sich die Werte nur auf die Master der aktuell von U-Multirank betrachteten Fachbereiche beziehen. Ob ein solcher Wert allerdings viel über die Qualität der Hochschule aussagt, sei dahingestellt …
Beim Wert „External research income“ ist die Uni Stuttgart auf Platz zwei, die TU Berlin auf Platz 10.
4. Was die deutschen Hochschulen mit dem Ranking machen
Wirklich viele Pressemitteiliungen gab es dieses Jahr nicht. Wir haben beim idw - Informationsdienst Wissenschaft nur fünf gefunden (neben einem vom CHE selbst).
Internationalisierung: Spitzenplatz der Universität Hohenheim bei U-Multirank verteidigt … Das internationale U-Multirank 2016 gibt der Universität Hohenheim drei Mal die Bestnote „sehr gut“: in Studierendenmobilität, internationale wissenschaftliche Mitarbeiter und internationale Doktortitel. … (Zum Vergleich: im oben genannten vorgegebenen Ranking kommt die Uni Hohenheim mit einmal A, viermal B und je einmal C und D in einer Gruppe von Hochschulen, vor der über 550 „besser“ sind.)
Erneut Bestnoten beim Hochschulranking U-Multirank für die Jacobs University
… Ein „sehr gut“ verteilten die Prüfer in der Kategorie Forschung unter anderem für die hohe Zitationsrate der Wissenschaftler – ein Indikator für die Relevanz ihrer Forschungsarbeit. Gleich mehrfach mit der besten Note wurde die internationale Ausrichtung der englischsprachigen Universität gewürdigt. … (Zum Vergleich: im oben genannten vorgegebenen Ranking kommt die Jacobs University mit fünf As, einem C und einem D in einer Gruppe von Hochschulen, vor der ca. 80 „besser“ sind.)
Johannes Gutenberg-Universität Mainz erzielt Spitzenplatzierungen bei U-Multirank 2016
JGU platziert sich bei sieben Kennzahlen aus den Bereichen „Forschung“, „Wissenstransfer“ und „Internationale Ausrichtung“ in der obersten Gruppe. …
(Zum Vergleich: im oben genannten vorgegebenen Ranking kommt die Uni Mainz mit viermal A, zweimal B und einmal C in einer Gruppe von Hochschulen, vor der über 100 „besser“ sind.)
Internationales Hochschulranking bewertet Saar-Uni mit sehr guten Noten
… In acht von 31 Kriterien bekommt die Universität die Note „sehr gut“, bei acht weiteren erhält sie die Note „gut“. …
(Zum Vergleich: im oben genannten vorgegebenen Ranking kommt die Uni des Saarlandes mit zweimal A, zweimal B, zweimal C und einmal D in einer Gruppe von Hochschulen, vor der über 400 „besser“ sind.)
Hochschule Reutlingen weltweit bei Publikationen mit Partnern aus der Wirtschaft an der Spitze
… So ordnete das Ranking die Hochschule Reutlingen als weltweiten „Top Performer“ beim Indikator der „gemeinsamen Publikationen mit Wirtschaft und Industrie“ ein – damit befindet Reutlingen sich unter den ersten drei Plätzen von 25 Top-Hochschulen weltweit, davon stammen 17 aus Europa und die ersten drei aus Deutschland. …
(Der gemachte Vergleich ist für die Hochschule Reutlingen nicht möglich; beim vorgegebenen Ranking werden nur Hochschulen verglichen, an denen es möglich ist, einen Doktor zu machen.)
5. Wie man das Ranking selbst sinnvoll nutzen kann
Bei aller Vorsicht, die man Rankings gegenüber haben sollte, kann man dennoch die eine oder andere Information gewinnen. Interessant ist das Ranking am ehesten, wenn man für den Master oder den Ph.D. auch ein Wechsel ins Ausland in Erwägung zieht. Hat man bereits einige Hochschulen im Auge, kann man konkret diese vergleichen und gewinnt vielleicht Informationen, die die Entscheidung leichter machen. Man sollte sich aber gut überlegen, was wirklich relevant ist und ob man den konkreten Daten vertrauen möchte.
Das Ranking zu verwenden, wenn man noch gar keine Idee hat, ist nicht unbedingt die beste Idee. Wie oben schon anklang, sind aus Deutschland weniger als ein Fünftel aller Hochschulen vertreten. In anderen Ländern dürften es nicht mehr sein, in ferneren Ländern wahrscheinlich eher noch weniger. Man sieht – je nach Fachbereich – also gar nicht alle in Frage kommenden Hochschulen, sondern die größeren bzw. bekannteren. Die Auswahl mag zwar oft genügen, aber man sollte offen bleiben.
Am sinnvollsten dürfte es sein, zu Beginn (wir beziehen uns auf die Suche „For students“ von U-Multirank) den gewünschten Fachbereich zu wählen, damit die Daten sich möglichst stark konkret auf das Fach beziehen, das man studieren will. So gut wie keine Hochschule ist wirklich in allen angebotenen Fachbereichen gleich stark, ein Durchschnitt über alle Fächer sagt wenig darüber aus, wie ein konkretes ist. Ist der gewünschte Fachbereich nicht vorhanden, so sollte man möglicherweise auf die Nutzung des Rankings besser verzichten.
Bei „What kind of university do you want“ schließt man bei den Punkten unter „What other features would you like the university to have?“ schnell ziemlich viele Hochschulen aus – man sollte immer ein Blick auf die Angabe rechts oben im Kreis haben, dort steht, wie viele Hochschulen überhaupt noch nach den Filtern in Frage kommen – und zwar noch in allen überhaupt betrachteten Ländern!
Den Filter nach Ländern wird man wohl auch bemühen – und sieht dann schnell, dass das Ranking vor allem Europa betrachtet. Von den insgesamt knapp 1300 Hochschulen kommen über die Hälfte (722) aus Europa. Die Verteilung in Europa scheint auch nicht ganz gleichmäßig zu sein, so ist Deutschland mit 84, Frankreich mit 74, Spanien mit 67, Großbritannien mit 48, Polen mit 45 und Italien mit 44 Hochschulen vertreten. Lediglich 23 sind aus Afrika vertreten (aus lediglich acht Ländern, 294 aus Asien (aus insgesamt 30 Ländern), 24 aus Lateinamerika (aus sieben Ländern), 200 aus Nordamerika (aus fünf Ländern; 163 Hochschulen allein aus den USA) und schließlich 33 aus Ozianien (28 Australien, fünf aus Neuseeland).
Hat man seine Auswahl schließlich getroffen und lässt sich die Werte für die Hochschulen anzeigen, so werden diese zunächst alphabetisch nach Hochschulnamen aufgelistet. Klickt man auf „Top Scores“, so werden die Hochschulen „gerankt“, wobei zunächst die mit den meisten A-Grades (großer Kreis) kommen (bei gleich vielen As zählt als zweites die Zahl der B-Noten, dann C etc.). Das bedeutet, dass eine Hochschulen mit einem A und 5 E (=schlechteste Note) höher einsortiert würde, als eine mit sechs mal B (so man denn sechs Werte betrachtet). Über den Button „Change measures“ kann man auswählen, welche Datenpunkte man betrachten will (bei unseren Tests hat das manchmal nicht funktioniert – man sollte also immer schauen, ob die Ergebnistabelle wirklich die Dinge auflistet, die man betrachten will). Wenn man möchte, kann man die aufgeführten Hochschulen auch nach den Ergebnissen einer Tabellenspalte sortieren.
Quellen und weitere Hintergrundartikel
- U-Multirank | Universities compared. Your way.
- U-Multirank: "Die eine beste Universität der Welt gibt es nicht" (ZEIT ONLINE, 4.4.2016)
- Unirankings – ein Instrument der Hochschulwahl? (mit Linkliste der aktuelleren Artikel von uns zu verschiedenen Rankings)
- Hintergrund: Hochschulrankings – Rolle, Bedeutung und Alternativen (14.07.2014)